Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung einer Bechterewschen Krankheit als Folge einer Schädigung
Leitsatz (redaktionell)
Ein Gericht kann nicht selbst ohne Inanspruchnahme eines ärztlichen Gutachters aus eigener Sachkunde über die medizinische Fachfrage entscheiden, ob Einwirkungen einer siebenmonatigen sowjetischen Internierung - allgemeine Belastungen, vorübergehendes Arbeiten im Wasser einer Kohlengrube, das Unterbleiben einer ärztlichen Behandlung der Wirbelsäulenerkrankung und ein Sumpffieber - geeignet sein können, die Widerstandskraft erheblich herabzusetzen und dadurch entsprechend den Richtlinien des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 25.4.1968 und 16.6. 1969 die Bechterewsche Krankheit zu beeinflussen.
Orientierungssatz
Anerkennung einer Bechterew'schen Krankheit als Folge einer Schädigung Dienst eines Zivilangestellten der Kriegsmarine auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers - Grundurteil über Ermessensleistung - Verletzung der Sachaufklärungspflicht als Revisionsbegründung.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 3 S. 2 Fassung: 1964-02-21, § 3 Abs. 1 Buchst. b Fassung: 1950-12-20; SGG §§ 54, 103, 128 Fassung: 1953-09-03, § 130 Fassung: 1953-09-03; BVG § 3 Abs. 2 Fassung: 1950-12-20; SGG § 162 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 29.11.1974; Aktenzeichen L 6 V 59/74) |
SG Speyer (Entscheidung vom 11.02.1974; Aktenzeichen S 8 V 73/73) |
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. November 1974 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Klägerin zu 1. ist die Witwe, die übrigen Kläger sind die Kinder des 1909 geborenen und 1974 während des Berufungsverfahrens verstorbenen Franz K... (K.); sie führen als seine Rechtsnachfolger den Rechtsstreit fort.
K., der deutscher Staatsangehöriger war, beantragte 1966 von Polen aus eine Kriegsrente "wegen anhaltender Folgen einer Erkrankung aus dem militärischen Dienst und einer Internierung". Dazu gab er im einzelnen an: Er sei 1943 als Feinmechaniker dienstverpflichtet worden, habe zum Gefolge der Kriegsmarine gehört, sei am 10. März 1943 in Frankreich verwundet, sodann in Lazaretten behandelt worden und von Februar 1945 bis Oktober 1945 zu Zwangsarbeiten in der Sowjetunion interniert gewesen. Dort habe er in der Kohlengrube im Wasser arbeiten müssen. Nachdem er schon vor der Deportation rheumatisch erkrankt gewesen sei, habe sich die Krankheit in der Internierung verschlimmert.
Nach Krankenpapieren und Röntgenaufnahmen wurde K., der 1942 als zeitlich untauglich und 1944 als arbeitsverwendungsfähig gemustert worden war, 1943 als zivil angestellter Mechaniker von der Kriegsmarinewerft St. Nazaire kommend, in verschiedenen Lazaretten wegen rheumatischer Beschwerden und Veränderungen an der Wirbelsäule behandelt. Aufgrund dieser Unterlagen, einer Äußerung eines polnischen Arztes und einer versorgungsärztlichen Stellungnahme, nach der ein Morbus Bechterew mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v.H. einmalig verschlimmert worden sein soll, bewilligte das Versorgungsamt dem K. eine Teilversorgung (Bescheid vom 2. Oktober 1968). Wegen der Aussiedlung des K. ins Bundesgebiet (1969) kam es nicht zur Auszahlung.
K. berichtete zusätzlich: Er sei von der SA zu einer Ausbildung und zum anschließenden Dienst bei der Kriegsmarine verpflichtet worden und habe eine Uniform getragen. Wegen der Erkrankung habe er in der Internierung nicht arbeiten können. Er habe 1945 Sumpffieber gehabt.
Das Versorgungsamt ließ den Fall von dem Facharzt für Orthopädie Dr. G. und von dem Facharzt für innere Krankheiten Dr. L. begutachten sowie von dem Versorgungsarzt Dr. J. prüfen und lehnte einen Versorgungsanspruch ab, da frühestens nach einer Dienstverpflichtung i.S. des § 3 Abs. 1 Buchstabe k Bundesversorgungsgesetz (BVG), die nur bis Februar 1942 gedauert haben könne, die geltend gemachten Gesundheitsstörungen aufgetreten sein könnten und K. als Zivilangestellter der Kriegsmarine in Frankreich nicht zu dem nach dem BVG versorgungsberechtigten Personenkreis gehört habe (Bescheid vom 12. Januar 1971). Der Widerspruch blieb nach Aufklärungen über das Dienstverhältnis erfolglos (Bescheid vom 15. Februar 1973). Das Sozialgericht (SG) holte eine Stellungnahme vom Bundesarchiv ein. K. erklärte, er habe in der Internierung nicht arbeiten können und sei mit Krücken interniert und entlassen worden. Das SG wies die Klage ab (Urteil vom 11. Februar 1974). Das Landessozialgericht (LSG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben, den Beklagten verurteilt, Morbus Bechterew mit hochgradiger Einengung der Lungenfunktion als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung anzuerkennen, und den Beklagten verpflichtet, den Klägern einen neuen Bescheid über die Gewährung von Kann-Leistung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG zu erteilen (Urteil vom 29. November 1974): Ein Rechtsanspruch auf Anerkennung der Bechterewschen Krankheit als Schädigungsfolge sei nach den drei ärztlichen Begutachtungen nicht gegeben, wohl aber die Voraussetzung für eine Kann-Leistung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG in Verbindung mit den dazu ergangenen Richtlinien. Während der Internierung wegen deutscher Staatsangehörigkeit (§ 1 Abs. 2 Buchstabe c BVG) von etwa sieben Monaten sei K. aufgrund allgemeiner Erfahrung Belastungen ausgesetzt gewesen, die neben genetischen und konstitutionellen Umständen die Bechterewsche Krankheit hätten beeinflussen können. Außerdem hätte K. in dieser Zeit wegen seines schlechten Zustandes ärztlich behandelt werden müssen. Infolge der Wirbelsäulenbeschwerden habe er nicht arbeiten können; dem stehe die Angabe über Arbeiten in einer Kohlengrube nicht entgegen, weil sich bald herausgestellt haben dürfte, daß er dazu nicht imstande gewesen sei. Außerdem habe ein internierungsbedingtes Sumpffieber die Widerstandskraft weiter erheblich herabgesetzt. Diese Einwirkungen der Internierung seien den ungünstigen äußeren Einflüssen an der Atlantikküste, die Dr. G. - ohne Widerspruch durch Dr. L. und Dr. J. als Verschlimmerungsfaktor angesehen habe, mindestens gleichzustellen. Das Gericht könne ausnahmsweise die Anerkennung im Sinne der Verschlimmerung selbst aussprechen, da es ermessensfehlerhaft wäre, dies den Klägern zu versagen. Dagegen lasse sich die Höhe der MdE, die für den internierungsbedingten Verschlimmerungsanteil in Betracht komme, nicht ohne ärztliche Gutachten bestimmen. Die Verwaltung habe, bevor sie einen Bescheid über die Gewährung der Kann-Versorgung erteile, auch zu prüfen, ob der Dienst in St. Nazaire, der nicht auf der Notdienstverordnung vom 15. Oktober 1938 beruht habe, als Zivildienst mit kriegseigentümlichen Gefahren für die Gesundheit verbunden gewesen sei, sich dadurch von den Lebensverhältnissen der Rüstungs- und Werftarbeiter in der Heimat unterschieden habe und deshalb bei der Bemessung der MdE entsprechend dem bereits ärztlich angenommenen Verschlimmerungsanteil zu berücksichtigen sei.
Der Beklagte rügt mit der nicht zugelassenen Revision als wesentliche Verfahrensmängel: Das LSG habe unzulässigerweise die Sache teilweise an die Verwaltung zurückverwiesen, damit diese prüfe und entscheide, ob K. während seiner Tätigkeit bei der Kriegsmarine zu dem nach dem BVG berechtigten Personenkreis gehört habe. Über diese Vorfrage für die Bemessung des Verschlimmerungsanteiles, der auf diese Zeit entfalle, hätte das Berufungsgericht selbst befinden müssen. Auch hätte es den Beklagten nicht zur Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen, mithin eines Rechtsanspruches auf Versorgung verurteilen dürfen, wenn es einen solchen verneine und nur eine Kann-Versorgung zuspreche. Außerdem beruhe die Verpflichtung zur Gewährung einer Kann-Leistung, die nach den Urteilsgründen auf eine Verschlimmerung durch die Internierung in der Sowjetunion beschränkt sei, auf weiteren Verfahrensfehlern: Das Unterbleiben einer notwendigen ärztlichen Behandlung, über das das LSG keine Einzelheiten festgestellt habe, hätte es nicht als zusätzliche Belastung werten dürfen; auch ohne eine Internierung wäre K. nicht erfolgreich behandelt worden. Die notwendige Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen hätte ergeben, daß bis heute unbekannt ist, wie die Bechterewsche Krankheit wenigstens zum Stillstand gebracht werden könne. Das LSG habe mit der Bewertung der Arbeit im Wasser die Grenzen seines Beweiswürdigungsrechtes verletzt. K. sei nicht darüber angehört worden, ob diese frühere Angabe zutreffe. Wenn überhaupt, habe er nur kurz in der Kohlengrube gearbeitet; denn nach seinen anderen Angaben hätte er nicht arbeiten können und sei von Arbeitsleistungen durch eine Ärztin befreit worden.
Eine wesentliche Verschlimmerung durch die Internierungsverhältnisse sei schon deshalb nicht wahrscheinlich, weil K. nach eigenen Angaben mit Krücken in die Haft gekommen und im gleichen Zustand entlassen worden sei. Da dazu keine ausreichend bestimmten Tatsachen festgestellt seien, könne die Verwaltung nicht die ihr auferlegte Pflicht erfüllen, die entsprechende Höhe der MdE festzulegen. Schließlich habe das LSG nicht begründet, warum zusätzlich eine hochgradige Einengung der Lungenfunktion als Schädigungsfolge anzuerkennen sei und warum dafür ebenfalls Kann-Versorgung gewährt werden müsse.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG als unbegründet zurückzuweisen.
hilfsweise,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Nach ihrer Ansicht greifen die Verfahrensrügen nicht durch.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die Revision ist statthaft, weil der Beklagte erfolgreich Verfahrensfehler gerügt hat (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- in der bis zum 31. Dezember 1974 geltenden Fassung - Art. III und VI des Änderungsgesetzes vom 30. Juli 1974 - BGBl I 1625 -; BSG 1, 150). Unter Aufhebung des angefochtenen Urteils ist der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Revision rügt mit Recht als wesentliche Verfahrensmängel eine Verletzung sowohl der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) als des Rechts zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG), soweit das LSG als Voraussetzung für eine Kann-Versorgung (§ 1 Abs. 1 und 3 Satz 2 BVG) Einwirkungen der siebenmonatigen sowjetischen Internierung des K. (§ 1 Abs. 2 Buchstabe c BVG) - die allgemein bekannten Belastungen, vorübergehendes Arbeiten im Wasser in der Kohlengrube, das Unterbleiben einer ärztlichen Behandlung der Wirbelsäulenerkrankung und ein Sumpffieber - als solche gewertet hat, die nach den Richtlinien des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Rundschreiben vom 25. April 1968, Bundesversorgungsblatt 1968, 82; Rundschreiben vom 16. Juni 1969, Bundesversorgungsblatt 1969, 70) geeignet sein konnten, die Widerstandskraft erheblich herabzusetzen und dadurch die Bechterewsche Krankheit zu beeinflussen.
Diese Feststellungen hätte das LSG nicht ohne eine ärztliche Begutachtung treffen dürfen. Eine solche Sachaufklärung hätte sich ihm zwangsläufig aufdrängen müssen, wie die Revision zutreffend dargelegt hat (BSG SozR Nr. 14 zu § 103 SGG). Die vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen befaßten sich nicht mit möglichen Auswirkungen der genannten Art auf die Bechterewsche Krankheit, und aus eigener Sachkunde konnte das LSG die medizinische Fachfrage nicht selbst beurteilen. Damit hat es zugleich die Grenzen seines Rechtes zur freien Beweiswürdigung überschritten (BSG 2, 236; SozR Nr. 33 zu § 103 SGG; Nrn. 61 und 64 zu § 128 SGG). Zwar hatte das LSG von seinem sachlichrechtlichen Standpunkt aus, der für die Beurteilung von Verfahrensfehlern maßgebend ist (BSG 2, 84, 87; SozR Nr. 7 und 40 zu § 103 SGG), nicht im einzelnen über alle Voraussetzungen für das Ausmaß der zu gewährenden Kann-Versorgung zu entscheiden. Trotzdem mußte es - auch nach der eigenen Rechtsauffassung - selbst prüfen, ob die von ihm angenommenen Belastungen der Internierung nach medizinischer Erfahrung als "ätiologische und pathogenetische Noxen" der Bechterewschen Krankheit, über deren Ursache in der medizinischen Wissenschaft allgemein Ungewißheit besteht, überhaupt in Betracht kommen und außerdem die Krankheit mindestens in dem Umfang, der die Gewährung einer Grundrente nach einer MdE von 25 v.H. (§ 31 Abs. 1 BVG) rechtfertigt, auf Dauer über die Zeit nach dem Antrag bis zum Urteil (§ 60 BVG; BSG 38, 168, 172 f. - SozR 3100 § 89 Nr. 1) verschlimmert heben können. Insoweit müssen auch bei der Verpflichtung zu einer Kann-Leistung, die grundsätzlich ins Ermessen der Verwaltung gestellt ist, die Mindestvoraussetzungen für ein Grundurteil entsprechend § 130 SGG (BSG 13, 178 - SozR Nr. 3 zu § 130 SGG; SozR Nr. 4 zu § 130 SGG; Nr. 9 zu § 123 SGG) wie bei einer Verurteilung aufgrund eines Rechtsanspruches (§ 54 Abs. 4 SGG) gegeben sein, erst recht wenn das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß kein Ermessensspielraum für die Verwaltung besteht, d.h. daß die Ablehnung in jedem Fall rechtswidrig wäre (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG), und deshalb ausnahmsweise (BSG SozR Nr. 42 zu § 54 SGG) eine Verurteilung zulässig und geboten ist (BSG 30, 144, 150 = SozR Nr. 1 zu § 185 RVO). Da K. nach den Feststellungen des LSG am Ende seiner Internierung wie schon bei Beginn an Krücken gehen mußte und während der Haft nicht arbeiten konnte, erscheint es höchst fraglich, ob Einwirkungen des Aufenthaltes in der Sowjetunion überhaupt für dauernd die Bechterewsche Krankheit verschlimmert und einen bleibenden Anteil, der einer MdE von mindestens 25 v.H. entspricht, bewirkt haben können. Dies hätte im einzelnen aufgrund medizinischer Erfahrungen mit Hilfe eines Gutachtens geprüft werden müssen. Die vorliegenden ärztlichen Beurteilungen konnte das LSG nicht zum Vergleich heranziehen. Denn in ihnen haben die Ärzte Dr. G..., Dr. L... und Dr. J... ausschließlich erörtert, ob Belastungen der Tätigkeit bei der Kriegsmarine vor 1945 die Bechterewsche Krankheit und eine Lungenerweiterung wahrscheinlich oder wenigstens möglicherweise ursächlich beeinflußt haben; mit der Krankheitsentwicklung ab 1945 haben sie sich überhaupt nicht befaßt.
Auf diesen Verfahrensfehlern beruht das angefochtene Urteil; es ist nicht auszuschließen, daß das LSG nach der notwendigen Anhörung eines medizinischen Sachverständigen anders entschieden hätte.
Da schon diese Verfahrensrügen durchgreifen, brauchen die anderen nicht geprüft zu werden.
Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG). Das Berufungsgericht hat nun die gebotene medizinische Sachaufklärung nachzuholen. Zuvor muß es die in Betracht kommenden Belastungen der Internierung in verfahrensfehlerfreier Weise feststellen. Wenn auch das Tatsachengericht grundsätzlich die Angaben eines Beteiligten verwerten darf, soweit sie glaubhaft sind (§ 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung - VerwVG -; BSG SozR Nr. 56 zu § 128 SGG), so muß das Ergebnis solcher Feststellungen doch widerspruchsfrei und mit allgemeinen Erfahrungen vereinbar sein. Insoweit wird auf die weiteren Verfahrensrügen verwiesen.
Durch den Teilversorgungsbescheid ist nicht rechtsverbindlich über Folgen einer Schädigung durch den Dienst bei der Kriegsmarine und durch die Internierung (§ 1 Abs. 1 und 2 Buchst. c, Abs. 3 Satz 1 BVG) entschieden worden (BSG SozR Nr. 6 zu § 64 BVG). Wenn das LSG weiterhin annimmt, daß ein Rechtsanspruch auf Versorgung (§ 1 Abs. 1 BVG) ausgeschlossen ist, darf es auf keinen Fall die angefochtenen Bescheide insoweit aufheben, als darin ein derartiger Anspruch abgelehnt worden ist. Insoweit und bezüglich des entsprechenden Leistungsantrages müßte die Klageabweisung bestätigt werden. Dann dürfte der Beklagte auch nicht verurteilt werden, die Bechterewsche Krankheit und eine Einengung der Lungenfunktion "als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung anzuerkennen". Eine solche Verpflichtung (§ 54 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2 SGG) oder eine gleichartige Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) setzt voraus, daß eine Gesundheitsstörung als wahrscheinliche Folge einer geschützten Schädigung anerkannt werden muß, um einen Rechtsanspruch auf Versorgung zu begründen (§ 1 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BVG; BSG 6, 87, 89 f; 9, 17, 21 f; 9, 80, 82, 83 f; 12, 25, 26; 14, 59, 61 f; 21, 167, 168, 169 = SozR Nr. 38 zu § 55 SGG). Eine Kann-Leistung wegen einer bestimmten Gesundheitsstörung, über die nach dem Hilfsantrag der Kläger zu entscheiden ist, wird gerade dann gewährt, wenn jene Voraussetzung nicht gegeben ist, sondern allgemein Ungewißheit über den ursächlichen Zusammenhang besteht.
Ob das LSG dadurch, daß es nicht über eine mögliche Einwirkung von Belastungen im Dienst der Kriegsmarine auf die Bechterewsche Krankheit entschieden hat, verfahrensfehlerhaft i.S. des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG aF die Sache unzulässigerweise an die Verwaltung verwiesen hat (BSG 9, 285, 288; SozR Nr. 2 zu § 130 SGG; Nr. 119 zu § 54 SGG; BSG vom 7. August 1975 - 10 RV 313/74 -) oder ob dieser Entscheidungsteil auf einer bestimmten sachlich-rechtlichen Auffassung über die Voraussetzungen der Kann-Leistung beruht, kann dahinstehen. Im weiteren Verfahren hat jedenfalls das Berufungsgericht selbst zu prüfen, ob zusätzlich zu eventuellen Internierungseinwirkungen bestimmte Besonderheiten des Zivildienstes bei der Kriegsmarine, die die Bechterewsche Krankheit anhaltend beeinflußt haben können (vgl. die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. J...) und daher bei der Entscheidung über den Grund der Kann-Leistung nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, unter den Versorgungsschutz des BVG fallen. Allein darüber sind die mit der Klage angefochtenen Bescheide (§§ 54, 95 SGG) ergangen, und das Gericht hat über alle geltend gemachten "Ansprüche" im prozessualen Sinn im vollen Umfang zu entscheiden (§§ 56, 123, 125, 140 SGG). Dabei handelt es sich nicht um eine von mehreren alternativen Begründungen der Ablehnung. Die Verwaltungsakte sind nur dann teilweise als rechtswidrig aufzuheben, wenn Einwirkungen dieses Dienstes eine Kann-Leistung rechtfertigen; dabei müßte vorauszusetzen sein, daß nach der Art der Krankheit auch eine Kann-Versorgung abgelehnt worden ist. Falls dagegen die Anfechtungsklage abgewiesen wird, soweit der Beklagte den auf Belastungen im Krieg und in Internierung gestützten Antrag lediglich bezüglich der Kriegseinwirkungen abgelehnt hat, bleibt dies auch für die Bemessung der Höhe der Kann-Leistung rechtsverbindlich (§ 77 SGG, § 24 VerwVG). Als Versorgungstatbestände aus der Kriegszeit kommen, nachdem das damals geltende Versorgungsrecht außer Kraft getreten ist (BSG 9, 285, 288 ff), in Betracht: eine Dienstleistung für Zwecke der Wehrmacht aufgrund einer Einberufung durch eine militärische Dienststelle oder auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers (§ 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Buchstabe b BVG; BSG SozR Nr. 15 zu § 3 BVG; 3100 § 3 Nr. 4; BSG vom 25. April 1961 - 11 RV 660/59-, VdK-Mitteilungen 1961, 273; BSG vom 21. September 1962 - 10 RV 1231/58 - VdK-Mitteilungen 1962, 502; BSG, Bundesversorgungsblatt - BVBl - 1962, 21; BSG vom 24. Juni 1971 - 8 RV 73/71 -) oder aufgrund der Notdienstverordnung vom 15. Oktober 1938 (§ 3 Abs. 1 Buchstabe k BVG; BSG 6, 129; SozR Nr. 69 zu § 1251 RVO) oder im Zivildienst bei der Wehrmacht aufgrund einer Dienstverpflichtung oder eines Arbeitsvertrages, wenn der Dienst mit besonderen, kriegseigentümlichen Gefahren für die Gesundheit verbunden war (§ 3 Abs. 2 BVG; BSG vom 28. Juni 1961 - 7/9 RV 1222/57 -, VdK-Mitteilungen 1961, 354; BSG, BVBl 1959, 52; 1963, 20; BSG 6, 170; 9, 229; 12, 106 = SozR Nr. 18 zu § 3 BVG; SozR 3100 zu § 3 Nr. 4 mit weiteren Nachweisen).
Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.
Fundstellen