Leitsatz (amtlich)

1. Der Begriff der konkreten Verfolgungsmaßnahme iS von WGSVG § 9 und BEG § 1 ist nicht auf unmittelbare Eingriffe in die Lebenssituation des Verfolgten beschränkt. Eine konkrete Verfolgung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen liegt auch dort vor, wo eine allgemeine Verfolgungsgefahr bestand, die bei verständiger Würdigung erwarten ließ, daß der einzelne in absehbarer Zeit von Verfolgungsmaßnahmen betroffen wird und er sich dieser Gefahr durch Auswanderung oder auf andere Weise entzieht (BGH 1959-01-14 IV ZR 226/58 = LM Nr 27 zu § 1 BEG 1956, BGH 1967-09-29 IV ZR 128/66 = LM Nr 40 zu § 2 BEG 1956, BGH 1962-01-17 IV ZR 188/61 = LM Nr 36 zu § 64 BEG 1956, BGH 1963-12-11 IV ZR 71/63 = LM Nr 47 zu § 64 BEG 1956, BSG 1978-07-13 12 RK 3/77).

2. Ist die Auswanderung als verfolgungsbedingt anerkannt, so ist auch eine Unterbrechung oder Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung, die einige Zeit vorher erfolgt, um die Auswanderung vorzubereiten, verfolgungsbedingt (BSG 1978-07-13 12 RK 3/77).

3. Ob eine Unterbrechung oder Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung verfolgungsbedingt iS des WGSVG § 9 ist, richtet sich nicht nur nach den Gründen, die zur Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung geführt haben, sondern auch danach, ob die weitere Teilnahme am Arbeitsleben als versicherungspflichtig Beschäftigter aus Verfolgungsgründen (zB Auswanderung oder Vorbereitung der Auswanderung) aufgegeben wurde.

 

Normenkette

WGSVG §§ 9-10; BEG §§ 1-2

 

Verfahrensgang

SG Hamburg (Entscheidung vom 28.06.1977; Aktenzeichen 19 J 189/76)

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1654758

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