Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Leiharbeitnehmer. Haftung. Entleiher. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die Haftungsregelungen für rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge von Leiharbeitnehmern gegenüber dem Entleiher gemäß § 28e Abs 2 S 1 SGB 4 begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin als Entleiherin von zwei Arbeitnehmern für rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge (GSB) von DM 2.847,89 haftet.
Aufgrund Arbeitnehmerüberlassungsvertrages vom 14. September 1994 hat die Firma T. Zeitarbeit GmbH S., die die Erlaubnis des Landesarbeitsamtes für die Arbeitnehmerüberlassung besitzt, der Klägerin die Lüftungsmonteure R. F. vom 12. bis 19. September 1994 und V. K. vom 12. September bis 04. November 1994 als Arbeitnehmer überlassen. Es wurde ein Verrechnungssatz von DM 39.-- pro Stunde bei 40 Wochenstunden zuzüglich 15% Mehrwertsteuer vereinbart und von der Klägerin auch für den oben genannten Zeitraum aufgrund wöchentlicher Rechnungsstellung an die Firma T. bezahlt. Seit Juni 1994 entrichtete die Verleiherin, die Firma T., die GSB nicht mehr in vollem Umfange und leistete nur noch Teilzahlungen an die Beklagte. Nachdem ein am 14. September 1994 durchgeführter Sachpfändungsversuch bei der Verleiherin erfolglos war, stellte die Beklagte mit Schreiben vom 29. September 1994 beim Amtsgericht Stuttgart Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über deren Vermögen, das am 30. November 1994 unter Ernennung von Rechtsanwalt Dr. L. zum Konkursverwalter eröffnet wurde. Den GSB mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 11. November und 02. Dezember 1994 bei der Verleiherin an. Im Einverständnis der Beklagten zu dem vom Sozialgesetzbuch (SGB) abweichenden Verfahren machte der Konkursverwalter bei den neunzehn Entleihern von Arbeitnehmern der Firma T. mögliche Ansprüche geltend und stellte diese in Höhe der von den Entleihern bezahlten rückständigen GSB von der Beitragszahlung an die Beklagte frei. Die Beklagte hielt jedoch ihre möglichen Beitragsforderungen nach § 28e Abs. 2 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) insoweit aufrecht, als sie nicht durch Zahlung an den Konkursverwalter erfüllt waren. Mit Schreiben vom 10. Mai 1995 teilte die Beklagte der Klägerin diesen Sachverhalt unter Hinweis auf die Haftung nach § 28e Abs. 2 Satz 1 SGB IV mit. Von neunzehn Entleihern der Firma T. haben achtzehn die rückständigen GSB wegen der von ihnen jeweils entliehenen Arbeitnehmer bezahlt, während die Klägerin keine Zahlung leistete.
Mit Schreiben vom 10. März 1998 forderte die Beklagte von der Klägerin den GSB für die oben genannten beiden Arbeitnehmer von insgesamt DM 2.847,89 unter Fristsetzung zum 15. April 1998 an und erließ am 28. März 1998 einen entsprechenden Bescheid. Die Klägerin legte Widerspruch ein und bot einen Vergleich an. Zur Begründung wies sie darauf hin, sie werde doppelt herangezogen, da sie ihre vertraglichen Leistungen an die Firma T. erbracht habe, die auch die Sozialversicherungsleistungen umfaßt hätten. Der bei der Bezirksdirektion der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuß wies den Widerspruch durch Bescheid vom 03. August 1998 mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen des § 28e Abs. 2 Satz 1 SGB IV lägen vor, da die Klägerin aufgrund eines wirksamen Vertrages mit der Firma T., die die Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz gehabt habe, Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung entliehen habe. Die Beklagte als Einzugsstelle habe auch den Arbeitgeber der entliehenen Arbeitnehmer, die Firma T., gemahnt.
Zur Begründung ihrer beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobenen Klage führte die Klägerin aus, sie habe alle vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Firma T. erfüllt. Die Haftungsvorschrift des § 28e Abs. 2 Satz 1 SGB IV stelle eine Strafvorschrift dar, die wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie gegen die Vertragsfreiheit verfassungswidrig sei. Sie müsse im Endeffekt zweimal bezahlen. Sie hafte bei anderen Verträgen, etwa bei Werkverträgen, auch nicht dafür, daß der Auftragnehmer für seine Mitarbeiter die GSB abführe. Im Fall des Entleihens von Arbeitskräften bei einer Zeitarbeitsfirma liege kein grundsätzlicher Unterschied vor. Die Beklagte habe auch eine nachdrückliche Beitragseinforderung bei der T. unterlassen. Ein Auftraggeber für eine Kfz-Reparatur hafte auch nicht für den GSB der bei der Werkstatt beschäftigten Arbeitnehmer. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakte und Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheides entgegen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13. Juli 1999, das den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 10. August 1999 zugestellt wurde, abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB IV seien gegeben. Ein Zahlung...