Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsnichtzulassungsbeschwerde. Versäumen der Beschwerdefrist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Säumnis aufgrund Krankheit der Prozessbevollmächtigten. Mitgliedschaft in einer Sozietät
Orientierungssatz
Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, wenn geltend gemacht wird, der Prozeßbevollmächtigte der Partei sei durch Krankheit gehindert gewesen, die Beschwerde fristgemäß zu begründen, aber nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich ist, dass auch der ebenfalls bevollmächtigte Sozius des Prozeßbevollmächtigten unverschuldet gehindert gewesen sein könnte, die Beschwerde zu begründen. Dass der erstgenannte Prozeßbevollmächtigte alleiniger Sachbearbeiter innerhalb der Kanzlei war, genügt dafür nicht.
Normenkette
SGG § 67 Abs. 1, § 160a Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
Gründe
Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat mit Urteil vom 22. September 2005 (dem Kläger zugestellt am 12. Oktober 2005) die Auffassung der Beklagten und das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Koblenz bestätigt, wonach der Kläger auch in der Zeit ab 1. Oktober 2000 versicherungspflichtig in der Alterssicherung der Landwirte ist. Die Revision hat das LSG nicht zugelassen.
Dagegen hat der Kläger Beschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. Er macht geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Nach § 160a Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Diese, auf seinen Antrag nach § 160a Abs 2 Satz 2 SGG um einen Monat bis zum 12. Januar 2006 verlängerte Frist hat der Kläger versäumt. Er hat die Beschwerde erst am 16. Januar 2006 begründet.
Die beantragte Wiedereinsetzung kann nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht gewährt werden, weil die Säumnis der Prozessbevollmächtigten des Klägers, deren Verschulden sich dieser zurechnen lassen muss (vgl § 73 Abs 4 SGG iVm § 85 Abs 2 Zivilprozessordnung), anders als in § 67 Abs 1 SGG gefordert, nicht unverschuldet war. Rechtsanwalt K. G. mag durch Krankheit gehindert gewesen sein, die Beschwerde fristgemäß zu begründen. Bevollmächtigt war aber nicht er allein, sondern zusammen mit ihm sein Sozius Rechtsanwalt C.-J. H. Es ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass auch Rechtsanwalt H. unverschuldet gehindert gewesen sein könnte, die Beschwerde zu begründen. Dass Rechtsanwalt G."bisheriger, alleiniger Sachbearbeiter" innerhalb der Kanzlei war, genügt dafür nicht.
Unabhängig davon ist die Beschwerde bereits deshalb unzulässig, weil ihre Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn einer der drei abschließend in § 160 Abs 2 SGG genannten Zulassungsgründe vorliegt. Das ist nur dann der Fall, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweicht oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Das ist hier nicht ausreichend geschehen.
Die - hier als Zulassungsgrund allein geltend gemachte - grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Dem ist der Kläger nicht gerecht geworden, weil er nicht behauptet hat, das BSG habe die von ihm gestellte Frage noch nicht - ausdrücklich - beantwortet und die Antwort darauf lasse sich der Rechtsprechung des BSG auch sonst nicht entnehmen (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2).
Die danach unzulässige Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen