Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 18.08.1997; Aktenzeichen S 5 Ar 243/95) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 18.8.1997 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15.9.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.3.1995 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1.7.1994 bis 30.4.1995 zu gewähren.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob die Beklagte zu Recht die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) im Hinblick auf ein Bausparguthaben des Klägers abgelehnt hat.
Der 1935 geborene Kläger, der von 1950 bis Juni 1990 als Sachbearbeiter bei der Firma T. Stahl AG tätig war, erhielt von der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 2.7.1990. Nach Erschöpfung dieses Anspruchs stellte er am 2.3.1993 bei der Beklagten einen Antrag auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe (Alhi). Darin gab er an, zusammen mit seiner Ehefrau ein Bausparguthaben von 93.965,17 DM zu haben. Die Beklagte gewährte ihm mit Bewilligungsverfügung vom 21.4.1993 Alhi ab 26.2.1993.
Vor Ablauf des Bewilligungszeitraums zum 30.6.1994 stellte der Kläger am 16.6.1994 einen Antrag auf Fortzahlung der Alhi. Er erklärte wiederum, über ein Bausparguthaben von ca 93.000,– DM zu verfügen. Nach Aufforderung durch die Beklagte legte er ein an ihn gerichtetes Schreiben der B. Bausparkasse AG vom 30.8.1994 vor, wonach sein „Abrechnungsguthaben” 130.013,08 DM betrug.
Vertragsbeginn hinsichtlich des Bausparvertrages war im September 1990 gewesen. Im September 1994 gab der Kläger der Beklagten bekannt: Die Bausparsumme werde „Ende des Jahres fällig”; er beabsichtige, ab Fälligkeit Haus- bzw Wohnungseigentum zum Eigennutz zu erwerben; Kauf- oder Vorverträge seien insoweit noch nicht abgeschlossen.
Durch Bescheid vom 15.9.1994 lehnte die Beklagte die weitere Bewilligung von Alhi ab, da dem Kläger die Verwertung seines Bausparguthabens zumutbar sei. Bei Teilung des unter Berücksichtigung des Freibetrages von 8.000,– DM verbleibenden berücksichtigungsfähigen Vermögens von 122.013,08 DM durch das Arbeitsentgelt, nach dem sich die Alhi richte (1.170,– DM), ergebe sich, dass der Kläger für einen Zeitraum von 104 Wochen nicht bedürftig sei.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, er wolle das Bausparguthaben dazu verwenden, sich als Alterssitz eine Eigentumswohnung zu kaufen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 29.3.1995 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Beklagte hielt hierin fest: Ein Anspruch auf Alhi bestehe nicht, weil der Kläger nicht bedürftig im Sinne des § 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG sei. Vermögen sei nur dann zum alsbaldigen Erwerb eines Hausgrundstücks bestimmt und aus diesem Grunde nicht im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf Alhi berücksichtigungsfähig, wenn bereits ein Kaufvertrag oder zumindest ein Vorvertrag für den Erwerb eines solchen Grundstücks vorliege und die Verwendung des Vermögens für den vorgesehenen Zweck innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren zu erwarten sei. Da nach Angaben des Klägers bisher weder ein Kauf- noch ein Vorvertrag abgeschlossen sei, sei die Verwertung des Bausparvermögens zumutbar.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Speyer erhoben.
Mit Schreiben vom 19.12.1994 teilte die B. Bausparkasse dem Kläger mit, dass der Bausparvertrag zum 1.3.1995 zugeteilt werde, wenn er die Zuteilung annehme. Der Kläger, der von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) mit Wirkung ab 1.5.1995 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erhält, kaufte am 9.11.1995 zusammen mit seiner Ehefrau eine Eigentumswohnung in M..
Gegenüber dem SG hat der Kläger erklärt, der Bausparvertrag sei mit Hilfe von Ersparnissen von ihm und seiner Ehefrau sowie von Zahlungen aus einer Lebensversicherung angespart worden; demgegenüber seien die ihm aus dem Sozialplan seiner Beschäftigungsfirma, der Firma T. zustehenden Beträge für den laufenden Lebensunterhalt verwandt worden.
Der Kläger hat dem SG eine Bescheinigung des Immoblienmaklers B. aus St. M. vom März 1997 vorgelegt. Darin hatte dieser erklärt, er habe vom Kläger und dessen Ehefrau bereits Anfang 1994 den Auftrag gehabt, eine für sie geeignete Eigentumswohnung zu vermitteln.
Das SG hat die Ehefrau des Klägers, Ch. R., als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des SG vom 18.8.1997 verwiesen.
Durch Urteil vom 18.8.1997 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei nicht zu beanstanden. Der Bausparvertrag des Klägers habe nicht zum alsbaldigen Erwerb einer Eigentumswohnung gedient. Dies gelte sowohl für den Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung auf Alhi am 2.3.1993 als auch für den Zeitpunkt des erneuten Antrags am 16.6.1994. Der Kläger habe nämlich zu diesen Zeitpunkten noch keinen Vor- oder Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung abgeschlossen ge...