Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Versäumung der Begründungsfrist. Verschulden des Prozessbevollmächtigten. Zurechnung gem § 73 SGG. keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

Orientierungssatz

1. Die Versäumung der Begründungsfrist des § 160a Abs 2 S 1 SGG durch den Prozessbevollmächtigten muss sich der Hilfebedürftige auch im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem § 67 Abs 1 SGG iVm § 73 Abs 3 S 2 SGG zurechnen lassen.

2. Danach gilt die Fristversäumnis auch dann als vom Hilfebedürftigen verschuldet, wenn sein Prozessbevollmächtigter zwar die Beschwerde eingelegt, jedoch nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass seine Vertretung mit der Einlegung der Beschwerde ende, sondern er vielmehr eine fristgerechte Begründung der Beschwerde angekündigt hat.

 

Normenkette

SGG § 67 Abs. 1, § 73 Abs. 3 S. 2 Fassung: 2006-12-02, § 160a Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 06.11.2007; Aktenzeichen L 13 AS 2609/06)

SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 26.04.2006; Aktenzeichen S 12 AS 921/06)

 

Gründe

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, das dem Kläger am 10. Dezember 2007 zugestellt worden ist, hat dieser durch seinen Prozessbevollmächtigten am 28. Dezember 2007 Beschwerde zum Bundessozialgericht eingelegt; gleichzeitig hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten beantragt.

Prozesskostenhilfe kann dem Kläger nicht bewilligt werden. Die mit der Beschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg iS des § 73a Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung. Die Beschwerde ist mangels fristgerechter Begründung unzulässig. Nach § 160a Abs 2 Satz 1 SGG hätte die Beschwerde innerhalb der am 11. Februar 2008 (= Montag) abgelaufenen Begründungsfrist begründet werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Mit einer Wiedereinsetzung ist nicht zu rechnen, auch wenn der Kläger möglicherweise die Kosten für seine Vertretung nicht aufbringen kann. Denn er war nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Begründungsfrist verhindert. Bringt nämlich ein Prozessbevollmächtigter, nachdem er ein Rechtsmittel eingelegt hat, weder durch Niederlegung des Mandats noch auf sonstige Weise zum Ausdruck, dass er seine Vertretung auf die Einlegung des Rechtsmittels beschränkt wissen will, so muss er die gesetzliche Frist für die Begründung des Rechtsmittels beachten und einhalten; anderenfalls treffen die Folgen der von ihm verschuldeten Fristversäumnis gemäß § 73 Abs 3 Satz 2 SGG seinen Mandanten (BSG SozR 1500 § 160a Nr 8). Dies gilt auch im vorliegenden Fall; denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat nicht zum Ausdruck gebracht, dass seine Vertretung mit der Einlegung der Beschwerde ende. Vielmehr hat er eine fristgerechte Begründung der Beschwerde angekündigt.

Somit ist nicht nur die vom Kläger beantragte Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten zu versagen, sondern auch die Beschwerde wegen Versäumung der Begründungsfrist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1983087

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