Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Klägerin hat ihren Sitz in G… (S…) Sie betreibt dort ein Unternehmen, das der Herstellung und dem "Vertrieb von Tafel-, Haushalt- und Küchengeräten aus Metall, Glas und anderem geeigneten Material, von Erzeugnissen für den Bedarf gastronomischer Betriebe, Krankenhäuser und ähnlicher Versorgungsinstitute sowie von Erzeugnissen, die mit der Betätigung auf den genannten Gebieten zusammenhängen oder sich aus der weiteren Entwicklung ergeben" dient.
Ab 1. Januar 1977 übernahm die Klägerin von einer Firma in S… deren Werk L… (südlich von D…), in dem emailliertes Küchengeschirr hergestellt wird. Mit diesem Werk war die Firma Mitglied bei der Beklagten. Das Werk L… ist seitdem in die Hauptabteilung Roh- und Kochgeschirrfertigung in G… eingegliedert. Die Buchführung und Lohnabrechnung, der Einkauf von Rohstoffen, die Erstellung der Personalpläne sowie der Arbeits- und Produktionspläne erfolgt in G… In L… werden selbst gefertigte Rohgeschirre und von G… gelieferte Rohteile emailliert und die Produkte hauptsächlich an das Zentrallager in G… ausgeliefert.
Mit Schreiben vom 1. Dezember 1976 teilte die Klägerin der Beklagten die Übernahme dieses Werkes mit und erwähnte dabei, sie gehe davon aus, daß die Beigeladene künftig der zuständige Unfallversicherungsträger für das Werk in L… sei. Mit Schreiben vom 13. Dezember 1976 an die Beklagte wies die Beigeladene darauf hin, daß sie den Unfallversicherungsschutz ab 1. Januar 1977 auf das Werk L… erweitern werde.
Mit Bescheid vom 19. Januar 1977 nahm die Beklagte die Klägerin ab 1. Januar 1977 mit deren Werk L… in ihr Unternehmerverzeichnis auf. Den Widerspruch der Klägerin wies sie durch Bescheid vom 3. Januar 1978 zurück, da das Werk L… kein Bestandteil eines Gesamtunternehmens der Klägerin sei.
Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 17. Oktober 1978 den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 1977 und den Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 1978 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Werk L… der Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 1977 der Beigeladenen zu Überweisen. Es hat in den Urteilsgründen u.a. ausgeführt: Das Werk L… sei kein Unternehmen der Klägerin mit dem Sitz in L…, sondern aufgrund seiner wirtschaftlichen und betriebstechnischen Verflechtung mit dem Stammwerk in G… ein unselbständiger Hilfsbetrieb im Rahmen des Unternehmens der Klägerin.
Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 18. Juli 1979 zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt: Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens sei das Werk L… kein selbständiger Betrieb, sondern ein - unselbständiger - Bestandteil des Hauptwerkes der Klägerin in G…, mit dem es zusammen ein Gesamtunternehmen bilde. Das Werk L… sei mit dem Stammwerk (Hauptunternehmen) in G… wirtschaftlich sowie betriebstechnisch eng verbunden, wobei das Hauptunternehmen dem Gesamtunternehmen sein besonderes Gepräge gebe. Den räumlichen Verhältnissen könne angesichts der bestehenden Verkehrsverbindungen und in Anbetracht der zeitgemäßen raumüberwindenden Kommunikationsmittel kein derart entscheidendes Gewicht mehr beigemessen werden, daß trotz der engen betriebstechnischen und wirtschaftlichen Verflechtung des Werks L… mit dem Stammwerk in G… das Bestehen eines Gesamtunternehmens verneint und in dem Werk L… ein rechtlich selbständiger Betrieb gesehen werden könne. Dies gelte auch für den fehlenden Austausch von Arbeitskräften zwischen dem Stammwerk in G… und dem Werk in L… Die Beklagte habe deshalb das Werk L… an die Beigeladene zum 1. Januar 1977 zu überweisen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt.
Sie trägt u.a. vor: Für die Annahme eines Gesamtunternehmens sei erforderlich, daß die einzelnen Betriebsteile einer einheitlichen Leitung und der Verfügungsgewalt des Unternehmens unterstehen, ferner, daß sie nicht nur einen betriebstechnischen und wirtschaftlichen, sondern auch einen räumlichen Zusammenhang hätten, und schließlich, daß ein regelmäßiger Austausch von Arbeitskräften stattfinde. Ob eine einheitliche Leitung auch für das Werk L… bestehe, könne hier zumindest zweifelhaft sein, denn nach den Feststellungen des LSG habe das Werk L… einen eigenen Betriebsleiter, der nicht nur für die gesamte Betriebsstätte verantwortlich sei, sondern auch Personaleinstellungen auf dem gewerblichen Sektor vornehmen könne. Daß daneben eine zentrale Lohnabrechnungsstelle in G… vorhanden sei, bilde eine zwangsläufige Folge der heutigen Automatisierung. Sie dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die eigentliche Lohnabrechnung (z.B. Einhaltung der Arbeitszeit, Überstunden, Fehlzeiten u.s.w.) ausschließlich im Werk L… vorgenommen werden müsse. Diese Frage bedürfe aber keiner abschließenden Erörterung, da jedenfalls der räumliche Zusammenhang und der regelmäßige Austausch von Arbeitskräften zwischen den einzelnen Betriebsteilen nicht gegeben sei. Die erste und wichtigste Aufgabe einer Berufsgenossenschaft bestehe darin, Unfälle zu verhüten. Ihr sei u.a. zur Pflicht gemacht, durch technische Aufsichtsbeamte die Durchführung der Unfallverhütungsvorschriften zu überwachen, wobei die technischen Aufsichtsbeamten die Mitgliedsunternehmen während der Arbeitszeit besichtigen und kontrollieren dürften. Es liege auf der Hand, daß für die Unfallverhütung und die technische Überwachung des Werkes L… allein die Beklagte in Betracht komme, da die Beigeladene keinen Aufsichtsdienst im Raum D… unterhalte und daß sie sich zu einer wirksamen Kontrolle des technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten bedienen müßte. Soweit es sich um die räumliche Zusammengehörigkeit handele, könne sie sich auch auf die Regelung des § 4 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerfG) stützen. Dort sei ausdrücklich vorgeschrieben, daß Betriebsteile als selbständige Betriebe gelten würden, wenn sie "… räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt" seien. Diese Vorschrift schreibe weiter vor, daß Nebenbetriebe dem Hauptbetrieb zuzuordnen seien, soweit sie die Voraussetzungen des § 1 dieses Gesetzes nicht erfüllten, also nicht mindestens fünf ständige Arbeitnehmer beschäftigten. Das entspreche der Regelung, wie sie seit Jahrzehnten von den gewerblichen Berufsgenossenschaften praktiziert werde. Kleine, abgelegene Verwaltungsstellen bzw. Anlaufstellen und Kleinstbetriebe seien aus Verwaltungs- und Kostengründen dem Hauptbetrieb zugeordnet. Wenn das LSG von dem Erfordernis des räumlichen Zusammenhangs abweichen wollte, hätte es im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht eingehende Feststellungen darüber treffen müssen, auf welche Weise die technische Überwachung des Werkes L… durch die Beigeladene durchgeführt werden sollte. Auch der weiterhin erforderliche regelmäßige Personalaustausch habe seinen guten Grund. Die Geschäftsleitung solle einen persönlichen Überblick über die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer haben. Andererseits sollten die Arbeitnehmer sich persönlich mit ihrem Betrieb verbunden fühlen, was gerade für die Unfallverhütung und Zusammenarbeit mit den Arbeitskollegen unerläßlich sei. Im vorliegenden Fall komme hinzu, daß das Werk L… nicht kontinuierlich mit der Klägerin gewachsen sei, sondern daß die Klägerin dieses Werk aufgekauft habe. Es widerspreche eindeutig dem Grundsatz der Sicherheit und Stetigkeit des Katasterbestandes, wenn mit jedem Wechsel der Konzernspitze bzw. durch Aufkauf von Betrieben jeweils auch die zuständige Berufsgenossenschaft wechseln würde. Vollends verwirrend werde die Sach- und Rechtslage, wenn man sich vorstelle, daß die Klägerin ihrerseits durch einen noch größeren Betrieb aufgekauft würde, der nun seinerseits verlangen würde, daß alle anderen Betriebe nach seinem Unfallversicherungsträger ausgerichtet würden.
Die Beklagte beantragt,das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18. Juli 1979 sowie das Urteil des SG Ulm vom 17. Oktober 1978 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Weil für zutreffend.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,die Revision zurückzuweisen.
Sie führt u.a. aus: Es gehe im Kernpunkt lediglich darum, ob die Betriebsstätte L… bei D… der Klägerin derart wirtschaftlich, betriebstechnisch und organisatorisch mit dem Hauptwerk in G… verflochten und in dieses integriert sei, daß die Produktionsstätte in L… lediglich als "verlängerte Werkbank" anzusehen sei und deshalb katasterrechtlich gar keine selbständige Bedeutung haben könne. Es gehe hier nicht um die Begriffe des Gesamtunternehmens im Sinne von Haupt-, Hilfs- und (fremdartigen) Nebenunternehmen, sondern darum, ob in bezug auf das Stammwerk der Klägerin in G… und der Produktionsstätte ein derart untrennbares Band bestehe, daß beide Betriebsteile nur als einheitliches Unternehmen im katasterrechtlichen Sinne mit den entsprechenden Konsequenzen angesehen werden können. Dies sei jedoch der Fall.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, daß die Beklagte gemäß § 667 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) den Betrieb der Klägerin in L… der Beigeladenen zu überweisen hat.
Die zunächst gemäß § 3 Abs. 1 und § 4 der Satzung der Beklagten gegebene Zuständigkeit der Beklagten für das Unternehmen in L… hat sich durch die Übernahme dieses Unternehmens in das Unternehmen der Klägerin geändert. Die für die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft maßgebende wesentliche Änderung im Sinne des § 667 Abs. 1 RVO (s. u.a. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. - 9. Aufl. S. 514a ff.; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., § 667 Anm. 2 und 3 Buchst. a; Bereiter-Hahn/Schieke, Unfallversicherung, 4. Aufl. § 667 Anm. 1) liegt darin, daß das Unternehmen in L… infolge der Übernahme durch die Klägerin Bestandteil des Unternehmens der Klägerin geworden und dadurch die Beigeladene gemäß § 667 Abs. 1 RVO i.V.m. Abs. 1 und § 4 ihrer Satzung die auch für den Betrieb in L… zuständige Berufsgenossenschaft ist.
§ 647 Abs. 1 RVO enthält eine besondere Zuständigkeitsregel für Bestandteile eines Unternehmens. Bestandteil eines Unternehmens sind Teile des Unternehmens, von denen jeder eine gewisse Selbständigkeit hat. Dient ein Bestandteil den Zwecken des anderen und hat er den Umfang eines Unternehmens, so ist er ein Hilfsunternehmen des anderen. Hat er nicht den Umfang eines Unternehmens, so stellt er Hilfstätigkeiten dar. Dient der eine Bestandteil dagegen nicht den Zwecken des anderen, sondern verfolgt er selbständige Zwecke, so ist er ein Nebenunternehmen des anderen, sofern er den Umfang eines Unternehmens hat. Hat der nicht dienende Teil dagegen nicht den Umfang eines Unternehmens, so stellt er Nebentätigkeiten dar (s. BSGE 39, 112, 116; RVA AN 1921, 157 1935, 280, 281; EuM 17, 88, 89; Brackmann a.a.O. S. 508b; Lauterbach a.a.O. § 645 Anm. 4; Handbuch der Unfallversicherung, Bd. II S. 342; RVO-Mitgliederkommentar, 2. Aufl. § 631 Anm. 2a - 3; Moesle/Rabeling, Unfallversicherung, 3. Aufl., § 631 Anm. 3 - 7; Schulte-Holthausen, Unfallversicherung, 4. Aufl., § 631 Anm. 6 und § 539 Anm. 3; Schraeder/Strich, Die deutsche Unfallversicherung, § 631 Anm. 1 - 3, Fleischauer, ZRR 1922, Spalte 321 - zum Teil kritisch hinsichtlich Hilfsbetrieb und Hilfstätigkeit). Nach der tatsächlichen Feststellungen des LSG dient das Unternehmen in L… dem Unternehmen der Klägerin. Dies ergibt sich insbesondere daraus, daß in L… die von G… gelieferten Rohteile emailliert sowie hauptsächlich zurück an das Zentrallager geliefert werden. Daß das Unternehmen in L… dem Unternehmen der Klägerin in G… dient, reicht allerdings allein nicht aus, um es als Bestandteil im Sinne des § 647 Abs. 1 Satz 1 RVO anzusehen. Der für Hilfs- und Nebenunternehmen gemeinsame Oberbegriff ist der des Gesamtunternehmens. Das Hauptunternehmen ist dabei das Unternehmen, das im Gesamtunternehmen hervortritt. Es gibt ihm "sein besonderes Gepräge und ist maßgebend für seine sozialversicherungsrechtliche Stellung" (RVA AN 1921, 157, 158; BSGE a.a.O.). Daraus folgt aber, daß Hilfs- und Nebenunternehmen im Sinne des § 647 Abs. 1 RVO nur innerhalb eines Gesamtunternehmens bestehen können, dem das Hauptunternehmen das Gepräge gibt (BSG a.a.O.). Das Unternehmen in L… dient jedoch nicht nur dem Unternehmen der Klägerin, sondern ist Bestandteil des Gesamtunternehmens der Klägerin. Für ein Gesamtunternehmen ist erforderlich, daß die einzelnen Betriebsteile einer einheitlichen Leitung und der Verfügungsgewalt des Unternehmens unterstehen (vgl. Brackmann a.a.O. S. 509 - mit weiteren Nachweisen). Dies ist nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hier der Fall. Es besteht auch ein betriebstechnischer und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Hauptunternehmen in G… mit seinen ca. 5.000 Beschäftigten und dem Unternehmen in L… (ca. 130 Beschäftigte). Dieses Unternehmen ist nach dem Organisationsplan in eine Hauptabteilung des Unternehmens in G… eingegliedert. Dort erfolgt auch die gesamte Buchführung und Lohnabrechnung. Mit Recht hat das LSG ausgeführt, daß die Befugnis des Betriebsleiters in L… auf dem gewerblichen Sektor Personal einzustellen, eine einheitliche Unternehmensleitung nicht in Frage stellt, zumal da dies nur im Rahmen des in G… genehmigten Personalplans zulässig ist. Ebenso ist es entgegen der Auffassung der Revision nicht entscheidend, daß das Einhalten der Arbeitszeit sowie das Ableisten von Überstunden und die Fehlzeiten nur in L überprüft werden können; denn dies ist selbst bei räumlich zusammenhängenden Betrieben der Fall. Beweiserhebungen hierüber bedarf es entgegen der Ansicht der Revision nicht. Ebenso werden in G… auch für das Unternehmen in L… die Arbeits- und Produktionspläne im Rahmen der Planung für das Gesamtunternehmen aufgestellt. Das Rohmaterial wird gleichfalls im Unternehmen G… auch für den Betrieb in L… eingekauft. Die Produkte in L… werden hauptsächlich an das Zentrallager in G… ausgeliefert.
Die Beklagte weist allerdings zutreffend darauf hin, daß als weitere Merkmale eines Gesamtunternehmers der räumliche Zusammenhang und der Austausch von Arbeitskräften zwischen den Betrieben angesehen werden (vgl. Brackmann a.a.O. S. 509 mit weiteren Nachweisen und die von der Revision zitierte Entscheidung der Schiedsstelle in BG 1939, 149, 151). Es kann dahinstehen, ob diese Merkmale in der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts (RVA) und in den Entscheidungen der Schiedsstelle nicht vornehmlich für die Fälle Bedeutung erlangten, in denen die Zugehörigkeit von Nebenbetrieben zu einem Gesamtunternehmen im Streit stand. Die Voraussetzungen des § 647 RVO sind jedenfalls von den Umständen des Einzelfalles abhängig, wobei eine lebensnahe Betrachtung entscheidet (Brackmann a.a.O. S. 510). Bei der erforderlichen Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles sind zwar auch der räumliche Zusammenhang und der Austausch von Arbeitskräften bedeutsam; fehlen sie, so schließt dies aber unter Würdigung anderer Umstände die Annahme eines Gesamtunternehmens allein nicht aus. Dabei ist zu beachten, daß auch im Schrifttum mit Recht hervorgehoben wird, angesichts der modernen Verkehrs- und sonstigen raumüberwindenden Kommunikationsmittel dürfe an das Erfordernis des räumlichen Zusammenhanges kein zu enger Maßstab angelegt werden (Brackmann a.a.O.; Teutsch, das Gesamtunternehmen und seine Teile in der gesetzlichen Allgemeinen Unfallversicherung, S. 18, 19; Podzun, BG 1952, 433; a.A. Schröder, BG 1953, 112). Auch die gesamten Verhältnisse des vorliegenden Falles zeigen, daß es für die einheitliche Leitung und die Verfügungsgewalt des Unternehmers sowie den technischen und wirtschaftlichen Zusammenhang keinen entscheidenden Unterschied bildet, ob zwischen Betrieben eine Entfernung von 50 km besteht, bei der auch z.B. Schröder (a.a.O.) noch einen räumlichen Zusammenhang annehmen will, oder ob die Entfernung größer ist. Ebenso ist zu beachten, daß ein ständiger Austausch von Arbeitskräften auch innerhalb eines Gesamtunternehmens nicht nur bei wesentlich geringeren Entfernungen als zwischen G… und L…, sondern auch aus anderen Gründen ausscheiden kann, z.B. wegen der seit der Rechtsprechung des RVA auch insoweit fortentwickelten arbeitsrechtlichen Stellung des Beschäftigten sowie wegen der insbesondere in den letzten
Jahrzehnten verstärkten Spezialisierung, die einen Austausch von Arbeitskräften nicht selten selbst innerhalb verschiedener Abteilungen eines Betriebes kaum noch durchführbar macht. Bereits das RVA hat dem Austausch von Arbeitskräften nicht die entscheidende Bedeutung beigemessen. So hat es in seiner grundlegenden Entscheidung in AN 1921, 157, 158 einen Fuhrwerksbetrieb als Hilfsbetrieb eines Bauunternehmens (Hauptbetrieb) angesehen, obgleich - vom RVA auch nicht erwähnt - ein regelmäßiger Austausch von Arbeitskräften praktisch kaum durchführbar war. Die von der Revision angeführten Gründe für einen regelmäßigen Austausch von Arbeitskräften innerhalb eines Gesamtunternehmens mögen aus Gründen der Personalplanung und Personalführung bedeutsam sein, für die Frage der Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft für ein Hilfsunternehmen sind sie nicht entscheidend. Gegen eine sich daraus ergebende Zuständigkeit der Beigeladenen spricht auch nicht, wie die Revision meint, daß die den Berufsgenossenschaften auferlegte Kontrolle der Unfallverhütung hinsichtlich des Werkes in L… für die Beigeladene zeitlich und finanziell aufwendiger als bei Kontrollen in ihr durch § 4 der Satzung festgelegten allgemeinen Zuständigkeitsbereich sein dürfte. Daß sie ihren Pflichten im Rahmen der Unfallverhütung in L… nicht nachkommen kann, ist auch von der Beklagten nicht dargelegt. Auch der Hinweis der Revision auf § 4 BetrVerfG rechtfertigt keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, daß in die RVO eine entsprechende Fiktion, wonach Betriebsteile als selbständige Betriebe gelten, wenn sie räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, nicht aufgenommen wurde, regelt § 4 BetrVerfG die Abgrenzung Betriebsteil und selbständiger Betrieb unter dem mit der Zuständigkeit von Berufsgenossenschaften nicht vergleichbaren rechtlichen Gesichtspunkt der Bildung von Betriebsräten (vgl. auch BSG SozR 2200 § 245 Nr. 2 - S. 8 -). Deshalb wird auch eine von der Revision aus § 1 BetrVerfG gefolgerte geringe Personalstärke des Hilfs- oder Nebenbetriebes in Rechtsprechung und Schrifttum für § 647 RVO - soweit ersichtlich nicht gefordert. Schließlich widerspricht die auch vom Senat geteilte Auffassung, daß das Unternehmen in L… ein Hilfsunternehmen im Gesamtunternehmen der Klägerin ist, nicht der Sicherheit und Stetigkeit des Katasterbestandes. Weshalb die Sicherheit berührt sein soll, ist nicht ersichtlich. Die Stetigkeit des Katasterbestandes hat nach § 667 RVO zurückzutreten, wenn sich die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft ändert. Die Entscheidung des Senats betrifft auch weder den Fall des Wechsels in der Konzernspitze noch ist sie allein darauf gestützt, daß die Klägerin das Unternehmen in L… erworben hat, sondern beruht darauf, daß nach dem Ankauf das Unternehmen in L…, dieses innerhalb des Gesamtunternehmens der Klägerin ein Hilfsbetrieb des Hauptbetriebes geworden ist.
Entsprechend dem Antrag der Klägerin und in Übereinstimmung mit der Vereinbarung zwischen den gewerblichen Berufsgenossenschaften (vgl. Rundschreiben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften HV 57/76, abgedruckt bei Lauterbach a.a.O. § 668 Anm. 6 Buchst. a) haben die Vorinstanzen mit Recht als maßgebenden Zeitpunkt der Überweisung den 1. Januar 1977 angesehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen
Haufe-Index 518600 |
BSGE, 283 |