Leitsatz (redaktionell)
1. Die Rechtsstellung geschiedener Ehefrauen nach BVG § 42 nF verstößt nicht gegen das GG.
2. Hat die frühere geschiedene Ehefrau des Verstorbenen im maßgeblichen Zeitpunkt von der Tuberkulosen-Hilfe gelebt, die Leistungen nach dem EFUG ausgeschlossen hat, steht ihr eine Rente nach BVG § 42 nicht zu.
3. Die Neufassung des BVG § 42 durch das 1. NOG KOV bedeutet keine Änderung der Rechtslage.
Während nach altem Recht die Verhältnisse zur Zeit der Antragstellung maßgebend waren, kommt es nach neuem Recht auf die Verhältnisse zur Zeit des Todes des früheren Ehemannes an.
4. Die Änderung des BVG § 42 durch das 1. NOG KOV verstößt nicht gegen den Grundsatz der Sozialstaatlichkeit; die Vorschrift ist vielmehr mit dem GG vereinbar und mithin gültig.
Normenkette
BVG § 42 Fassung: 1960-06-27; GG Art. 20 Abs. 1; EFUG Fassung: 1940-06-26
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart vom 29. Juni 1961 aufgehoben, soweit es die Ansprüche der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1957 bis 31. Mai 1960 betrifft. In diesem Umfange wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Klägerin, deren Ehe im Mai 1943 aus beiderseitigem Verschulden geschieden worden ist, beantragte im Februar 1955 die Gewährung von Witwenrente nach ihrem laut Todeserklärung am 31. Dezember 1945 verstorbenen Ehemann. Während des Krieges hatte die Klägerin zunächst Leistungen nach dem Einsatz-Familienunterhaltsgesetz (EFUG), später das Gehalt ihres Ehemannes als Unteroffizier, nach seiner Degradierung im Juli 1943 weder Leistungen noch Unterhalt erhalten; vielmehr hatte sie in der Zeit von September 1943 bis Juni 1946 von der Tuberkulosenhilfe gelebt, die ihr wegen einer Erkrankung an Unterleibstuberkulose gewährt worden war. Nach Einholung des Gutachtens des Regierungsmedizinalrats Dr. F vom 16. November/14. Dezember 1956 mit Ergänzung durch den Facharzt für Frauenkrankheiten Dr. B vom 4. Dezember 1956 lehnte das Versorgungsamt (VersorgA) durch Bescheid vom 31. Oktober 1957 den Antrag ab, weil der frühere Ehemann der Klägerin nach der Scheidung weder zur Zahlung von Unterhalt verurteilt worden sei noch Unterhalt tatsächlich gewährt habe. Der Widerspruch blieb erfolglos.
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) die Verwaltungsentscheidungen aufgehoben und den Beklagten verurteilt, vom 1. Februar 1955 an Witwenrente zu gewähren, weil die Klägerin sich nicht mehr selbst unterhalten könne und ihr früherer Ehemann im Hinblick auf seinen Beruf als Maurer zur Unterhaltsleistung an die Klägerin fähig gewesen wäre. Der Beklagte hat Berufung eingelegt. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe seit der letzten ärztlichen Untersuchung sechs Unterleibsoperationen durchmachen müssen, sei laut Ansicht ihrer behandelnden Ärzte völlig arbeitsunfähig und habe seit 1957 nicht mehr gearbeitet, weil sie hierzu gesundheitlich nicht fähig sei. Durch Urteil vom 29. Juni 1961 hat das Landessozialgericht (LSG) die Entscheidung des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil die Klägerin nach den ärztlichen Beurteilungen vom Dezember 1956 bis zum Inkrafttreten des ersten Neuordnungsgesetzes ihren Unterhalt selbst habe verdienen können; nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes stehe Rente nicht zu; denn der vermögenslose frühere Ehemann der Klägerin habe sie zur Zeit seines Todes wegen der durch seine Einziehung zum Wehrdienst verursachten Einkommenslosigkeit nicht unterhalten können.
Die Klägerin hat Revision eingelegt und beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. April 1958 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Berufung des Beklagten insoweit zurückzuweisen, als dieser zur Gewährung der Witwenrente für die Zeit vom 1. Juni 1960 ab verurteilt worden ist,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Sie rügt mit näherer Begründung die Verletzung des §§ 103, 106 Abs. 1, 112 Abs. 2, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 42 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) aF und nF und macht geltend, das LSG habe prüfen müssen, ob sie wegen der Unterleibsoperation im Jahre 1957 erwerbsunfähig geworden sei. Auch habe es bei der Anwendung des § 42 BVG nF eine sozialgerechte Auslegung im Hinblick auf Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unterlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG), so daß sie zulässig ist. Das Rechtsmittel ist jedoch nur teilweise begründet.
Das LSG hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente zutreffend nach § 42 BVG aF für die Zeit bis zum 31. Mai 1960 und von da ab nach § 42 BVG in der Fassung des Ersten Neuordnungsgesetzes (BVG nF) geprüft. Seine Auffassung, daß der Klägerin weder nach altem noch nach neuem Recht ein Anspruch auf Rente zugestanden habe, ist hinsichtlich der Ansprüche nach altem Recht nicht frei von Rechtsirrtum.
Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG aF erhält im Falle der Scheidung oder Aufhebung der Ehe die frühere Ehefrau des Verstorbenen Rente (§§ 40 und 41), wenn dieser nach den eherechtlichen Vorschriften Unterhalt zu gewähren hätte. Wie das LSG zutreffend entschieden hat, kommt es auf die Verhältnisse an, die zur Zeit des Rentenantrags vorlagen. Insoweit hat das LSG auch zutreffend berücksichtigt, daß das Ehegesetz vom 20. Februar 1946 (KRABl S. 77 - EheG 1946 -) maßgebend ist (so Urteil des erkennenden Senats in BSG 9, 86, 89). Nach § 60 dieses Gesetzes würde der Klägerin, falls sie sich nicht selbst unterhalten könnte, ein Unterhaltsbeitrag zustehen können, wenn ihr früherer Ehemann zur Zeit der Antragstellung noch gelebt hätte und mit Rücksicht auf seine Bedürfnisse sowie seine Vermögens- und Erwerbsverhältnisse billigerweise einen Beitrag hätte leisten können. Das Berufungsgericht hat einen solchen Anspruch der Klägerin deshalb verneint, weil sie ihren Lebensunterhalt habe erwerben können. Hiergegen hat sie die Rügen der unzureichenden Sachaufklärung und der unrichtigen Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG i. V. m. § 60 EheG 1946 erhoben.
Nach § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Hierbei ist es an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden (§ 103 Satz 2 SGG). Demnach bestimmt es allein im Rahmen seines richterlichen Ermessens die Ermittlungen und Maßnahmen, die es für die Aufklärung des Sachverhalts für notwendig erachtet. Sein Ermessen wird allerdings durch die in § 103 SGG festgelegte Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts in dem für die Entscheidung erforderlichen Umfang begrenzt. Dementsprechend kann es ohne Antrag Beweise erheben oder auch von der Erhebung weiterer Beweise, die ein Beteiligter beantragt hat, absehen. Es kommt darauf an, ob es bei seiner Urteilsfällung die ihm bis dann bekannt gewordenen Tatsachen als ausreichend ansehen durfte, oder sich zu weiteren Ermittlungen hätte veranlaßt sehen müssen. Es hat daher sorgfältig zu prüfen, ob im Einzelfall eine weitere Beweiserhebung erforderlich ist (BSG 2, 236 ff 238).
Dem LSG standen für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin die Gutachten der Sachverständigen Dres. F. und B. aus dem Jahre 1956 zur Verfügung, nach welchen die Erwerbsfähigkeit allenfalls um 20. v. H. beeinträchtigt war. Es hat aber nicht berücksichtigte, daß die Klägerin mit den Ausführungen im Schriftsatz vom 25. Oktober 1960 und dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 1961 zu erkennen gegeben hatte, sie sei ab 1957 nicht mehr berufstätig gewesen, weil sie hierzu gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei; sie habe in den letzten Jahren sechs Unterleibsoperationen durchgemacht und ihre behandelnden Ärzte hätten sie für arbeitsunfähig erklärt. Dieses Vorbringen der Klägerin hätte das LSG zum Anlaß nehmen müssen, die Gutachten der Dres. F. und B. als nicht mehr allein maßgebend anzusehen und aufzuklären, ob sich der Gesundheitszustand der Klägerin seit der Beurteilung durch diese Sachverständigen geändert hätte und sie vor dem 31. Mai 1960 nicht mehr erwerbsfähig gewesen wäre. Denn der von der Klägerin geltend gemachte Versorgungsanspruch geht auf wiederkehrende Leistungen und die angefochtene Entscheidung hatte sich deshalb nicht nur darauf zu beziehen, ob das VersorgA über den Anspruch der Klägerin richtig befunden hatte, sondern auch darauf, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen bis zum Ende der Geltungsdauer des alten Rechts fortbestanden oder etwa entstanden waren (BSG 6, 136 ff, 141). Da das LSG diese erforderliche und auch von seinem sachlich- rechtlichen Standpunkt aus notwendige Sachaufklärung unterlassen hat, hat es gegen die Vorschrift des § 103 SGG verstoßen, soweit über die Ansprüche der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1957 bis 31. Mai 1960 zu entscheiden war.
Die Revision ist insoweit auch begründet, weil die Möglichkeit besteht, daß das LSG anders entschieden hätte, wenn es die verfahrensrechtlichen Vorschriften richtig angewendet hätte (BSG 2, 197 ff, 201). Da bereits dieser Mangel des Verfahrens durchgreift, braucht nicht erörtert zu werden, ob das LSG auch § 128 Abs. 1 SGG verletzt hat, wie die Revision im Zusammenhang mit der auf § 103 SGG gestützten Rüge geltend gemacht hat (BSG in SozR SGG § 162 Bl. Da 36 Nr. 122).
Soweit es sich um die Zeit vom 1. Februar 1955 bis 31. Dezember 1956 handelt, ist hingegen die Rüge nicht begründet, § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG aF i. V. m. § 60 EheG 1946 sei verletzt. Wie die Revision zutreffend hervorgehoben hat, steht an sich der geschiedenen Ehefrau, wenn sie erwerbsfähig ist, nicht schlechthin kein Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag nach § 60 EheG 1946 und damit kein Versorgungsanspruch nach § 42 BVG zu. Denn auch dann kann sie sich unter Umständen nicht selbst unterhalten (vgl. BSG 13, 166, 170 mit weiteren Nachweisen). Dies kann aber, falls die geschiedene Ehefrau erwerbsfähig ist, nur ausnahmsweise und nur dann angenommen werden, wenn die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalles als nicht zumutbar angesehen werden muß und mithin die Ablehnung des Unterhaltsbeitrags bzw. des Versorgungsanspruchs offenbar und unzweifelhaft unbillig ist. Solche Umstände sind hier weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von der Revision vorgetragen worden. Nach den unangefochtenen und deshalb das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG ist die Klägerin in dem Zeitraum vom 1. Februar 1955 bis 31. Dezember 1956 allenfalls um 20 v. H. und damit nur geringfügig in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt gewesen; ihre von Dr. P. bescheinigte Neigung zu Hautausschlägen steht allenfalls der Verrichtung von landwirtschaftlichen, nicht aber auch von anderen Arbeiten, wie zB in einem Haushalt oder Betrieb, entgegen. Im Hinblick auf den damaligen Gesundheitszustand und das damalige Alter von rd. 46 Jahren konnte von der Klägerin erwartet werden, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und sich auf diese Weise selbst zu unterhalten, zumal sie weder unterhaltsberechtigte Angehörige zu versorgen hatte noch einen eigenen Hausstand führte, sondern bei ihrem Bruder lebte. Sie hätte auch - wie das LSG mit Recht ausgeführt hat - erforderlichenfalls ihren Wohnsitz wechseln müssen, wenn an ihrem damaligen Wohnort eine geeignete Arbeitsstelle nicht vorhanden gewesen sein sollte; denn zumindest in den Städten hat, wie das Berufungsgericht als gerichtsbekannt festgestellt hat, schon damals eine erhebliche Nachfrage nach Arbeitskräften aller Art bestanden. Wegen der festgestellten gesamten Lebensumstände kann der Klägerin in der damaligen Zeit zugemutet werden, ihren Wohnsitz zu verlegen. Die von der Revision hierzu vorgebrachten Bedenken vermögen nicht zu überzeugen. Den von der Klägerin behaupteten Schwierigkeiten, in ihrem damaligen Wohnort eine geeignete Beschäftigung zu finden, hat das LSG in seiner Entscheidung Rechnung getragen. Angesichts der nur geringfügigen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sind die auf die anfällige Gesundheit der Klägerin gestützten Ausführungen unbegründet. Da die Klägerin einen eigenen Hausstand nicht geführt hat, bestehen auch die von der Revision vorgebrachten wirtschaftlichen Bedenken gegen einen Wohnsitzwechsel nicht zu Recht. Hinsichtlich der Frage, wohin sie ihren Wohnsitz hätte verlegen sollen und wie sie dort sofort eine entsprechende Beschäftigung hätte finden sollen, hätte die Klägerin die Beratung und Hilfe des zuständigen Arbeitsamtes in Anspruch nehmen können. Nach alledem hätte die Klägerin in dieser Zeit ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. Damit entfallen die Voraussetzungen für die Zubilligung eines Unterhaltsbeitrags nach § 60 EheG 1946 und auch für eine ersatzweise zu gewährende Versorgung nach § 42 BVG aF. Das LSG hat demnach für die Zeit vom 1. Februar 1955 bis 31. Dezember 1956 zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Infolgedessen mußte insoweit die Revision zurückgewiesen werden.
Für die Zeit vom 1. Juni 1960 an richten sich die Ansprüche der Klägerin - wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat - nach § 42 BVG nF. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift steht im Falle der Scheidung die frühere Ehefrau des Verstorbenen einer Witwe gleich, wenn der Verstorbene zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den eherechtlichen Vorschriften oder aus sonstigen Gründen zu leisten hatte oder im letzten Jahr vor seinem Tode geleistet hat. Während nach altem Recht die Verhältnisse zur Zeit der Antragstellung maßgebend waren, kommt es also nach neuem Recht auf die Verhältnisse zur Zeit des Todes des früheren Ehemannes an. Zu dieser Zeit richtete sich der Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrags nach § 68 des Ehegesetzes vom 6. Juli 1938 (RGBl I 807 - EheG 1938 -), der mit § 60 EheG 1946 wörtlich übereinstimmt.
Gegen die Gültigkeit des § 42 BVG nF sind aus Art. 20 Abs. 1 GG keine Bedenken herzuleiten. Die Neufassung beruht auf einer Anpassung an das Recht der Reichsversicherungsordnung. Die gesetzgeberischen Gesichtspunkte sind im Urteil des LSG zutreffend wiedergeben worden. Daß durch die Neuordnung eine Schlechterstellung im vorliegenden Falle gegeben sein kann, hat der Vorderrichter zutreffend dargelegt. Daraus folgt aber nicht, daß die Stellung aller geschiedenen Ehefrauen, welche die Gewährung von Witwenrente nach dem BVG verlangen, durch die Neuregelung verschlechtert worden wäre. Die Regelung gilt nicht nur für die geschiedenen Ehefrauen, deren früherer Ehemann während des Krieges gefallen ist, sondern auch für die, deren früherer Ehemann erst nach Kriegsende verstorben ist. Es ist also möglich, daß den Fällen der vorliegenden Art mit einer Verschlechterung der Aussichten der geschiedenen Ehefrauen auf den Bezug von Witwenrente andere Fälle gegenüberstehen, in denen diese Aussichten sich verbessert haben. Es darf hierbei auch nicht übersehen werden, daß die geschiedene Ehefrau ohnedies nach den eherechtlichen Vorschriften keine gesicherte Anwartschaft auf den Bezug von Unterhalt durch den früheren Ehemann hat. Vielmehr ist der Unterhaltsanspruch Schwankungen ausgesetzt. Sie leiten sich einerseits aus der Erwerbsfähigkeit und den Einkünften der geschiedenen Ehefrau her, andererseits spielen die Einkommensverhältnisse und die weiteren Verpflichtungen des früheren Ehemannes eine Rolle. Infolgedessen verstößt die Änderung des § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG durch das Erste Neuordnungsgesetz nicht gegen den Grundsatz der Sozialstaatlichkeit. Diese Vorschrift ist vielmehr mit dem GG vereinbar und mithin gültig.
Das LSG ist der Ansicht gewesen, die Entscheidung des Rechtsstreits hänge davon ab, daß die Klägerin von ihrem vermögenslosen früheren Ehemann zur Zeit seines Ablebens nur deshalb keinen Unterhalt erhalten habe, weil er durch die Einberufung zum Wehrdienst einkommenslos geworden sei. Diese Frage mag sich bei der Anwendung der Vorschrift des § 42 BVG nF stellen. Sie beeinflußt aber - entgegen der Ansicht der Vorinstanz - die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht.
Wie das LSG auf Grund der Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich festgestellt hat, hat sie in den Jahren von 1943 bis 1946 von der Tuberkulosenhilfe gelebt. Maßgebend ist die Verordnung vom 8. September 1942 (RGBl I 549) und der Durchführungserlaß vom 9. September 1942 (MBliV S. 1826). Hiernach wurde dem Kranken ua wirtschaftliche Fürsorge gewährt (§ 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 21 bis 23 des Durchführungserlasses). Nach § 23 des Durchführungserlasses mußten sich die Leistungen für den Lebensbedarf im Rahmen der entsprechenden Leistungen des Einsatzfamilienunterhalts halten. Dazu waren bestimmte Aufwendungen zu berücksichtigen. Nach § 3 und Nr. 27 war bei wirtschaftlicher Fürsorge für den Kranken und seine Familie die anderweitige Sicherstellung der Hilfe insoweit anzunehmen, als dem Kranken ein Einkommen von mehr als 7.200,- RM jährlich oder seinem unterhaltspflichtigen Ehegatten ein Jahreseinkommen von mehr als 8.400,- RM (allenfalls noch mehr bei weiteren Familienangehörigen) zur Verfügung stand. In diesem Umfange traten die Leistungen der Tuberkulosenhilfe hinter Leistungen der gegenüber dem Kranken Unterhaltspflichtigen zurück. Neben der Tuberkulosenhilfe hat die Klägerin nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG ein Einkommen nicht gehabt. In diesem Zusammenhang muß berücksichtigt werden, daß sie Leistungen nach dem EFUG vom 26. Juni 1940 (RGBl I 911) nicht nur nicht bezogen hat, sondern diese ihr nach § 2 aaO auch nicht zugestanden haben, weil familienunterhaltsberechtigt nur die im einzelnen aufgeführten Angehörigen, darunter die geschiedene Ehefrau, waren und auch diese nur insoweit, als der notwendige Lebensbedarf nicht oder nicht ausreichend gesichert war. Nach § 9 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des EFUG vom 26. Juni 1940 (RGBl I 912) waren die in § 9 Abs. 1 und 2 aaO bezeichneten Leistungen insoweit nicht zu gewähren, als der Familienunterhaltsberechtigte den nach diesen Leistungen zu bemessenden notwendigen Lebensbedarf aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen konnte oder ihn von anderer Seite, insbesondere von Angehörigen erhielt. Hieraus ergibt sich, daß die Leistungen nach dem EFUG subsidiär gegenüber anderen Leistungen - auch der Tuberkulosenhilfe - gewesen sind. Hierzu sei noch auf §§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 1 und 17 der Durchführungsverordnung hingewiesen. Da hier also die Gewährung von Tuberkulosenhilfe Leistungen nach dem EFUG ausgeschlossen hat, braucht nicht erörtert zu werden, ob die Leistung von Familienunterhalt an die Stelle der Unterhaltsleistung durch den früheren Ehemann hätte treten können. Denn selbst wenn ihr früherer Ehemann Einkommen gehabt hätte, hätten gemäß Nr. 27 des Durchführungserlasses vom 9. September 1942 nach der gemäß § 68 EheG 1938 durchzuführenden Abwägung der beiderseitigen Verhältnisse als Einkommen der Klägerin die Leistungen der Tuberkulosenhilfe herangezogen werden müssen, so daß aus diesem Grunde im Hinblick auf den Beruf des früheren Ehemannes ein Unterhaltsbeitrag nach § 68 EheG 1938 nicht in Betracht gekommen wäre. Es ist bei der klaren Sachlage auch nicht angängig, die tatsächlich gewährte Tuberkulosenhilfe nicht zu beachten und statt dessen einen Anspruch nach dem EFUG zu unterstellen, der an die Stelle des Unterhalts durch den früheren Ehemann getreten wäre. Der Senat braucht daher nicht zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Verpflichtung der öffentlichen Hand zu Leistungen nach dem EFUG an die geschiedene Ehefrau eines zur Wehrmacht eingezogenen Soldaten der Unterhaltsverpflichtung des früheren Ehemannes an die geschiedene Ehefrau bei Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BVG nF gleich zu behandeln ist (BSG 16, 21 ff, 25).
Da sonach die Revision der Klägerin zum Teil begründet und zum Teil unbegründet ist, war, wie geschehen, zu erkennen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits bleibt dem endgültigen Urteil vorbehalten.
Fundstellen