Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Februar 2000 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin beschäftigte in dem Zeitraum vom 12. September bis 4. November 1994 zwei Leiharbeitnehmer, die ihr von einem erlaubt Arbeitnehmerüberlassung betreibenden Zeitarbeitsunternehmen überlassen worden waren. Sie bezahlte die vereinbarte Vergütung an die Verleiherin. Seit Juni 1994 leistete die Verleiherin an die beklagte Einzugsstelle auf die geschuldeten Gesamtsozialversicherungsbeiträge nur Teilzahlungen. Eine Pfändung der Beklagten bei der Verleiherin am 14. September 1994 blieb erfolglos. Auf den Antrag der Beklagten vom 29. September 1994 wurde am 30. September 1994 das Konkursverfahren über das Vermögen der Verleiherin eröffnet. Im Mai 1995 wies die Beklagte die Klägerin auf ihre Haftung für die rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die beiden bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmer hin (§ 28e Abs 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung ≪SGB IV≫) und forderte sie mit Bescheid vom März 1998 zur Zahlung auf. Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin hatten keinen Erfolg. Mit der Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG).
Die Klägerin beruft sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Sie macht geltend, vor dem Sozialgericht (SG) und LSG sei das konkrete Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit der Regelung des § 28e Abs 2 Satz 1 SGB IV angegriffen worden. Der Beklagten seien schon während des Entleihzeitraumes vom 12. September bis 4. November 1994 die erheblichen Zahlungsrückstände der Verleiherin bekannt gewesen, ohne daß sie Konkursantrag gestellt und die Entleiherfirmen darüber unterrichtet habe. Der Konkursantrag sei erst mehr als zweieinhalb Monate nach der fehlgeschlagenen Pfändung vom 14. September 1994, nämlich am 30. November 1994 gestellt worden. Die Einzugsstelle habe als einzige Informationen über Zahlungsschwierigkeiten der Verleiher und könne daher auch als einzige die Entleiher unterrichten. Sie habe es allein in der Hand, durch eine zeitliche Steuerung ihrer Mahn- und Vollstreckungsmaßnahmen wie auch der Stellung von Konkursanträgen darauf hinzuwirken, daß ein Entleiher nicht doppelt belastet werde, indem er einmal die vollständige Vergütung für die entliehenen Arbeitnehmer einschließlich der darin enthaltenen Sozialversicherungsbeiträge an den Verleiher zahle und dann wegen Nichtabführung dieser Sozialversicherungsbeiträge nochmals als Bürge in Anspruch genommen werde. Der Einwand der Beklagten, daß eine Information der Entleiher auch Negativwirkungen für den Verleiher haben könne, berücksichtige nicht, daß im Hinblick auf die Bürgenhaftung des Entleihers dort auch ein schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen Information über Zahlungsschwierigkeiten des Verleihers bestehe. Andernfalls werde der redliche Entleiher für das Verhalten eines unredlichen Verleihers bestraft. Es dränge sich dann auf, daß der Norm des § 28e Abs 2 Satz 1 SGB IV faktisch ein strafender Charakter zuzusprechen sei. Weder SG noch LSG hätten sich mit der vorgetragenen unbilligen Risikoverteilung und einer gegen Treu und Glauben verstoßenden einseitigen Belastung der Entleiherfirmen und einer unbilligen Begünstigung der Sozialversicherungsträger auseinandergesetzt. Weder SG noch LSG hätten sich angemessen mit der positiven Kenntnis der Beklagten vom Zahlungsverzug der Verleiherin und damit beschäftigt, daß die Beklagte es unterlassen habe, rechtzeitig für die ordnungsgemäße und vollständige Abführung der Sozialversicherungsbeiträge Sorge zu tragen.
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung legt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dar (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Dazu ist erforderlich, eine Rechtsfrage, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung besitzt, klar zu benennen und aufzuzeigen, daß die Rechtsfrage umstritten und deshalb klärungsbedürftig sowie entscheidungserheblich und daher in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig ist. Das ist nicht geschehen.
Die Beschwerdebegründung zeigt keine klar formulierte Rechtsfrage auf. Ihr ist allenfalls sinngemäß eine Frage nach der Auslegung des § 28e Abs 2 Satz 1 SGB IV des Inhalts zu entnehmen, ob die Inanspruchnahme des Entleihers nach dieser Vorschrift davon abhängt, daß die Einzugsstelle rechtzeitig für die ordnungsgemäße und vollständige Abführung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Verleiher Sorge getragen oder jedenfalls die Entleiher bei einem Zahlungsverzug des Verleihers hiervon unterrichtet hat. Hinsichtlich des rechtzeitigen Beitragseinzugs legt die Beschwerdebegründung schon eine Pflichtverletzung der Beklagten und damit die Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage nicht dar. Denn die Beklagte hat nicht erst, wie vorgetragen wird, zweieinhalb Monate nach der erfolglosen Pfändung am 14. September 1994, sondern bereits zwei Wochen danach am 29. September 1994 den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Verleiherin gestellt. Hinsichtlich der behaupteten Verpflichtung der Einzugsstelle zur Information der Entleiher fehlt die Darlegung einer Rechtsgrundlage. Die Berufung auf eine angeblich unbillige Risikoverteilung genügt hierfür nicht. Hierzu wäre vielmehr erforderlich gewesen auszuführen, aus welchen Regelungen sich ein Anhalt für eine „Risikoverteilung” zwischen Einzugsstelle und Entleihern ergibt. Geregelt ist in § 28e SGB IV nur der Kreis derjenigen, die den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen haben (unter den Voraussetzungen des § 28e Abs 2 SGB IV der Entleiher) und in § 28h Abs 1 SGB IV die Verpflichtung der Einzugsstelle zum Beitragseinzug. Diese wird, soweit Beiträge zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung einzuziehen sind, aufgrund eines fremdnützigen Treuhandverhältnisses zu dem jeweiligen Versicherungsträger tätig (vgl BSG SozR 3-2400 § 28l Nr 1 mwN) und hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung aufgrund ihrer Verpflichtung aus § 76 Abs 1 SGB IV. Ein besonderes Rechts- und Pflichtenverhältnis zwischen Einzugsstelle und Entleihern, aufgrund dessen die Einzugsstelle auch zur Wahrung der Interessen der Entleiher verpflichtet sein könnte, ist ausdrücklich jedenfalls nicht geregelt (vgl ebenso zum Verhältnis der Einzugsstelle zu den Arbeitgebern, Urteil des Senats vom 27. Januar 2000 – B 12 KR 10/99 R – zur Veröffentlichung vorgesehen). Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, auf den sich die Beschwerde zusätzlich beruft, kann zwar die Geltendmachung von Ansprüchen im Einzelfall unzulässig sein. Inwiefern dieser Grundsatz eine generelle Einschränkung der Haftung aus § 28e Abs 2 Satz 1 SGB IV begründen könnte, legt die Beschwerdebegründung nicht dar.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache kann auch nicht auf das Vorbringen gestützt werden, die Vorinstanzen hätten das konkrete Verhalten der Beklagten nicht angemessen berücksichtigt. Hiermit wird keine Rechtsfrage benannt, die grundsätzliche über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, sondern die Rechtsanwendung im Einzelfall kritisiert. Die Behauptung der Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils im Einzelfall ist nicht geeignet, den Revisionsrechtszug zu eröffnen.
Die unzulässige Beschwerde war entsprechend § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen