Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 21.07.2017; Aktenzeichen L 4 R 1054/16) |
SG Köln (Entscheidung vom 31.10.2016; Aktenzeichen S 41 R 1159/15) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Juli 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt C. D., K., beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. D. für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.7.2017.
In diesem Rechtsstreit hat er eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung begehrt. Er hat geltend gemacht, Kindererziehungszeiten seien bei der Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid vom 10.4.2015) nicht bzw unzureichend berücksichtigt worden und der Versorgungsausgleich sei falsch berechnet worden. Widerspruch, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben.
II
Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen.
Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dahinstehen kann hier, ob der Kläger nach seinen eigenen Angaben die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH erfüllt. Jedenfalls mangelt es bereits an der hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung.
Gegen das vom Kläger angegriffene Urteil des LSG ist als Rechtsmittel allein die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision statthaft (§ 160a SGG). In einem solchen Verfahren geht es nicht darum, ob die Entscheidung des LSG inhaltlich richtig oder falsch ist. Vielmehr darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Dass einer dieser Zulassungsgründe hier mit Erfolg geltend gemacht werden könnte, ist nach Prüfung des Streitstoffs und Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in seinen Schreiben vom 24.8.2017 und 15.9.2017 nicht ersichtlich.
Insbesondere ist nicht erkennbar, dass ein vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter einen Verfahrensmangel in dem Sinne erfolgreich rügen könnte, dass deswegen die Revision zuzulassen wäre (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Soweit der Kläger sinngemäß eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, weil sein mit Telefax vom 12.7.2017 gestellter Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 21.7.2017 nicht beschieden worden sei bzw das LSG ihn nicht von der Ablehnung des Antrags in Kenntnis gesetzt habe, führt dies nicht dazu, die Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde zu bejahen. Denn mit dem genannten Telefax hat der Kläger Rechtsanwalt R. zu seinem Bevollmächtigten bestellt. Insoweit genügt - wie geschehen - die formlose (vgl zB BGH Beschluss vom 5.2.1992 - XII ZB 6/92 - NJW-RR 1992, 699 mwN) Mitteilung der Prozessvollmacht durch den Mandanten (BGH Beschluss vom 28.7.1999 - VIII ZB 3/99 - NZW-RR 2000, 444, 445), ohne dass das Gericht die Vollmacht von Amts wegen prüfen muss, wenn - wie hier - ein Rechtsanwalt als Bevollmächtigter auftritt (§ 73 Abs 6 S 5 SGG). Die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Bevollmächtigten durch den Kläger hat zur Folge, dass Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts nur noch an den Bevollmächtigten zu richten sind (§ 73 Abs 6 S 6 SGG). Dieser gesetzlichen Regelung folgend hat das LSG mit Verfügung vom 12.7.2017 dem vom Kläger bevollmächtigten Rechtsanwalt R. mitgeteilt, dass eine Verlegung des Termins am 21.7.2017 nicht beabsichtigt sei. Einer besonderen Mitteilung an den bereits mit Verfügung vom 9.6.2017, zugestellt am 20.6.2017, ordnungsgemäß zum Termin geladenen Kläger bedurfte es danach nicht mehr. Ein erheblicher Grund für die Vertagung des Termins lag auch in der Sache nicht vor. Angesichts des Prozessverlaufs hatte der Kläger ausreichend Zeit, rechtzeitig einen Prozessbevollmächtigten zu bestellen (vgl zu dieser Frage schon BSG Urteil vom 27.10.1955 - 4 RJ 6/54 - BSGE 1, 280, 283). Ein wichtiger Grund für den mehrfachen Anwaltswechsel (vgl hierzu BSG Urteil vom 11.12.2002 - B 6 KA 8/02 R - Juris RdNr 24 ff) ist nicht zu erkennen. Dass der Kläger oder sein - nach Angaben des Klägers bis zum 18.7.2017 ortsabwesender - Prozessbevollmächtigter gehindert gewesen wären, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, war weder vom Kläger oder dessen Prozessbevollmächtigten angezeigt worden noch für das LSG erkennbar (vgl etwa BSG Urteil vom 25.1.1974 - 10 RV 375/73 - SozR 1750 § 227 Nr 1).
Ebenso wenig ist erkennbar, dass eine Verletzung rechtlichen Gehörs erfolgreich gerügt werden könnte, weil das LSG - wie vom Kläger vorgetragen - den Inhalt seines Telefaxes vom 18.7.2017 und seines Schreibens vom 9.8.2017 im Urteil nicht berücksichtigt habe. Dem steht zunächst entgegen, dass das LSG auf Seite 7 des Urteils wörtlich ausführt: "Zuletzt hat der Kläger mit seinem am 18.07.2017 zugegangenen Schriftsatz sein Vorbringen bekräftigt und die seiner Auffassung nach unzutreffende Berechnung der Entgeltpunkte im Einzelnen dargelegt". Dagegen war das Schreiben des Klägers vom 9.8.2017 schon deshalb im Urteil vom 21.7.2017 nicht zu berücksichtigen, weil es nicht nur erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 202 S 1 SGG iVm § 296a ZPO), sondern darüber hinaus auch nach Verkündung des Urteils am Ende des Termins beim LSG eingegangen ist. Demgegenüber befindet sich die vom Kläger ebenfalls genannte "Begründung vom 09.05.2017" nicht in der Akte des LSG. Es findet sich auch keinerlei Hinweis darauf, dass ein solches Schriftstück an das LSG gelangt sein könnte.
Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte habe sich zu seinen Begründungen nicht geäußert, ist dieses Vorbringen von vorn herein nicht geeignet, einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zu begründen. Nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwendenden Prozessrecht gibt es keinen Anspruch eines Beteiligten auf eine Äußerung des Prozessgegners zu seinem Vortrag.
Da nach alledem die Bewilligung von PKH abzulehnen ist, entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts durch das Gericht (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI11371798 |