Leitsatz (amtlich)
Sind einem Versicherten noch leichte körperliche Arbeiten bis zu sechs Stunden täglich auf dem gesamten allgemeinen Arbeitsfeld möglich und zumutbar, so kann das Gericht in der Regel aus eigener Sachkenntnis feststellen, daß es entsprechende Arbeitsplätze in ausreichender Zahl gibt; Beweiserhebungen hierüber bedarf es regelmäßig nicht.
Normenkette
SGG § 103 Fassung: 1953-09-03; RVO § 1246 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. April 1965 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Dem Kläger ist die von ihm erstrebte Versichertenrente in den Vorinstanzen versagt geblieben. Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) hat er mit der - nicht zugelassenen-Revision angegriffen. Er rügt, das LSG habe in zweifacher Hinsicht seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 103 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) verletzt.
Die Revision ist der Meinung, das LSG hätte sich sein Urteil über den Gesundheitszustand des Klägers nicht allein aus Gutachten der Jahre 1961/62 bilden dürfen. Weil der inzwischen 62 Jahre alt gewordene Kläger im Sommer 1964 wegen einer akuten Appendizitis operiert worden sei, einen Darmverschluß gehabt habe und noch an den Folgen der Operation leide, hätte das LSG ein weiteres ärztliches Gutachten einholen müssen. - Diese Rüge ist unbegründet. Das LSG hat die Möglichkeit, daß der Gesundheitszustand des Klägers durch die Blinddarmoperation und ihre Folgen weiter beeinträchtigt worden sein könnte, nicht außer acht gelassen. Es hat einen Bericht hierüber von der Klinik Decker in München beigezogen. Daraus hat es entnommen, daß die Blinddarmentzündung, die Operationsfolgen und der Darmverschluß während des 14-tägigen Aufenthalts in der Klinik behoben worden waren. Unter diesen Umständen mußte sich das LSG - auch unter Berücksichtigung des Alters des Klägers - beim Fehlen sonstiger Anhaltspunkte für eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers nicht gedrängt fühlen, ein neues Gutachten einzuholen; es konnte sich seine richterliche Überzeugung, ohne gegen die Verpflichtung zur ausreichenden Klärung des Sachverhalts zu verstoßen. aus den zwischen Juni 1961 und Juli 1962 erstatteten Gutachten der Ärzte Dr. D, Dr. Dr. S, Dr. T und Dr. M bilden.
Weiter rügt die Revision: Das LSG sei der Frage nicht nachgegangen, ob es für die dem Kläger angesonnenen beruflichen Tätigkeiten Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl gebe. Jedenfalls schweige sich das angefochtene Urteil hierüber aus. Das Gericht hätte wenigstens angeben müssen, daß ihm die Erlangung solcher Arbeitsplätze aus eigener Erfahrung bekannt sei. -
Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Das LSG hat den Kläger noch als fähig angesehen, leichte körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen mindestens fünf bis sechs Stunden täglich zu verrichten, und zwar sowohl in seinem früher ausgeübten Beruf des Sattlergehilfen als auch auf dem allgemeinen Arbeitsfeld; hierbei hat es beispielsweise eine einfache Maschinenbedienung (Halbautomaten und ähnliches), Prüfarbeiten, Sortierarbeiten und die Tätigkeit eines Pförtners in Betracht gezogen. Das angefochtene Urteil läßt allerdings - darin ist der Revision beizupflichten - die ausdrückliche Feststellung vermissen, daß es Arbeitsplätze der angeführten Art in ausreichender Zahl gebe. Nach der Art und Vielfalt der angeführten Tätigkeiten und dem Ergebnis des Verfahrens erscheint es jedoch selbstverständlich, daß der Urteilsfindung des LSG die von der Revision vermißte Feststellung zugrunde liegt. Es ist auch nicht zu verkennen, daß diese Feststellung auf der eigenen Sachkunde der Berufungsrichter beruht. Daß sich die Richter hiermit begnügt und keine weiteren Erhebungen angestellt haben, ist bei der Berufserfahrung eines in der Rentenversicherung tätigen Richters verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
Die von der Revision gerügten Verfahrensmängel liegen somit nicht vor; die Revision ist deshalb nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft (BSG 1, 150, 254).
Es fehlt auch an sonstigen Gründen der Statthaftigkeit. Das Rechtsmittel ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen