Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache. Verfassungsmäßigkeit der sog Hofabgabeklausel als Anspruchsvoraussetzung für eine Regelaltersrente
Orientierungssatz
1. Die Rechtsfragen, ob § 11 iVm § 21 ALG mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 GG vereinbar sind, ob die Hofabgabeklausel des § 21 ALG wegen Verstoßes gegen Art 14 Abs 1 GG verfassungswidrig ist und ob die Hofabgabeklausel des § 21 ALG wegen Verstoßes gegen die nach Art 2 Abs 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit verfassungswidrig ist, sind nicht klärungsbedürftig.
2. Es ist nicht ersichtlich, dass die Hofabgabepflicht zur Erreichung ihrer gesetzten Ziele ungeeignet geworden ist.
3. Bloße Vollzugsdefizite eines strukturell auf eine gleichmäßige Rechtsanwendung angelegten Gesetzes begründen keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3; ALG § 11 Abs. 1 Nr. 3, § 21 Abs. 8 S. 2, Abs. 9; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Streitig ist die Zuerkennung einer Regelaltersrente (RAR) nach § 11 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) ohne Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft (§ 11 Abs 1 Nr 3, § 21 ALG).
Die von der im Jahre 1940 geborenen Klägerin beantragte RAR wurde von der beklagten Alterskasse durch Bescheid vom 9.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.7.2010 unter Hinweis auf die bisher nicht erfolgte Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens abgelehnt. Klage und Berufung der Klägerin blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Köln vom 25.2.2011; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ≪LSG≫ vom 19.10.2011).
Mit ihrer gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG eingelegten Beschwerde macht die Klägerin als Zulassungsgrund eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
II. Die Beschwerde ist zulässig.
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Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 160a Abs 1 S 2 und Abs 2 S 1 und 2 SGG). Sie genügt den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Die Klägerin hat mehrere auf die Rechtmäßigkeit der sog Hofabgabeklausel als Anspruchsvoraussetzung für die RAR abzielende Fragen aufgeworfen, nämlich |
a) |
ob § 11 iVm § 21 ALG mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 GG vereinbar sind, |
b) |
ob die Hofabgabeklausel des § 21 ALG wegen Verstoßes gegen Art 14 Abs 1 GG verfassungswidrig ist und |
c) |
ob die Hofabgabeklausel des § 21 ALG wegen Verstoßes gegen die nach Art 2 Abs 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit verfassungswidrig ist. |
Die Klägerin will damit eine revisionsgerichtliche Prüfung und Entscheidung über die Frage erreichen, ob die Verpflichtung zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens nach § 11 Abs 1 Nr 3 und § 21 ALG - nach wie vor - eine wirksame Voraussetzung für den Anspruch auf RAR ist oder ob sie wegen Verstoßes gegen die genannten Vorschriften des GG verfassungswidrig und damit unwirksam ist. Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit der Frage nach der Verletzung des Art 3 Abs 1 GG Fragen nach tatsächlichen Umständen, nämlich zur Erfüllung der Überprüfungspflicht durch den Gesetzgeber und zur heutigen Eignung der Hofabgabeklausel zur Förderung des Strukturwandels in der Landwirtschaft, gestellt hat, will sie damit ersichtlich die geltend gemachte Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes untermauern.
Die Klägerin hat die (konkrete) Klärungsfähigkeit der Rechtsfragen in dem angestrebten Revisionsverfahren sowie deren Breitenwirkung hinreichend substantiiert aufgezeigt. Auch die Darlegung der (abstrakten) Klärungsbedürftigkeit reicht aus, denn die Klägerin hat Gründe angeführt, die eine erneute Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen begründen könnten. Eine Rechtsfrage ist allerdings nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich beantwortet ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 und 65). Falls zu der Rechtsfrage schon Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vorliegt, kommt es darauf an, ob sie erneut klärungsbedürftig geworden ist, weil zB im neueren Schrifttum neue Argumente angeführt oder erhebliche Einwände vorgebracht werden (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; Nr 23 S 42; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f, jeweils mwN). Eine Rechtsfrage kann auch dann wieder klärungsbedürftig werden, wenn sich im Geltungsbereich einer unveränderten gesetzlichen Bestimmung allein die tatsächlichen Lebensverhältnisse ändern (s Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 320). Dafür spricht, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG eine ursprünglich verfassungsmäßige Norm wegen Veränderungen der maßgeblichen Umstände als verfassungswidrig beurteilt werden kann (BVerfGE 59, 336, 357; 97, 271, 293). Diese Kriterien hat die Klägerin bei ihrem umfangreichen Beschwerdevorbringen berücksichtigt.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin angesprochenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig.
Die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Anspruchsvoraussetzung für Renten aus dem System der Alterssicherung der Landwirte besteht durchgehend seit der Schaffung einer Altershilfe für Landwirte durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte vom 27.7.1957 (BGBl I 1063 - GAL -) und ist mit der Umwandlung des Sicherungssystems in eine Alterssicherung der Landwirte durch das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung - ASRG - vom 29.7.1994 (BGBl I 1890) in das ALG übernommen worden. Es wurden im Laufe der Zeit mehrfach Modifizierungen der Anforderungen an eine Unternehmensabgabe (heute § 21 ALG) vorgenommen (s zusammenfassend: Informationen zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ≪LSV-NOG≫ vom 12.4.2012 ≪BGBl I 579≫, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Stand März 2012; zur Darstellung der Gesetzesentwicklung im Einzelnen s Bundessozialgericht ≪BSG≫ Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW 1/09 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 5 RdNr 20 - 28 mwN). Die letzte Änderung hat § 21 ALG durch das LSV-NOG mit Wirkung ab 19.4.2012 (Art 14 Abs 2 iVm Art 4 Nr 5 LSV-NOG) erfahren.
In der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG ist das Erfordernis der Hofabgabe stets als mit höherrangigem Recht im Einklang beurteilt worden. Erstmals hat das BSG durch Urteile vom 22.11.1963 (- 7 RLw 50/62 - SozEntsch BSG 10/H c6 § 8 Nr 12) und 24.11.1964 (- 7 RLw 29/63 - BSGE 22, 92 = SozR Nr 5 zu GAL § 2 aF) entschieden, dass die Vorschrift des § 2 Abs 1 Buchst c GAL aF, wonach Voraussetzung für den Anspruch auf Altersgeld die Abgabe des Unternehmens ist, nicht gegen Art 2, 3, 12 und 14 GG verstößt. Diese Rechtsprechung wurde in der Folgezeit fortgeführt und zuletzt durch Urteil vom 25.2.2010 (- B 10 LW 1/09 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 5 RdNr 30 ff mwN) bekräftigt.
Das BVerfG hat die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in einer Reihe von Entscheidungen ebenfalls als verfassungsrechtlich einwandfrei und insbesondere im Einklang mit Art 3 Abs 1 GG beurteilt (s zusammenfassend BSG SozR 4-5868 § 13 Nr 5 RdNr 32). Schon in seiner Entscheidung vom 15.4.1969 (- 1 BvL 18/68 - BVerfGE 25, 314 = SozR Nr 77 zu Art 3 GG) zur Verfassungsmäßigkeit strengerer Voraussetzungen für den Anspruch auf Hinterbliebenenrente in der Altershilfe für Landwirte gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung hat das Gericht - beiläufig - die Hofabgabepflicht erwähnt, ohne diese zu kritisieren. Die Entscheidungen vom 30.5.1980 (- 1 BvR 313/80 - SozR 5850 § 2 Nr 6) und 18.12.1981 (- 1 BvR 943/81 - SozR 5850 § 2 Nr 8) betrafen die Pflicht zur Unternehmensabgabe als Anspruchsvoraussetzung für ein Altersgeld. In der Entscheidung vom 20.9.1999 (- 1 BvR 1750/95 - SozR 3-5850 § 4 Nr 1) zu den beitrags- und leistungsrechtlichen Folgen der Nichtabgabe des Unternehmens nach Vollendung des 65. Lebensjahres hat das BVerfG diese Rechtsprechung fortgeführt. Schließlich betrifft die Entscheidung vom 1.3.2004 (- 1 BvR 2099/03 - SozR 4-5868 § 1 Nr 3) die Einbeziehung privater Forstwirte in die Versicherungs- und Beitragspflicht nach dem ALG. Auch darin wurde die Hofabgabepflicht als durch die damit verfolgten Ziele legitimiert angesehen. Zuletzt hat das BVerfG in einem dem vorliegenden Verfahren ähnlichen Rechtsstreit, in dem das BSG die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen hatte (Beschluss vom 16.1.2012 - B 10 LW 4/11 B -), die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (Kammerbeschluss vom 8.6.2012 - 1 BvR 523/12 -).
Mit dieser Rechtsprechung sind die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen entschieden. Sie sind - bisher - auch nicht wieder klärungsbedürftig geworden. Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe veranlassen keine gegenteilige Beurteilung.
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Soweit sie einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungssatz des Art 3 Abs 1 GG rügt, greift die Klägerin die Hofabgabepflicht in erster Linie mit zwei Hauptargumenten an: |
1. |
Die Hofabgabe sei unter den heutigen - veränderten - Verhältnissen nicht mehr geeignet, das ursprünglich verfolgte Ziel eines Strukturwandels in der Landwirtschaft zu erreichen, weil ältere Landwirte keine Hofnachfolger mehr fänden und die wirtschaftlichen Zwänge inzwischen derart seien, dass es der Hofabgabepflicht nicht mehr bedürfe. Ihre Wirkung werde weiter verringert durch die steigende Zahl von Nebenerwerbslandwirten, die von der Versicherungspflicht nach dem ALG befreit seien. Der Gesetzgeber habe hinsichtlich dieser Umstände seine Überprüfungspflicht verletzt. |
2. |
Es bestünden erhebliche Vollzugsdefizite, weil in ca 30 bis 40 % aller Abgabefälle eine bloße Scheinabgabe vorliege, bei der der Altlandwirt nicht nur weiter mitarbeite, sondern auch das volle unternehmerische Risiko trage. |
Weiter macht sie geltend: Die Verknüpfung von Hofabgabepflicht und Gewährung des Rentenanspruchs verletze auch den Schutz des Eigentums nach Art 14 Abs 1 GG sowie die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art 2 Abs 1 GG. Das Gesetz zwinge zwar nicht zur Hofabgabe, enthalte aber dem Landwirt den Rentenanspruch vor. Hierfür gebe es keinen legitimierenden Grund.
Die von der Klägerin zur Begründung eines jetzt bestehenden Verfassungsverstoßes dargestellten, gegenüber den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts veränderten tatsächlichen Verhältnisse bedürfen keiner vertieften Betrachtung und Feststellung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass die Hofabgabepflicht zur Erreichung ihrer gesetzten Ziele ungeeignet geworden ist.
Die Behauptung des - weitgehenden - Nichtvorhandenseins geeigneter Hofnachfolger ist rechtlich unerheblich, weil § 21 ALG auf die Abgabe bzw die Aufgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens durch den Altlandwirt zielt und diese Abgabe nicht auf die Übernahme des Unternehmens durch einen Nachfolger begrenzt ist (s § 21 ALG). Insofern verfolgt die Abgabepflicht - wie die Klägerin selbst einräumt - weiter gefasste strukturpolitische Ziele. Auch die Behauptung, allein der heutige "wirtschaftliche Druck" zwinge zur Hofabgabe, belegt nicht die Überflüssigkeit einer gesetzlichen Pflicht zur Abgabe des Unternehmens als Voraussetzung für einen Rentenanspruch. Ersichtlich gibt es eine erhebliche Zahl von "älteren" Landwirten, die sich dem behaupteten wirtschaftlichen Zwang nicht beugen und ihr Unternehmen weiterführen wollen. Diese machen im Gegenteil ua geltend, sie seien zur Weiterführung des landwirtschaftlichen Unternehmens aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen. Im Übrigen stellt die Hofabgabepflicht für ältere Landwirte, die ihre Flächen ohnehin abgeben, kein besonderes Rentenhindernis dar.
In tatsächlicher Hinsicht wird das Beschwerdevorbringen zur mangelnden strukturpolitischen Eignung der Hofabgabepflicht nicht ausreichend belegt. Insbesondere greift die Klägerin dabei zum Teil auf ältere Quellen zurück (zB "Gutachten von Maydell", das unter dem Titel "Weiterentwicklung des landwirtschaftlichen Sozialrechts" in der Schriftenreihe des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Buchform bereits im Jahre 1988 veröffentlicht worden ist). Ihren Ausführungen ist zudem in vollem Umfang widersprochen worden (s Fleuth/Liebscher, SdL 1/2012, 77, 82). Die in der Beschwerdebegründung angeführte "Ausarbeitung, Fragen zur Hofabgabeklausel im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages" geht lediglich davon aus, dass "mittlerweile im Bundesgebiet nur mehr in einem Drittel der Betriebe … Nachfolger aus der Familie zur Übernahme bereit" seien. Die Ausarbeitung geht insoweit zu Unrecht davon aus, dass die Hofabgabepflicht seit 1957 im Wesentlichen unverändert geblieben sei (s auch Fleuth/Liebscher, aaO 82), und berücksichtigt daher nicht hinreichend, dass nach § 21 ALG neben der Nachfolge innerhalb der Familie in großem Umfang andere Vorgehensweisen zur Verfügung stehen und von zur Abgabe verpflichteten Landwirten genutzt werden können.
Schließlich sind die gesetzgebenden Körperschaften dem ihnen vorgetragenen Verlangen nach Abschaffung der Hofabgabepflicht aufgrund einer entsprechenden Prüfung nicht gefolgt. Vielmehr hat der Gesetzgeber im LSV-NOG die Voraussetzungen der Unternehmensabgabe zwar weiter modifiziert (s insbesondere § 21 Abs 8 S 2 und Abs 9 ALG), an der Verpflichtung selbst jedoch festgehalten. Verfassungsrechtlich ist insoweit von Bedeutung, dass der Gesetzgeber nicht nur eine - rechtlich durch das GG begrenzte - Gestaltungsfreiheit, sondern hinsichtlich tatsächlicher Umstände auch einen Einschätzungsspielraum hat, der sich insbesondere auf die zu erwartenden Wirkungen gesetzlicher Vorschriften bezieht (s BSG Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW 3/09 R - BSGE 106, 1 = SozR 4-5868 § 23 Nr 1, RdNr 48, 49 mwN). Der Gesetzgeber des LSV-NOG bzw des ALG geht nach wie vor davon aus, dass der Hofabgabepflicht auch unter den heutigen Verhältnissen in der deutschen Landwirtschaft eine positive Auswirkung auf deren Struktur zukommt (s Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung BR-Drucks 698/11 S 72, zu der in den Plenarberatungen des Bundestages keine abweichenden Äußerungen zu finden sind, vgl Plenarprotokolle 17/147 und 17/158). Diese Beurteilung steht im Übrigen, worauf die Beklagte hingewiesen hat, im Einklang mit den Stellungnahmen des Deutschen Bauernverbandes und der Deutschen Landjugend.
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Die von der Klägerin als "Vollzugsdefizite" bezeichneten Unzulänglichkeiten bei der Anwendung des Gesetzes sind nicht geeignet, das Gesetz selbst in Frage zu stellen. Schon der Ausgangspunkt der Argumentation (Vorliegen zahlreicher "Scheinabgaben") wird von anderer Seite widersprochen. So wird darauf hingewiesen, dass die Hofabgabepflicht keineswegs verhindern wolle, dass der Altlandwirt nach der Abgabe rein tatsächlich weiter auf dem Hof arbeite (Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks 17/5691 S 4). Daher sei es verfehlt, bei einer weiteren betrieblichen Mitarbeit der früheren Landwirte von Scheinpachtverträgen zu sprechen (BT-Drucks 17/5691 aaO). Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat sich zu dieser Problematik wie folgt geäußert (s Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Informationen zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im LSV-NOG, Stand März 2012, S 5): |
"Im Falle der Abgabe innerhalb der Familie ändert sich an der Arbeitsverteilung zuweilen wenig und der abgebende Landwirt ist weiterhin in erheblichem Umfang im Betrieb tätig. Gelegentlich wird dies zum Anlass genommen, dies als 'Scheinabgabe' zu bezeichnen. Das ist deshalb nicht zutreffend, weil eine Mitarbeit des Altenteilers mit der Abgabeverpflichtung durchaus in Einklang steht. Es wird keine Einstellung der Arbeit im Betrieb verlangt, weil dies praxisfremd wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass im Zeitpunkt der Unternehmensabgabe das unternehmerische Risiko vollständig auf den Nachfolger übergeht." |
Unabhängig davon begründen bloße Vollzugsdefizite eines strukturell auf eine gleichmäßige Rechtsanwendung angelegten Gesetzes keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG zum Steuerrecht verlangt der Gleichheitssatz allerdings, dass die Abgabepflichtigen durch das Gesetz nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, so kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen und die Steuerpflichtigen in ihrem Grundrecht auf Besteuerungsgleichheit verletzen (BVerfGE 84, 239, 268 ff). Diese Rechtsprechung hat das BSG auf die Beiträge zur Sozialversicherung, konkret die Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung, übertragen und entschieden, dass eine tatsächliche Belastungsungleichheit, die lediglich durch behebbare Vollzugsmängel bei der Beitragserhebung verursacht werde, noch nicht zu einer gleichheitswidrigen Lastenverteilung führe (BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - SozR 4-2700 § 182 Nr 1 RdNr 25).
So liegt es auch hier. Das Aufdecken und die Sanktionierung von Umgehungen der Hofabgabepflicht obliegt den Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Die behaupteten Vollzugsdefizite sind strukturell im Gesetz selbst nicht angelegt. Es ist auch nicht ersichtlich und nicht vorgetragen, dass sie nicht behebbar seien. Zurzeit kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass sie zu einer Verfassungswidrigkeit der Hofabgabepflicht führen würden.
Soweit die Klägerin Rechtsfragen im Hinblick auf Art 14 Abs 1 und Art 2 Abs 1 GG aufgeworfen hat, enthält die Beschwerdebegründung keine weiteren Argumente für eine erneute Klärungsbedürftigkeit der betreffenden Fragen.
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Die Nichtzulassungsbeschwerde ist mit der Kostenfolge entsprechend § 193 SGG zurückzuweisen. Im - hier vorliegenden - Leistungsstreit sind landwirtschaftliche Unternehmer als "Versicherte" iS des § 183 S 1 SGG anzusehen. Sie werden damit von der Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift erfasst. |
Fundstellen