Verfahrensgang
SG München (Entscheidung vom 26.06.2018; Aktenzeichen S 53 SO 460/13) |
Bayerisches LSG (Urteil vom 11.12.2020; Aktenzeichen L 8 SO 176/18) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 2020 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Im Streit ist ein Anspruch der Klägerin als Betreiberin eines ambulanten Pflegedienstes auf Übernahme der Kosten für die im Zeitraum vom 13.9.2011 bis 30.4.2012 geleistete ambulante Pflege der am 16.2.2013 verstorbenen Frau K (im Folgenden K) in Höhe von 48 167,54 Euro.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Betreuers der K vom 13.9.2011 auf Hilfe zur Pflege wegen vorhandenen Vermögens zunächst ab (Bescheid vom 25.10.2011) und bewilligte (erst) ab dem 1.5.2012 Leistungen der Hilfe zur Pflege (Bescheide vom 20.6.2012, 7.8.2012, 5.9.2012, 16.10.2012). Während des laufenden Widerspruchsverfahrens, gerichtet auf Leistungsgewährung ab dem 13.9.2011, trat der Betreuer der K im Februar 2013 sämtliche gegen die Beklagte bestehenden Erstattungsansprüche an die Klägerin ab. Die Beklagte lehnte nach dem Tod der K das ua auf § 19 Abs 6 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) gestützte Begehren der Klägerin ab (Widerspruchsbescheid vom 25.7.2013). Die Klage hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ München vom 26.6.2018; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 11.12.2020). Zur Begründung haben die Vorinstanzen ua ausgeführt, die Abtretung sei nichtig; im Übrigen unterfielen ambulante Pflegeleistungen nicht dem Begriff der Leistung für Einrichtungen iS des § 19 Abs 6 SGB XII; ein ambulanter Pflegedienst habe daher nach dem Tod des pflegebedürftigen Hilfeempfängers keinen eigenen Anspruch als dessen Sonderrechtsnachfolger auf Übernahme noch nicht bezahlter Pflegekosten gegen den Sozialhilfeträger (unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 13.7.2010 - B 8 SO 13/09 R - BSGE 106, 264 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2). Im streitigen Zeitraum bestehe ohnehin kein Anspruch der K auf Leistungen der Hilfe zur Pflege, der habe übergehen können. Einer Leistungsbewilligung habe die wegen Vermögens fehlende Hilfebedürftigkeit entgegengestanden.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht die grundsätzliche Bedeutung der Sache geltend. Der Rechtsstreit werfe die Frage auf, ob ambulante Pflegedienste in den Schutzbereich des § 19 Abs 6 SGB XII einbezogen werden könnten. Das BSG habe eine teleologische Reduktion der Vorschrift nicht ausgeschlossen.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin gibt selbst an, dass die von ihr aufgeworfene Frage durch den erkennenden Senat bereits in seinem Urteil vom 13.7.2010 verneint wurde. Ist die Rechtsfrage höchstrichterlich bereits geklärt, kann die Klärungsbedürftigkeit zwar ausnahmsweise bejaht werden, wenn der Rechtsprechung in nicht geringem Umfang widersprochen wird und gegen sie Einwendungen vorgebracht werden, die nicht als abwegig anzusehen sind (BSG vom 19.7.2011 - B 8 SO 19/11 B - juris RdNr 7 mwN). Eine solche Ausnahme hat die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung aber nicht dargetan. Dazu hätte es der Aufarbeitung des fachwissenschaftlichen Schrifttums und ggf nach der Entscheidung des Senats vom 13.7.2010 ergangener Entscheidungen von Instanzgerichten, die sich mit dieser Entscheidung auseinandersetzen, bedurft. Um einen weiter bestehenden Klärungsbedarf aufzuzeigen, genügt es nicht, auf den Streitstand vor der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinzuweisen, der gerade Grund für die erfolgte Klärung gewesen ist oder sich auf Gesetzbegründungen zu BSHG-Vorschriften zu beziehen, die ebenfalls lange vor der Entscheidung vom 13.7.2010 verfasst worden sind. Um einen weiter bestehenden Klärungsbedarf aufzuzeigen, genügt es nicht - wie vorliegend -, die Entscheidung des Senats zu kritisieren und selbst eine andere Auffassung zu vertreten. Sonst würde es im Belieben eines Beteiligten stehen, eine von ihm nicht akzeptierte Rechtsprechung erneut vom Revisionsgericht überprüfen zu lassen (vgl BSG vom 19.7.2011 - B 8 SO 19/11 B - juris RdNr 7 mwN; BSG vom 18.2.1988 - 5/5b BJ 274/86 - juris). Soweit die Klägerin ergänzend vorbringt, vorliegend hätte im Wege einer vom BSG nicht ausgeschlossenen teleologischen Reduktion § 19 Abs 6 SGB XII auf die Klägerin Anwendung finden müssen, rügt sie lediglich eine vermeintliche Fehlerhaftigkeit des LSG-Urteils, was die grundsätzliche Bedeutung nicht begründen kann (vgl BSG vom 14.4.2021 - B 8 SO 86/20 B - juris). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die über die in der Entscheidung vom 13.7.2010 (B 8 SO 13/09 R) bereits geklärten Rechtsfragen hinausginge, stellt sie in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht.
Schließlich fehlt es auch an hinreichenden Darlegungen zur Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit), die lediglich behauptet wird. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie gerade für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist. Dies setzt voraus, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen. Kann mangels entsprechendem Vortrags nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis der angestrebten rechtlichen Klärung am Fehlen einer weiteren Anspruchsvoraussetzung scheitern müsste, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und damit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage (BSG vom 30.8.2004 - B 2 U 401/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 3 mwN). Das LSG hat seine Entscheidung (unter Verweis auf die Entscheidung des SG) auch darauf gestützt, dass im streitigen Zeitraum wegen Vermögens ohnehin kein Anspruch der K gegen die Beklagte auf Leistungen der Hilfe zur Pflege bestanden habe. Wird ein Urteil auf zwei voneinander unabhängige Begründungen gestützt, muss für jede Begründung ein Zulassungsgrund dargelegt werden (vgl BSG vom 21.2.2017 - B 1 KR 41/16 B - juris RdNr 14; BSG vom 2.8.2018 - B 10 ÜG 2/18 B - juris RdNr 6).
Soweit die Klägerin mit ihrem Hinweis auf eine vom BSG in der Entscheidung vom 13.7.2010 (B 8 SO 13/09 R) nicht ausgeschlossene teleologische Reduktion der Vorschrift des § 19 Abs 6 SGB XII eine Divergenz geltend machen will, ist auch dieser Zulassungsgrund nicht anforderungsgerecht dargetan. Sie arbeitet schon keinen entscheidungstragenden Rechtssatz des LSG heraus, der nach ihrem Dafürhalten von einem entscheidungstragenden Rechtssatz in den erwähnten Entscheidungen abweicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG(vgl BSGE 106, 264 RdNr 18 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2 RdNr 18) .
Fundstellen
Dokument-Index HI14793927 |