Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsklage. Erstattungsstreitigkeit zwischen Sozialleistungsträgern. Rückerstattung. Zubilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Rentenbeginn. Rentenhöhe. Rentenart. Bindungswirkung des Rentenbescheides. Wegfall des Krankengeldanspruchs. zu Unrecht bewilligte Rente. Eigenständigkeit der Erstattungsansprüche. notwendige Beiladung
Leitsatz (amtlich)
Bewilligt der Rentenversicherungsträger eine Erwerbsunfähigkeitsrente rückwirkend für eine Zeit, für die der Versicherte bereits Krankengeld bezogen hat, dann richtet sich der Erstattungsanspruch der Krankenkasse gegen den Rentenversicherungsträger nach dem Inhalt des Rentenbescheides, solange der Bescheid nicht aufgehoben ist. Dies gilt auch dann, wenn die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nicht den leistungsrechtlichen Vorschriften entspricht.
Normenkette
SGG § 54 Abs. 5, § 75 Abs. 2; SGB X §§ 112, 103 Abs. 1; RVO § 183 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. November 1991 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die klagende Landesversicherungsanstalt (LVA) von der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) die Rückerstattung von 277,62 DM verlangen kann.
Der am 4. Juni 1924 geborene Versicherte Fritz S.… (St.…) war vom 6. März 1974 bis zum 25. Februar 1986 mit einem Schreinereibetrieb in der Handwerksrolle eingetragen. Von der AOK bezog er vom 31. Juli 1984 bis zum 14. September 1984 Krankengeld iHv kalendertäglich 59,84 DM. Auf seinen Antrag vom 24. Mai 1984 bewilligte die LVA mit Bescheid vom 12. September 1984 ab 1. Juli 1984 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) iHv monatlich 555,72 DM, wobei sie die Nachzahlung für die Zeit bis zum 31. Oktober 1984 einbehielt. Daraus erfüllte sie den Erstattungsanspruch der Beklagten iHv insgesamt 832,90 DM.
Mit Bescheid vom 22. Juni 1985 teilte die LVA dem Versicherten mit, daß die Zuerkennung einer Rente wegen EU zu Unrecht erfolgt sei. Solange er in der Handwerksrolle eingetragen sei, übe er eine selbständige Erwerbstätigkeit aus. Ihm habe deshalb nur Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) zugestanden. Da die Rücknahme des Rentenbewilligungsbescheids nicht möglich sei, werde ihm die Rente in Höhe der EU-Rente weitergezahlt, jedoch von künftigen Anpassungen ausgenommen. Dieser Bescheid wurde vom Versicherten nicht angefochten.
Von der Beklagten verlangte die Klägerin mit Schreiben (“Bescheid”) vom 28. November 1984 die Rückerstattung des im Erstattungszeitraum bestehenden Differenzbetrages zwischen der BU- und der EU-Rente iHv insgesamt 277,62 DM, weil dieser Betrag objektiv zuviel erstattet worden sei. Die Beklagte lehnte die Zahlung ab, da die Rentenbewilligung gegenüber dem Leistungsberechtigten nicht mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden könne.
Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) München hatte Erfolg (Urteil vom 30. Januar 1989). Auf die Berufung der Klägerin vom 14. September 1989 hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 14. November 1991 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen und ua ausgeführt: Da es unabhängig von der materiellen Rechtslage bei der Zubilligung der EU-Rente an den Versicherten geblieben sei, habe die Klägerin der Beklagten das Krankengeld gem § 103 des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – (SGB X) zu Recht erstattet. Daher bestehe kein Rückerstattungsanspruch. Die Auffassung, daß die Verwaltungsentscheidung im Verhältnis zur Beklagten unabhängig von den gegenüber dem Versicherten ergangenen Rentenbescheiden der materiellen Rechtslage entsprechend abänderbar sein müsse, treffe nicht zu. Bei einer Rückabwicklung auf dieser Basis würde die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X in entsprechendem Umfang entfallen, so daß der Versicherte insoweit aufgrund des bindenden Rentenbescheides die Auszahlung des Differenzbetrages an sich verlangen könnte. Dies widerspreche aber dem Zweck des § 107 SGB X, Doppelleistungen zu verhindern.
In der – vom LSG zugelassenen – Revision vertritt die Klägerin die Auffassung, daß die Vertrauensschutztatbestände des § 45 SGB X nur das Verhältnis zum Versicherten beträfen. Demgegenüber gelte zwischen zwei Verwaltungsstellen das Prinzip des gesetzmäßigen Kassenausgleichs, so daß die Verwaltungsentscheidung der materiellen Rechtslage entsprechend abänderbar sein müsse. Durch die Rückerstattung gem § 112 SGB X solle der Zustand wiederhergestellt werden, der bestanden hätte, wenn die beteiligten Leistungsträger von Anfang an rechtmäßig gehandelt hätten. Die gleiche Schlußfolgerung sei auch aus der Rechtsprechung zu ziehen, nach der ein Leistungsträger nicht unter Berufung auf eine formale Rechtsposition auf seiner offensichtlich fehlerhaften früheren Entscheidung beharren dürfe, wenn sich diese für den anderen Leistungsträger nachteilig auswirke. Da der Versicherte nach übereinstimmender Auffassung keine Doppelleistung erhalten solle, ergebe sich aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu § 362 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), daß der Anspruch des Versicherten gegen den Rentenversicherungsträger auch dann als erloschen anzusehen sei, wenn § 107 SGB X keine Anwendung finde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. November 199 1 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. Januar 1989 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht ergänzend geltend: Selbst wenn neben den speziellen Regelungen der §§ 102 ff SGB X die allgemeine Vorschrift des § 362 BGB hier Anwendung finden könne, müsse der Erfüllungserfolg auf einer Handlung des Schuldners beruhen und nicht auf der Handlung eines Dritten, wie hier der Beklagten. Im übrigen könne sich die Klägerin, die ihre Entscheidung selbständig und eigenverantwortlich treffe, im Verhältnis zur Beklagten nicht auf die offensichtliche Unrichtigkeit ihrer eigenen Entscheidung berufen.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht angenommen, daß die beklagte Krankenkasse nicht verpflichtet ist, der Klägerin den streitigen Betrag zurückzuerstatten.
Die darauf gerichtete Klage ist gemäß § 54 Abs 5 SGG als allgemeine Leistungsklage zulässig. Die Klägerin kann ihr Rückerstattungsbegehren nicht im Wege eines Verwaltungsaktes durchsetzen. Bei Erstattungsstreitigkeiten besteht zwischen den Sozialleistungsträgern kein Über- und Unterordnungsverhältnis. Diese stehen sich gleichrangig gegenüber, so daß Maßnahmen hoheitlicher Regelung in diesem Verhältnis nicht möglich sind. Das Schreiben (“Bescheid”) der Klägerin vom 28. November 1984 stellt daher nur eine formlose Zahlungsaufforderung dar (vgl BSGE 13, 94, 96; 32, 21, 22; vgl auch BSGE 48, 253, 255; 49, 71, 72).
Das Klagebegehren kann aber in der Sache keinen Erfolg haben, weil die Voraussetzungen für eine Rückerstattung nicht vorliegen. Gemäß § 112 SGB X sind die gezahlten Beträge zurückzuerstatten, soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist. Die Klägerin hatte der Beklagten das Krankengeld seinerzeit jedoch im vollen Umfang zu Recht erstattet.
Der Erstattungsanspruch einer Krankenkasse für geleistetes Krankengeld in Bezug auf eine für den gleichen Zeitraum gewährte (Versicherten-)Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung richtet sich nach § 103 SGB X (ständige Rechtsprechung, zB BSGE 57, 146 ff mwN).
Abs 1 der genannten Vorschrift setzt zunächst voraus, daß der Erstattung begehrende Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat und ein Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist. Das ist hier gegeben. Die beklagte Krankenkasse hat dem Versicherten St.… für die Zeit vom 31. Juli bis 14. September 1984 Krankengeld gewährt. Der Anspruch auf diese Leistung ist auch nachträglich entfallen. Das ergibt sich aus der hier noch anwendbaren Vorschrift des § 183 Abs 3 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO aF). Danach endete ein Anspruch auf Krankengeld ua mit dem Tage, von dem an Rente wegen EU von einem Träger der Rentenversicherung zugebilligt wurde. Die Klägerin hatte dem Versicherten St.… mit Bescheid vom 12. September 1984 rückwirkend ab 1. Juli 1984 – und damit auch für die Zeit des Krankengeldbezugs – Rente wegen EU bewilligt. Ein Ausschluß des Erstattungsanspruchs kommt hier nicht in Betracht, weil die Klägerin die Rente in Höhe des Erstattungsanspruchs nicht an den Versicherten ausgezahlt hat (§ 103 Abs 1 SGB X).
Zu Unrecht geht die Revision davon aus, daß der Anspruch auf Krankengeld nicht nach § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF habe entfallen können, weil dem Versicherten während des Krankengeldbezuges wegen der Regelung in § 1247 Abs 2 Satz 3 RVO aF keine EU-Rente zugestanden habe. Die Klägerin übersieht in diesem Zusammenhang, daß es für § 103 Abs 1 SGB X iVm § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF nicht auf die wahre Rechtslage ankommt, dh darauf, ob dem Versicherten aufgrund der gesetzlichen Regelung eine EU-Rente zustand. Entscheidend ist allein, ob der Rentenversicherungsträger eine solche Rente zugebilligt hat. Hierfür spricht in erster Linie der Wortlaut des § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF. Denn “zugebilligt” wird eine Rente erst dann, wenn der Rentenversicherungsträger über den Rentenantrag positiv entscheidet, also eine Rente bewilligt. Zwar hat der Begriff der Rentenzubilligung eine doppelte Bedeutung (hierzu s Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, § 183 RVO Anm 4.5 mwN; BSGE 49, 202, 207). Er erfaßt einerseits die bescheidmäßige Feststellung einer Leistung (vgl BSGE 38, 198, 199; 49, 202, 207 f). Andererseits wird durch die Zubilligung auch der Zeitpunkt des Rentenbeginns bestimmt (vgl zB BSGE 19, 28, 29; 32, 186 f; BSG USK 79 97 und 79 142; vgl zuletzt BSG, Urteil vom 8. Dezember 1992 – 1 RK 9/92 –). Daraus folgt aber: Solange eine Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nicht vorliegt, fehlt es an der für den Wegfall des Krankengeldanspruchs nach § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF erforderlichen Rentenzubilligung, und selbst die objektiv bestehende EU hätte nach § 183 Abs 3 Satz 1 RVO keinen Einfluß auf das Bestehen des Anspruchs auf Krankengeld, sondern erst die Zubilligung der entsprechenden Rente (so ausdrücklich BSG SozR 2200 § 183 Nr 53; vgl BSGE 42, 256, 258).
Wird aber der Wegfall des Krankengeldanspruchs nach § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF durch die Rentenzubilligung ausgelöst, dann kommt es auch für den Erstattungsanspruch der Krankenkasse entscheidend auf den Inhalt dieser Verwaltungsentscheidung an. Denn Art der Rente, Rentenbeginn und Rentenhöhe werden durch den Rentenversicherungsträger festgelegt und sind Gegenstand der Bewilligung. Solange der Rentenbescheid für die Zeit des Krankengeldbezuges aufrecht erhalten wird, muß sich deshalb die Rechtsfolge des § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF nach der Verwaltungsentscheidung des Rentenversicherungsträgers richten, gleichgültig ob die Rente zu Recht oder zu Unrecht bewilligt worden ist und ob der Rentenversicherungsträger die Entscheidung nachträglich nach den Vorschriften der §§ 44 ff SGB X wieder aufheben kann.
Für diese Auslegung des § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF sprechen neben dem Wortlaut zwei weitere Gründe: Der Rentenversicherungsträger ist für die Zubilligung von Renten zuständig. Er allein hat die dafür erforderliche fachliche Kompetenz, so daß die Krankenkasse die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers respektieren und ihren Entscheidungen zugrunde legen muß (dazu BSGE 42, 256 f; BSG in USK 85 82; vgl auch BSGE 57, 146, 149 f; BSG SozR 4100 § 153 Nr 1 mwN; BSG SozR 3-2200 § 183 Nr 2). Ob insoweit von einer Tatbestandswirkung des Rentenbescheides ausgegangen werden kann (so Eicher, DOK 1986, 497, 499), läßt der Senat ausdrücklich offen. Jedenfalls führt die Regelung des § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF zu einer inhaltlichen Bindung der Krankenkasse an die Rentenbewilligung, soweit es um ihren Erstattungsanspruch für geleistetes Krankengeld geht (vgl BSGE 57, 146, 149; BSG in USK 84 198; BSG SozR 1300 § 103 Nr 3). Die Bindung der Krankenkasse an den Inhalt des ergangenen Rentenbescheides besteht deshalb auch dann, wenn der Rentenversicherungsträger die EU-Rente bewilligt hat, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorlagen, und er später in einer Entscheidung nach § 48 Abs 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Rentenbescheides feststellt und eine sog Abschmelzung bei den jährlichen Rentenanpassungen vornimmt. Denn die Entscheidung nach § 48 Abs 3 SGB X führt nicht zu einer rückwirkenden Aufhebung des Rentenbescheides.
Für eine Bindung der Krankenkasse spricht aber auch, daß dadurch im Erstattungsverfahren Auseinandersetzungen über die Richtigkeit der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers vermieden werden. Wenn hier erneut geprüft werden müßte, ob dem Versicherten überhaupt oder während der Krankengeldbezugszeit eine EU-Rente zugestanden hat, so würde die Entscheidung über den Erstattungsanspruch erheblich erschwert. Deshalb hat der Gesetzgeber in § 103 Abs 1 SGB X iVm § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF den Wegfall des Krankengeldanspruchs bzw des darauf beruhenden Erstattungsanspruchs von der Zubilligung der EU-Rente, nicht aber vom Bestehen eines Anspruchs auf EU-Rente abhängig gemacht.
Zwar ist davon auszugehen, daß das Gesetz dem erstattungsberechtigten Leistungsträger grundsätzlich einen eigenständigen, von dem Anspruch des Versicherten unabhängigen Erstattungsanspruch eingeräumt hat (BT-Drucks 9/95, S 17 und S 24 vor § 108 des Regierungsentwurfs zum SGB X; BSGE 57, 15, 19 f; 57, 146, 147; 62, 118 ff; BSG SozR 1300 § 104 SGB X Nr 6 mwN; Dörr, ZfSH/SGB 1986, 265, 267). Die Erstattung muß daher grundsätzlich entsprechend der materiellen Rechtslage iS eines gesetzmäßigen Kassenausgleichs erfolgen (BSGE 29, 249, 252 f; 34, 88, 90; vgl BSG in USK 78 67). Von diesem Grundsatz macht die Regelung des § 103 Abs 1 SGB X iVm § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF jedoch eine Ausnahme. Hier wird aus den schon dargestellten Gründen der Erstattungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach von der Zubilligung der EU-Rente an den Versicherten abhängig gemacht. Die zitierte Rechtsprechung des BSG steht einer solchen Annahme nicht entgegen. Denn in keiner dieser Entscheidungen wird auch für die Fallkonstellation des § 103 Abs 1 SGB X iVm § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF die Unabhängigkeit des Erstattungsanspruchs von der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers angenommen.
Der Auffassung des erkennenden Senats steht ferner nicht die Rechtsprechung des BSG zur Fortsetzung des Rentenfeststellungsverfahrens im Falle des Todes des Versicherten (vgl dazu BSG SozR Nr 26 zu § 183 RVO und BSGE 48, 253 f) entgegen. In diesen Entscheidungen ist zwar hervorgehoben worden, daß es für den Wegfall des Krankengeldanspruchs nach § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF keines Rentenbescheides gegenüber dem Versicherten bedarf, es genüge, daß der Rentenversicherungsträger den Rentenbeginn und die Rentenhöhe feststelle. Sei dies geschehen, lasse sich der an die Krankenkasse abzuführende Ausgleichsbeitrag ohne weiteres errechnen (BSGE 48, 253, 256). Auch hier bedarf es indessen eines Tätigwerdens des Rentenversicherungsträgers, nämlich einer – wenn auch internen – Feststellungsentscheidung. Aber selbst wenn sich der Ausgleich zwischen Krankenkasse und Rentenversicherungsträger im Falle des Todes des Versicherten vor Erlaß des Rentenbescheides ausschließlich danach richtet, was dem Versicherten kraft Gesetzes zugestanden hätte, ist dies nicht für den Normalfall maßgebend, in dem – wie hier – ein Rentenbescheid ergangen ist. Das BSG hat die Rechtsprechung zur Fortsetzung des Rentenfeststellungsverfahrens beim Tode des Versicherten offensichtlich als Ausnahme entwickelt. Das wird aus folgenden Ausführungen des Urteils des 3. Senats vom 10. Juli 1979 (– 3 RK 87/77 – BSGE 48, 253, 257) deutlich:
“Die Urteile des 4. Senats des BSG, auf die sich die Beklagte zur Stützung der hier vertretenen gegenteiligen Auffassung beruft, stehen dem nicht entgegen. Diese Urteile (SozR 2200 § 183 Nr 1; BSGE 38, 198 = SozR 2200 § 183 Nr 4; BSGE 42, 256 = SozR 1500 § 54 Nr 14) betreffen insofern andere Sachverhalte, als entweder der Versicherte noch lebte oder dessen Rechtsnachfolger das Rentenverfahren fortsetzten oder der Träger der Sozialhilfe nach § 1538 RVO die Feststellung der Leistung betrieb. Hierauf hat der 4. Senat schon in diesen Urteilen jeweils ausdrücklich hingewiesen und das auch in seinem Urteil vom 28. März 1979 nochmals hervorgehoben.”
Im übrigen ist die Rechtsprechung zur Fortsetzung des Rentenfeststellungsverfahrens zu einem Zeitpunkt ergangen, als § 183 Abs 3 Satz 2 RVO aF noch den Übergang des Rentenanspruchs auf die Krankenkasse regelte. Das SGB X und insbesondere die Regelung über die Erstattungsansprüche in §§ 102 ff SGB X waren damals noch nicht geschaffen. Deshalb ist ohnehin zweifelhaft, ob diese ältere Rechtsprechung der Auslegung des Senats zu der jetzt geltenden Regelung in § 103 Abs 1 SGB X iVm § 183 Abs 3 Satz 1 RVO aF entgegen stehen kann.
Auch die Pflicht der Leistungsträger, bei der Erfüllung der Aufgaben eng zusammenzuarbeiten (§ 86 SGB X), rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Denn die beklagte Krankenkasse, von der jetzt die Rückerstattung eines Teils der Rentenzahlung verlangt wird, hat nicht gegen die ihr nach § 86 SGB X obliegenden Pflichten verstoßen.
Zwar hat das BSG entschieden, daß einer Krankenkasse abweichend von den Feststellungen des Rentenbescheides ein Erstattungsanspruch erwachsen kann, wenn sich diese als offensichtlich fehlerhaft erweisen, der Rentenversicherungsträger aber auf seinem Bescheid beharrt und dies dem Krankenversicherungsträger zum Nachteil gereicht (BSGE 57, 146 ff). Dabei entfällt jedoch eine inhaltliche Bindung an den Rentenbescheid nicht automatisch. Der Rentenversicherungsträger ist lediglich gehalten, aufgrund der tatsächlichen Feststellungen zu überpüfen, ob eine Änderung seines Standpunktes notwendig ist, ohne daß ein neues Verwaltungsverfahren mit erneuter Sachaufklärung durchzuführen wäre. Nur wenn sich daraufhin eindeutig eine andere Rechtslage ergäbe und er diese mißachtete, würde er durch Ausnutzung einer formalen Rechtsposition das Gebot der engen Zusammenarbeit verletzen und insofern rechtsmißbräuchlich handeln (BSGE 57, 146, 150; BSG USK 85 175). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Abgesehen davon, daß nicht die Krankenkasse eine Überprüfung des Rentenbescheides verlangt hat, würde die Anwendung dieser Grundsätze voraussetzen, daß eine falsche Entscheidung noch korrigierbar ist. Da die Klägerin den Rentenbescheid nicht nach § 45 SGB X für die Vergangenheit zurückgenommen hat und dieser daher – jedenfalls hinsichtlich der Rentenhöhe – bestandskräftig ist, hat der Leistungsanspruch des Versicherten – auch wenn dies nicht mit den leistungsrechtlichen Vorschriften übereinstimmt – eine unauflösbare Verfestigung erfahren (vgl dazu BSGE 61, 286, 287; 47, 241, 246).
Die vorinstanzliche Entscheidung ist schließlich auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der Versicherte nicht zum Verfahren beigeladen worden ist. Es handelt sich hier nicht um einen Fall der notwendigen Beiladung (§ 75 Abs 2 SGG). Denn der Versicherte ist an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Zwar hat das BSG entschieden, daß im Erstattungsstreit zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Kranken- bzw Rentenversicherungsträger der Versicherte notwendig beigeladen werden muß (BSG SozR 1500 § 75 Nrn 60 und 80). In diesen Entscheidungen wurde aber auf die ungeklärte Situation im Hinblick auf die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X abgestellt. Im vorliegenden Fall kommt es hierauf indessen nicht an. Es besteht weder Streit über die Rentenhöhe noch die Möglichkeit einer Doppelleistung. Es geht lediglich um die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen zwei Versicherungsträgern (vgl dazu BSGE 57, 15, 17 f; 57, 146, 149). Rechte des Versicherten selbst werden daher durch die Entscheidung nicht berührt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 4 SGG.
Fundstellen