Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 28.03.1995) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. März 1995 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger ist mit seinem Begehren, wegen der Folgen seines Arbeitsunfalles am 5. September 1981 über den 4. September 1983 hinaus Verletztenrente zu erhalten, ohne Erfolg geblieben (Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 1991 und Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 1993; Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 1. Februar 1994 und Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 28. März 1995).
Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß sowohl unter Berücksichtigung der früheren Gutachten, insbesondere des Gutachtens von Privatdozent Dr. H. … als auch des später von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachtens des Chirurgen Dr. V. kein Anhaltspunkt erkennbar sei, daß der Kläger über die bislang entschädigten Verletzungen hinaus auf chirurgischem Gebiet Unfallfolgen erlitten habe, die den Anspruch auf eine sog Stützrente begründen könnten. Auf chirurgischem Gebiet seien jedenfalls keine einen Stützrentenanspruch begründenden Unfallfolgen erwiesen. Eine Berentung etwaiger Unfallfolgen auf neurologischem Gebiet scheide schon deshalb aus, weil die Beteiligten sich durch den gerichtlichen Vergleich vom 18. Mai 1989 darauf geeinigt hätten, daß ab dem 5. September 1983 auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine Unfallfolgen mehr vorliegen. Darüber hinaus habe die Beklagte entsprechend dem Antrag des Klägers lediglich über Unfallfolgen auf chirurgischem Gebiet entschieden.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Nachdem seine Prozeßbevollmächtigten vor Abgabe einer Beschwerdebegründung die Prozeßvertretung niedergelegt haben, hat der Kläger innerhalb der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist beantragt, ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde Prozeßkostenhilfe zu gewähren und einen Prozeßbevollmächtigten beizuordnen. Sein gegenwärtiger Prozeßbevollmächtigter hatte seine Ausführungen auf die Unterstützung des Prozeßkostenhilfeantrages beschränkt und noch keine Beschwerdebegründung iS des § 160a Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben; er hatte sich zur Übernahme der Prozeßführung nur unter der Bedingung bereit erklärt, daß er im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnet werde.
Mit Beschluß vom 1. März 1996 hat der Senat den Prozeßkostenhilfeantrag des Klägers mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.
Mit Schriftsatz vom 22. März 1996 hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers trotz dieser Ablehnung die Übernahme des Mandats angezeigt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist beantragt und zugleich die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auch unter Bezugnahme auf bereits vorgelegte Schriftsätze begründet.
Der Kläger rügt als Verfahrensmängel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, daß das LSG unter Verstoß gegen § 103 SGG seinen Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei, bei der Beweiswürdigung entgegen § 128 SGG nicht nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entschieden habe sowie das rechtliche Gehör verletzt und den Verfahrensgegenstand unzulässig eingeengt habe. Auch enthalte das Urteil über weite Strecken keine Entscheidungsgründe, die dem Begründungserfordernis des Gesetzes genügten.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesonders rechtzeitig begründet worden. Zwar ist die Begründung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils, sondern erst mit dem am 25. März 1996 beim Bundessozialgericht eingegangenen Schriftsatz vom 22. März 1996 und somit nicht innerhalb der Frist des § 160a Abs 2 SGG erfolgt. Dem Kläger ist aber wegen der Versäumnis der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs 1 SGG). Er war zwar wieder anwaltschaftlich vertreten (§ 166 SGG), nachdem seine früheren Prozeßbevollmächtigten ihr Mandat niedergelegt hatten. Seine neue anwaltschaftliche Vertretung war aber ausdrücklich auf den Prozeßkostenhilfeantrag beschränkt (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl, § 160a RdNr 11). Der Kläger ist allein deshalb, weil der Senat über seinen innerhalb der Begründungsfrist gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe erst nach Ablauf der Frist am 14. August 1995 entschieden hat und somit ohne Verschulden an der Wahrung der Begründungsfrist gehindert worden. Ausgehend von der Zustellung des Beschlusses vom 1. März 1996 über die Ablehnung der Prozeßkostenhilfe an den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 18. März 1996, erfolgte die Nachholung der versäumten Rechtshandlung (§ 67 Abs 2 SGG) rechtzeitig.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet und deshalb zurückzuweisen. Denn die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder sind nicht schlüssig vorgetragen.
Soweit der Kläger in einem wesentlichen Teil seiner Ausführungen die Beweiswürdigung durch das LSG rügt, rechtfertigt dies nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht die Zulassung der Revision. Denn nach dieser Bestimmung ist es ausgeschlossen, die Nichtzulassungsbeschwerde auf Fehler der Beweiswürdigung iS des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG zu stützen.
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß das LSG ohne hinreichende Begründung den Beweisanträgen des Klägers nicht gefolgt ist. Das ist dann der Fall, wenn das LSG aus seiner rechtlichen Sicht sich hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, IX, RdNr 134). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hätte sich das LSG nicht gedrängt fühlen müssen, den von ihm beantragten Beweis zu erheben. Zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte nur dann eine zwingende Veranlassung bestanden, wenn nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln, insbesondere den vorliegenden Gutachten Fragen zum medizinischen Sachverhalt aus der rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts erkennbar offen geblieben wären (s ua Beschluß des Senats vom 11. Mai 1995 – 2 BU 26/95 – sowie vom 14. Dezember 1995 – 2 BU 149/95 –, jeweils mwN). Das ist hier nicht der Fall. Das LSG hat sich vielmehr mit den Beweisanträgen des Klägers auseinandergesetzt und eine zumindest hinreichende Begründung dafür gegeben, warum es sich nach ausreichender Würdigung der vorliegenden Gutachten nicht veranlaßt sah, ein weiteres Gutachten einzuholen. Es hat die vom Kläger benannten Zeugen nicht gehört. Auch dafür hat es in seiner Urteilsbegründung zumindest eine hinreichende Begründung gegeben.
Soweit der Kläger eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und eine unzulässige Einengung des Verfahrensgegenstandes rügt, weil sich das LSG zu Unrecht auf die Beurteilung der auf chirurgischem Gebiet liegenden Unfallfolgen beschränkt habe, steht dem nicht nur der Wortlaut des am 18. Mai 1989 geschlossenen Vergleichs entgegen, sondern vor allem auch die darin getroffene Regelung, daß die auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Folgen des Unfalles eine Verletztenrente nur bis zum 4. September 1983 rechtfertigen und daß am 5. September 1983 keine Unfallfolgen mehr auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet vorgelegen hätten. Das LSG hat auch festgestellt, daß der Kläger in dem hier maßgebenden Termin beim Abschluß des Vergleiches geltend gemacht hat, ihm habe wegen der allein auf chirurgischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen ein Anspruch auf Stützrente zugestanden. Nimmt man die auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet liegenden Unfallfolgen entsprechend dem Vergleich von der weiteren Beurteilung aus, so ist das Vorbringen des Klägers nicht gerechtfertigt, einen Verfahrensfehler darin zu sehen, daß das LSG seine Beweiserhebungen auch entsprechend dem Beschwerdebild auf den chirurgischen Fachbereich beschränkt hat.
Auch soweit der Kläger rügt, das Urteil enthalte auf weiten Strecken keine Entscheidungsgründe, welche dem Begründungserfordernis des Gesetzes genüge, rechtfertigt dies nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht die Zulassung der Revision. Denn diese Ausführungen betreffen in Wirklichkeit wiederum im Kern die Beweiswürdigung durch das LSG. Dies kann jedoch – wie bereits erwähnt – nicht zur Zulassung der Revision führen, weil § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG es ausschließt, die Nichtzulassungsbeschwerde auf Fehler der Beweiswürdigung iS des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG zu stützen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen