Leitsatz (amtlich)
1. Ein an sich verwertbares Vermögen ist nicht deshalb zum alsbaldigen Erwerb eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung bestimmt, weil der Arbeitslose nach Beendigung der Arbeitslosigkeit einen solchen Erwerb vornehmen will.
2. "Alsbald" iS des AlhiV § 6 Abs 3 S 2 Nr 7 bedeutet, daß der Arbeitslose im Zeitpunkt des Antrages auf Alhi Anstalten getroffen hat oder trifft, aus denen sich die Absicht zum Erwerb eines Hausgrundstückes oder einer Eigentumswohnung ergibt.
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Frage, ob als Vermögen im Sinne von § 137 AFG auch Bausparguthaben zu verwerten sind.
2. Ein Hausgrundstück ist nicht seines Ertrages wegen, sondern wegen seiner unmittelbaren Verwendung zum Wohnen von der Verpflichtung ausgenommen worden, für den Lebensunterhalt des Arbeitslosen verwertet zu werden.
3. Der Zeitbegriff "alsbald" nimmt seinen Berechnungsanfang von dem Zeitpunkt an, in dem die Bedürftigkeit durch das Arbeitsamt zu prüfen ist, nicht erst von dem Zeitpunkt an, in dem die Arbeitslosigkeit beendet ist.
4. Mit dem Antrag auf Leistungen der Arbeitslosenhilfe entsteht zwischen dem Arbeitslosen und dem Arbeitsamt ein Verwaltungsrechtsverhältnis (Sozialrechtsverhältnis), zufolge dem das Arbeitsamt gegenüber dem Arbeitslosen eine besondere Betreuungspflicht obliegt. Hierzu gehört insbesondere eine ordnungsgemäße und sachgerechte Beratung, die es dem Antragsteller ermöglicht, die Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um alle Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs zu erfüllen. Zu einer solchen Beratung genügt es jedenfalls nicht, einen Anspruchsberechtigten allein auf den Gesetzestext hinzuweisen, wenn dieser in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Fragen offen läßt. Demjenigen, gegenüber dem ein Leistungsträger zur Beratung verpflichtet ist, muß deutlich werden, welche Rechte ihm zustehen und in welcher Weise er sich verhalten muß, um in gesetzmäßiger Weise seine Ansprüche verwirklichen zu können.
Normenkette
AFG § 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Fassung: 1969-06-25, § 137 Abs. 2 Fassung: 1969-06-25; AlhiV § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 7 Fassung: 1974-08-07, § 7 Abs. 2 Fassung: 1974-08-07; AFG § 134 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1969-06-25; SGB 1 §§ 14-15, 2
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 19.10.1978; Aktenzeichen L 9 Al 83/77) |
SG Nürnberg (Entscheidung vom 08.03.1977; Aktenzeichen S 9 Al 208/74) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. Oktober 1978 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. Oktober 1978 aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 8. März 1977 zurückgewiesen hat. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 3. Juli 1974 bis 26. August 1975. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in dieser Zeit seinen Lebensunterhalt von seinen Bausparguthaben bestreiten konnte und mußte.
Der 1922 geborene Kläger erhielt von der Beklagten im Anschluß an den Bezug von Arbeitslosengeld (Alg) ab 1. Dezember 1973 Alhi. Das vom Kläger auf drei verschiedenen Bausparverträgen angesparte Guthaben ließ die Beklagte bei der Beurteilung der Bedürftigkeit außer Betracht.
Vom 28. Mai bis 2. Juli 1974 ruhte der Anspruch auf Alhi, da der Kläger während dieser Zeit in Kurbehandlung stand und anschließend arbeitsunfähig war. Danach beantragte er die Wiedergewährung von Alhi. Nach den Kontoauszügen von Ende 1973 hatte er bei der ... GmbH auf den ersten beiden bereits zuteilungsreifen Bausparverträgen 22.227,66 DM und 3.294,64 DM. Der dritte Bausparvertrag wies zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben von 3,43 DM aus.
Die Beklagte lehnte die Gewährung von Alhi für die Zeit vom 3. Juli 1974 bis 21. April 1975 ab (Bescheid vom 27. August 1974; weiterer Bescheid vom 3. Oktober 1974; Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 1974).
Ab 22. April 1975 gewährte die Beklagte dem Kläger wieder Alhi.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 3. Juli 1974 bis 26. August 1975 Alhi in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 19. Oktober 1978 die Berufung des Klägers verworfen und auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG insoweit aufgehoben, als es die Beklagte verpflichtet hat, dem Kläger auch für die Zeit vom 22. April 1975 bis 26. August 1975 Alhi zu gewähren. Im übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Berufung des Klägers sei nicht zulässig. Das ergebe sich zum einen daraus, daß sie nur noch auf die Gewährung höherer Alhi unter Berücksichtigung eines für den Kläger günstigeren Bemessungsentgeltes gem § 112 Abs 7 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gerichtet sei (§ 147 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Kläger sei aber auch nicht durch das Urteil des SG beschwert, da er bereits in erster Instanz Alhi "in gesetzlicher Höhe" beantragt habe, und ein entsprechendes Urteil ergangen sei.
Die Berufung der Beklagten sei begründet, soweit es die Zeit vom 22. April bis 26. August 1975 angehe; denn in dieser Zeit habe der Kläger Alhi erhalten, so daß er nicht erneut Alhi zu beanspruchen habe. Zu Recht habe aber das SG für die Zeit vom 3. Juli 1974 bis 21. April 1975 eine Bedürftigkeit des Klägers angenommen, obwohl ihm die oben bezeichneten Guthaben zur Verfügung standen. Die Verwertung dieses Guthabens (als Vermögen) sei nicht zumutbar gewesen, da es zum alsbaldigen Erwerb eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung bestimmt gewesen sei (§ 6 Abs 3 Nr 7 Arbeitslosenhilfe-Verordnung - Alhi-VO - vom 7. August 1974 - BGBl I 1929 -, § 3 Nr 1 der 12. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - 12.DVO - vom 25. April 1961 - BGBl I 478 -, § 242 Abs 39 AFG). Das Wort "alsbald" umschreibe keinen festen Zeitbegriff. Von rechtlicher Bedeutung könne grundsätzlich nur sein, wie der Arbeitslose die angesparten Beträge nach Wiederherstellung normaler wirtschaftlicher Verhältnisse zu verwenden beabsichtige. Etwas anderes könnte ausnahmsweise dann gelten, wenn sich eine über Jahre bestehende Arbeitslosigkeit als Dauerzustand darstelle, der voraussichtlich in die Beendigung des Arbeitslebens einmünde. Das sei beim Kläger nicht der Fall. Bei ihm sei anzunehmen, daß er nach Beendigung seiner Arbeitslosigkeit umgehend ein Hausgrundstück oder eine Eigentumswohnung erwerben werde. Zu berücksichtigen sei aber auch, daß der Kläger sich die Beträge auf seinen Bausparvertragen vom Munde abgespart habe.
Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung des § 112 Abs 7 AFG und bringt hierzu vor: Mit Rücksicht auf die Härteklausel des § 112 Abs 7 AFG müsse bei ihm eine Neubewertung der Bemessungsgrundlage durchgeführt werden.
Die Beklagte könne ihm auch deshalb die Guthaben auf seinen Bausparverträgen nicht entgegenhalten, weil sie ihn daran gehindert habe, eine Eigentumswohnung zu erwerben. Im Dezember 1974 habe er bereits eine Kaufverpflichtung unterschrieben, mit der er sich verpflichtet habe, eine Wohnung zum Preise von 46.000,- DM zu erwerben. Er habe von der Beklagten die Zusage erhalten wollen, daß er nach Abschluß des notariellen Kaufvertrages wieder die Alhi bekommen werde. Diese Zusage habe die Beklagte ihm aber nicht erteilt, so daß er wegen der Unsicherheit der Rechtslage diese Kaufverpflichtung wieder habe rückgängig machen müssen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 8. März 1977 insoweit aufzuheben, als dem Kläger für die Zeit vom 3. Juli 1974 bis 26. August 1975 und vom 22. April bis 26. August 1976 die Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe versagt wurde, sowie die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 3. Juli 1974 bis 31. Januar 1976 und vom 22. April bis 26. August 1976 die Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Weiter beantragt sie,
das angefochtene Urteil insoweit, als die Berufung der Beklagten zurückgewiesen wurde, sowie das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 8. März 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als die Berufung der Beklagten zurückgewiesen wurde, und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 6 Abs 3 der Alhi-VO und § 1 der 12. DVO. Sie bringt hierzu insbesondere vor:
Das Wort "alsbald" könne nicht auf die Zeit nach Wegfall der Arbeitslosigkeit bezogen werden. Vielmehr wolle das Gesetz erreichen, daß der Arbeitslose während seiner Arbeitslosigkeit von dem vorhandenen Vermögen lebe, wenn er es nicht zum zeitlich nahen Erwerb eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung benötige, die er selbst bewohnen wolle.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gem § 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. In Angelegenheiten der Alhi ist die Berufung nicht zulässig, soweit sie Beginn oder Höhe der Leistung betrifft (§ 147 SGG). Ein Höhenstreit ist nicht nur dann gegeben, wenn lediglich streitig ist, ob von der Beklagten bei der Festsetzung der Leistung das richtige "Rechenwerk" angewendet worden ist, sondern auch dann, wenn die Beteiligten darüber streiten, ob und gegebenenfalls welche Faktoren bei der Festsetzung der Leistung ihrer Höhe nach zu berücksichtigen sind (BSG SozR 1500 § 147 Nr 3). Eine Streitigkeit darüber, welches Bemessungsentgelt der Errechnung der Unterstützung aus der Alhi zugrunde zu legen ist, betrifft regelmäßig die Höhe der Leistung (BSGE 12, 221). Ein solcher Fall liegt hier vor.
Die Revision der Beklagten ist in dem Sinne begründet, daß das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen ist. Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend darüber zu entscheiden, ob der Kläger in der Zeit vom 3. Juli 1974 bis 21. April 1975 einen Anspruch auf Alhi hat. Gem § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG hat Anspruch auf Alhi, wer bedürftig ist. Bedürftig ist der Arbeitslose, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann (§ 137 Abs 1 AFG). Der Arbeitslose ist nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist (§ 137 Abs 2 AFG). Sein Vermögen muß der Arbeitslose vor Inanspruchnahme der Beklagten verbrauchen, soweit es verwertbar, die Verwertung zumutbar und die Höhe des zumutbar verwertbaren Vermögens 3.000,- bzw 8.000,- DM nicht überschreitet (§ 137 Abs 3 AFG, § 1 der 12. DVO, § 6 Abs 1 der Alhi-VO). Vermögen ist insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können (§ 6 Abs 2 Satz 1 Alhi-VO). Die Verwertung ist zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann (§ 6 Abs 3 Satz 1 Alhi-VO). Nicht zumutbar ist insbesondere die Verwertung eines Hausgrundstücks in angemessener Größe, das der Eigentümer bewohnt oder einer entsprechenden Eigentumswohnung oder eines Vermögens, das nachweislich zum alsbaldigen Erwerb eines solchen Hausgrundstückes oder einer solchen Eigentumswohnung bestimmt ist (§ 6 Abs 3 Satz 2 Nr 7 der Alhi-VO, § 3 Satz 2 Nr 1 der 12. DVO; BSGE 46, 271, 276 = SozR 4100 § 138 Nr 3).
Das LSG sieht die Bausparverträge des Klägers deshalb als für den alsbaldigen Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines Hausgrundstückes bestimmt an, weil der Kläger nach Wegfall der Arbeitslosigkeit ein solches Hausgrundstück oder eine solche Eigentumswohnung erwerben werde. Das reicht indes nicht aus, um den Begriff "alsbald" in § 6 Abs 3 Satz 2 Nr 7 der Alhi-VO auszufüllen. Wie §§ 137 AFG und 6 der Alhi-VO ergeben, geht das Gesetz davon aus, daß der Arbeitslose grundsätzlich zumutbar verwertbares Vermögen während der Arbeitslosigkeit verbrauchen muß. Ein selbst bewohntes Hausgrundstück ist vom Gesetz erkennbar deshalb von der Verwertung ausgenommen worden, weil es in besonderer Weise geeignet ist, ein Grundbedürfnis dessen zu befriedigen, der Eigentümer des Hausgrundstückes ist, nämlich das Wohnen. Der Gesetzgeber hat demgegenüber ein anderes Vermögen, das einen Ertrag erbringt, nicht in gleicher Weise bevorzugt behandelt. Ein solches Vermögen ist, wenn es verwertbar ist, durch Verbrauch der Substanz für den Lebensunterhalt zu verwenden. Daraus ergibt sich, daß ein Hausgrundstück nicht seines Ertrages wegen, sondern wegen seiner unmittelbaren Verwendung zum Wohnen von der Verpflichtung ausgenommen worden ist, für den Lebensunterhalt des Arbeitslosen verwertet zu werden. Das ergibt einen Hinweis für die Auslegung des Begriffes "alsbald". Von dem Zwang der Verwertung sollen nur solche Vermögensteile ausgenommen werden, mit denen der Arbeitslose in nächster Zukunft mit einer gewissen Sicherheit ein Hausgrundstück oder eine Eigentumswohnung erwerben will. Der Sinn dieser Bestimmung des § 6 Abs 3 Satz 2 Nr 7 der Alhi-VO ist es nicht, die Vermögensbildung zu fördern, sondern ein Vermögen zu schützen, mit welchem durch den Erwerb eines Hausgrundstückes oder einer Eigentumswohnung die Wohnbedürfnisse des Arbeitslosen befriedigt werden können. Hat der Arbeitslose ein Vermögen, das in Verbindung mit möglichen weiteren Einkünften nicht ausreichen wird, um in absehbarer Zeit ein Grundstück oder eine Eigentumswohnung zu erwerben, so genießt dieses Vermögen keinen Schutz. Es wird dann, wie jedes andere Vermögen, das 3.000,- DM (12. DVO) oder 8.000,- DM (Alhi-VO) überschreitet, vom Gesetz als dazu bestimmt angesehen, durch seine Verwertung die Bedürftigkeit des Arbeitslosen während der Arbeitslosigkeit iS des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG zu beheben. Wollte man der Auffassung des LSG folgen, daß der Zeitbegriff "alsbald" seinen Berechnungsanfang nicht von dem Zeitpunkt an nähme, zu dem die Beklagte die Bedürftigkeit zu prüfen hat, sondern erst von dem Zeitpunkt an, zu dem die Arbeitslosigkeit endet, so würde das bedeuten, daß die Verwirklichung der Absicht, ein Hausgrundstück oder eine Eigentumswohnung zu erwerben, auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben werden könnte. Die Beklagte hätte dann die Verhältnisse zu prüfen, wie sie sich voraussichtlich nach Beendigung der Arbeitslosigkeit ergäben. Sie müßte die Prognose stellen, ob der Antragsteller nach Beendigung der Arbeitslosigkeit alsbald ein Hausgrundstück erwerben werde. Da nach Beendigung der Arbeitslosigkeit der Arbeitslose eine gleichwertige als auch bessere Position erlangen, aber auch einen sozialen Abstieg erleiden kann, müßte diese Prognose auf bloße Vermutungen aufgebaut werden. Es ist erkennbar, daß dies nicht der Sinn der Bestimmungen des § 137 AFG, § 6 der Alhi-VO ist. Die Zeitbestimmung "alsbald" ist vielmehr von dem Zeitpunkt an zu rechnen, zu dem die Beklagte die Bedürftigkeit des Arbeitslosen prüfen muß, dh vom Zeitpunkt der Antragstellung an. Zu diesem Zeitpunkt müssen hinsichtlich des an sich zu verwertenden Vermögens Anstalten getroffen sein oder werden, die erkennen lassen, daß der Antragsteller in naher Zukunft dieses Vermögen in eine Eigentumswohnung oder ein Hausgrundstück umwandeln wird.
Ein Bausparguthaben ist - ähnlich wie ein Bankguthaben - in der Regel ohne Verlust verwertbar. Es kann verkauft oder belastet werden (§ 6 Abs 2 Satz 1 der Alhi-VO). Unwirtschaftlich wäre die Verwertung etwa dann, wenn die Sperrfrist des § 2 Abs 2 Satz 3 Wohnungsbauprämiengesetz (WOPG) idF vom 22. Juni 1979 (BGBl I 697) noch nicht abgelaufen wäre. In diesem Falle hätte nämlich der Bausparer die empfangenen Prämien zurückzuerstatten, wenn er den Bausparvertrag belasten oder verkaufen würde oder sich die Bausparsumme auszahlen ließe. Zu beachten ist auch, daß nach § 7 Abs 2 der Alhi-VO Vermögen nicht als verwertbar gilt, das aus zulagebegünstigten vermögenswirksamen Leistungen nach dem Dritten Vermögensbildungsgesetz sowie den Erträgnissen hieraus herrührt, solange der Inhaber des Vermögens in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung dieser Beschränkung nur unter wirtschaftlichen oder rechtlichen Nachteilen erreichen kann. Die Annahme des LSG, nach dem Gesetz komme es ferner darauf an, unter welchen erschwerten Bedingungen der Betreffende das zu verwertende Vermögen erworben habe, findet er im Gesetz keine Stütze. Zwar mag es demjenigen, der unter Konsumverzicht verwertbare Vermögensgegenstände erworben hat, unbillig erscheinen, daß er zunächst diese verbrauchen soll, bevor er einen Anspruch auf Alhi erwirbt; jedoch ist die Verpflichtung zur Vermögensverwertung die Konsequenz aus der dem Alhi-Anspruch anhaftenden Bedürftigkeitsregelung, durch die jedes Vermögen ohne Rücksicht auf den Umstand seines Erwerbs erfaßt wird. Für die Berücksichtigung der Art der Erlangung des Vermögens zugunsten des Antragstellers bietet das Gesetz keinen Raum.
Da das LSG zur Verwertbarkeit des Bausparguthabens - von seinem Standpunkt aus zu Recht - keine Feststellungen getroffen hat, ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Es wird dabei zu prüfen haben, ob der Kläger im Sinne der obigen Ausführungen die Bausparguthaben alsbald zum Erwerb eines Hausgrundstücks oder entsprechender Eigentumswohnung verwerten wollte, also im Zeitpunkt der Antragstellung auf Alhi oder wenig später Anstalten getroffen hat, die auf einen derartigen Erwerb gerichtet waren. In diesem Falle wäre der Anspruch des Klägers bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen begründet. Können entsprechende Feststellungen vom LSG nicht getroffen werden, so wird das LSG noch Feststellungen dazu treffen müssen, ob im Falle des Klägers die Voraussetzungen des § 7 Abs 2 der Alhi-VO vorliegen, insoweit also sein Vermögen nicht als verwertbar gilt. Gelangt das LSG dabei ebenfalls zu einem für den Kläger ungünstigen Ergebnis, wird es ferner zu prüfen haben, ob dem Kläger nicht deshalb die Alhi für den beanspruchten Zeitraum gezahlt werden muß, weil er - wie er im Revisionsverfahren vorgetragen hat - durch eine rechtswidrige unrichtige Auskunft der Beklagten von dem Erwerb einer Eigentumswohnung Abstand genommen hat. Zwar handelt es sich dabei um ein in der Revisionsinstanz neues tatsächliches Vorbringen des Klägers, jedoch ist bei der Zurückverweisung der Sache an das LSG dieses jedenfalls gehalten, den Anspruch des Klägers auch unter dem nunmehr neu aufgetretenen rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen und Feststellungen hierüber zu treffen, sofern der Kläger dieses Vorbringen aufrechterhält.
Sein Vorbringen könnte einen Anspruch auf Herstellung des Zustandes begründen, der bestehen würde, wenn der Kläger ordnungsgemäß über die Rechtslage unterrichtet worden wäre (BSGE 41, 126, 128; 41, 260, 262; BSG Urteil v. 9. Mai 1979 - 9 RV 20/78 -). Wenn die Beklagte durch rechtswidriges Verhalten den Kläger veranlaßt haben sollte, von dem Erwerb einer Eigentumswohnung abzusehen, so müßte sie den Zustand herstellen, der bestehen würde, wenn sie den Kläger richtig und vollständig beraten hätte (BSGE 32, 60, 65, 66, 70; 41, 126, 128; 41, 260, 262).
Voraussetzung für die Annahme einer Pflichtverletzung ist, daß der Beklagten die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit ihrer Auskunft erkennbar gewesen ist. Eine Garantiepflicht für Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Auskunft trifft die Beklagte allerdings nicht (Urteil vom 11. März 1976 - 7 RAr 152/74, AuB 1976, 217); ein vorwerfbares Verschulden des Beamten (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) ist jedoch nicht Voraussetzung dieses Herstellungsanspruchs.
Mit dem Antrag auf Leistungen entstand zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Verwaltungsrechtsverhältnis (Sozialrechtsverhältnis), zufolge dem die Beklagte gegenüber dem Kläger einer besonderen Betreuungspflicht oblag. Hierzu gehörte insbesondere eine ordnungsgemäße und sachgerechte Beratung, die es dem Kläger ermöglichte, die Handlungen vorzunehmen, die erforderlich waren, um alle Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches zu erfüllen. Zu einer solchen Beratung genügt es jedenfalls nicht, einen Anspruchsberechtigten allein auf den Gesetzestext hinzuweisen, wenn dieser - wie im Falle der Alhi-VO - in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Fragen offenläßt; insoweit erscheint es schon zweifelhaft, ob überhaupt eine "Beratung" im echten Sinne vorliegt. Demjenigen, gegenüber dem ein Leistungsträger zur Beratung verpflichtet ist, muß jedenfalls deutlich werden, welche Rechte ihm zustehen und in welcher Weise er sich verhalten muß, um in gesetzmäßiger Weise seine Ansprüche verwirklichen zu können.
Nach allem ist die Sache an das LSG zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden hat.
Fundstellen
BSGE, 30 |
Breith. 1980, 708 |