Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugunstenentscheidung. Beweisführungslast. objektive Beweislast
Orientierungssatz
Das sozialgerichtliche Verfahren kennt keine Beweisführungslast (vgl BSG vom 24.10.1957 10 RV 945/55 = BSGE 6, 70, 73). Dies folgt aus der in § 103 SGG verankerten Untersuchungsmaxime, nach der die Sozialgerichte verpflichtet sind, alle Tatsachen zu ermitteln, die für die Entscheidung in prozessualer und materieller Hinsicht wesentlich sind. Auch im Rahmen einer sogenannten Zugunstenentscheidung iS von § 44 SGB 10 gelten die allgemeinen Verfahrens- und Beweislastregeln wie bei der Erstentscheidung (vgl BSG vom 10.12.1985 10 RKg 14/85 = SozR 5870 § 2 Nr 44). Ziel der Vorschrift ist die Auflösung der Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung des nicht begünstigenden Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zugunsten der letzteren. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit durch die Behörde ist durch das Gericht voll nachprüfbar. Nur für den Fall, daß eine anspruchsbegründende Tatsache trotz aller Aufklärungsbemühungen nicht feststellbar ist, liegt die objektive Beweislast beim Anspruchsteller.
Normenkette
SGB 10 § 44; SGG § 103 S 1
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 27.07.1988; Aktenzeichen L 3 U 29/86) |
SG Mainz (Entscheidung vom 21.01.1986; Aktenzeichen S 5 U 43/85) |
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Entschädigung eines Nierenleidens, insbesondere, ob es sich bei dieser Erkrankung um die Folge des am 7. August 1970 erlittenen Arbeitsunfalles handelt.
Die Klägerin arbeitete seit dem 19. Mai 1970 als Sortiererin. Die Einstellungsuntersuchung vom 21. April 1970 hatte keinen krankhaften Befund ergeben. Am 29. Juni 1970 wurde sie wegen eines Erschöpfungszustandes für eine Woche krankgeschrieben: Beim Werksarzt gab sie Schmerzen in der linken Seite an, insbesondere einen Klopfschmerz an der linken Niere.
Am 7. August 1970 stieß ihr während der Arbeit ein von einer Arbeitskollegin geschobener Copswagen von hinten in die linke Seite. Der Werksarzt vermerkte Schmerzen unter dem linken Rippenbogen, konnte in diesem Bereich aber keine äußeren Verletzungen feststellen. Nach kurzer ambulanter Behandlung arbeitete die Klägerin weiter. Am 31. August 1970 suchte sie Dr. G. auf, der sie wegen gynäkologischer Blutungen und Kreuzschmerzen krank schrieb; über einen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall konnte Dr. G. keine Angaben machen. Im weiteren Verlauf der Behandlung diagnostizierte er am 21. September 1970 auch eine Nierenentzündung und schrieb die Klägerin weiterhin krank. Anfang Oktober 1970 wurde die Klägerin wegen der Lendenprellung von Dr. S. behandelt. Dieser führte in seinem am 27. Mai 1971 ausgestellten Durchgangsarztbericht aus, die Röntgenuntersuchung vom 4. Oktober 1970 habe ergeben, daß es sich um einen Nierenbeckenausgußstein links handele; dieser habe nicht durch das stumpfe Trauma vom 7. August 1970 erzeugt werden können, sondern müsse schon lange bestehen. Nachdem sich die Funktion der linken Niere zunehmend verschlechtert hatte, wurde die linke Niere am 4. Februar 1971 in der Universitätsklinik G. entfernt (Prof. Dr. R. ). In einem vertrauensärztlichen Gutachten vom 19. Mai 1971 beschrieb Dr. D. einen weiterhin schwerwiegenden Nierenbefund und empfahl die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit; einen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall verneinte er. In der Folgezeit stellte sich ein zunehmender Funktionsverlust auch der rechten Niere ein. Seit Oktober 1984 muß sich die Klägerin einer regelmäßigen Dialysebehandlung unterziehen.
Am 26. April 1971 wandte sich die Klägerin erstmals an die Beklagte mit der Bitte, die Kosten einer ambulanten Untersuchung, die sie wegen der unfallabhängigen Beschwerden habe durchführen lassen, zu übernehmen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 2. August 1971 ab. Dem am 30. August 1982 gestellten Antrag auf Entschädigung des Nierenleidens gab die Beklagte ebenfalls nicht statt (Schreiben vom 28. Oktober 1982). Weder die Nierensteinbildung noch die spätere Nierenentfernung könnten auf das relativ geringfügige Unfallereignis vom 7. August 1970 zurückgeführt werden. Am 31. Oktober 1984 machte die Klägerin erneut geltend, ihr Nierenleiden sei durch den Arbeitsunfall entstanden, zumindest aber richtunggebend verschlimmert worden. Zur Untermauerung ihres Antrags legte sie ein an sie gerichtetes Schreiben des Chirurgen Dr. S. vom 26. November 1984 vor, in welchem dieser auf die Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen Trauma und Nierensteinbildung hinwies und im konkreten Fall einen solchen Zusammenhang bejahte, weil die Klägerin vor dem Arbeitsunfall nicht urologisch behandelt worden sei und ein schweres Trauma erlitten habe (Kontusion des linken Nierenbeckens mit nachfolgender Hämaturie). Die Beklagte lehnte den Antrag auf Entschädigung mit Bescheid vom 24. Januar 1985 ab. Eine Rücknahme des rechtsverbindlichen Verwaltungsaktes vom 28. Oktober 1982 komme nicht in Betracht (§ 44 Sozialgesetzbuch/Verwaltungsverfahren -SGB X-). Die Ausführungen des Dr. S. gäben hierzu keine Veranlassung, weil diese weder die bereits am 29. Juni 1970 geäußerten Nierenbeschwerden, noch den Durchgangsarztbericht des Dr. S. berücksichtigten.
In ihrer Klageschrift hat die Klägerin die Schwere des Unfallereignisses hervorgehoben, insbesondere, daß sie nach dem Unfall blutigen Urin abgesetzt habe. Ferner hat sie ein Schreiben des Urologen Dr. L. vom 30. November 1981 vorgelegt, in dem dieser - ausgehend von einem schweren Trauma - die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Arbeitsunfall und dem Nierensteinleiden bejahte. Der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beauftragte Sachverständige Dr. H. hat die ihm zugesandten Unterlagen am 6. September 1985 mit dem Bemerken zurückgereicht, aufgrund der sehr dürftigen Angaben des Unfallarztes Dr. S. sei ihm eine klärende Stellungnahme nicht möglich.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 21. Januar 1986 abgewiesen, da keine Belege für die Schwere der Verletzung vorhanden seien.
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung hat die Klägerin erneut darauf hingewiesen, daß sich nach dem schweren Trauma Blut im Urin befunden habe. Auf Antrag der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) gemäß § 109 SGG ein internistisch-nephrologisches Gutachten von Prof. Dr. V. eingeholt. Dessen Gutachten vom 12. April 1988 enthält im wesentlichen folgende Ausführungen: Anamnestisch sei von einem schweren Trauma auszugehen. Epikritisch sei von der wissenschaftlichen Erkenntnis auszugehen, daß sich Nierenbeckenausgußsteine innerhalb von wenigen Wochen ausbilden könnten, wenn eine Traumatisierung bei vorhandenem Urokinasedefekt stattfinde. Daß vor dem Arbeitsunfall bereits ein Nierensteinleiden vorhanden gewesen sei, könne nicht nachgewiesen werden. Die Ende Juni 1970 geäußerten Beschwerden in der linken Flanke seien dafür kein sicheres Argument. Eher sei von einer chronischen Nierenentzündung auszugehen. Im vorliegenden Fall spreche mehr dafür, daß die Bildung des Nierensteins durch den Arbeitsunfall "ursächlich wesentlich beeinflußt worden sei". Auch die weitere Entwicklung des Nierenleidens bis zur Dialysepflichtigkeit sei trotz der bestehenden Grunderkrankung - Zystennieren - durch den Wegfall der linken Niere wesentlich beeinflußt worden, so daß die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab dem Jahre 1983 100 vH betrage. Die Beklagte hat Bedenken gegen dieses Gutachten erhoben und das LSG mit Schriftsatz vom 8. Juni 1988 um Übersendung der Verwaltungsakten gebeten, um ihrerseits eine ärztliche Stellungnahme einzuholen.
Das LSG hat die Berufung mit Urteil vom 27. Juli 1988 zurückgewiesen und ausgeführt, es sei kein Grund ersichtlich, die Beklagte zur Rücknahme ihrer ablehnenden Entscheidungen zu zwingen. Der Sachverhalt, von dem die Beklagte bei ihrer Ablehnung ausgegangen sei, nämlich daß der Nierenstein schon vor dem Arbeitsunfall entstanden sei, habe sich nicht als unrichtig erwiesen (§ 44 SGB X). Von diesem Nachweis sei die Klägerin vielmehr weit entfernt. Bei dieser Entscheidung stütze sich das LSG auf die Gutachten von Dr. D. und Dr. H. sowie auf den Durchgangsarztbericht von Dr. S. . Den erforderlichen Nachweis der Unrichtigkeit könne die Klägerin auch nicht mit Hilfe des nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens führen. Prof. V. habe nicht die mindestens gleichwertige Möglichkeit widerlegt, daß die Steinbildung längst im Gange gewesen sei. Jegliches Beweismittel fehle auch für die Behauptung der Klägerin, kurz nach dem Arbeitsunfall Blut im Urin gesehen zu haben. Deshalb erübrige es sich auch, der Frage nachzugehen, ob ein Anfang August 1970 bereits vorhandener Nierenstein traumatisch verschlimmert worden sein könne. Die beantragte Anhörung der Klägerin und weiterer Zeuginnen sei entbehrlich gewesen, weil der Unfallablauf zugunsten der Klägerin in ihrem Sinne unterstellt werden könne; denn auch ein schwerer Unfall mit Bewußtlosigkeit könne die Niere der Klägerin nur leicht geschädigt haben.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 548 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und dem nachfolgenden Nierenleiden könne nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) allenfalls verneint werden, wenn eine unfallunabhängige, konkurrierende Ursache bewiesen sei. Das sei hier gerade nicht der Fall. Selbst das LSG gehe insoweit nur von einer Möglichkeit aus. Das LSG habe nicht von seinem Recht zur freien Beweiswürdigung Gebrauch gemacht, sondern seiner Beurteilung eine fehlerhafte Rechtsauffassung zugrunde gelegt, nämlich die Meinung, daß allein schon die Möglichkeit irgendeiner vorbestehenden Nierenerkrankung die Kausalität des Arbeitsunfalles ausschließe. Selbst wenn eine körpereigene Ursache insoweit erwiesen wäre, hätte das LSG prüfen müssen, ob der Arbeitsunfall nicht als wesentliche Mitursache für das Nierensteinleiden und die weitere Verschlimmerung in Betracht komme. Ausgehend von dieser irrigen Rechtsmeinung habe sich das LSG nicht mit den Ausführungen des gerichtsärztlichen Sachverständigen auseinandergesetzt, insbesondere nicht mit dessen Argument, ein Nierenbeckenausgußstein könne nach einer Traumatisierung innerhalb von wenigen Wochen entstehen. Das Urteil beruhe auch auf einer Verletzung der §§ 103, 106 und 128 SGG. So hätte das LSG aufklären müssen, um welche Art von Nierenerkrankung es sich im Juni 1970 gehandelt habe, wenn es dieses schon für das nachfolgende Steinleiden verantwortlich mache. Die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung habe es überschritten, indem es die medizinischen Argumente des Prof. V. abgetan habe, ohne Nachweise für die eigene Sachkunde darzulegen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Juli 1988 sowie das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 21. Januar 1986 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 1985 aufzuheben und die Beklagte unter Rücknahme des Bescheides vom 28. Oktober 1982 zu verurteilen, das bei ihr bestehende Nierenleiden als Folge des Arbeitsunfalles vom 7. August 1970 zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat insoweit Erfolg als das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen ist.
Zu Unrecht hat das LSG den Anspruch der Klägerin mit der Begründung verneint, sie habe nicht nachweisen können, daß die Beklagte bei der rechtsverbindlichen Ablehnung vom 28. Oktober 1982 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei; insbesondere sei es ihr nicht gelungen, die Möglichkeit zu widerlegen, daß zum Unfallzeitpunkt bereits ein Nierensteinleiden im Gange gewesen sei. Nach der ständigen zu § 548 RVO ergangenen Rechtsprechung des BSG hätte das LSG vielmehr prüfen müssen, ob das Nierenleiden der Klägerin durch den Arbeitsunfall vom 7. August 1970 hervorgerufen oder verschlimmert worden ist.
Die Gründe des angefochtenen Urteils lassen nicht eindeutig erkennen, ob das LSG diese Prüfung unterlassen hat, weil es annahm, der Klägerin obliege es im Rahmen des § 44 SGB X, die Rechtswidrigkeit der früheren Ablehnung zu beweisen, oder ob es aufgrund der medizinischen Unterlagen zu der Überzeugung gelangte, der Arbeitsunfall könne das Nierenleiden nicht verursacht haben. In beiden Fällen hat das LSG das Recht unrichtig angewandt.
Das sozialgerichtliche Verfahren kennt keine Beweisführungslast (vgl BSGE 6, 70, 73; 19, 52, 53; allgemeine Meinung). Dies folgt aus der in § 103 SGG verankerten Untersuchungsmaxime, nach der die Sozialgerichte verpflichtet sind, alle Tatsachen zu ermitteln, die für die Entscheidung in prozessualer und materieller Hinsicht wesentlich sind. Auch im Rahmen einer sogenannten Zugunstenentscheidung iS von § 44 SGB X gelten die allgemeinen Verfahrens- und Beweislastregeln wie bei der Erstentscheidung (vgl BSG SozR 5870 § 2 Nr 44). Ziel der Vorschrift ist die Auflösung der Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung des nicht begünstigenden Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zugunsten der letzteren. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit durch die Behörde ist durch das Gericht voll nachprüfbar (so bereits zum früheren Recht BSG SozR 2200 § 1300 Nr 18). Nur für den Fall, daß eine anspruchsbegründende Tatsache trotz aller Aufklärungsbemühungen nicht feststellbar ist, liegt die objektive Beweislast beim Anspruchsteller. Dies hat das LSG offenbar verkannt, wenn es mehrfach hervorhebt, der Klägerin sei der Nachweis der Unrichtigkeit der früheren Entscheidung nicht gelungen.
Sollte das LSG hingegen die Auffassung vertreten haben, es sei nicht feststellbar, daß der Arbeitsunfall wahrscheinlich eine wesentliche Bedingung für das Nierensteinleiden und die nachfolgende Verschlimmerung gewesen sei, so beruht seine Entscheidung ebenfalls auf Verfahrensfehlern. Insbesondere hat das LSG gegen den in § 128 Abs 1 SGG verankerten Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung verstoßen, indem es ohne seine eigene Sachkunde darzulegen und ohne ausreichende Begründung zu den medizinisch relevanten Sachfragen abschließende Aussagen getroffen hat.
Das gilt in erster Linie für die Aussage, daß auch ein - als wahr unterstellter - schwerer Unfall die Niere der Klägerin nur leicht geschädigt haben könnte, und zwar - nach den übrigen Ausführungen des Urteils - nur so unbedeutend, daß es ungeprüft bleiben könne, "ob ein Anfang August bereits vorhandener Nierenstein traumatisch verschlimmert worden sein könne". Diese These ist vor dem Hintergrund des wissenschaftlich begründeten Gutachtens von Prof. V. unhaltbar. Prof. V. hat nämlich ausführlich dargelegt, daß sich ein traumatisch bedingtes Steinleiden innerhalb von wenigen Wochen entwickeln könne, insbesondere, wenn das Trauma auf einen Urokinasedefekt treffe, für dessen Vorhandensein die im Juni 1970 aufgetretenen Beschwerden in der linken Flanke sprächen. Diesen von Prof. V. für wahrscheinlich erachteten Zusammenhang durfte das LSG mangels eigener Sachkunde nicht ohne weitere Ermittlungen verneinen. Dazu konnte es sich auch nicht auf die "Gutachten" der Dres. D. und H. sowie auf den Durchgangsarztbericht von Dr. S. berufen. Denn bei deren "Gutachten" handelte es sich lediglich um urkundlich niedergelegte Meinungsäußerungen, die keine Begründung zu der hier zu beurteilenden Kausalitätsfrage enthalten, geschweige denn eine Auseinandersetzung mit der von Prof. V. erläuterten, wissenschaftlich untermauerten Erkenntnis von traumatisch bedingten Nierensteinleiden. So wurde das vertrauensärztliche Gutachten des Dr. D. vom 19. Mai 1971 im Rahmen einer beantragten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erstellt; Dr. H. hat kein Gutachten erstattet, sondern hat den nach § 109 SGG erteilten Gutachtensauftrag mit dem Bemerken zurückgegeben, ihm sei eine klärende Stellungnahme aufgrund der dürftigen Angaben des Dr. S. nicht möglich. Diesem wiederum fehlte - ebenso wie den als Gutachtern bezeichneten Ärzten Dr. D. und Dr. H. - darüber hinaus jegliche Kenntnis von der Schwere der Traumatisierung. Angesichts dieser Unzulänglichkeiten konnte das LSG deren Ansichten nicht über die gutachterliche Meinung des gerichtsärztlichen Sachverständigen Prof. V. stellen, ohne § 128 Abs 1 SGG zu verletzen. Auch die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 8. Juni 1988 noch eine ärztliche Stellungnahme für erforderlich gehalten. Nach Zurückverweisung der Sache wird das LSG die vorliegenden Beweise erneut zu würdigen und - sofern begründete Zweifel bestehen bleiben - durch weitere Ermittlungen von Amts wegen zu klären haben, ob das Nierensteinleiden durch den Arbeitsunfall im Sinne der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Theorie von der wesentlichen Bedingung hervorgerufen oder richtunggebend verschlimmert worden ist. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen