Leitsatz (amtlich)
Die von der BfA ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung wirkt auch für die Knappschaftsversicherung, wenn der Betroffene später in einen knappschaftlichen Betrieb überwechselt und seine Lebensversicherungsbeiträge auf die Höhe der knappschaftlichen Beiträge aufgestockt werden.
Normenkette
AnVNG Art. 2 § 1 Fassung: 1957-02-23; KnVNG Art. 2 § 1 Fassung: 1957-05-21
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Februar 1963 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Der am 13. April 1929 geborene Kläger war bis zum 30. November 1957 bei der Reederei "B." GmbH in W., einem nichtknappschaftlichen Betrieb, als Angestellter beschäftigt. Vor dem 1. Januar 1957 war er versicherungsfrei, weil sein Gehalt die für die Angestelltenversicherung maßgebende Versicherungspflichtgrenze überstieg. Infolge der Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze in der Angestelltenversicherung zum 1. Januar 1957 war er nunmehr an sich versicherungspflichtig. Er wurde jedoch auf seinen Antrag nach Art. 2 § 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) am 13. Juli 1957 für die Zeit ab 1. März 1957 von der Versicherungspflicht befreit, nachdem er einen Lebensversicherungsvertrag bei einem privaten Lebensversicherungsunternehmen mit einer den Beiträgen zur Angestelltenversicherung (AV) entsprechenden Höhe abgeschlossen hatte. Seit dem 1. Dezember 1957 ist der Kläger bei der Rheinischen Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation in Köln als Sachbearbeiter für betriebswirtschaftliche Fragen knappschaftlich versicherungspflichtig tätig.
Am 13. Juni 1958 beantragte er bei der Beklagten den Erlaß eines Feststellungsbescheides, daß sich die durch die BfA ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht auch auf die knappschaftliche Versicherung erstrecke. Die Beklagte erteilte am 23. Juni 1958 einen rechtsmittelfähigen Bescheid, in welchem festgestellt ist, daß der Kläger auf Grund seiner jetzigen Tätigkeit in einem knappschaftlichen Betrieb der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Renten- und Krankenversicherung unterliegt; die Befreiung von der Versicherungspflicht in der AV durch die BfA habe keine Wirkung auf die knappschaftliche Versicherungspflicht. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Widerspruch des Klägers wurde am 1. August 1958 zurückgewiesen.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, daß er nicht der knappschaftlichen Versicherungspflicht unterliege. Das Sozialgericht (SG) in Köln hat durch Urteil vom 20. März 1959 die Klage mit der Begründung abgewiesen, daß die Voraussetzungen einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der Knappschaftsversicherung nicht gegeben seien und daß die von der BfA ausgesprochene Befreiung nur für die AV gelte.
Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 14. Februar 1963 unter Abänderung des Urteils des SG festgestellt, daß der Kläger von der Rentenversicherungspflicht über den 30. November 1957 hinaus befreit bleibt, wenn er gegenüber der Beklagten nachweist, daß er rückwirkend ab 1. Dezember 1957 einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen hat, der die in Art. 2 § 1 Abs. 1 b KnVNG niedergelegten Voraussetzungen erfüllt; es hat die Revision zugelassen.
Das LSG ist der Auffassung, daß die von der BfA ausgesprochene Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht auch für das am 1. Dezember 1957 begonnene Beschäftigungsverhältnis bei der R. Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation, K., mit den aus dem Urteilstenor erkennbaren Einschränkungen gelte.
Die meisten vor dem 1. Januar 1957 versicherungsfreien Angestellten, vor allem die älteren unter ihnen, hätten zur Sicherung ihres Unterhalts im Alter und zur Sicherung von Hinterbliebenen erhebliche finanzielle Verpflichtungen auf sich genommen. Viele von ihnen müßten auch jetzt noch laufend hierfür Prämien aufbringen. Führe man für diese Angestellten nun die Pflichtversicherung ein, so müßten sie entweder erhöhte Mittel für ihre nunmehr zweifache Alterssicherung aufbringen oder sie müßten, um unzumutbare finanzielle Belastungen zu vermeiden, geringere Prämien oder den Wegfall der Prämienzahlung vereinbaren. Das aber wäre nicht selten mit finanziellen Einbußen verbunden. Davon abgesehen, bestünde bei älteren Angestellten die Gefahr, daß die noch zurückzulegende Pflichtversicherungszeit zu kurz wäre, um in Zukunft ausreichende Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten.
Nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers solle der Angestellte in diesen Fällen selbst entscheiden, ob er von der Rentenversicherungspflicht befreit bleiben oder ob er pflichtversichert werden wolle. Dieses nur sehr kurze Zeit ausübbare Entscheidungsrecht habe nur dann Sinn und diene nur dann der Verwirklichung des gesetzgeberischen Willens, wenn die bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auszusprechende Befreiung von der Versicherungspflicht bei einem Wechsel in ein anderes Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich weitergelte. Das sei auch dann der Fall, wenn der Angestellte bei mindestens gleichbleibendem Einkommen aus einem nichtknappschaftlichen Betrieb in einen knappschaftlichen Betrieb hinüberwechsele. Die Interessenlage eines solchen Angestellten sei nicht anders als die eines Angestellten, der sein altes Beschäftigungsverhältnis fortführe oder zwischen zwei nichtknappschaftlichen Betriebe wechsele.
Es sei nicht gesetzeskonform, die Wirkung einer ordnungsmäßig ausgesprochenen Befreiung so einzuschränken, wie es die Beklagte tun wolle. Ein Angestellter, der erhebliche, im Regelfall laufende finanzielle Verpflichtungen auf sich genommen habe, um seine Befreiung von der Versicherungspflicht zu erwirken, müsse darauf vertrauen können, daß die berechtigt ausgesprochene Befreiung wirksam bleibe, solange die Gründe fortbestehen, die den Gesetzgeber veranlaßt haben, ihn aus der staatlichen Vorsorge zu entlassen.
Welcher Versicherungsträger im entscheidenden Zeitpunkt für die "Feststellung" der Befreiung zuständig gewesen sei und welche Jahresarbeitsverdienstgrenze für die Befreiung maßgebend gewesen sei, müsse bei dieser Absicht des Gesetzgebers und dem zu fordernden Vertrauensschutz für den einmal befreiten Angestellten von untergeordneter Bedeutung bleiben. Der Wille des Gesetzgebers werde am besten dadurch verwirklicht, daß die durch die BfA ausgesprochene Befreiung grundsätzlich in Kraft bleibe, der knappschaftliche Rentenversicherungsträger aber eine Anpassung des Versicherungsvertrages (Art. 2 § 1 KnVNG) an die Beitragsbestimmungen des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) verlangen könne.
Für diese mit dem Gesetz vereinbare Lösung spreche auch der Umstand, daß die gesetzliche Rentenversicherung trotz ihrer Gliederung in verschiedene Versicherungszweige eine Einheit sei. Es komme nicht darauf an, ob der von der BfA befreite nichtknappschaftliche Angestellte noch im Jahre 1957 oder erst später in einen knappschaftlichen Betrieb übergewechselt sei, und ebensowenig darauf, ob er vor dem 1. Januar 1957 einen Verdienst erzielt habe, der auch über der Versicherungspflichtgrenze für die knappschaftliche Rentenversicherung gelegen habe.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Revision eingelegt. Sie ist der Auffassung, daß die von der BfA ausgesprochene Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten nicht für dessen Beschäftigungsverhältnis in dem knappschaftlichen Betrieb gelte. Das Berufungsgericht habe übersehen, daß die Vorschriften des Art. 2 § 1 AnVNG nur eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten zulassen. Eine Ausdehnung dieser Befreiung auf die knappschaftliche Rentenversicherung sei mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung nicht möglich.
Die Vorschriften des Art. 2 § 1 AnVNG und des Art. 2 § 1 KnVNG unterschieden sich einmal in dem Stichtag, bis zu dem entweder das 50. Lebensjahr vollendet oder aber ein entsprechender Versicherungsvertrag abgeschlossen sein mußte (= 31. August bzw. 30. September 1957), und in der Höhe des Mindestbeitrages, der für eine befreiende Lebensversicherung aufzuwenden war. Während für eine befreiende Lebensversicherung in der Rentenversicherung der Angestellten ein Mindestbeitrag von DM 105,- monatlich ausreichte, sei für die knappschaftliche Rentenversicherung ein Mindestbeitrag von DM 235,- monatlich für eine befreiende Lebensversicherung erforderlich gewesen.
Auch sprächen die unterschiedlichen sozialpolitischen Ziele, die der Gesetzgeber bei der Regelung der Rentenversicherung der Angestellten und der knappschaftlichen Rentenversicherung im Auge gehabe hat, gegen die Anerkennung des Befreiungsbescheides der BfA durch die Beklagte. Diese unterschiedlichen Ziele kämen insbesondere darin zum Ausdruck, daß im Bereich der knappschaftlichen Rentenversicherung die Versicherungspflicht nur dort durch die Höhe des Einkommens begrenzt werde, wo die Betreffenden eine Stellung mit Arbeitgeberfunktionen einnähmen (§ 1 Abs. 2 b RKG). In der Rentenversicherung der Angestellten sei dagegen die Jahresarbeitsverdienstgrenze insoweit nicht begrenzt.
Zudem handele es sich bei den in Art. 2 § 1 KnVNG genannten Fristen um Ausschlußfristen, so daß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung nicht in Betracht komme.
Vor allem hätte eine den Erfordernissen des Art. 2 § 1 KnVNG entsprechende Lebensversicherung bis zum 31. August 1957 abgeschlossen sein müssen, um eine befreiende Wirkung im Sinne des Art. 2 § 1 KnVNG auszulösen. Die nachträgliche Aufstockung einer nach Art. 2 § 1 AnVNG ausreichenden Lebensversicherung auf die in Art. 2 § 1 KnVNG geforderte Höhe sei gesetzlich nicht vorgesehen und im Hinblick auf die in dieser Vorschrift enthaltene Ausschlußfrist nach dem 31. August 1957 nicht zulässig.
Die Auffassung des LSG, daß die Praxis der Beklagten zu unzumutbaren finanziellen Belastungen der betroffenen Angestellten führen müsse, sei ebenfalls nicht zutreffend. Das LSG übersehe, daß die Rentenanwartschaften in der knappschaftlichen Rentenversicherung wesentlich günstiger sind als in der Rentenversicherung der Angestellten, so daß insoweit ein erhöhter finanzieller Aufwand regelmäßig höhere Leistungen zur Folge habe.
Schließlich könne der Kläger aber auch nicht besser gestellt werden als solche Personen, die in der Absicht, nie in ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis einzutreten, einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen haben und nach dem 31. Dezember 1957 aus irgendwelchen Gründen gezwungen werden, doch ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen. Auch hier ergebe sich u. U. eine doppelte finanzielle Belastung.
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20. März 1959 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Der Kläger ist zwar, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, an sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 RKG knappschaftlich versicherungspflichtig, da er als Arbeitnehmer gegen Entgelt in einem knappschaftlichen Betrieb beschäftigt ist, ohne zu den Personen zu gehören, die nach Abs. 2 dieser Vorschrift ausnahmsweise versicherungsfrei sind. Auch hat er keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach Art. 2 § 1 KnVNG. Abgesehen davon, daß er vor dem 1. Januar 1957 überhaupt nicht in einem knappschaftlichen Betrieb beschäftigt war und daher schon aus diesem Grunde ein Fall der Versicherungsfreiheit in der Knappschaftsversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht gegeben sein kann, ist er auch nicht nach § 1 RKG zum 1. Januar 1957 knappschaftlich versicherungspflichtig geworden, weil er erst am 1. Dezember 1957 in einen knappschaftlichen Betrieb eingetreten ist. Hinzu kommt, daß er weder bis zum 31. August 1957 das 50. Lebensjahr vollendet noch bis zu diesem Zeitpunkt mit einem öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen für sich und seine Hinterbliebenen einen Versicherungsvertrag für den Fall des Todes oder des Erlebens des 65. oder eines niedrigeren Lebensjahres abgeschlossen hat, für den mindestens so viel aufgewendet wird, wie für ihn Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung zu zahlen wären. Zwar hat er einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen, doch nur mit einer Beitragsleistung in Höhe der niedrigeren AV-Beiträge. Zweifelhaft ist auch, ob in dem Schreiben der neuen Arbeitgeberin des Klägers an die Beklagte vom 5. Dezember 1957 ein Befreiungsantrag erblickt werden kann, so daß auch zweifelhaft ist, ob die Antragsfrist des Art. 2 § 1 Abs. 2 KnVNG - 31. Dezember 1957 - eingehalten ist. Die Voraussetzungen für die Befreiung von der knappschaftlichen Versicherungspflicht nach Art. 2 § 1 KnVNG sind daher nicht erfüllt. Dies hat das Berufungsgericht nicht verkannt.
Andererseits ist der Kläger durch die BfA am 13. Juli 1957 nach Art. 2 § 1 AnVNG für die Zeit ab 1. März 1957 von der Angestelltenversicherungspflicht befreit worden, weil er die Voraussetzungen dieser Befreiungsvorschrift erfüllt, insbesondere einen Lebensversicherungsvertrag mit einem privaten Vorsicherungsunternehmen für sich und seine Hinterbliebenen für den Fall des Todes und des Erlebens des 65. Lebensjahres oder eines niedrigeren Lebensjahres abgeschlossen hat, für den Beiträge in Höhe der AV-Beiträge aufzuwenden sind. Diese Befreiung gilt an sich nur für die Rentenversicherung der Angestellten, da die BfA nur für ihren Bereich wirksam eine Befreiung ausgesprochen hat und auch nur aussprechen konnte.
Auch das hat das Berufungsgericht richtig erkannt. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn durch eine Wanderversicherungsvorschrift (im weiteren Sinne) die Wirkung dieser von der BfA ausgesprochenen Befreiung bei einem Wechsel des Angestellten von der AV zur KnV auch für den Bereich der KnV angeordnet wäre. Weder das AnVNG noch das KnVNG enthalten jedoch eine solche Wanderversicherungsvorschrift. Das AVG und das RKG enthalten zwar eine Reihe von ähnlichen Wanderversicherungsvorschriften, insbesondere auch Vorschriften über die Frage, wie sich eine Befreiung von der Versicherungspflicht in einem Versicherungszweig auf den anderen Versicherungszweig auswirkt, jedoch sind andere Tatbestände geregelt als in Art. 2 § 1 KnVNG und Art. 2 § 1 AnVNG. Insbesondere gilt die in § 1 Abs. 4 RKG getroffene Regelung nur für Befreiungen nach "diesem Gesetz", d. h. nach dem RKG, also nicht für Befreiungen nach Art. 2 § 1 KnVNG oder Art. 2 § 1 AnVNG.
Der erkennende Senat ist allerdings der Auffassung, daß im KnVNG und im AnVNG nicht etwa bewußt der Erlaß einer solchen Wanderversicherungsvorschrift unterblieben ist, um die Ausdehnung einer durch die BfA ausgesprochenen Befreiung auf den Bereich der knappschaftlichen Versicherung auszuschließen. Der Umstand, daß der Gesetzgeber in der Regel die bei Wechsel des Versicherungszweiges auftretenden Schwierigkeiten durch Erlaß von Wanderversicherungsvorschriften auszugleichen sucht, spricht vielmehr für die Annahme, daß er auch für die Fälle vorliegender Art nicht bewußt eine solche Regelung unterlassen hat. Bestätigt wird diese Annahme durch den Umstand, daß in Art. 2 § 1 KnVNG ganz offensichtlich unabsichtlich unterlassen worden ist, die Ausdehnung der Wirkung einer durch eine Knappschaft ausgesprochenen Befreiung von der knappschaftlichen Versicherungspflicht auf den Bereich der übrigen Knappschaften anzuordnen. Auch die einzelne Knappschaft kann nämlich eine Befreiung nur für ihren Bereich aussprechen, da ein Versicherungsträger rechtlich nur in der Lage ist, Verwaltungsakte mit Wirkung für den eigenen Zuständigkeitsbereich zu erlassen. Es kann aber kein Zweifel darüber bestehen, daß der Gesetzgeber die von einer Knappschaft ausgesprochene Befreiung von der knappschaftlichen Versicherungspflicht auch bei einem Wechsel der Knappschaft weiterwirken lassen wollte. Steht aber fest, daß vergessen worden ist, eine solche Regelung zu treffen, so kann man annehmen, daß auch die weitergehende, den Wechsel des Versicherungszweiges betreffende Regelung nur versehentlich unterblieben ist. Es bestehen daher keine Bedenken gegen die Annahme einer durch die Gerichte zu schließenden Gesetzeslücke.
Es besteht Grund zu der Annahme, daß der Gesetzgeber, hätte er die Regelungsbedürftigkeit dieser Frage erkannt, diese dahingehend geregelt hätte, daß die von der BfA ausgesprochene Befreiung von der Angestelltenversicherungspflicht bei einem Wechsel des Versicherungszweiges auch für die knappschaftliche Versicherungspflicht gilt. Denn nur diese Regelung entspricht der allgemeinen Tendenz des Gesetzgebers, beim Wechsel des Versicherungszweiges auftretende Schwierigkeiten möglichst zu vermeiden. Eine solche Lösung bietet sich um so mehr an, als aus Art. 2 § 1 KnVNG und aus Art. 2 § 1 AnVNG entnommen werden kann, daß eine Befreiung von der Versicherungspflicht auf die Dauer gelten soll, also nicht nur für die Dauer des zur Zeit der Befreiung bestehenden Beschäftigungsverhältnisses, sondern darüber hinaus für das weitere Berufsleben des Versicherten überhaupt (Jantz/Zweng, Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, 1. Aufl. Anm. III zu Art. 2 § 1 AnVNG). Dieser Grundgedanke des Gesetzes hat aber nicht nur dann Bedeutung, wenn es sich um einen Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses ohne Wechsel des Versicherungsträgers oder zumindest des Versicherungszweiges handelt, sondern ebenso, wenn ein Wechsel des Versicherungszweiges eintritt. Zudem entspricht nur eine solche Lösung der bestehenden Interessenlage. Wenn das Gesetz dem Versicherten Anlaß gibt, auf die Möglichkeit einer Versicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung zugunsten eines Lebensversicherungsvertrages zu verzichten, so muß auch sichergestellt sein, daß der Betroffene für die weitere Dauer seines Arbeitslebens die einmal gewählte Art der Sicherung beibehalten kann. Dies gilt um so mehr, als er andernfalls gezwungen wäre, nicht nur die Beiträge für den Lebensversicherungsvertrag, sondern gleichzeitig auch den Arbeitnehmeranteil der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen oder zumindest unzumutbare Vermögensverluste bei Änderung des Lebensversicherungsvertrages hinzunehmen. Es ist zwar richtig, daß anläßlich der Beratungen des KnVNG und des AnVNG und insbesondere später auch bei der Beratung des Gesetzes zur Beseitigung von Härten in den gesetzlichen Rentenversicherungen und zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften vom 9. Juni 1965 (BGBl. I S 476) - Rentenversicherungs-Änderungsgesetz (RVÄndG) -, durch welches die Versicherungspflichtgrenzen erneut erhöht wurden, die Frage des Erlasses einer solchen Vorschrift erörtert worden ist. Aus dem Umstand, daß eine entsprechende gesetzliche Regelung dennoch unterblieben ist, kann jedoch nicht geschlossen werden, daß überhaupt eine solche Regelung bewußt unterblieben ist. Vielmehr bestanden nur Bedenken gegen eine Regelung, bei welcher die unterschiedliche Höhe der Beiträge zur AnV und zur KnV unberücksichtigt bleibt und gegen eine Regelung, bei welcher nicht sichergestellt ist, daß nur solche Personen begünstigt sind, die durch die gesetzliche Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze aufgrund der Vorschriften des AnVNG, des KnVNG bzw. des RVÄndG versicherungspflichtig geworden und durch das Gesetz veranlaßt worden sind, die Wahl zwischen privater und öffentlicher Versicherung zu treffen. Das Berufungsgericht hat bei seiner Entscheidung die unterschiedliche Höhe der Beiträge zur KnV und zur AnV berücksichtigt und die von der BfA ausgesprochene Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung für die zuständige Knappschaft nur für den Fall gelten lassen, daß die Beiträge zur Lebensversicherung des Klägers entsprechend der Höhe der knappschaftlichen Versicherungsbeiträge aufgestockt werden. Zudem besteht bei dieser Lösung nicht die Gefahr, daß andere Personengruppen in den Genuß einer solchen Regelung kommen. Sie erfaßt nämlich nur die Fälle, in welchen der Betroffene von dem zuständigen Versicherungsträger auf Grund des Art. 2 § 1 KnVNG oder des Art. 2 § 1 AnVNG von der Versicherungspflicht befreit worden ist, nachdem er vor dem 1. Januar 1957 versicherungsfrei war und mit dem 1. Januar 1957 an sich versicherungspflichtig geworden ist. Denn es handelt sich nur um die Frage der Ausdehnung der Wirkung eines solchen Verwaltungsaktes auf den Bereich von Versicherungsträgern eines anderen Versicherungszweiges; nur in diesen Fällen besteht ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen, daß er bei einem Wechsel des Versicherungszweiges auch in dem neuen Versicherungszweig von der Versicherungspflicht befreit bleibt.
Der Betroffene muß die Prämien seines Lebensversicherungsvertrages rückwirkend auf den Zeitpunkt des Beginns des knappschaftlichen Beschäftigungsverhältnisses auf die Höhe der für den ersten knappschaftlichen Beschäftigungszeitraum an sich in Frage kommenden knappschaftlichen Versicherungsbeiträge aufstocken.
Da sich das angefochtene Urteil somit als zutreffend erweist, ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen