Verfahrensgang
BSG (Beschluss vom 29.11.1966) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, den Beschluß des Bundessozialgerichts vom 29. November 1966 aufzuheben, wird abgelehnt.
Gründe
Durch den vorbezeichneten Beschluß ist die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin vom 2. August 1966 als unzulässig verworfen worden (§ 169 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–). Hiergegen wendet sich die Klägerin. Sie hält den Beschluß inhaltlich nicht für richtig und meint dazu, Beschlüsse könnten durch das Gericht, das sie erlassen habe, wieder geändert werden. Das gelte auch für einen Beschluß, durch den die Revision verworfen worden sei. Der erkennende Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen. Bin Beschluß des Bundessozialgerichts (BSG), durch den eine Revision verworfen worden ist, kann in der Regel nicht frei geändert werden. Er beendet das Verfahren – abgesehen von der Wiederaufnahme eines Verfahrens nach §§ 179 ff SGG – endgültig. Wenn das BSG durch Urteil entschieden hat, kann an dieser Rechtsfolge nicht gezweifelt werden. Der Umstand allein, daß von dem nach § 169 SGG eingeräumten Recht, eine Entscheidung durch Beschluß au treffen, Gebrauch gemacht wurde, vermag hieran nichts zu ändern. Ein solcher Beschluß ergeht anstelle eines Urteils; er enthält eine unmittelbar wirksame Gestaltung des Prozeßverhältnisses zwischen den Beteiligten und eine uneingeschränkte Entscheidung über ein von einem Beteiligten in Anspruch genommenes Recht. Die Bindung des Gerichts an seine Entscheidung kann nicht davon abhängen, ob – bei gleichem Inhalt – ein Urteil oder ein Beschluß vorliegt. Der Zweck der Möglichkeit, durch Beschluß zu entscheiden, liegt darin, das Revisionsgericht zu entlasten. Dieser Zweck würde nicht erreicht werden, wenn die die Revision verwerfenden Beschlüsse frei änderbar wären, die Beteiligten also das Recht hätten, jederzeit und immer wieder ihre Änderung und damit die Fortsetzung des Verfahrens zu beantragen. Die Rechtssicherheit gebietet es, daß es bei einer das Verfahren in der Revisionsinstanz beendenden Entscheidung regelmäßig sein Bewenden haben muß.
Für § 544 a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) hiernach kann auch im Zivilprozeß die Revision durch Beschluß als unzulässig verworfen werden – hat bereits das Reichsgericht (RG) diese Rechtsfolge ausgesprochen (vgl. ua RGZ Bd. 125 S. 68 ff – hier S. 71, 72 –). Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat zu erkennen gegeben (Lindenmaier/Möhring, Nachschlagewerk des BGH, § 238 ZPO Nr. 2), stellen will. Ob es anders sein kann, wenn der Beschluß offensichtlich auf irrigen Voraussetzungen beruht und deshalb einen „Mißgriff” darstellt (vgl. Baumbach/Lauterbach, Kommentar zur ZPO § 519 b, Anm. 2 E), mag hier dahinstehen. Daß diese – strenge – Voraussetzung erfüllt wäre, läßt die Gegenvorstellung der Klägerin nicht erkennen.
An dem Grundsatz, daß Beschlüsse, durch welche die Revision als unzulässig verworfen wird, regelmäßig endgültig sind, vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß nach herrschender Rechtsprechung nachträglich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig ist. Dies ist nämlich nur dem Schein nach eine Ausnahme, weil mit dem Wiedereinsetzungsantrag der – die Revision wegen Frist Versäumnis verwerfende – Beschluß nicht als zu Unrecht ergangen angegriffen, sondern lediglich beantragt wird, in einem gesetzlich geordneten Verfahren nachträglich die Tatsache der Versäumung zu beseitigen. Der erkennende Senat ist also bei seiner jetzigen Entscheidung nicht durch den Beschluß des BSG vom 1. März 1956 (SozR SGG § 67 Nr. 6) gehindert; darin ist ausgesprochen, daß die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch dann gewährt werden kann, wenn die Revision bereits wegen Frist Versäumnis als unzulässig verworfen worden ist.
Unterschriften
Penquitt, Dr. Ecker, Müller
Fundstellen
NJW 1967, 2332 |
MDR 1967, 956 |