Entscheidungsstichwort (Thema)
Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage
Orientierungssatz
1. Ist zu einer Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen, ist sie in der Regel nicht mehr klärungsbedürftig. Ausnahmsweise kann eine Klärungsbedürftigkeit dennoch vorliegen, wenn nämlich der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie keineswegs von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden. Die - erneute - Klärungsbedürftigkeit muß substantiiert vorgetragen werden.
2. Verfassungsrechtliche Erwägungen und der Hinweis auf Vorlageverfahren beim Bundesverfassungsgericht vermögen die erforderlichen Darlegungen nicht zu ersetzen.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 08.09.1988; Aktenzeichen L 5 A 67/87) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Klägerin begehrt die rentenrechtliche "Anerkennung" von Zeiten der Kindererziehung, während derer sie im Ausland lebte.
Nach § 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) darf das Bundessozialgericht (BSG) die Revision gegen das Urteil eines Landessozialgerichts (LSG) ua nur zulassen, wenn - die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.
Gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG muß in der Beschwerdebegründung ua die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Genügt die Beschwerdebegründung diesen Anforderungen nicht, ist die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die von ihr behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat die Klägerin nicht "dargelegt". Ist zu einer Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen, ist sie in der Regel nicht mehr klärungsbedürftig. Ausnahmsweise kann eine Klärungsbedürftigkeit dennoch vorliegen, wenn nämlich der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie keineswegs von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13; Nr 65). Die - erneute - Klärungsbedürftigkeit muß substantiiert vorgetragen werden. Das ist hier nicht der Fall.
Der erkennende Senat hat die von der Klägerin als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage, nämlich die der Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 28a des Angestelltenversicherungsgesetzes bei gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland, bereits entschieden (Urteil vom 12. Juli 1988 - 4/11a RA 36/87 - BSGE 63, 282, 284 ff = SozR 2200 § 1251a Nr 2; vgl auch Urteil vom 12. Juli 1988 - 4/11a RA 16/87 = SozR 6580 Art 5 Nr 4 und Urteil vom 15. November 1988 - 4/11a RA 58/87). Das LSG hat sich auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats ausdrücklich bezogen (S 9 des Urteils).
Die Klägerin hat nicht dargelegt, weshalb die von ihr aufgezeigte Rechtsfrage dennoch klärungsbedürftig geblieben ist; insbesondere hat sie nicht aufgezeigt, daß die Rechtsprechung des Senats wie bezeichnet Widerspruch erfahren hat. Verfassungsrechtliche Erwägungen und der Hinweis auf Vorlageverfahren beim Bundesverfassungsgericht vermögen diese erforderlichen Darlegungen nicht zu ersetzen.
Die Rüge der Klägerin, das angefochtene Urteil des LSG sei deshalb verfahrensfehlerhaft, weil es unter Verstoß gegen § 136 Abs 1 Nr 6 SGG keine Ausführungen zur Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides vom 7. Juli 1987 enthalte, ist schon der Sache nach unzutreffend. Das LSG hat sich auf S 5 des Urteils auf den Bescheid vom 7. Juli 1987 bezogen und dazu ausgeführt, daß die Klage gegen diesen - gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordenen - Bescheid keinen Erfolg habe, da die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung von Kindererziehungszeiten habe. Mit der Rüge, das LSG habe es rechtswidrig unterlassen, die Rechtmäßigkeit des genannten Bescheides an den Voraussetzungen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB 10) zu prüfen, macht die Klägerin allein die sachliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend. Diese - behauptete - Unrichtigkeit des LSG-Urteils in der Sache ist kein Zulassungsgrund; die Sachrüge kann erst nach Zulassung der Revision und mit diesem Rechtsmittel geltend gemacht werden.
Nach allem war die Beschwerde der Klägerin als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen