Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Anrechenbarkeit einer Ersatzzeit zugunsten eines jugoslawischen Staatsangehörigen, der nicht über Beitragszeiten iS des RVO § 1250 Abs 1 Buchst a verfügt.

 

Normenkette

RVO § 1251 Fassung: 1957-02-23, § 1250 Abs 1 Buchst a Fassung: 1957-02-23; SozSichAbk YUG Art 1 Fassung: 1968-10-12; SozSichAbk YUG Art 25 Fassung: 1968-10-12; SVVtr YUG Art 1 Fassung: 1956-03-10; SVVtr YUG Art 2 Fassung: 1956-03-10; SVVtr YUG Art 3 Fassung: 1956-03-10

 

Gründe

Das Landessozialgericht (LSG) hat dem Kläger durch Urteil vom 14. Oktober 1974 die Versichertenrente versagt und damit die von der beklagten Landesversicherungsanstalt und dem Sozialgericht getroffenen Entscheidungen bestätigt. Nach den in den Gründen seiner Entscheidung getroffenen Feststellungen sind für den Kläger, zu dessen Gunsten unterstellt wird, daß er die jugoslawische Staatsangehörigkeit besitzt, und nicht - wie im Armenrechtsgesuch angegeben - staatenlos ist, in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet worden. Er lebte in der Zeit vor dem 2. Weltkrieg und auch zu Beginn des Krieges in Jugoslawien. Im Jahre 1941 wurde er in das Konzentrationslager (KZ) D. verbracht und dort während der weiteren Dauer des Krieges festgehalten. Nach Kriegsende kehrte er nach Jugoslawien zurück, er war dort in der Folgezeit in abhängiger Arbeit beschäftigt. Im März 1967 kam er in die BRD, ihm wurde durch Bescheid vom 20. Juni 1968 die Asylberechtigung zuerkannt. Seither lebt er als Sozialhilfeempfänger in G. .

Das LSG hat unterstellt, daß der Kläger infolge seines schlechten Gesundheitszustandes keiner geregelten Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne. Ein Rentenanspruch stehe ihm jedoch - so hat es weiter ausgeführt - nicht zu, weil er die Wartezeit (vgl §§ 1246 Abs 3, 1247 Abs 3 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) nicht erfüllt habe. Beitragszeiten könnten ihm nicht gutgebracht werden, insbesondere komme eine Anrechnung der Versicherungszeiten, die er in Jugoslawien zurückgelegt habe, nicht in Betracht. Eine solche Anrechnung sei weder in den mit Jugoslawien abgeschlossenen Abkommen vorgesehen, noch könne sie in dem vorliegenden Fall aus dem Fremdrentengesetz (FRG) hergeleitet werden. Der Kläger gehöre nicht zu dem Personenkreis des § 1 dieses Gesetzes. - Die Anrechnung einer Ersatzzeit wegen der KZ-Haft (vgl § 1251 Abs 1 Nr 4 RVO) scheide deshalb aus, weil es an einer Vor- bzw Nach*-versicherungszeit (vgl § 1251 Abs 2 RVO) in der BRD fehle.

Das LSG hat die Revision zugelassen; der Kläger beabsichtigt, dieses Rechtsmittel einzulegen, um damit den Rentenanspruch weiter zu verfolgen.

Das Armenrecht kann ihm für diese Rechtsverfolgung nicht gewährt werden, sie bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 167 SGG iVm § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

Das Berufungsgericht hat nach Auffassung des erkennenden Senats zu Recht dahin entschieden, daß dem Kläger keine Rente zugesprochen werden kann. Er hat die Wartezeit von 60 Kalendermonaten (vgl §§ 1246 Abs 3 und 1247 Abs 3 RVO) nicht erfüllt.

Nach § 1250 Abs 1 Buchst a) RVO sind anrechnungsfähige Versicherungszeiten solche Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Invalidenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten. Solche Beitragszeiten hat das LSG nicht festgestellt, sie werden vom Kläger nicht einmal behauptet. Anrechnungsfähige Versicherungszeiten sind ferner Ersatzzeiten im Sinne des § 1251 RVO (vgl § 1250 Abs 1 Buchst b) RVO). Im Falle des Klägers könnte die Anerkennung einer Ersatzzeit - nämlich die Zeit der KZ-Haft - nach § 1251 Abs 1 Nr 4 RVO in Betracht kommen. Die Anerkennung reicht jedoch für sich allein nicht aus, es bedarf insoweit der Anrechenbarkeit. Sie kommt nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 1251 Abs 2 RVO (das Vorliegen einer Vor- oder Nach*-versicherungszeit) erfüllt sind. Da - wie bereits dargelegt - deutsche Beitragszeiten nicht vorhanden sind, hängt die Entscheidung davon ab, ob die Beschäftigungszeiten des Klägers in Jugoslawien Berücksichtigung finden können. Diese Frage muß verneint werden. Die zwischen der BRD und Jugoslawien geschlossenen Verträge sehen dies nicht vor. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang zunächst der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die Regelung gewisser Forderungen aus der Sozialversicherung vom 10. März 1956 (- Vertrag - BGBl 1958 II S 170). Nach dem Vertrag sind Ansprüche jugoslawischer Staatsangehöriger gegenüber der Sozialversicherung der BRD durch Zahlung eines Pauschbetrags von 26 Millionen DM seitens der BRD abgegolten worden (vgl Art 1 und 3 des Vertrages). Demgemäß trifft Art 2 des Vertrages eine Regelung dahingehend, daß Ansprüche jugoslawischer Staatsangehöriger aus der Sozialversicherung an den Träger der jugoslawischen Sozialversicherung zu richten sind. Durch das Abkommen zwischen der BRD und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 (- Abkommen - BGBl 1969 II S 1438), sind die gegenseitigen sozialversicherungsrechtlichen Beziehungen der Angehörigen der beiden Staaten neu gestaltet worden. Aber auch die dort getroffenen Regelungen geben keine Möglichkeit, Ersatzzeiten nach deutschem Recht zur Erfüllung der Wartezeit mit heranzuziehen, solange sie nicht zugleich nach deutschem Recht auch anrechenbar sind. In Art 25 des Abkommens - diese Vorschrift ist hier von Bedeutung - ist nicht von Versicherungszeiten schlechthin die Rede, sondern von Versicherungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten anrechnungsfähig sind. Zu den Versicherungszeiten gehören nach Art 1 Nr 10 des Vertrages sowohl Beitragszeiten als auch diesen gleichgestellte Zeiten. Hiernach haben Ersatzzeiten nicht von vornherein außer Betracht zu bleiben. Ihre Berücksichtigung kommt jedoch, wie sich aus Artikel 25 des Abkommens ergibt, nur dann in Betracht, wenn sie nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dem sie zurückgelegt sind, angerechnet werden können. Nach den für die BRD geltenden Vorschriften kann - dies ist bereits ausgeführt - die Zeit der KZ-Haft des Klägers nicht angerechnet werden, weil die Voraussetzungen des § 1251 Abs 2 RVO nicht erfüllt sind.

Das LSG hat zu Recht die Frage geprüft, ob auf den Kläger die Vorschriften des Fremdrentengesetzes (FRG) Anwendung finden könnten. Zwar mag im allgemeinen dann, wenn ein zwischenstaatlicher Vertrag über Soziale Sicherheit besteht, die Anwendung des FRG ausgeschlossen sein (vgl § 2 FRG). Aus Nr 12 des Schlußprotokolls zu dem Abkommen ergibt sich jedoch, daß sowohl das Abkommen, als auch der Vertrag nicht als Abkommen im Sinne der deutschen Rechtsvorschriften über Fremdrenten gelten. Diese Rechtsvorschriften bleiben hiernach kraft ausdrücklicher Regelung unberührt.

In dem vorliegenden Fall kann der Kläger daraus jedoch keine Rechte für sich herleiten. Er gehört nicht zu dem Personenkreis, der vom FRG erfaßt wird. Insbesondere ist er nicht Vertriebener im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes, Deutscher im Sinne des Art 116 Abs 1 des Grundgesetzes (GG), früherer deutscher Staatsangehöriger im Sinne des Art 116 Abs 2 Satz 1 des GG oder heimatloser Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet (vgl § 1 FRG). Auch die Ausnahmeregelung des § 17 FRG findet auf ihn keine Anwendung.

Trotz der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht könnte das Rechtsmittel also keinen Erfolg haben. Das Armenrecht kann dem Kläger hiernach nicht zugesprochen werden. vom 14. Oktober 1974 die Versichertenrente versagt und damit die von der beklagten Landesversicherungsanstalt und dem Sozialgericht getroffenen Entscheidungen bestätigt. Nach den in den Gründen seiner Entscheidung getroffenen Feststellungen sind für den Kläger, zu dessen Gunsten unterstellt wird, daß er die jugoslawische Staatsangehörigkeit besitzt, und nicht - wie im Armenrechtsgesuch angegeben - staatenlos ist, in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet worden. Er lebte in der Zeit vor dem 2. Weltkrieg und auch zu Beginn des Krieges in Jugoslawien. Im Jahre 1941 wurde er in das Konzentrationslager (KZ) D. verbracht und dort während der weiteren Dauer des Krieges festgehalten. Nach Kriegsende kehrte er nach Jugoslawien zurück, er war dort in der Folgezeit in abhängiger Arbeit beschäftigt. Im März 1967 kam er in die BRD, ihm wurde durch Bescheid vom 20. Juni 1968 die Asylberechtigung zuerkannt. Seither lebt er als Sozialhilfeempfänger in G. .

Das LSG hat unterstellt, daß der Kläger infolge seines schlechten Gesundheitszustandes keiner geregelten Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne. Ein Rentenanspruch stehe ihm jedoch - so hat es weiter ausgeführt - nicht zu, weil er die Wartezeit (vgl §§ 1246 Abs 3, 1247 Abs 3 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) nicht erfüllt habe. Beitragszeiten könnten ihm nicht gutgebracht werden, insbesondere komme eine Anrechnung der Versicherungszeiten, die er in Jugoslawien zurückgelegt habe, nicht in Betracht. Eine solche Anrechnung sei weder in den mit Jugoslawien abgeschlossenen Abkommen vorgesehen, noch könne sie in dem vorliegenden Fall aus dem Fremdrentengesetz (FRG) hergeleitet werden. Der Kläger gehöre nicht zu dem Personenkreis des § 1 dieses Gesetzes. - Die Anrechnung einer Ersatzzeit wegen der KZ-Haft (vgl § 1251 Abs 1 Nr 4 RVO) scheide deshalb aus, weil es an einer Vor- bzw Nach*-versicherungszeit (vgl § 1251 Abs 2 RVO) in der BRD fehle.

Das LSG hat die Revision zugelassen; der Kläger beabsichtigt, dieses Rechtsmittel einzulegen, um damit den Rentenanspruch weiter zu verfolgen.

Das Armenrecht kann ihm für diese Rechtsverfolgung nicht gewährt werden, sie bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 167 SGG iVm § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

Das Berufungsgericht hat nach Auffassung des erkennenden Senats zu Recht dahin entschieden, daß dem Kläger keine Rente zugesprochen werden kann. Er hat die Wartezeit von 60 Kalendermonaten (vgl §§ 1246 Abs 3 und 1247 Abs 3 RVO) nicht erfüllt.

Nach § 1250 Abs 1 Buchst a) RVO sind anrechnungsfähige Versicherungszeiten solche Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Invalidenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten. Solche Beitragszeiten hat das LSG nicht festgestellt, sie werden vom Kläger nicht einmal behauptet. Anrechnungsfähige Versicherungszeiten sind ferner Ersatzzeiten im Sinne des § 1251 RVO (vgl § 1250 Abs 1 Buchst b) RVO). Im Falle des Klägers könnte die Anerkennung einer Ersatzzeit - nämlich die Zeit der KZ-Haft - nach § 1251 Abs 1 Nr 4 RVO in Betracht kommen. Die Anerkennung reicht jedoch für sich allein nicht aus, es bedarf insoweit der Anrechenbarkeit. Sie kommt nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 1251 Abs 2 RVO (das Vorliegen einer Vor- oder Nach*-versicherungszeit) erfüllt sind. Da - wie bereits dargelegt - deutsche Beitragszeiten nicht vorhanden sind, hängt die Entscheidung davon ab, ob die Beschäftigungszeiten des Klägers in Jugoslawien Berücksichtigung finden können. Diese Frage muß verneint werden. Die zwischen der BRD und Jugoslawien geschlossenen Verträge sehen dies nicht vor. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang zunächst der Vertrag 008schen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die Regelung gewisser Forderungen aus der Sozialversicherung vom 10. März 1956 (- Vertrag - BGBl 1958 II S 170). Nach dem Vertrag sind Ansprüche jugoslawischer Staatsangehöriger gegenüber der Sozialversicherung der BRD durch Zahlung eines Pauschbetrags von 26 Millionen DM seitens der BRD abgegolten worden (vgl Art 1 und 3 des Vertrages). Demgemäß trifft Art 2 des Vertrages eine Regelung dahingehend, daß Ansprüche jugoslawischer Staatsangehöriger aus der Sozialversicherung an den Träger der jugoslawischen Sozialversicherung zu richten sind. Durch das Abkommen zwischen der BRD und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 (- Abkommen - BGBl 1969 II S 1438), sind die gegenseitigen sozialversicherungsrechtlichen Beziehungen der Angehörigen der beiden Staaten neu gestaltet worden. Aber auch die dort getroffenen Regelungen geben keine Möglichkeit, Ersatzzeiten nach deutschem Recht zur Erfüllung der Wartezeit mit heranzuziehen, solange sie nicht zugleich nach deutschem Recht auch anrechenbar sind. In Art 25 des Abkommens - diese Vorschrift ist hier von Bedeutung - ist nicht von Versicherungszeiten schlechthin die Rede, sondern von Versicherungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten anrechnungsfähig sind. Zu den Versicherungszeiten gehören nach Art 1 Nr 10 des Vertrages sowohl Beitragszeiten als auch diesen gleichgestellte Zeiten. Hiernach haben Ersatzzeiten nicht von vornherein außer Betracht zu bleiben. Ihre Berücksichtigung kommt jedoch, wie sich aus Artikel 25 des Abkommens ergibt, nur dann in Betracht, wenn sie nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dem sie zurückgelegt sind, angerechnet werden können. Nach den für die BRD geltenden Vorschriften kann - dies ist bereits ausgeführt - die Zeit der KZ-Haft des Klägers nicht angerechnet werden, weil die Voraussetzungen des § 1251 Abs 2 RVO nicht erfüllt sind.

Das LSG hat zu Recht die Frage geprüft, ob auf den Kläger die Vorschriften des Fremdrentengesetzes (FRG) Anwendung finden könnten. Zwar mag im allgemeinen dann, wenn ein zwischenstaatlicher Vertrag über Soziale Sicherheit besteht, die Anwendung des FRG ausgeschlossen sein (vgl § 2 FRG). Aus Nr 12 des Schlußprotokolls zu dem Abkommen ergibt sich jedoch, daß sowohl das Abkommen, als auch der Vertrag nicht als Abkommen im Sinne der deutschen Rechtsvorschriften über Fremdrenten gelten. Diese Rechtsvorschriften bleiben hiernach kraft ausdrücklicher Regelung unberührt.

In dem vorliegenden Fall kann der Kläger daraus jedoch keine Rechte für sich herleiten. Er gehört nicht zu dem Personenkreis, der vom FRG erfaßt wird. Insbesondere ist er nicht Vertriebener im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes, Deutscher im Sinne des Art 116 Abs 1 des Grundgesetzes (GG), früherer deutscher Staatsangehöriger im Sinne des Art 116 Abs 2 Satz 1 des GG oder heimatloser Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet (vgl § 1 FRG). Auch die Ausnahmeregelung des § 17 FRG findet auf ihn keine Anwendung.

Trotz der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht könnte das Rechtsmittel also keinen Erfolg haben. Das Armenrecht kann dem Kläger hiernach nicht zugesprochen werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1650068

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