Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit und grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage
Orientierungssatz
Die Anforderungen an die Darlegungspflicht sind, wenn die Frage der Vereinbarkeit einer Norm des einfachen Rechts mit dem GG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache rechtfertigen soll, keine anderen als bei Rechtsfragen aus dem einfachen Recht.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1; GG
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Entscheidung vom 11.07.1989; Aktenzeichen L 2 An 1368/88) |
Gründe
Nach § 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) darf das Bundessozialgericht (BSG) die Revision gegen das Urteil eines Landessozialgerichts (LSG) ua nur zulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die - behauptete - Unrichtigkeit des Urteils des LSG ist hingegen kein Revisionszulassungsgrund. Gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Genügt die Beschwerdebegründung diesen Anforderungen nicht, ist die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht "dargelegt". Dafür hätte sie ua die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage darstellen müssen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 59; § 160 Nr 17). Diesen - verfassungsrechtlich unbedenklichen (Bundesverfassungsgericht -BVerfG SozR 1500 § 160a Nrn 44, 45, 48) - Voraussetzungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin hält die Frage für rechtsgrundsätzlich, "ob Kindererziehungszeiten bei deren Zusammentreffen mit Zeiten freiwilliger Beiträge oder Pflichtbeiträgen anders zu bewerten sind als Zeiten, die nicht mit bewerteten Beitragszeiten zusammentreffen". Dazu legt sie zwar ihre materiell-rechtliche Auffassung dar, bei engherziger Auslegung des § 32a Abs 5 Satz 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) sollten diejenigen Eltern, die rein zufällig ihren Zeitraum der ersten zwölf Kalendermonate nach der Geburt des Kindes etwas für ihre Altersvorsorge getan hätten, benachteiligt werden; dies wäre mit dem Grundgesetz (GG), im einzelnen nicht mit Art 3 Abs 1 GG, Art 20 (Sozialstaatsprinzip) GG, Art 14 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 und 4 GG und nicht mit dem Generationenvertrag vereinbar. Dies reicht aber nicht zur Darlegung aus, daß die og Rechtsfrage noch höchstrichterlicher Klärung bedarf. Denn grundsätzlich liegt Klärungsbedürftigkeit nicht vor, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich geklärt ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13; § 160 Nr 51). Der erkennende Senat hat aber bereits im Urteil vom 1. September 1988 (SozR 2200 § 1255a Nr 20 = SGb 1989, 261 mit Anmerkung von Einsele) im einzelnen zur Auslegung des § 32a Abs 5 AVG und zu dessen Verfassungsmäßigkeit Stellung genommen. Das LSG hat die Klägerin auf dieses Urteil hingewiesen (S 8 des LSG-Urteils). Die Klägerin hätte daher eingehend aufzeigen müssen, weshalb die von ihr aufgeworfene Frage trotzdem klärungsbedürftig geblieben oder wieder klärungsbedürftig geworden ist. Von der erforderlichen Auseinandersetzung mit den Argumenten des BSG durfte die Klägerin nicht etwa deshalb absehen, weil sie meint, § 32a Abs 5 AVG sei grundgesetzwidrig. Denn die Anforderungen an die Darlegungspflicht sind, wenn die Frage der Vereinbarkeit einer Norm des einfachen Rechts mit dem Grundgesetz die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache rechtfertigen soll, keine anderen als bei Rechtsfragen aus dem einfachen Recht (Kummer, DAngVers 1989 115, 123 mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 160 Abs 4 Satz 3 Halbs 2 SGG ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen