Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 31.05.2000; Aktenzeichen L 5 KA 1157/00)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben der Beklagten die außergerichtlichen Kosten auch für das Beschwerdeverfahren als Gesamtschuldner zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Kläger sind Fachärzte für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Rheumatologie. Sie betreiben eine Gemeinschaftspraxis und nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) lehnte die Honorierung der von ihnen für die Quartale II bis IV/1997 zur Abrechnung gebrachten Nr 16 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) in insgesamt 916 Behandlungsfällen ab, in denen nur ein oder zwei Arzt-Patienten-Kontakte im jeweiligen Quartal stattgefunden hatten.

Mit ihrer Klage sind die Kläger bei dem Sozialgericht erfolgreich gewesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat dagegen auf die Berufung der Beklagten hin dessen Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die vollständige Erbringung der Leistung „kontinuierliche Betreuung … eines Patienten mit rheumatoider Arthritis” nach Nr 16 EBM-Ä erfordere mehr als nur einen oder zwei Arzt-Patienten-Kontakte im Quartal. Das LSG hat auf die Bundessozialgerichts-Urteile vom 20. Januar 1999 (BSGE 83, 218 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21; MedR 1999, 432) Bezug genommen und zur Begründung vor allem auf den Sinn des Wortes „kontinuierlich”, die relativ hohe Bewertung mit 900 Punkten sowie einen Vergleich mit umliegenden EBM-Ä-Nrn abgestellt.

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Sie halten es im Hinblick auf eine große Zahl anhängiger Rechtsstreitigkeiten für klärungsbedürftig, ob ein Internist mit der Schwerpunktbezeichnung Rheumatologie bei einem oder zwei Arzt-Patienten-Kontakten im Quartal berechtigt ist, die Nr 16 EBM-Ä abzurechnen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die den gesetzlichen Darlegungsanforderungen entsprechende, zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von den Klägern geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) ist nicht gegeben.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Revision nur zuzulassen, wenn die von der Beschwerde hinreichend deutlich bezeichnete Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Die Klärungsbedürftigkeit ist zB zu verneinen, wenn die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften bzw der dazu bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem Zweifel mehr unterliegt (vgl zu diesem eine Grundsatzrevision ausschließenden Umstand allgemein zB BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6 und § 160a Nr 21 S 38). Das ist hier der Fall.

Der Senat hat in seinen Urteilen vom 20. Januar 1999 ausgeführt, daß die Nr 16 EBM-Ä „eine kontinuierliche Betreuung des jeweiligen Patienten im Quartal” voraussetzt, was „eine gewisse Mindestzeitspanne an Betreuung beschreibt”, die „mehrere Arzt-Patienten-Kontakte im Quartal” umfaßt (BSGE 83, 218, 220 und 221 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 110 und 111; BSG MedR 1999, 432, 433). An zwei Stellen der Entscheidungsgründe wird damit deutlich, daß die mehrfachen Kontakte entsprechend dem quartalsbezogenen Begriff des Behandlungsfalls im selben Quartal stattgefunden haben müssen. In den Urteilen wird auch auf das in anderen Gebührenregelungen normierte Erfordernis von fünf Arzt-Patienten-Kontakten sowie auf die nach der Neufassung seit dem 1. April 1999 geltende Voraussetzung von mindestens drei Arzt-Patienten-Kontakten hingewiesen (BSG aaO). Auch wenn sich der Senat in diesen Urteilen nicht expressis verbis auf eine bestimmte Zahl erforderlicher Kontakte festgelegt hat, läßt sich ihnen doch mit ausreichender Deutlichkeit entnehmen, daß jedenfalls eine Zahl von lediglich ein oder zwei Kontakten im Quartal nicht ausreichen kann, um für den Behandlungsfall die Vergütung nach Nr 16 EBM-Ä zu erhalten. Damit ist weder Raum für die Ansicht, es reiche eine Kontinuität aus, die sich aus der Gesamtbetreuung über mehrere Quartale hinweg ergebe, noch für die Meinung, schon ein oder zwei Arzt-Patienten-Kontakte je Quartal könnten genügen. Auch die zusätzlich vom LSG mit Hilfe der Auslegung nach dem systematischen Zusammenhang aus einem Vergleich mit umliegenden EBM-Ä-Nrn gewonnenen Gesichtspunkte unterstreichen die Richtigkeit dieses Ergebnisses (zB Nr 17 EBM-Ä: 300 Punkte für eine 10-minütige ärztliche Leistung; Nrn 14 und 15 EBM-Ä: mindestens fünf Arzt-Patienten-Kontakte gemäß der Präambel vor Nrn 10 ff unter B II letzter Absatz; Betreuung von dialysepflichtigen und tumorkranken Patienten nach Nr 16 EBM-Ä, wofür regelmäßig mehr als zwei Arzt-Patienten-Kontakte im Quartal erforderlich sind).

Da nach alledem der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Senats zu entnehmen ist, daß lediglich ein oder zwei Arzt-Patienten-Kontakte im Quartal für eine kontinuierliche Patientenbetreuung iS von Nr 16 EBM-Ä nicht ausreichen, besteht kein Bedürfnis für eine Klärung in einem (weiteren) Revisionsverfahren.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175758

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