Leitsatz (amtlich)

Beantragt ein Prozeßbevollmächtigter im Sinne des SGG § 73 Abs 6 S 3 die Einholung eines "Obergutachtens" eines namentlich bezeichneten Arztes "auf Gerichtskosten", so liegt darin kein Antrag nach SGG § 109 Abs 1 S 1.

 

Normenkette

SGG § 109 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1953-09-03, S. 1, § 73 Abs. 6 S. 3 Fassung: 1954-08-10, S. 3

 

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart vom 20. Juli 1955 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

1. Das Landessozialgericht hat die Revision nicht zugelassen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Sie ist daher nur statthaft, wenn gerügt ist, das Verfahren des Landessozialgerichts leide an einem wesentlichen Mangel, und wenn dieser Mangel auch tatsächlich vorliegt (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG; BSG. 1, 150) oder wenn bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) das Gesetz verletzt ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG). Dies ist hier nicht der Fall.

2. Die Kläger rügen, das Landessozialgericht habe den ursächlichen Zusammenhang des Todes mit einem durch den Wehrdienst verschlimmerten Herzleiden verneint, ohne ein Gutachten von Prof. Dr. D einzuholen; der Prozeßbevollmächtigte habe in der Sitzung vom 20. Juli 1955 "vorsorglich und hilfsweise ... gemäß § 109 Abs. 1 SGG" beantragt, die "Zusammenhangsfrage durch ein Gutachten von Prof. Dr. ... klären zu lassen". Das Landessozialgericht habe diesem Antrag nicht entsprochen, den Antrag im Urteil nicht einmal erwähnt und infolgedessen den Sachverhalt nicht genügend geklärt; es habe dadurch die §§ 103, und 109 SGG verletzt.

a) Die Rüge der Verletzung des § 103 SGG entspricht nicht den Erfordernissen des § 164 Abs. 2 Satz 2 a. a. O. Die Kläger haben in der Revisionsbegründung nicht hinreichen substantiiert dargetan, inwiefern im einzelnen die dem Landessozialgericht bekannten Gutachten durch ein Gutachten von Prof. Dr. ... hätten ergänzt werden müssen. Die Behauptung, es sei "sehr wohl wahrscheinlich, daß Prof. Dr. ... die Zusammenhangsfrage anders beurteilt hätte", genügt nicht. Insoweit fehlt die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, aus denen sich nach Meinung der Kläger ein Mangel des Verfahrens des Landessozialgerichts ergibt (BSG. 1, 91).

Die Rüge, das Landessozialgericht habe gegen § 103 Satz 1 SGG verstoßen, kann schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben.

b) Das Landessozialgericht hat auch nicht gegen § 109 SGG verstoßen. Der Vertreter der Kläger, der Prozeßbevollmächtigter im Sinne des § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG ist, also Inhalt und Bedeutung des wichtigen § 109 SGG sicherlich genau kennt, beantragte nach der Niederschrift über die Sitzung des Landessozialgerichts vom 20. Juli 1955 hilfsweise "Einholung eines Obergutachtens bei Prof. Dr. ... auf Gerichtskosten ". Trotz der namentlichen Bezeichnung des zu hörenden Arztes liegt aber darin kein Antrag im Sinne des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG; die Kläger haben in Wirklichkeit dem Landessozialgericht nur die Anregung gegeben, "auf Gerichtskosten" ein Gutachten des vorgeschlagenen Sachverständigen einzuholen; mit der Wendung, das Gutachten solle "auf Gerichtskosten" eingeholt werden, haben sie die Leistung eines Kostenvorschusses und die endgültige Tragung der Kosten des Gutachtens (vgl. § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG) ausschließen und das Landessozialgericht zur Einholung des Gutachtens im Rahmen der Erfüllung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 Satz 1 SGG) veranlassen wollen. Über die Einholung solcher Gutachten entscheidet aber das Gericht nach seinem Ermessen. Die Grenzen dieses Rechts hat es nicht überschritten, wenn es "eine weitere Klärung - etwa durch ein neues Gutachten - nicht für möglich" hielt und "bei dieser Sachlage ... seiner Beurteilung die seinerzeit an Hand der Untersuchungsergebnisse getroffenen Feststellungen" zugrunde legte. Da ein Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG nicht gestellt ist, kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher Antrag nach § 109 Abs. 2 a. a. O. hätte abgelehnt werden dürfen.

3. Schließlich ist auch bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Tode des Ehemannes und Vaters der Kläger mit dem Wehrdienst nicht das Gesetz verletzt (§ 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG). Ein solcher Verstoß liegt nur vor, wenn eine für das Gebiet der Kriegsopferversorgung geltende "Kausalitätsnorm" nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (BSG. 1, 268). Eine solche Norm hat das Landessozialgericht nicht verletzt, wenn es nach ausreichender Sachaufklärung auf Grund der von ihm als erwiesen erachteten Tatsachen den ursächlichen Zusammenhang verneint hat.

4. Unter diesen Umständen ist die Revision, die weder nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG noch nach Nr. 3 a. a. O. statthaft ist, als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2149365

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