Leitsatz (redaktionell)

DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 5 Abs 1 S 4 vpm 1968-02-28 enthält - innerhalb des durch die frühere Vorschrift gegebenen Auslegungsrahmens - ohne sachlich-rechtliche Änderung eine lediglich zur Behebung von Auslegungszweifeln bestimmte "erläuternde Definition" des Begriffs der dem erfolgreichen Besuch einer Mittelschule gleichwertigen Schulausbildung. Die Vorschrift bedeutet deshalb auch keine die Anspruchsvoraussetzungen einschränkende Änderung des Rechtszustandes, sondern eine im Interesse der Rechtssicherheit gebotene Klarstellung eines Rechtsbegriffs und insbesondere keinen Eingriff in die durch DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 5 Abs 1 vom 1964-07-30 gewährleistete Rechtsstellung, die zuungunsten des Versorgungsberechtigten hätte geschmälert werden sollen.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 3 DV § 5 Abs 1 Fassung: 1964-07-30; BVG § 30 Abs 3 u 4 DV § 5 Abs. 1 S. 4 Fassung: 1968-02-28

 

Tenor

Die Sprungrevision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 21. August 1969 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Die Klägerin erhält als Witwe des im Dezember 1944 in russischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen A Sch (Sch.) Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Sch. hatte von 1910 bis 1918 die Volksschule besucht und nach der vorgeschriebenen Lehrzeit sowie dem Besuch der landwirtschaftlichen Schule in O in den Wintersemestern 1921/22 und 1922/23 am 8. Oktober 1923 als Landwirtschaftslehrling die Prüfung mit der Note gut bis sehr gut bestanden. Anschließend war er Verwalter landwirtschaftlicher Güter und von 1933 bis 1939 Pächter einer Mühle, zu der eine Landwirtschaft von 60 Morgen gehörte. Nach dem Kriege sollte Sch. den landwirtschaftlichen Betrieb der Schwiegereltern übernehmen.

Durch Bescheid des Versorgungsamts (VersorgA) vom 23. Februar 1965 wurde der Klägerin Schadensausgleich unter Zugrundelegung eines Durchschnittseinkommens des Sch. als eines selbständig Tätigen mit Volksschulbildung und abgeschlossener Berufsausbildung gemäß § 5 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 unter Zugrundelegung der Besoldungsgruppe A 7 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) gewährt. Aufgrund des Antrages der Klägerin vom 20./23. Januar 1967 und mit Rücksicht auf den Erlaß des Arbeits- und Sozialministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Juni 1965 - II B 2 - 4201.5 -, in dem der erfolgreiche Besuch einer Landwirtschaftsschule dem Abschluß der Realschule als gleichwertig angesehen wurde, erließ das VersorgA am 26. Januar 1967 einen Zugunstenbescheid nach § 40 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG), durch den der Schadensausgleich rückwirkend für die Zeit vom 1. Januar 1964 bis 31. Dezember 1966 unter Zugrundelegung der Besoldungsgruppe A 11 BBesG endgültig festgestellt und die vorläufige Zahlung des sich hiernach ergebenden Betrages ab 1. Januar 1967 angeordnet wurde. Nachdem der Arbeits- und Sozialminister des Landes Nordrhein-Westfalen in dem Erlaß vom 18. April 1968 die Auffassung vertreten hatte, daß gemäß § 5 Abs. 1 Satz 4 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 28. Februar 1968 der Besuch einer Landwirtschaftsschule während zweier Wintersemester nicht mehr dem Realschulabschluß gleichzusetzen sei, wurde mit dem auf § 62 BVG gestützten Bescheid vom 30. Mai 1968 der Schadensausgleich der Klägerin ab 1. Juli 1968 neu festgestellt und hierbei das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 7 BBesG zugrunde gelegt. Der Widerspruch war erfolglos. Mit Bescheid vom 8. Juli 1968 wurde der Schadensausgleich auf der Grundlage eines Durchschnittseinkommens der Besoldungsgruppe A 7 BBesG ab 1. Januar 1967 neu berechnet und für die Zeit bis einschließlich Juli 1968 eine Überzahlung von 2.194,- DM festgestellt. Der auch gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen.

Das Sozialgericht (SG) hat die gegen die Bescheide vom 30. Mai 1968 und 8. Juli 1968 erhobenen Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden, durch Urteil vom 21. August 1969 die Bescheide vom 30. Mai 1968 und 8. Juli 1968 sowie die Widerspruchsbescheide vom 16. August 1968 und 7. Oktober 1968 abgeändert und den Beklagten verurteilt, der Klägerin auch über den 1. Januar 1967 hinaus Schadensausgleich unter Zugrundelegung der Besoldungsgruppe A 11 BBesG zu gewähren. Es hat die Berufung zugelassen und ausgeführt, § 5 Abs. 1 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 28. Februar 1968 - nF - enthalte zwar im Vergleich zu § 5 Abs. 1 der DVO vom 30. Juli 1964 - aF - die Ergänzung, daß eine andere Schulausbildung einer Mittelschulbildung nur dann gleichwertig sei, wenn Abschlußzeugnisse dieses Bildungsganges allgemein und ohne zusätzliche Bedingungen mindestens für das Berufsziel in einem Beruf, der die Grundlage für die selbständige Tätigkeit bilde, wie Abschlußzeugnisse von Mittelschulen gewertet würden. In dieser Ergänzung sei aber nicht eine Änderung des Inhalts des § 5 Abs. 1 DVO aF zu erblicken, der die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 BBesG für selbständig Tätige mit mindestens dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder mit gleichwertiger Schulausbildung und mit abgeschlossener Berufsausbildung vorgesehen habe. Der bisher mehrdeutige und damit auslegungsfähige und -bedürftige Begriff "gleichwertige Schulausbildung" sei nunmehr nur näher umschrieben worden. Der Inhalt der Vorschrift habe aber nicht geändert, eine neue Rechtsgrundlage damit nicht geschaffen werden sollen. Der Verordnungsgeber habe es lediglich für wünschenswert gehalten, durch eine eindeutige und authentische Interpretation des Begriffs "gleichwertige Schulausbildung" eine möglichst gleichmäßige Behandlung aller Beschädigten durch Verwaltung und Gerichte zu gewährleisten. Bei einer bloß authentischen Interpretation - ohne Änderung des Inhalts der Vorschrift - liege eine wesentliche Änderung im Sinne des § 62 BVG nicht vor und sei deshalb für eine Neufeststellung nach § 62 Abs. 1 BVG hinsichtlich des materiell unrichtigen Zugunstenbescheides vom 26. Januar 1967 kein Raum. Dieser Auffassung stünden die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. Juli 1959 (BSG 10, 202 ff) und 12. Oktober 1960 (BVBl 1961, 146 f) nicht entgegen, weil sich in den dort genannten Fällen durch Konkretisierung, Präzisierung und authentische Interpretation die für den Anspruch wesentlichen rechtlichen Grundlagen und damit der Inhalt einer Vorschrift gleichfalls geändert hätten. Im vorliegenden Falle hätte die Prüfung der angefochtenen Bescheide auf § 62 Abs. 1 BVG beschränkt werden müssen, weil die angefochtenen Bescheide keine Wahlfeststellung enthielten, daß entweder die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 BVG oder des § 41 VerwVG vorgelegen hätten; auch sei eine Umdeutung der auf § 62 Abs. 1 BVG beruhenden Bescheide in solche nach § 41 VerwVG unzulässig.

Der Beklagte hat gegen das am 9. September 1969 zugestellte Urteil vom 21. August 1969 am 23. September 1969 Sprungrevision eingelegt und mit der Revisionsschrift die Einwilligungserklärung der Klägerin gemäß § 161 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vorgelegt. Der Beklagte rügt Verletzung der §§ 62, 40 a i. V. m. § 30 Abs. 3, 4, 7 BVG und der §§ 5 Abs. 1, 13 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG idF vom 28. Februar 1968 (nF). Er hat ausgeführt, der Bescheid vom 30. Mai 1968 beruhe auf § 13 Abs. 1 der DVO nF als einer lex specialis gegenüber § 62 BVG. Nach § 13 Abs. 1 der DVO nF sei der Schadensausgleich - ungeachtet der Voraussetzungen des § 62 BVG - neu festzustellen, soweit er durch die DVO eine Änderung erfahren habe. Diese Voraussetzung sei hier dadurch erfüllt, daß nach § 5 Abs. 1 Satz 4 der DVO 1968 der erfolgreiche Besuch einer landwirtschaftlichen Schule während zweier Wintersemester einer Mittelschulbildung nicht mehr habe gleichgesetzt werden können. Im übrigen habe das SG verkannt, daß der Bescheid vom 30. Mai 1968 auch dann rechtmäßig sei, wenn er zwar keine zutreffende Begründung enthalte, aber auf eine andere rechtliche Vorschrift gestützt werden könne. Vorsorglich werde aber auch geltend gemacht, daß die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 BVG gegeben seien. Der in § 5 Abs. 1 der DVO aF enthaltene Begriff der dem erfolgreichen Besuch einer Mittelschule "gleichwertigen Schulausbildung" sei mehrdeutig gewesen. Darunter habe eine Schulausbildung verstanden werden können, die der Hebung der Allgemeinbildung gedient und zu einem allgemeinen, dem Mittelschulabschluß gleichwertigen Bildungsstand geführt habe; es habe darunter aber auch eine Ausbildung verstanden werden können, die im wesentlichen grundlegendes Berufs- und Fachwissen vermittele. Durch § 5 DVO 1968 sei - im Gegensatz zu den die Auslegung des § 30 Abs. 2 BVG betreffenden Entscheidungen des BSG vom 3. November 1961 (BSG 15, 208) und 6. Juli 1962 - 10 RV 807/59 - (SGb 1961, 272) - insofern eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten, als sich die für den Anspruch wesentlichen rechtlichen Grundlagen durch Konkretisierung, Präzisierung und authentische Interpretation geändert hätten (so BSG 10, 202, 204 - Urteil vom 12. Oktober 1960 - 9 RV 374/59 - in BVBl 1961, 146 f). Dabei habe es sich um eine neue normative Regelung und damit um eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse gehandelt (vgl. auch Erlaß des Arbeits- und Sozialministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. Januar 1969 - II B 2 - 4201.5 - (1/69) MinBl NW 1969, 222).

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 21. August 1969 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Sprungrevision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Durch die Rechtsverordnung vom 28. Februar 1968 sei § 5 der DVO hinsichtlich der materiellen Aussage nicht geändert worden. Da keine anderen Anspruchsvoraussetzungen geschaffen worden seien, sondern die "Ergänzung" in § 5 DVO 1968 nur der authentischen Interpretation der Vorschrift gedient habe, sei der Beklagte auch nicht berechtigt gewesen, bei gleichgebliebenen tatsächlichen Verhältnissen den Schadensausgleich nach § 62 Abs. 1 BVG oder § 13 DVO nF abweichend von der Berechnungsgrundlage im Bescheid vom 26. Januar 1967 neu festzustellen.

Da das SG die an sich nach § 148 Nr. 3 SGG nicht gegebene Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG zugelassen und der Beklagte die Revision form- und fristgerecht unter Vorlage der Einwilligungserklärung der Klägerin nach § 161 Abs. 1 SGG eingelegt und begründet hat (§§ 164, 166 SGG), ist die Revision zulässig. Sie ist sachlich aber nicht begründet.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des auf § 62 Abs. 1 BVG gestützten Bescheides vom 30. Mai 1968, mit dem der Schadensausgleich der Klägerin ab 1. Juli 1968 unter Zugrundelegung der Besoldungsgruppe A 7 BBesG neu festgestellt worden ist, und des Bescheides vom 8. Juli 1968, mit dem der Schadensausgleich auf dieser Grundlage ab 1. Januar 1967 neu berechnet wurde. Zutreffend hat das SG festgestellt, daß der Bescheid vom 30. Mai 1968 nur nach § 62 Abs. 1 BVG zu prüfen war. Dies folgt daraus, daß dieser Bescheid keinerlei Wahlfeststellung trifft, insbesondere nicht davon ausgegangen ist, daß entweder eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG vorliege oder der Zugunstenbescheid vom 26. Januar 1967 in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Sinne des § 41 VerwVG unrichtig gewesen sei (BSG 26, 22, 25 f). Es konnten auch nicht zur Begründung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 30. Mai 1968 andere Tatsachen, die diesem Bescheid nicht zugrunde gelegt worden waren, nachgeschoben werden, weil der Verwaltungsakt dadurch nicht nur anstelle einer unzutreffenden Begründung eine andere rechtliche Grundlage erhalten hätte, sondern er nach Voraussetzungen, Inhalt und Wirkungen etwas wesentlich anderes geworden wäre (BSG 7, 8, 12 f). Insbesondere hätten zur etwaigen Anwendung des § 41 VerwVG Tatsachen unterstellt werden müssen (zweifelsfreie Unrichtigkeit des Bescheides vom 26. Januar 1967 in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht), die denjenigen widersprachen, welche dem angefochtenen Verwaltungsakt bei Erlaß zugrunde gelegt worden sind. In einem solchen Falle ist das Nachschieben von Gründen unzulässig (BSG Urteil vom 24. Oktober 1962 - 10 RV 383/60 - in Breithaupt 1963 S. 339). Im vorliegenden Falle wäre nicht die rechtliche Begründung durch eine andere ersetzt worden, sondern ein anderer als der in dem Bescheid vorausgesetzte Sachverhalt wäre einer rechtlichen Prüfung unterzogen worden.

Schließlich konnte der Schadensausgleich auch nicht aufgrund des § 13 Abs. 1 der DVO (nF) zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 28. Februar 1968 (BGBl I 194) neu festgestellt werden, wenn § 5 der DVO (aF) vom 30. Juli 1964 (BGBl I 574) in der hier entscheidenden Frage der einer der Mittelschulbildung gleichwertigen Schulausbildung durch die DVO 1968 inhaltlich, d. h. normativ, keine Änderung erfahren hatte. § 13 DVO nF ist, wie die Überschrift zu dieser Vorschrift besagt, eine Übergangsvorschrift, die nur klarstellen soll, in welchen Fällen der Berufsschadensausgleich oder der Schadensausgleich von Amts wegen oder nur auf Antrag neu festgestellt wird, und von welchem Zeitpunkt an die Zahlung beginnt oder die Minderung oder Entziehung einer bereits gewährten Leistung wirksam wird. Dabei ist aber stets vorausgesetzt, daß der Anspruch auf Berufsschadensausgleich oder Schadensausgleich durch die DVO eine Änderung erfahren hat. Insofern unterscheidet sich § 13 DVO nF nicht von § 62 Abs. 1 BVG und stellt deshalb auch keine selbständige Rechtsgrundlage für eine Neufeststellung des Anspruches dar.

Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt somit davon ab, ob durch die Neufassung des § 5 der DVO nF eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten ist, die für den Erlaß des Zugunstenbescheides vom 26. Januar 1967 maßgebend gewesen sind. Da die tatsächlichen Verhältnisse gleichgeblieben sind, können die Bescheide vom 30. Mai 1968 und 8. Juli 1968 nur Bestand haben, wenn die Neufassung des § 5 der DVO 1968 im Vergleich zu § 5 der DVO 1964 eine für den Anspruch der Klägerin erhebliche - rechtliche - Änderung darstellt. Das SG hat dies verneint. Auch der erkennende Senat hat in dem zur Veröffentlichung im Sozialrecht bestimmten Urteil vom 17. März 1970 - 9 RV 260/69 - grundsätzlich entschieden, daß, soweit § 5 Abs. 1 Satz 4 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG idF vom 28. Februar 1968 über den Begriff der einer Mittelschulbildung gleichwertigen Schulausbildung nähere Bestimmung trifft, dies gegenüber der früheren Fassung keine rechtliche Änderung im Sinne des § 62 Abs. 1 BVG darstellt. Der Senat hat sich hierbei von der Auffassung leiten lassen, daß der in § 5 Abs. 1 der DVO aF verwendete Begriff der einer Mittelschulbildung gleichwertigen Schulausbildung eine hinreichend bestimmte Auslegung und Abgrenzung gegenüber der in dieser Vorschrift unterschiedlich bewerteten Volksschulausbildung einerseits und der abgeschlossenen (oder nicht abgeschlossenen) Berufsausbildung andererseits zuläßt. Die Schulausbildung ist schon in § 5 DVO aF in einen Gegensatz zu der Fachschulausbildung gestellt, die als solche nur eine Berufsausbildung vermittelt. Von dieser grundsätzlichen Unterscheidung des Gesetzes ist deshalb auch die Rechtsprechung des BSG ausgegangen. So hat der erkennende Senat in dem Urteil vom 16. Juli 1968 - 9 RV 382/67 - (BSG in SozR Nr. 1 zu § 5 der DVO vom 30. Juli 1961) auch schon bei der Auslegung des § 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1961 (BGBl I 1115) festgestellt, daß die abgelegte Meisterprüfung - als Berufsausbildung - nicht dem erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder einer gleichwertigen Schulausbildung gleichgestellt werden kann. Der 8. Senat des BSG hat in dem Urteil vom 26. November 1968 - 8 RV 127/68 - (SozR Nr. 3 zu § 5 DVO 1964) unter Hinweis auf dieses Urteil vom 16. Juli 1968 zu dem Unterschied zwischen Fachschulbesuch und Mittelschulbildung Stellung genommen und zu § 5 DVO aF ausgeführt, daß aufgrund dieser Vorschrift diejenigen aus dem Kreis der selbständig Tätigen hervorgehoben werden sollten, die durch eine "Schulausbildung" einen gegenüber der Volksschulbildung höheren Grad der Allgemeinbildung erreicht hätten. Eine andere Schulausbildung könne daher grundsätzlich nur dann als eine mit dem erfolgreichen Besuch einer Mittelschule gleichwertige Schulausbildung angesehen werden, wenn sie der Hebung der allgemeinen Bildung gedient und zu einem allgemeinen Bildungsstand geführt habe, der dem des Mittelschulabschlusses gleichwertig sei. Das bedeute, daß eine Ausbildung, die im wesentlichen nur "Berufswissen oder Fachwissen" vermittele, ... grundsätzlich nicht als eine dem Besuch einer Mittelschule gleichwertige Schulausbildung anzusehen sei. Auch nach dem Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 13. Juni 1967 (BVBl 1967 S. 87 Nr. 47) ist eine gleichwertige Schulausbildung ua nur dann anzunehmen, wenn eine Schulbildung nachgewiesen wird durch Abschlußzeugnisse über den erfolgreichen Besuch von 1.) 6 Klassen einer öffentlichen oder durch die zuständige Behörde anerkannten Höheren Schule, 2.) einer Mittel-(Real-)schule, und des Abschlußzeugnisses, das aufgrund einer durch die zuständige Behörde genehmigten Ordnung der Fremden- (Externen-) Prüfung erlangt ist, 3.) einer Berufsaufbauschule über die Fachschulreife, 4.) einer öffentlichen oder durch die zuständige Behörde anerkannten Berufsfachschule (Handelsschule) mit mindestens zweijährigem Lehrgang. In der Entscheidung des erkennenden Senats vom 8. Oktober 1969 - 9 RV 164/69 -, die die Ausbildung eines Bezirksschornsteinfegermeisters betraf, ist zu § 5 DVO 1964 und zu § 5 DVO 1968 ausgeführt, als Mindesterfordernis für die Gleichstellung mit der Mittelschulbildung komme ua in Betracht, daß der Prüfling einer Fachschule wenigstens - sei es auch nur für eine bestimmte Laufbahn oder ein bestimmtes Studium (etwa an einer Ingenieurschule) - dem erfolgreichen Besucher einer Mittelschule gleichgestellt werde. Die Erlasse des BMA vom 13. Juni 1967 und 18. April 1967 (BVBl 1967 S. 70 Nr. 41) seien für die Auslegung des § 5 Abs. 1 DVO insofern von Bedeutung, als sie im Einklang mit den im Bereich der Schulverwaltung erlassenen Vorschriften die Voraussetzungen für die dem Besuch einer Mittelschule gleichwertige Schulbildung ergäben.

Insoweit enthalte § 5 DVO nur eine Bezugnahme auf die im Bereich der - landesgesetzlichen - Schulverwaltung bestehenden Einrichtungen. In dem Erlaß des BMA vom 13. Juni 1967 sind zwar auch Abschlußzeugnisse einer Berufsaufbauschule über die Fachschulreife und einer öffentlichen oder durch die zuständige Behörde anerkannten Berufsfachschule (Handelsschule) mit mindestens zweijährigem Lehrgang als gleichwertig genannt, ohne daß dabei ausdrücklich oder sonst deutlich erkennbar auf das Erfordernis eines bestimmten Grades der Allgemeinbildung abgestellt wäre. Es muß aber nach dem Sinn und dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 der DVO aF davon ausgegangen werden, daß eine solche Gleichstellung nur dann in Betracht kommen kann, wenn die andere Schule oder auch die Fachschule aufgrund der über den Unterrichtsstoff bestehenden Regelungen der Unterrichtsverwaltung zugleich auch einen der Mittelschulbildung in etwa entsprechenden höheren Grad der Allgemeinbildung vermittelt (vgl. hierzu auch die Rundschreiben des BMA vom 27. Dezember 1965 letzter Absatz - BVBl 1966 S. 10 Nr. 11 - und vom 18. April 1967 - BVBl 1967 S. 70 Nr. 41 - sowie den dort erwähnten Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 16./17. Januar 1964). Mit Recht hat deshalb im Ergebnis der 8. Senat des BSG in dem Urteil vom 18. Juni 1969 - 8 RV 809/67 - angenommen, daß der Besuch der Landwirtschaftsschule mit zwei Wintersemestern (einer sog. Winterschule) dem Besuch einer Mittelschule nicht gleichsteht (vgl. auch Urteil des 8. Senats des BSG vom 9. April 1970 - 8 RV 445/69 -).

Nach § 5 Abs. 1 Satz 4 DVO nF ist eine "andere" Schulbildung einer Mittelschulbildung nur dann gleichwertig, wenn Abschlußzeugnisse dieses Bildungsganges allgemein und ohne zusätzliche Bedingungen "mindestens" für das Berufsziel in einem Beruf, der die Grundlage für die selbständige Tätigkeit bildet, wie Abschlußzeugnisse von Mittelschulen gewertet werden. Damit ist - wie schon in § 5 DVO aF - zunächst zum Ausdruck gebracht, daß die Fachschulausbildung als solche nicht die erforderliche, dem Besuch der Mittelschule gleichwertige allgemeine Schulbildung ersetzen kann, und daß das Abschlußzeugnis der Fachschule nur dann genügt, wenn es in dem Beruf, der die Grundlage für die selbständige Tätigkeit bildet, wie das Abschlußzeugnis einer Mittelschule gewertet wird. Wenigstens insoweit muß also auch hinsichtlich der allgemeinen Schulbildung die durch die Fachschule vermittelte Ausbildung mit dem durch die Mittelschulbildung erlangten Wissen vergleichbar sein. Eine solche "Wertung" und Bewertung entspricht aber den Mindestanforderungen, die insbesondere auch der erkennende Senat schon unabhängig von der in § 5 Abs. 1 DVO nF getroffenen Regelung an den Begriff der einer Mittelschulbildung gleichwertigen Schulausbildung gestellt hat. § 5 Abs. 1 Satz 4 der DVO nF enthält somit - innerhalb des durch die frühere Vorschrift gegebenen Auslegungsrahmens - ohne sachlich-rechtliche Änderung eine lediglich zur Behebung von Auslegungszweifeln bestimmte "erläuternde Definition" des Begriffs der dem erfolgreichen Besuch einer Mittelschule gleichwertigen Schulausbildung. Die Vorschrift bedeutet deshalb auch keine die Anspruchsvoraussetzungen einschränkende Änderung des Rechtszustandes, sondern eine im Interesse der Rechtssicherheit gebotene Klarstellung eines Rechtsbegriffs und insbesondere keinen Eingriff in die durch § 5 Abs. 1 DVO aF gewährleistete Rechtsstellung, die zuungunsten des Versorgungsberechtigten hätte geschmälert werden sollen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Versorgungsbehörde bei Erlaß des Bescheides vom 26. Januar 1967 § 5 DVO aF zutreffend ausgelegt hat; entscheidend ist allein, wie diese Vorschrift objektiv auszulegen war. Da § 5 DVO aF bereits eine der Mittelschulbildung gleichwertige Schulbildung erfordert hatte und § 5 DVO nF hieran grundsätzlich nichts zum Nachteil des Versorgungsberechtigten geändert hat, kann diese Vorschrift auch nicht Rechtsgrundlage für eine Minderung der Versorgungsansprüche des Berechtigten wegen wesentlicher Änderung der - rechtlichen - Verhältnisse nach § 62 BVG sein. Dem steht auch nicht die von der Revision zitierte Entscheidung des erkennenden Senats vom 12. Oktober 1960 - 9 RV 374/59 - (BVBl 1961, S. 146 ff) und auch nicht die Entscheidung des BSG vom 28. Juli 1959 (BSG 10, 202, 203) entgegen. Dort war die Neubewertung von Sachbezügen und des Pauschbetrages für Wäscheverschleiß streitig. Diese Ansprüche waren auf eine neue Rechtsgrundlage dadurch gestellt worden, daß ihre Höhe sich nicht mehr nur noch nach den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften oder nach dem früheren Gesetz richtete, sondern es waren die Ansprüche nunmehr durch Gesetz modifiziert und dadurch auch konkretisiert worden. Während dort der Anspruch normativ neu geregelt, d. h. auf eine sachlich-rechtlich andere Grundlage gestellt wurde, bedeutet § 5 DVO nF keine für den Anspruch der Klägerin materiell erhebliche Änderung des seitherigen Rechtszustandes. Da das SG mit Recht die Bescheide vom 30. Mai 1968 und 8. Juli 1968 aufgehoben hat, war die Sprungrevision des Beklagten gemäß § 170 Abs. 1 SGG als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670451

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