Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Darlegungspflicht bei Rüge einer Verfassungswidrigkeit

 

Orientierungssatz

Die Anforderungen an die Darlegungspflicht bei Rüge einer Verfassungswidrigkeit sind keine anderen als bei Rechtsfragen aus dem einfachen Recht.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs 2 Nr 2

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 05.07.1991; Aktenzeichen L 3 An 82/91)

 

Tatbestand

Streitig ist die Vormerkung (Anerkennung iS von § 104 Abs 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG) eines Ausfallzeittatbestandes für die Zeit vom 25. Februar 1959 bis zum 31. März 1959. Der 1940 geborene Kläger besuchte bis zum 24. Februar 1959 erfolgreich eine Handelsschule (Berufsfachschule) in Dortmund. Ab April 1959 befand er sich als Beamtenanwärter in einer Ausbildung für die Beamtenlaufbahn des mittleren Dienstes. Diese Zeit wurde später in der Rentenversicherung der Angestellten nachversichert.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im og Urteil des Landessozialgerichts (LSG) ist unzulässig, weil in der Beschwerdebegründung entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Revisionszulassungsgrund iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) dargelegt noch die Entscheidung, von der das Urteil des LSG - vermeintlich - abweicht (Revisionszulassungsgrund iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) bezeichnet worden ist.

Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzutun, hätte der Kläger zunächst eine oder mehrere konkrete Rechtsfragen klar bezeichnen müssen, über die im Revisionsverfahren - falls die Revision zugelassen und in zulässiger Weise eingelegt wird - zu entscheiden sein würde. Soweit dem Gesamtinhalt seines Vorbringens entnommen werden kann, daß er die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), nach der - über den Wortlaut von § 36 Abs 1 Nr 4 AVG hinaus - auch diejenigen Zeiten als Ausfallzeiten uU anzuerkennen sind, die eine kurze, häufige und außerdem typische Zwischenzeit zwischen zwei anrechenbaren Ausbildungszeiten sind, für unverständlich und außerdem für mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar hält, schildert die Beschwerdebegründung lediglich die materiell-rechtliche Auffassung, weshalb er diese Rechtsprechung - zumindest in Fällen der vorliegenden Art - für unzutreffend bzw fortbildungsbedürftig hält. Der Beschwerdeführer hätte aber aufzeigen müssen, in welchem Umfang, von welcher Seite und mit welchen Argumenten dieser ständigen Rechtsprechung des BSG (SozR Nr 16 zu § 1259 Reichsversicherungsordnung <RVO>; SozR 2200 § 1259 Nrn 51, 58, 66, 81, 97) entgegengetreten worden ist und weshalb und in welcher Hinsicht eine erneute höchstrichterliche Stellungnahme erforderlich ist. Das ist nicht geschehen. Soweit in der Beschwerdebegründung - dort im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Revisionszulassungsgrund iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG - das Thema angesprochen wird, ob diese Rechtsprechung des BSG mit Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist, reicht für die Zulässigkeit der Beschwerde der schlichte Hinweis auf diese angeblich verletzte Verfassungsnorm nicht aus. Der Kläger hätte vielmehr unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des BSG darlegen müssen, worin er die für eine Gleichbehandlung wesentlichen Sachverhaltsmerkmale erblickt, weshalb die von der og Rechtsprechung des BSG angeführten Sachgründe für eine Anerkennung von Zwischenzeiten als Ausfallzeiten ausschließlich bei Zeiten zwischen zwei anrechenbaren Ausfallzeiten unter Beachtung des Übermaßverbotes und des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers sachlich unvertretbar bzw mit einer an der Gerechtigkeit orientierten Betrachtungsweise nicht vereinbar sind, und daß ggf im späteren Revisionsverfahren notwendig über diese verfassungsrechtliche Frage entschieden werden müßte. Die Anforderungen an die Darlegungspflicht bei Rüge einer Verfassungswidrigkeit sind also keine anderen als bei Rechtsfragen aus dem einfachen Recht.

Der Kläger hat auch keine Abweichung des Urteils des LSG von einer Entscheidung des BSG hinreichend bezeichnet. Er hätte ua aufzeigen müssen, mit welchem für seine Entscheidung tragenden Rechtssatz das LSG von einem Rechtssatz abgewichen ist, den das BSG einer seiner Entscheidungen tragend zugrundegelegt hat. Der Kläger beschränkt sich jedoch darauf, zu rügen, das LSG habe die og Rechtsprechung des BSG, auf die es sich ausdrücklich gestützt und der es sich angeschlossen hat, unzutreffend angewandt bzw nicht sinngemäß fortentwickelt. Auch aus dem Gesamtinhalt seines Vorbringens ist nicht zu erkennen, daß das LSG einen von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 160a Abs 4 Satz 3 Halbsatz 2 SGG ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1667451

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