Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 17.09.1997) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. September 1997 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger hat mit dem am 1. Dezember 1997 bei dem Bundessozialgericht (BSG) eingegangen Schriftsatz vom selben Tage die zugelassene Revision gegen das ihm am 5. November 1997 zugestellte Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 17. September 1997 eingelegt und mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1997 das Rechtsmittel begründet. Beide Schriftsätze sind von dem bei dem „Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband e.V.” (WLV) beschäftigten Assessor U. … K. … unterzeichnet worden. Der Hauptgeschäftsführer G. … des WLV, dessen Mitglied der Kläger ist, hat mit Schreiben vom 10. Dezember 1997 Assessor K. … „zur Prozeßvertretung bevollmächtigt”. Mit Schreiben vom 7. Januar 1998 hat Assessor K. … unter Vorlage seines Anstellungsvertrages vom 30. Juni 1992 mitgeteilt, daß er seit dem 1. Juli 1992 als Sozialreferent der Hauptgeschäftsstelle angestellt und nach seinem Anstellungsvertrag konkludent zur Vertretung nach § 166 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bevollmächtigt sei, die Mitglieder des WLV vor den Sozialgerichten in allen Instanzen, auch vor dem BSG, zu vertreten.
Die Revision des Klägers ist unzulässig. Das Rechtsmittel ist zwar fristgerecht, aber nicht formgerecht eingelegt worden. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Revisionseinlegung und bis zum Ablauf der Revisionsfrist vor dem BSG nicht prozeßordnungsgemäß vertreten.
Vor dem BSG müssen sich die Beteiligten, soweit es sich nicht um Behörden oder Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Anstalten des öffentlichen Rechts handelt, durch Prozeßbevollmächtigte vertreten lassen (§ 166 Abs 1 SGG). Das gilt schon für die Einlegung der Revision. Bereits die Revisionsschrift muß von einem postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten unterzeichnet sein (BSG vom 11. März 1985, SozR 1500 § 166 Nr 12 S 16 ff mwN; 27. März 1991, SozR 3-1500 § 166 Nr 1 mwN). Zu den postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten in diesem Sinne zählte Assessor K. … seinerzeit nicht.
Als Prozeßbevollmächtigte sind – neben allen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälten – die Mitglieder und Angestellten von Gewerkschaften, von selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- und berufspolitischer Zwecksetzung, von Vereinigungen von Arbeitgebern, von berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft und von Vereinigungen der Kriegsopfer zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozeßvertretung befugt sind (§ 166 Abs 2 Satz 1 SGG). Nach § 2 seiner Satzung vom 23. November 1990 ist der WLV die berufsständische Vertretung der in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Menschen in Westfalen und Lippe, der Kläger ist Mitglied des WLV und Assessor K. … ist bei diesem Verband angestellt. Der WLV ist demgemäß berechtigt, durch Satzung oder Vollmacht Mitglieder oder Angestellte zur Prozeßvertretung zu beauftragen. Assessor K. … ist indessen bis zum letzten Tage der Revisionsfrist am 5. Dezember 1997 weder kraft Satzung noch kraft Vollmacht des WLV zur Prozeßvertretung befugt worden.
§ 166 Abs 2 Satz 1 SGG beschränkt die zur Prozeßvertretung befugten Angestellten ua der berufsständischen Vereinigungen, um nur diejenigen als Prozeßbevollmächtigte vor dem BSG zuzulassen, die nach Überzeugung des Verbandes nach ihren Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiet des Sozialrechts hierzu geeignet sind (BSG vom 27. März 1991 aaO S 2 mwN). Deshalb ist es erforderlich, daß der Verband – kraft Satzung oder Vollmacht – eindeutig regelt, welchem Angestellten diese Befugnis erteilt werden soll. Daran mangelt es hier.
Über die Bevollmächtigung Angestellter zur Prozeßvertretung vor dem BSG enthält die Satzung keine ausdrückliche Bestimmung. Sie zählt in § 2 Abs 4 Buchst f die „Vertretung der Mitglieder auf rechtlichem Gebiet” zur den Vereinszwecken. Vorstand des Verbandes iS des § 26 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind der Präsident und die beiden Vizepräsidenten; jeweils zwei von ihnen vertreten gemeinsam den WLV gerichtlich und außergerichtlich (§ 13 Abs 2 Sätze 1 und 2 der Satzung). Der Hauptgeschäftsführer nimmt die Geschäfte der laufenden Verwaltung des Landesverbandes wahr (§ 13 Abs 2 Satz 3 der Satzung). Eine Satzungsbestimmung über die Befugnis von Assessor K. … zur Prozeßvertretung vor dem BSG ergibt sich hieraus nicht.
Die Befugnis des Prozeßbevollmächtigten des Klägers ergibt sich auch nicht aus einer für die anhängige Revision wirksamen Vollmacht zur Prozeßvertretung gemäß § 166 Abs 2 Satz 2 SGG. Auch für diese Vollmacht gilt wie schon nach § 73 Abs 2 SGG die Schriftform (BSG vom 27. März 1991 aaO S 4 mwN). Die vom Hauptgeschäftsführer des WLV am 10. Dezember 1997 ausgestellte Vollmacht ist – wie im Schriftsatz vom 7. Januar 1998 eingeräumt wird – nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil laut Satzung die gerichtliche Vertretung des Verbandes durch den Vorstand erfolgt. Abgesehen davon ist diese Vollmacht nach Ablauf der Revisionsfrist eingegangen und konnte die Unwirksamkeit der Revisionseinlegung nicht heilen (BSG vom 11. März 1985 aaO S 19 mwN).
Schließlich kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, daß Assessor K. … nach Ziff 1 des Anstellungsvertrages vom 30. Juni 1992 als „Sozialreferent der Hauptgeschäftsstelle” angestellt wurde. Selbst wenn bei weiter Auslegung dieser Regelung entnommen werden könnte, er sei deshalb auch zur Führung von Sozialgerichtsprozessen für die Mitglieder des WLV verpflichtet, so läßt sich hieraus noch nicht mit der gebotenen Klarheit die Vollmacht herleiten, auch vor dem BSG aufzutreten (so bereits BSG vom 27. März 1991 aaO S 5), zumal der WLV die Vollmachten anderer Verbandsvertreter beim BSG hinterlegt hat.
Die Revision ist daher gemäß § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen