Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Verletzung des rechtlichen Gehörs. grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Verweisung auf den Beruf des Werkstattschreibers
Orientierungssatz
Eine Überraschungsentscheidung kommt dann nicht in Betracht, wenn in einem Verhandlungstermin 6 Monate vor Erlaß des angefochtenen Urteils das LSG darauf hingewiesen hat, daß "als zumutbare Verweisungstätigkeit die Tätigkeit eines Werkstattschreibers zu prüfen ist".
Normenkette
SGG § 160a Abs 2 S 3; RVO § 1246 Abs 2; SGG § 62
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 14.11.1986; Aktenzeichen L 6 J 303/85) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen genügt, die sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) aus § 160a Absatz 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergeben.
Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend macht, das Landessozialgericht (LSG) habe ihn mit der Verweisung auf den Beruf des Werkstattschreibers überrascht, wird dieser Rüge durch das weitere Beschwerdevorbringen, im Verhandlungstermin vom 9. Mai 1986 - also 6 Monate vor Erlaß des angefochtenen Urteils - habe das LSG darauf hingewiesen, daß "als zumutbare Verweisungstätigkeit die Tätigkeit eines Werkstattschreibers zu prüfen ist", die Grundlage in tatsächlicher Hinsicht entzogen. Dies sollte, wie dem Sitzungsprotokoll zu entnehmen ist, gerade für den Fall gelten, daß dem Kläger der Berufsschutz eines Facharbeiters zustehe. Der Beschwerdeführer war damit ausdrücklich auf die Möglichkeit der Verweisung auf die Tätigkeit als Werkstattschreiber hingewiesen. Schon deshalb kommt hier eine Überraschungsentscheidung nicht in Betracht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 12). Im übrigen wäre zur hinreichenden Bezeichnung des Verfahrensmangels der Verletzung des rechtlichen Gehörs die Angabe erforderlich gewesen, was der Beschwerdeführer bei rechtzeitiger Erkenntnis einer möglichen Verweisung auf die Tätigkeit eines Werkstattschreibers gegen eine solche Verweisung vorgebracht hätte und inwiefern die angefochtene Entscheidung auf der Unterlassung dieses Vorbringens beruhen kann (SozR aaO Nr 36). Ausführungen hierzu enthält die Beschwerdebegründung jedoch nicht.
Soweit eine Verletzung der Aufklärungspflicht gerügt wird, übersieht der Beschwerdeführer, daß eine auf § 103 SGG gestützte Rüge nur dann zur Begründung eines die Nichtzulassungsbeschwerde stützenden Verfahrensmangels dienen kann, wenn in bezug auf die vermißte Sachaufklärung ein Beweisantrag gestellt worden ist, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Insoweit ist der gerügte Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet.
Soweit der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, gehört zu deren Darlegung iS von § 160a Abs 2 Satz 3 SGG auch die Darlegung der Klärungsfähigkeit in dem angestrebten Revisionsverfahren. Angesichts der nicht ausdrücklich angegriffenen Feststellung des LSG, bei den Arbeitsplätzen für den Werkstattschreiber handele es sich nicht nur um innerbetrieblich geschaffene Schonarbeitsplätze, weshalb für den Kläger nicht nur eine rein theoretische, sondern eine reale, wenn auch bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage nicht sehr günstige Möglichkeit der Erlangung eines derartigen Arbeitsplatzes bestehe, hätte es der Darlegung der Klärungsfähigkeit der für grundsätzlich erachteten Rechtsfrage deshalb bedurft, weil der Beschwerdeführer die Zulässigkeit der genannten Verweisung für den Fall geklärt wissen will, daß nach der allgemeinen Lebenserfahrung und bei einer lebensnahen Einschätzung nicht mit einer Vermittlung zu rechnen ist. Mit dem Vorbringen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache versucht der Beschwerdeführer in Wahrheit, an die Stelle des Beweisergebnisses des LSG seine eigene Beweiswürdigung zu setzen. Dies entspricht einer nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zugelassenen Rüge eines Verstoßes gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob es sich bei der vom Beschwerdeführer für grundsätzlich erachteten Frage überhaupt um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt oder um eine Tatfrage.
Die Beschwerde muß deshalb in entsprechender Anwendung des § 169 SGG wegen nicht formgerechter Begründung durch Beschluß des Senats ohne mündliche Verhandlung und ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen