Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Untätigkeitsklage. Nichtbescheidung eines Widerspruchs innerhalb von drei Monaten. Wegfall des Rechtsschutzinteresses. Erlass eines Widerspruchsbescheides

 

Orientierungssatz

Für eine auf die Entscheidung über einen Widerspruch gerichtete Untätigkeitsklage entfällt das Rechtsschutzinteresse mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides.

 

Normenkette

SGG § 88 Abs. 2

 

Verfahrensgang

SG Freiburg i. Br. (Gerichtsbescheid vom 12.07.2016; Aktenzeichen S 4 SO 2480/16)

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15.12.2016; Aktenzeichen L 7 SO 2708/16)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Dezember 2016 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht die Untätigkeit der beklagten Träger der Sozialhilfe geltend.

Er wandte sich wegen Ansprüchen auf Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) während einer Inhaftierung an den örtlichen Träger der Sozialhilfe am Ort der Haftanstalt, den Beklagten zu 1. Dieser teilte ihm sinngemäß mit, er sei für solche Hilfen (örtlich) nicht zuständig (Schreiben vom 19.4.2016). Hiergegen wandte sich der Kläger mit einem Widerspruch (vom 29.4.2016) und erhob zugleich Leistungsklage beim Sozialgericht (SG) Freiburg. Am 20.6.2016 erhob er ausdrücklich daneben Untätigkeitsklagen. Das SG Freiburg hat die Klagen als unzulässig abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 12.7.2016). Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu 1 den Widerspruch zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 4.8.2016); der Kläger hat den Widerspruchsbescheid beim SG angefochten und im Berufungsverfahren weiterhin die Untätigkeit der beiden beklagten Sozialhilfeträger geltend gemacht. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 15.12.2016).

Mit Schreiben vom 2.1.2017 hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG beantragt.

II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); daran fehlt es hier.

Ob die vom Kläger behaupteten Verfahrensfehler (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) von einem Rechtsanwalt in einem Beschwerdeverfahren mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnten, kann dabei dahinstehen; denn in jedem Fall hat die Hauptsache keine Erfolgsaussicht (vgl zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 73a RdNr 7c mwN). Zutreffend hat das LSG ausgeführt, dass die Untätigkeitsklagen unzulässig sind. Das insoweit zulässigerweise verfolgte Rechtsschutzziel, das nur auf den Erlass der (bis zur Klageerhebung ausgebliebenen) Widerspruchsentscheidung auf den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.4.2016 gerichtet war (nicht auf ein anderes Tätigwerden der Beklagten zu 2), war mit dem Erlass des Widerspruchsbescheids erreicht. Eine Klageänderung hat der Kläger anschließend ausdrücklich nicht erklärt, sondern seine Ansprüche in der Sache in gesonderten Verfahren verfolgt. Für die Untätigkeitsklage besteht aber dann kein Rechtsschutzinteresse mehr.

Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI10807153

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