Leitsatz (amtlich)
Betrifft die Berufung im Zeitpunkt ihrer Einlegung eine zeitlich unbegrenzte Rente, so ist sie nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger und Berufungskläger während des Berufungsverfahrens seinen Antrag auf Gewährung einer Rente für eine bereits abgelaufene Zeit beschränkt, weil die Berufungsbeklagte den Rentenanspruch für eine vor Schluß der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht liegende Zeit durch Bescheid anerkennt.
Normenkette
SGG § 146 Fassung: 1958-06-25
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 1958 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist statthaft, weil das Landessozialgericht sie zugelassen hat. Es konnte ihr auch der Erfolg nicht versagt bleiben.
Das Verfahren des Berufungsgerichts leidet an einem wesentlichen Mangel, da es die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen hat, anstatt in der Sache zu entscheiden. Das Berufungsgericht irrt, wenn es die Berufung als unzulässig ansieht. Es kann dahingestellt bleiben, ob § 146 SGG in der bis zum 30. Juni 1958 geltenden Fassung oder in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 25. Juni 1958 (BGBl. I S. 409) auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, da die Berufung in jedem Falle zulässig ist; denn nicht nur das sozialgerichtliche Urteil (vgl. § 146 SGG a. F.), sondern auch die Berufung (vgl. § 146 SGG n. F.) betreffen den zeitlich unbeschränkten Rentenanspruch. Die Regelung des § 146 SGG n. F. entspricht im Grundsatz der der Zivilprozeßordnung - ZPO - (§ 511 a), welche es auf den Wert des Beschwerdegegenstandes abstellt. Für dessen Berechnung aber ist nicht der Schluß der letzten mündlichen Verhandlung, sondern in entsprechender Anwendung des § 4 ZPO der Zeitpunkt der Berufung maßgebend. Spätere Veränderungen des Wertes des Beschwerdegegenstandes haben daher, soweit sie nicht auf willkürlicher Beschränkung des Rechtsmittels durch den Rechtsmittelkläger beruhen, außer Betracht zu bleiben (vgl. RG., GrZS. 168, 355; Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 7. Aufl., § 134 II 2 b r; Baumbach- Lauterbach, Zivilprozeßordnung, 25. Aufl., Anm. 4 zu § 511 a; Stein-Jonas, Zivilprozeßordnung, 18. Aufl., III 2 zu § 511 a; BGH. NJW. 51, 195; Wieczorek, Zivilprozeßordnung, Anm. B I b 6 zu § 511 a). Die erst während des Berufungsverfahrens durch die Anerkennung des Anspruchs ab 1. Juli 1956 veranlaßte Beschränkung des Berufungsantrags konnte daher keinen Einfluss mehr auf die Zulässigkeit der Berufung haben.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen