Orientierungssatz

Wenn die Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt wird, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), dann ist in der Begründung die zu entscheidende Rechtsfrage klar zu bezeichnen und darzulegen, weshalb der Klärung dieser Rechtsfrage grundsätzliche, dh über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Insbesondere muß der Beschwerdeführer darlegen, daß die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig ist, dh, daß hierzu eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu erwarten ist.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 29.01.1988; Aktenzeichen L 6 Ar 54/87)

 

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin entspricht nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form. Nach § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) muß in der Beschwerdebegründung einer der in § 160 Abs 2 SGG aufgezählten Revisionszulassungsgründe detailliert bezeichnet werden.

1. Wenn die Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - darauf gestützt wird, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), dann ist in der Begründung die zu entscheidende Rechtsfrage klar zu bezeichnen und darzulegen, weshalb der Klärung dieser Rechtsfrage grundsätzliche, dh über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Insbesondere muß der Beschwerdeführer darlegen, daß die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig ist, dh, daß hierzu eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu erwarten ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nrn 39 und 53).

In der Beschwerde werden zwar mehrere Rechtsfragen aufgeführt, die der vorliegende Rechtsstreit nach Auffassung der Klägerin aufwirft. Die Beschwerdeführerin befaßt sich auch eingehend mit diesen Fragen und legt dar, wie das Landessozialgericht (LSG) diese Fragen hätte beantworten müssen. In der Beschwerde fehlen jedoch Ausführungen dazu, weshalb den Fragen über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

2. Die Beschwerde entspricht aber auch nicht den Formerfordernissen, soweit die Klägerin mit ihr geltend macht, das Urteil des LSG weiche von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) ab (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). In einem solchen Falle ist in der Beschwerdebegründung die Entscheidung des BSG genau zu bezeichnen, so daß sie ohne große Schwierigkeiten auffindbar ist, und darzulegen, worin die Abweichung besteht. Dabei muß die Beschwerde darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Darlegungen enthalten ist (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14, 21 und 29). Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang die Urteile des BSG vom 12. Dezember 1984 (SozR 4100 § 76 Nr 13) und vom 26. August 1983 - 10 RAr 4/82- genannt und auch jeweils den Rechtssatz bezeichnet, der in diesen Entscheidungen aufgestellt worden ist. Dagegen fehlt die Darlegung der abweichenden Rechtssätze, die das LSG seinem Urteil zugrunde gelegt haben soll. Die Ausführungen der Klägerin legen nur dar, daß das Berufungsgericht unter Beachtung der genannten Entscheidungen des BSG inhaltlich hätte anders entscheiden müssen. Die nach § 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bestehende Bezeichnungs- und Darlegungspflicht ist damit nicht ausreichend erfüllt worden.

3. Schließlich ist die Beschwerde auch nicht im Hinblick auf die von der Klägerin gerügte Verletzung des § 103 SGG zuzulassen. Nach § 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbsatz SGG kann die Beschwerde auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn der geltend gemachte Verfahrensmangel sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Die Klägerin hätte im Rahmen ihrer Darlegungspflicht angeben müssen, daß sie einen Beweisantrag gestellt hat, wo dieser zu finden ist und daß das LSG sich von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, den Beweis zu erheben (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34). Es kann dahinstehen, ob die Klägerin mit ihrem Hinweis auf die Klageschrift vom 11. April 1983, auf ihre Schriftsätze vom 25. März, 11. April und 24. Oktober 1986 und das Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 19. Februar 1986 überhaupt hinreichend dargelegt hat, daß von ihr ein Beweisantrag im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG gestellt worden ist. Nach den Ausführungen in der Beschwerde spricht jedenfalls viel dafür, daß die Klägerin insoweit nur eine vom Standpunkt des LSG abweichende Rechtsauffassung zur Auslegung des § 76 Abs 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und der Baubetriebeverordnung (BaubetriebeVO) zum Ausdruck gebracht, nicht aber die Erhebung bestimmter Beweise beantragt hat. Aber selbst wenn man davon ausgeht, daß Beweisanträge gestellt und bezeichnet worden sind, so fehlt in der Beschwerde eine eingehende Darlegung dazu, weshalb sich das LSG aufgrund seines sachlich-rechtlichen Standpunktes gedrängt fühlen mußte, weitere Beweise zu erheben. Es genügt insoweit nicht, wenn - wie hier - darlegt wird, daß die Klägerin das LSG mehrfach mit anderen Auffassungen zur Auslegung der Vorschriften über die produktive Winterbauförderung konfrontiert habe. Insbesondere hätte dargelegt werden müssen, daß die unter Beweis gestellten Tatsachen nach der materiell-rechtlichen Ansicht des Berufungsgerichts rechtserheblich waren.

Der Senat hat die danach nicht formgerechte und damit unzulässige Beschwerde der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 169 SGG (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5 und BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30) durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter verworfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1664390

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