Leitsatz (amtlich)
1. Zur Auslegung des Begriffs "Unterbringung in Anstaltspflege iS des THG § 23" (RVO § 1244a Abs 7 S 3 - Anschluß an BSG 1968-01-31 12 RJ 620/64 = SozR Nr 8 zu § 1244a RVO, Leitsatz 2).
2. Zur Frage, welche Kosten im einzelnen den Rentenversicherungsträger nach RVO § 1244a Abs 1 und 3 treffen, wenn der zur Gewährung von Heilbehandlung wegen Tuberkulose Berechtigte gleichzeitig wegen Geisteskrankheit in Anstaltspflege als Selbstzahler untergebracht ist.
Normenkette
RVO § 1237 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23, Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, § 1244a Abs. 7 S. 3 Fassung: 1959-07-23, Abs. 1 Fassung: 1959-07-23, Abs. 3 Fassung: 1959-07-23; TbcG § 23
Tenor
Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 8. Mai 1964 wird aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
Der Kläger bezieht seit 1953 wegen seiner Lungentuberkulose (Lungen-Tbc) von der beklagten Landesversicherungsanstalt Invaliden- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente, außerdem von der See-Berufsgenossenschaft eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. Am 3. Mai 1957 wurde er auf Veranlassung des Gesundheitsamtes der Stadt K in der Psychiatrischen Tbc-Abteilung des Landeskrankenhauses H untergebracht. Die Maßnahme wurde wegen der Behandlungsbedürftigkeit der damals offenen Lungen-Tbc und wegen Schizophrenie des Klägers vom Amtsgericht für zulässig erklärt (Art. 104 des Grundgesetzes, §§ 14, 15 des preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes). Am 1. April 1959 wurde der Kläger wegen Geisteskrankheit entmündigt.
Die Kosten für seine Unterbringung hatte zunächst die Beklagte getragen. Mit Schreiben vom 24. November 1959 an das Landeskrankenhaus lehnte sie jedoch unter Hinweis auf das Gesetz über die Tuberkulosehilfe - THG - vom 23. Juli 1959 weitere Zahlungen ab. Daraufhin übernahm der beigeladene Träger der Sozialhilfe mit Wirkung vom 1. Oktober 1959 die Anstaltskosten im Rahmen der Fürsorge für Geisteskranke, außerdem die Mehrkosten der Tbc-Heilbehandlung. Deshalb erfüllte die Beklagte einen Ersatzanspruch des Beigeladenen durch Auskehrung einer für den Kläger bestimmten Rentennachzahlung; die restlichen Anstaltskosten beglich der Vormund des Klägers aus dessen Vermögen und Renteneinkünften.
Nachdem der Kläger am 30. März 1960 in die allgemeine Psychiatrische Abteilung des Landeskrankenhauses verlegt worden war, mußte er am 9. August 1961 wegen Verschlechterung der Lungen-Tbc wieder in die Psychiatrische Tbc-Abteilung überwechseln. Daraufhin beantragte sein Vormund bei der Beklagten, die Heilbehandlungskosten über den 30. September 1959 hinaus zu übernehmen. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 26. Oktober 1961 mit der Begründung ab, heilbehandlungspflichtig sei der Beigeladene, weil der Kläger wegen Geisteskrankheit auf öffentliche Kosten untergebracht sei (§ 1244 a Abs. 7 Satz 3 der Reichsversicherungsordnung - RVO -, § 23 Abs. 1 THG).
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für seine Unterbringung im Landeskrankenhaus H vom 9. August 1961 an zu übernehmen. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat die Klage durch Urteil vom 25. Juni 1962 abgewiesen. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Beigeladenen hin am 8. Mai 1964 das erstinstanzliche Urteil und den angefochtenen Bescheid aufgehoben; es hat die Beklagte verurteilt, "dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen, durch den ihm ab 9. August 1961 stationäre Tbc-Heilbehandlung im Landeskrankenhaus H gewährt wird." Zur Begründung hat es ausgeführt: Es könne unentschieden bleiben, ob die - nur dem Landeskrankenhaus H mitgeteilte - "Entscheidung" der Beklagten vom 24. November 1959, daß sie weitere Heilbehandlungskosten für den Kläger nicht mehr übernehme, diesem und dem Beigeladenen gegenüber nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindend geworden sei. Die Beklagte habe nämlich mit ihrem Bescheid vom 26. Oktober 1961 eine neue sachliche Regelung getroffen.
Bei der gerichtlichen Überprüfung dieses Bescheides komme es daher nur auf das materielle Recht an, und zwar nur für die Zeit vom 9. August 1961 an, weil sich der Kläger hierauf beschränkt habe. - Der Kläger habe als ein an aktiver behandlungsbedürftiger Tbc erkrankter Rentner einen Anspruch gegen die Beklagte auf stationäre Heilbehandlung nach § 1244 a Abs. 1 und 3 RVO. Der Anspruch entfalle nicht nach Abs. 7 Satz 3 dieser Vorschrift wegen "Unterbringung in Anstaltspflege im Sinne des § 23 THG" (bzw. des seit dem 1. Juni 1962 an dessen Stelle getretenen § 130 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG -). Dieses Merkmal, bei dessen Vorliegen die Verpflichtung zur Heilbehandlung auch wegen Tbc auf den für die Anstaltsunterbringung zuständigen Kostenträger abgewälzt werde, setze eine Unterbringung "auf öffentliche Kosten" voraus. Der Kläger sei aber nur bis zum 31. März 1960 auf öffentliche Kosten untergebracht gewesen; später habe er die Kosten selbst getragen, jedenfalls bis Ende April 1962. Eine Änderung sei auch im Mai 1962 - nach Verbrauch der eigenen Mittel des Klägers - nicht eingetreten. Für die Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit sei nämlich der im Streit befangene Anspruch mit zu berücksichtigen. Im Hinblick auf diesen Anspruch sei der Kläger nur dem Scheine nach hilfsbedürftig gewesen. Wenn auch die Hilfsbedürftigkeit im allgemeinen nach den tatsächlichen Verhältnissen ohne Rücksicht auf bestehende, aber noch nicht realisierte Rechtsansprüche zu beurteilen sei, so müsse für den Anspruch auf Tbc-Heilbehandlung etwas anderes gelten, weil sonst der Versicherungsträger aus einer vorläufigen Verweigerung der Behandlung Vorteile ziehen könnte. Ein nur begrenzt zahlungsunfähiger Versicherter - wie hier der Kläger - würde beim Ausbleiben der Kostenübernahme durch den Rentenversicherungsträger sehr bald hilfsbedürftig werden, während er anderenfalls seine Mittel nicht einzusetzen brauchte und damit Selbstzahler bliebe. Hiernach sei der Kläger vom 9. August 1961 bis zur Beendigung der Tbc-Heilbehandlung nicht hilfsbedürftig gewesen. - Die Ansicht der Beklagten, daß die Anstaltsunterbringung von Geisteskranken aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, wie sich aus § 21 b der Verordnung über die Fürsorgepflicht ergebe, grundsätzlich auf öffentliche Kosten erfolge, sei unrichtig. Die angeführte Vorschrift regele nur das Verhältnis zwischen öffentlicher Fürsorge und Polizei als Kostenträger, berühre aber nicht die Verpflichtung Dritter, zB eines Versicherungsträgers; sie mache die Kostenpflicht der öffentlichen Fürsorge wiederum von der Hilfsbedürftigkeit des Geisteskranken abhängig. - Allerdings könne auch bei in Anstaltspflege untergebrachten geisteskranken Rentnern die stationäre Behandlung der Tbc nur deshalb notwendig sein, weil wegen der Geisteskrankheit die Unterbringung in der Anstalt erforderlich sei, während beim Nichtvorliegen von Geisteskrankheit die Behandlung der Tbc ambulant und deshalb mit geringeren Kosten erfolgen könnte; auch habe der Rentenversicherungsträger unter Umständen keine oder nur eine geringe Möglichkeit, Art und Umfang der stationären Tbc-Heilbehandlung in der Anstalt zu beeinflussen. Gleichwohl sei es auch in solchen Fällen gerechtfertigt, daß der Rentenversicherungsträger den geisteskranken Rentnern die Tbc-Heilbehandlung gewähre, weil anderenfalls die Geisteskranken, welche die infolge ihrer Unterbringung wegen Geisteskrankheit entstehenden Kosten und die Mehrkosten der stationären Tbc-Heilbehandlung zu zahlen in der Lage seien und tatsächlich bezahlten, auch diese Mehrkosten selbst tragen müßten. Damit stünden sie sich aber schlechter als nicht geisteskranke Rentner, die an aktiver stationär behandlungsbedürftiger Tbc erkrankt seien und deshalb nach § 1244 a Abs. 1 und 3 RVO ohne Rücksicht auf ihre Vermögenslage gegen den Rentenversicherungsträger Anspruch auf stationäre Heilbehandlung hätten. Der Grundsatz, daß der Rentenversicherungsträger nach § 1244 a Abs. 1 und 3 RVO Rentnern ohne Rücksicht auf ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Tbc-Heilbehandlung gewähren müsse, habe im Vergleich zu den erwähnten Nachteilen für den Rentenversicherungsträger das größere Gewicht.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat das Rechtsmittel eingelegt. Zu seiner Begründung hat sie zunächst ausgeführt: Nach § 1244 a Abs. 7 Satz 3 RVO seien alle in Anstaltspflege gemäß § 23 THG untergebrachten Personen - nicht nur die "auf öffentliche Kosten" untergebrachten - von einem Anspruch gegen den Träger der Rentenversicherung ausgeschlossen. Abgesehen davon liege eine Unterbringung auf öffentliche Kosten immer dann vor, wenn die Einweisung in eine Heilanstalt von einem öffentlichen Kostenträger ausgehe, der sich zur Kostentragung von vornherein verpflichte ohne Rücksicht darauf, ob er später für die von ihm getragenen Kosten eine Deckung vom Untergebrachten erhalte. - Nachdem der 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) diese Rechtsauffassung in seinem Urteil vom 31. Januar 1968 (SozR Nr. 8 zu § 1244 a RVO) nicht gebilligt hat, hat die Beklagte sich im wesentlichen auf den Boden dieser Entscheidung gestellt und weiter ausgeführt: Das angefochtene Urteil des LSG stehe schon insofern nicht im Einklang mit der Entscheidung des BSG vom 31. Januar 1968, als es schlechthin zur Gewährung von stationärer Tbc-Heilbehandlung verurteilt habe, also ohne Rücksicht darauf, ob beim Nichtvorliegen der Geisteskrankheit die Behandlung ambulant erfolgen könnte, und ohne Rücksicht darauf, daß sie - die Beklagte - keine Möglichkeit habe, Art und Umfang der stationären Tbc-Heilbehandlung zu beeinflussen. Ihr dürften nur die besonderen, auf die Bekämpfung der Tbc gerichteten medizinischen Maßnahmen angelastet werden, soweit sie durchführbar, zweckmäßig und erfolgversprechend seien. Die Grundkosten, die sich aus der Unterbringung in der geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses ergäben, gehörten nicht dazu. - Für die Zeit vom 1. Mai 1962 an sei sie - die Beklagte - überhaupt nicht mehr leistungspflichtig, weil der Kläger seitdem, wie das LSG festgestellt habe, nicht mehr imstande sei, die Kosten des Anstaltsaufenthalts aus eigenen Mitteln zu bestreiten, also nunmehr "auf öffentliche Kosten" untergebracht sei. Die vom LSG befürchtete Manipulierbarkeit der Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers bestehe nicht. Sie sei auch nicht nach § 27 Abs. 3 THG weiter zuständig. Zwar bleibe regelmäßig die bisherige Zuständigkeit bei einer Änderung der - nach der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit - die Zuständigkeit begründenden Umstände bis zur Beendigung der Heilbehandlung bestehen; das gelte aber nicht im Falle des § 23 THG.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 8. Mai 1964 mit der Maßgabe aufzuheben, daß
1. für die Zeit bis zum 30. April 1962 nur die aussonderungsfähigen, auf die Behandlung der Tbc gerichteten durchführbaren, zweckmäßigen und erfolgversprechenden medizinischen Maßnahmen zu gewähren bzw. für die gewährten Maßnahmen die Kosten zu tragen sind und
2. für die Zeit vom 1. Mai 1962 an der Anspruch auf Heilbehandlung nach § 1244 a Abs. 3 RVO entfällt.
Hilfsweise beantragt sie,
die Streitsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Beigeladene beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er führt aus: Das Urteil des BSG vom 31. Januar 1968 stehe dem angefochtenen Urteil des LSG nicht entgegen. Zwar habe der Träger der Rentenversicherung nur die wegen der Tbc zu gewährenden Heilbehandlungsmaßnahmen zu finanzieren; das besage jedoch nicht, daß die stationäre Unterbringung nicht auch wegen der Tbc erforderlich sei und deshalb gewährt werden müsse. Das LSG habe festgestellt, daß der Kläger am 9. August 1961 wegen Verschlechterung seiner Lungen-Tbc auf die Psychiatrische Tbc-Abteilung zurückverlegt worden sei, "um die notwendig gewordene stationäre Heilbehandlung durchzuführen". - Das LSG habe nicht entschieden, für welchen Zeitraum die Beklagte die Kosten der stationären Tbc-Heilbehandlung zu übernehmen habe. Es sei ihr also unbenommen, im Rahmen des zu erlassenden neuen Bescheides zu prüfen, bis zu welchem Zeitpunkt stationäre Tbc-Heilbehandlung notwendig gewesen sei. Für den späteren Zeitraum, in dem eine Unterbringung des Klägers wegen der Tbc nicht erforderlich gewesen wäre, die Unterbringung vielmehr überwiegend wegen seiner Geisteskrankheit erfolgt sei, habe die Beklagte lediglich die durch die weitere Tbc-Heilbehandlung erforderlichen zusätzlichen Kosten zu tragen. - Auch der von der Beklagten angestrebten Begrenzung ihrer Leistungspflicht bis zum 30. April 1962 sei nicht stattzugeben. Das LSG habe nicht festgestellt, daß von Mai 1962 an Hilfsbedürftigkeit bestanden habe; es habe lediglich den Bericht des Vormundes wiedergegeben. Dem Tatbestand des Berufungsurteils sei eher zu entnehmen, daß der Kläger über den 30. April 1962 hinaus leistungspflichtig gewesen wäre, wenn die Beklagte ihren Verpflichtungen nachgekommen wäre.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten.
Die Revision ist zulässig und insofern begründet, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Streitsache an das LSG führt.
Die Klage scheitert nicht daran, daß die Mitteilung über die Zahlungseinstellung der Beklagten vom 24. November 1959, wie das SG angenommen hat, zwischen den Beteiligten bindend geworden sei. In diesem Schreiben liegt kein ihre versicherungsrechtlichen Beziehungen zu dem Kläger regelnder Verwaltungsakt der Beklagten. Es ist an das Landeskrankenhaus gerichtet und besagt lediglich, daß die für den Kläger übernommene Kostenbürgschaft vom 1. Oktober 1959 an als hinfällig betrachtet werde; es ist weder dem in ihm als möglicherweise leistungspflichtig erwähnten Landeswohlfahrtsamt noch dem Kläger zugestellt worden. Die Beklagte beruft sich auch nicht darauf, daß der Kläger wegen bindender Regelung seiner Kostenangelegenheit einen Anspruch aus § 1244 a Abs. 1 und 3 RVO nicht mehr geltend machen könne. Einer sachlichen Prüfung des Klageanspruchs steht somit nichts im Wege.
Das LSG ist zutreffend von § 1244 a Abs. 1 und 3 RVO als Klagegrundlage ausgegangen. Danach hat der Kläger, weil er am 9. August 1961 - dem Beginn des Zeitraums, auf den sich der Klageanspruch erstreckt - als Rentner an aktiver behandlungsbedürftiger Tbc erkrankt war, grundsätzlich einen Anspruch auf Heilbehandlung gegen die Beklagte. Diesem Anspruch stand - jedenfalls im August 1961 - nicht die Vorschrift des § 1244 a Abs. 7 Satz 3 RVO entgegen, wonach ua bei Unterbringung in Anstaltspflege i. S. des § 23 THG der Anspruch auf Heilbehandlung gegen den Träger der Rentenversicherung entfällt. Die Verweisung auf § 23 THG - seit 1. Juni 1962: § 130 BSHG - umfaßt auch das darin enthaltene Tatbestandsmerkmal "auf öffentliche Kosten". Dies ergibt sich, wie der 12. Senat in seinem Urteil vom 31. Januar 1968 entschieden hat und die Beteiligten des gegenwärtigen Verfahrens seitdem nicht mehr in Zweifel ziehen, aus dem Wortlaut, Sinn und Zweck der Vorschrift. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung nach eigener Prüfung an. Hiernach bleibt einem als Selbstzahler in Anstaltspflege untergebrachten Tbc-Kranken der Anspruch auf Heilbehandlung gegen den Träger der Rentenversicherung erhalten.
In dem vom Klageanspruch umfaßten ersten Zeitabschnitt - 9. August 1961 bis 30. April 1962 - war der Kläger - nach den vom LSG getroffenen Feststellungen - nicht auf öffentliche Kosten im Landeskrankenhaus untergebracht, vielmehr sind die Unterbringungskosten für diese Zeit aus seinen eigenen Mitteln gedeckt worden. Demnach ist die Beklagte insoweit dem Grunde nach kostentragungspflichtig. Sie erkennt dies jetzt auch an, wie ihrem letzten Prozeßantrag zu entnehmen ist.
In der Frage, welchen Teil der Heilbehandlung der Rentenversicherungsträger zu gewähren bzw. welche Kosten im einzelnen er zu tragen hat, wenn der Tuberkulosekranke gleichzeitig wegen Geisteskrankheit in Anstaltspflege als Selbstzahler untergebracht ist, ist von § 1244 a Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 1237 Abs. 1 und 2 RVO auszugehen. Danach hat der an aktiver behandlungsbedürftiger Tbc erkrankte Berechtigte Anspruch auf Heilbehandlung "wegen dieser Erkrankung", wobei die Heilbehandlung "alle erforderlichen medizinischen Maßnahmen, insbesondere Behandlung in Kur- und Badeorten und in Spezialanstalten" umfaßt. Durch die gleichzeitig bestehende Geisteskrankheit wird, wie bereits der 12. Senat in seinem Urteil ausgeführt hat, der Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger weder eingeschränkt noch erweitert. Sollte daher die Tbc des Klägers während der ganzen Zeit vom 9. August 1961 bis 30. April 1962 eine stationäre Heilbehandlung erfordert haben, so ist die Beklagte in Höhe der gesamten Unterbringungs- und Behandlungskosten im Landeskrankenhaus leistungspflichtig, es sei denn, daß die Kosten einer stationären bloßen Tbc-Heilbehandlung hinter den tatsächlich entstandenen Gesamtkosten - einschließlich der Unterbringung wegen Geisteskrankheit - zurückbleiben; die mögliche Differenz geht nicht zu Lasten der Beklagten. Hätte die Tbc des Klägers, wenn er nicht wegen Geisteskrankheit unterbringungsbedürftig gewesen wäre, zeitweise nur eine ambulante, in der Regel nur mit geringeren Kosten verbundene Behandlung erfordert, dann wäre die Beklagte nur in Höhe dieser - hypothetischen - Kosten leistungspflichtig, sofern nicht gar ein Ruhen des Anspruchs auf Heilbehandlung nach § 1244 a Abs. 3 Satz 2 RVO wegen eines gleichzeitigen Anspruchs auf Krankenpflege gegen einen Träger der sozialen Krankenversicherung in Betracht kommt.
Weil das angefochtene Urteil keine ausreichenden Feststellungen über die Art und das Ausmaß der notwendigen Behandlung des Klägers wegen der Tbc und auch über die Höhe der durch sie verursachten Kosten - im Verhältnis zu den gesamten Unterbringungskosten im Landeskrankenhaus - enthält, ist die Streitsache noch nicht entscheidungsreif.
Die angeführten Lücken im Sachverhalt betreffen auch den Zeitabschnitt vom 1. Mai 1962 an. Insoweit steht nicht einmal fest, ob der Kläger damals überhaupt noch wegen Tbc behandlungsbedürftig war. Auch ist dem Berufungsurteil nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen, daß der Kläger zu dieser Zeit nicht mehr Selbstzahler sein konnte. Feststellungen in dieser Richtung sind aber zur rechtlichen Beurteilung dieses Zeitabschnitts erforderlich. Wegen der offenen Fragen auf tatsächlichem Gebiet sieht sich der Senat vorerst nicht veranlaßt, dazu Stellung zu nehmen, wie sich der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf die Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit des Klägers auswirken und welche Bedeutung der Zuständigkeitsregelung des § 135 BSHG zukommen kann.
Die weitere Sachaufklärung obliegt dem Tatsachengericht. Deshalb muß unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Streitsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden. Dieses wird in seinem abschließenden Urteil auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen