Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Voraussetzung für Ermächtigung einer Hochschulambulanz an einem Psychologischen Universitätsinstitut
Leitsatz (amtlich)
Die Ermächtigung einer Hochschulambulanz an einem Psychologischen Universitätsinstitut setzt das Bestehen einer entsprechenden Untergliederung innerhalb eines Fachs bzw Fachbereichs einer Universität mit dem Studiengang Psychologie sowie die Ausrichtung auf Forschung und Lehre auch auf dem Gebiet der Psychotherapie voraus.
Normenkette
SGB V § 92 Abs. 6a, § 117 Abs. 2 S. 1 Fassung: 2002-04-20; GG Art. 5 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beigeladenen zu 8. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. September 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene zu 8. hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob die klagende Universität Anspruch auf Erteilung einer Institutsermächtigung für psychotherapeutische Behandlungen hat.
Im Dezember 1998 beantragte die Klägerin, ihrer Psychotherapieambulanz die Ermächtigung zu erteilen, für Zwecke der Forschung und Lehre psychotherapeutische Behandlungen durchzuführen. Sie verfüge über geeignete Therapieräume. Die Leitung werde die Psychologische Psychotherapeutin und Supervisorin Prof. Dr. S.… innehaben. In dieser Institution seien bereits seit Ende der 80er-Jahre gesetzlich Versicherte in einem Umfang von ca 1.500 Stunden im Wege der so genannten Kostenerstattung behandelt worden.
Der Zulassungsausschuss erteilte die Ermächtigung für ambulante psychotherapeutische Behandlungen in dem für Lehre und Forschung erforderlichen Umfang für Versicherte und für die in § 75 Abs 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) genannten Personen, beschränkt auf 40 Behandlungsfälle je Quartal und auf Behandlungsverfahren, die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 92 Abs 6a SGB V anerkannt sind, unter der Verantwortung eines Psychologischen Psychotherapeuten, der die Voraussetzungen der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung erfüllt (Bescheid vom 27. Oktober 1999).
Die zu 8. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) erhob Widerspruch gegen die Ermächtigung. Die Voraussetzungen des § 117 Abs 2 SGB V lägen nicht vor. Es handele sich weder um eine poliklinische Institutsambulanz an einem Psychologischen Universitätsinstitut noch um eine Ausbildungsstätte gemäß § 6 Psychotherapeutengesetz (PsychThG). Der beklagte Berufungsausschuss gab dem Widerspruch statt; er hob den Bescheid des Zulassungsausschusses auf und lehnte sinngemäß den Ermächtigungsantrag ab (Bescheid vom 21. Juli 2000). Zur Begründung führte er aus, eine organisatorische Einheit oder Einrichtung, in der Psychotherapeuten ausgebildet und/oder Forschung auf dem Gebiet der Psychotherapie betrieben würden und die als Psychologisches Universitätsinstitut gemäß § 117 Abs 2 SGB V angesehen werden könne, bestehe nicht. Es genüge nicht, dass die dort seit langem unterhaltene Ambulanz Teil der Ausbildung in Bochum sei, wie die Klägerin ausführe, und dass sich Vorlesungen und Seminare im Fach Psychologie auch mit Psychotherapie befassten.
Im Gerichtsverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, die Ermächtigung auf Grund des § 117 Abs 2 SGB V sei nicht auf Institutsambulanzen im Sinne des hochschulgesetzlichen Begriffs und Ausbildungsstätten gemäß § 6 PsychThG beschränkt. Vielmehr reiche die an ihrer Universität bestehende Ambulanz aus. Diese gehöre zum Arbeitsbereich Klinische Psychologie, der im Rahmen des Fachs Psychologie dem Fachbereich Erziehungswissenschaften zugeordnet sei. Dort würden Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Psychotherapie in Form von Fallseminaren unter Einbeziehung von Patientenbehandlungen im Verfahren der Verhaltenstherapie auf Grund von Kostenzusagen der Krankenkassen betrieben. Die Beigeladene zu 8. hat erwidert, es bestehe keine Hochschulklinik und auch keine Hochschulambulanz. Weder der Arbeitsbereich Klinische Psychologie noch der zugehörige Bereich für ambulante Behandlungen stelle eine besondere organisatorische Einheit im Sinne eines Psychologischen Universitätsinstituts dar. Es würden auch nicht Psychotherapeuten ausgebildet, und es werde nicht auf dem Gebiet der Psychotherapie geforscht. Ferner fehlten behandlungsbefugte Personen mit den dafür erforderlichen Kenntnissen; die Studenten kämen dafür nicht in Betracht, zumal die Studienordnung keine Ausbildung in der Krankenbehandlung vorsehe.
Das Sozialgericht (SG) hat den Beschluss des Beklagten aufgehoben und den Widerspruch der Beigeladenen zu 8. zurückgewiesen, mithin die vom Zulassungsausschuss ausgesprochene Ermächtigung wiederhergestellt (Urteil vom 31. Oktober 2001). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beigeladenen zu 8. zurückgewiesen und den Ermächtigungstenor des Zulassungsausschusses zur Klarstellung dahin neu gefasst, die psychotherapeutischen Behandlungen müssten in Behandlungsverfahren erfolgen, die der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anerkannt habe, und Psychologische Psychotherapeuten müssten die Krankenbehandlungen durchführen (Urteil vom 11. September 2002). Zur Begründung haben die Gerichte ausgeführt, § 117 Abs 2 SGB V solle in weitestem Sinne die Forschung und Lehre von Hochschuleinrichtungen auf dem Gebiet der Psychologie sichern. Eine Institutsambulanz an einem Psychologischen Universitätsinstitut sei hier durch die Arbeitseinheit Klinische Psychologie gegeben. Eine Anbindung an eine Hochschul“klinik” sei nicht erforderlich, weil § 117 Abs 2 SGB V in ausdrücklicher Abweichung von Abs 1 auch Ambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten nenne. Die Ambulanz müsse aber organisatorisch so gestaltet sein, dass Ausbildung oder Forschung auf dem Gebiet der Psychotherapie betrieben werde. Dies sei vorliegend der Fall, wie in der Verhandlung klargestellt worden sei. Unschädlich sei die Bezeichnung als “Arbeitseinheit Klinische Psychologie”, solange sie als Einrichtung im Rahmen der universitären Organisation anerkannt und der Arbeitsbereich (in anderen Universitäten als Institut bezeichnet) ein eigenständiges Fachgebiet sei. In der Verhandlung sei auch klargestellt worden, dass Frau Prof. Dr. S., Frau Dr. E.… und Frau Dipl.-Psychologin H.… die Voraussetzungen nach dem PsychThG und nach den Psychotherapie-Vereinbarungen zur Erbringung und Abrechnung psychotherapeutischer Leistungen an gesetzlich Krankenversicherten erfüllten. Die Behandler müssten über Kenntnisse im Bereich der Krankenbehandlung verfügen; Studenten dürften psychotherapeutische Behandlungen nicht durchführen, sondern nur im Rahmen ihrer Ausbildung dabei anwesend sein, soweit Versicherte damit einverstanden seien.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene zu 8. weiterhin gegen die Erteilung der Ermächtigung gemäß § 117 Abs 2 SGB V. Die Klägerin verfüge nicht über eine poliklinische Instituts- oder Hochschulambulanz. Es fehle an einer Einrichtung der Universität. Dafür wäre nach den Regelungen des Hochschulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (HochschG) ein Beschluss des Rektorats, Fachbereichsrats oder Senats erforderlich. Die Unterschrift des Justiziars unter dem Ermächtigungsantrag reiche nicht aus. Zudem hätte der klinische Vorstand gehört werden müssen. Die Qualifizierung als Institut setze die Bildung einer entsprechenden Betriebseinheit voraus; die früheren Regelungen, die im Zeitpunkt der Schaffung des Arbeitsbereichs gegolten hätten, hätten sogar die Zustimmung des Senats erfordert. Für ein Hochschul“institut” als kleinste universitäre Einheit bzw wissenschaftliche Betriebseinheit genüge eine Person nicht, sodass der hier in Frage stehende, nur durch Frau Prof. Dr. S.… betriebene Arbeitsbereich den Charakter einer Privatambulanz habe. Seine Funktion als Einrichtung für die praktische Ausbildung Psychologischer Psychotherapeuten in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum reiche nicht aus, denn Ermächtigungen gemäß § 117 SGB V könnten für externe Arbeitseinheiten ebenso wenig wie für Lehrkrankenhäuser erteilt werden. Ferner fehlten Sicherungen gegen Behandlungen durch Studenten und Doktoranden, die nach Angaben von Frau Prof. Dr. S.… Diagnose- und Behandlungspläne erstellten sowie an der Durchführung von Psychotherapien beteiligt seien. Im Übrigen erstrecke sich der Lehrinhalt des Psychologie-Studiums nicht auf Verhaltenstherapie, deren Kenntnisse erst postgradual vermittelt würden.
Die Beigeladene zu 8. und der Beklagte beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. September 2002 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31. Oktober 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 8. zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil. Wie vom LSG festgestellt, seien die Voraussetzungen für eine Ermächtigung gemäß § 117 Abs 2 SGB V gegeben.
Die übrigen Beteiligten haben weder einen Antrag gestellt noch eine Stellungnahme abgegeben.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beigeladenen zu 8. hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig (zur Anfechtungsbefugnis der KÄVen s zuletzt BSG, Urteil vom 5. Februar 2003 – B 6 KA 26/02 R –, SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 15 mwN), aber unbegründet. Das LSG hat zutreffend die Voraussetzungen der Erteilung einer Institutsermächtigung für psychotherapeutische Behandlungen gemäß § 117 Abs 2 SGB V als gegeben angesehen.
Nach § 117 Abs 2 Satz 1 SGB V in der seit dem 1. Januar 2003 geltenden Neufassung (durch das Fallpauschalengesetz vom 23. April 2002, BGBl I 1412; – mit weiteren hier nicht wesentlichen und auch nicht zu berücksichtigenden Änderungen ab 1. Januar 2004 durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003, BGBl I 2190) werden Hochschulambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten im Rahmen des für Forschung und Lehre erforderlichen Umfangs (und – was vorliegend nicht einschlägig ist – Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 PsychThG) zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs 3 SGB V genannten Personen ermächtigt. Dies kann allerdings nur für Behandlungsverfahren erfolgen, die der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs 6a SGB V anerkannt hat, sowie nur unter der Voraussetzung, dass die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung fachlich qualifiziert sind. Im Rahmen der Ermächtigung sind Fallzahlbegrenzungen vorzusehen. – Die frühere, bis zum 31. Dezember 2002 gültige Fassung (vom 16. Juni 1998, BGBl I 1311) enthielt statt des Begriffs der “Hochschulambulanzen” noch denjenigen der “poliklinischen Institutsambulanzen”.
Im vorliegenden Fall ist die heutige Fassung des § 117 Abs 2 Satz 1 SGB V maßgebend. Denn dem Rechtsstreit liegt ein Vornahmebegehren der Klägerin zu Grunde, bei dem grundsätzlich Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und Rechtsänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Rechtsprüfungsinstanz beachtlich sind (in diesem Sinne zB Lüdtke in Binder/Bolay ua, SGG, 2003, § 163 RdNr 11, § 170 RdNr 5; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl 2003, § 113 RdNr 218, § 137 RdNr 2; s auch Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 162 RdNr 8d). Zwar kann in Fällen der vorliegenden Art auch der früheren Fassung des § 117 Abs 2 SGB V noch Bedeutung zukommen. Denn es liegt eine Drittanfechtung vor, mit der die (drittanfechtende) KÄV die der Klägerin bereits am 27. Oktober 1999 vom Zulassungsausschuss erteilte und vom LSG als rechtmäßig beurteilte Ermächtigung beseitigen will. Insofern stellt sich die Situation für die Klägerin als Beseitigung einer ihr schon erteilten Begünstigung dar, dh es steht für sie die Abwehr einer Belastung in Frage. In solchen Situationen hat entsprechend den Grundsätzen zu Abwehrklagen auch die frühere Rechtslage Bedeutung. Unter Einbeziehung dieses Aspekts sind vorliegend beide Fassungen – sowohl die frühere als auch die neue Gesetzesfassung – zu berücksichtigen, in der Weise, dass die Klägerin die vom Zulassungsausschuss erteilte (und vom LSG als rechtmäßig beurteilte) Ermächtigung beanspruchen und behalten kann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür entweder nach der früheren – im Erteilungszeitpunkt geltenden – oder nach der späteren – im Zeitpunkt der revisionsgerichtlichen Verhandlung geltenden – Fassung vorliegen (so genannte Meistbegünstigung – Kopp/Schenke, aaO, § 113 RdNr 220, 221, 223; Jörg Schmidt in Eyermann, VwGO, 11. Aufl 2000, § 113 RdNr 45 am Ende, 46 am Ende, 57). Da für die Klägerin die neue Fassung günstiger als die frühere ist (weil die Änderung von “poliklinischer Institutsambulanz” in “Hochschulambulanz” klarstellt, dass es sich jedenfalls nicht um eine “klinische” Einrichtung handeln muss), reicht hier – entsprechend der “Meistbegünstigung” – eine Beurteilung allein auf der Grundlage der Neufassung aus.
Die Klägerin hat Anspruch auf Erteilung einer Ermächtigung gemäß § 117 Abs 2 SGB V. Denn der in ihrer Einrichtung vorhandene psychotherapeutische Arbeitsbereich ist eine “Hochschulambulanz an einem Psychologischen Universitätsinstitut”, die im Zusammenhang mit Forschung und Lehre ambulante psychotherapeutische Behandlungen bei gesetzlich Versicherten und den in § 75 Abs 3 SGB V genannten Personen durchführt. Erfüllt sind zudem die weiteren Erfordernisse eines Behandlungsverfahrens, das der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs 6a SGB V anerkannt hat, und der Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Versorgung erfüllen.
Für das Bestehen eines “Psychologischen Universitätsinstituts”, dem die Hochschulambulanz angegliedert ist, ist erforderlich, dass ein Studiengang der Psychologie eingerichtet ist, in dem die Ausbildung zum Diplom-Psychologen stattfindet. Ob hierfür ein eigenständiger Fachbereich besteht oder ob dies in einen umfassenderen Gesamtfachbereich eingegliedert ist, ist ebenso wenig entscheidend wie die Frage, ob dieser Bereich die Bezeichnung Institut trägt und ob er ein solches im Sinne des Landeshochschulgesetzes darstellt. Diese Auslegung berücksichtigt den aus Art 5 Abs 3 Grundgesetz folgenden Grundsatz der Hochschulautonomie (hierzu s BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 25) und entspricht zudem dem Sinn und Zweck des § 117 Abs 2 SGB V, keine hohen formalen Anforderungen an die zu ermächtigenden Einrichtungen zu stellen, um baldmöglichst den Bedarf an universitärer psychologischer Forschung und Lehre zu decken (zu dieser Entstehungsgeschichte s Gesetz vom 16. Juni 1998, BGBl I 1311, iVm BSG aaO RdNr 23 mit Hinweisen auf BT-Drucks 13/9540 S 2 und 13/8035 S 22 f).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe stellt der bei der Klägerin eingerichtete Studiengang der Psychologie ein Psychologisches Universitätsinstitut im Sinne des § 117 Abs 2 SGB V dar. Dort wird der Diplomgrad “Diplom-Psychologin” bzw “Diplom-Psychologe” verliehen (s § 2 der Diplomprüfungsordnung vom 8. Juli 1994, GABl NW II 1995 S 37). Das Fach Psychologie ist neben anderen Fächern (Pädagogik, Sportwissenschaft) dem Fachbereich G “Bildungswissenschaften” zugeordnet. Damit ist ein “Psychologisches Universitätsinstitut” im Sinne des § 117 Abs 2 SGB V gegeben.
Auch die weitere Voraussetzung des § 117 Abs 2 SGB V, dass an diesem Psychologischen Universitätsinstitut eine “Hochschulambulanz” besteht, ist erfüllt. Dies erfordert keine “klinische” Einrichtung, die auf ärztliche Behandlung in einer stationären Einrichtung ausgerichtet ist, wie der Gesetzgeber durch den Begriffswechsel von “poliklinischer Institutsambulanz” zu “Hochschulambulanz” klargestellt hat (s dazu die Gesetzesänderung vom 23. April 2002, BGBl I 1412). Für das Bestehen einer psychotherapeutischen Hochschulambulanz reicht vielmehr aus, dass in der Hochschule ein Arbeitsbereich besteht, in dem psychotherapeutische Behandlungen im Verbund mit den Hochschulaufgaben der Forschung und/oder Lehre durchgeführt werden (s hierzu Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1. Juli 2002, § 117 RdNr 7). Dies ist gegeben. Denn nach den Feststellungen im Berufungsurteil zur tatsächlichen Lage und zum Landesrecht – was beides das Revisionsgericht bindet (§§ 162, 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) – besteht ein Arbeitsbereich “Klinische Psychologie und Psychotherapie”, der sich speziell mit Psychotherapie befasst und hochschulrechtlich die Aufgabe hat, Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Psychologie/Psychotherapie zu betreiben. Durch diesen Arbeitsbereich in der Hochschule, in dem psychotherapeutische Behandlungen durchgeführt werden, verbunden mit Aufgaben der Forschung und/oder Lehre, ist begrifflich eine Hochschulambulanz zu bejahen und liegt zugleich die nach § 117 Abs 2 SGB V erforderliche Ausrichtung auf Forschung und/oder Lehre auf dem Gebiet der Psychotherapie vor.
Ohne Bedeutung ist, ob bzw inwieweit dieser Arbeitsbereich außerdem mit der Ruhr-Universität Bochum bei der Weiterbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten kooperiert und insoweit Ausbildungsfunktionen nach Art eines externen Lehrkrankenhauses wahrnimmt (vgl dazu BT-Drucks 14/7862 S 12, wonach die Funktion als Lehrkrankenhaus nicht ausreiche). Denn dies wäre nur eine zusätzliche Betätigung, die das Bestehen einer Hochschulambulanz an der Universität Wuppertal nicht in Zweifel ziehen könnte. Ein solcher Tätigkeitsbereich für die Universität Bochum bezöge sich zudem nur auf die dortige postgraduale Weiterbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten, die die Aufgabenwahrnehmung im Rahmen der universitären Ausbildung zum Diplom-Psychologen in Wuppertal und den hier bestehenden Zusammenhang mit Forschung und Lehre nicht in Frage stellt.
Erfüllt ist außerdem die in § 117 Abs 2 Satz 1 SGB V vorausgesetzte Ausrichtung auf ambulante psychotherapeutische Behandlungen gesetzlich Versicherter und der in § 75 Abs 3 SGB V genannten Personen. Sie erfolgen, wie gemäß § 117 Abs 2 SGB V zudem erforderlich, in Behandlungsverfahren, die der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs 6a SGB V anerkannt hat. Die Ambulanz der Klägerin befasst sich nämlich ausweislich der Feststellungen im Berufungsurteil mit Verhaltenstherapie, einem durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anerkannten Behandlungsverfahren (s dazu – in den bis 1998 und seit 1999 geltenden Fassungen – die Psychotherapie-Richtlinien, jeweils Abschnitt B I 1.2, iVm den Psychotherapie-Vereinbarungen, hier insbesondere jeweils § 1 Abs 1). In seinem Urteil vom 5. Februar 2003 (SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 18 am Ende) hat der Senat bereits darauf hingewiesen, dass nach der heutigen Rechtslage anders als früher (s dazu Senatsurteil vom 2. Oktober 1996, BSGE 79, 159, 164 ff = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 10 ff) Institutsermächtigungen zur Erbringung verhaltenstherapeutischer Leistungen grundsätzlich zulässig sind.
Ferner ist die Voraussetzung des § 117 Abs 2 Satz 1 SGB V gegeben, dass die Krankenbehandlungen unter der Verantwortung von Personen stattfinden, die für psychotherapeutische Behandlungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung fachlich qualifiziert sind. Dafür sind die Approbation nach § 2 oder § 12 PsychThG und der Fachkundenachweis gemäß § 95c Satz 1 Nr 2 SGB V erforderlich (so zB auch Hencke in Peters aaO, § 117 RdNr 7 am Ende; s ergänzend Stellpflug, PuR 2001, 117, 119). Die Verantwortlichen müssen die Voraussetzungen nach dem PsychThG und den Psychotherapie-Vereinbarungen zur Erbringung und Abrechnung psychotherapeutischer Leistungen an gesetzlich Krankenversicherten erfüllen (s §§ 2, 12 PsychThG, § 95c SGB V iVm § 6 Abs 3 Psychotherapie-Vereinbarungen, § 8 Psychotherapie-Vereinbarungen iVm § 4 Abs 3 PsychTh-APrV – und dazu BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 28). Diese Qualifikationen sind nach den vorinstanzlichen Feststellungen, an die das Revisionsgericht mangels Revisionsrügen entsprechend den Anforderungen des § 163 Halbsatz 2 SGG gebunden ist, sowohl bei Frau Prof. Dr. S.… als auch bei den zudem dort tätigen Frau Dr. E.… und Frau Dipl.-Psych. H.… gegeben. Frau Prof. Dr. S.… hat zusätzlich die gemäß § 8 Psychotherapie-Vereinbarungen iVm § 4 Abs 3 PsychTh-APrV erforderliche Qualifikation als Supervisorin (vgl dazu § 8 Psychotherapie-Vereinbarungen und zB Hess in Kasseler Kommentar, SGB V, Stand Mai 2003, § 117 RdNr 9; Stellpflug, PuR 2001, 117, 119).
Schließlich hat das LSG zu Recht ausgeführt, dass die Beteiligung von Studenten und Doktoranden im Rahmen ihrer Ausbildung unschädlich ist, solange die verantwortliche Durchführung in den Händen der genannten drei qualifizierten Personen bleibt und der Patient dem zustimmt (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 28).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff). Ein Anlass, der Beigeladenen zu 8. auch die Erstattung der Kosten des Beklagten aufzuerlegen, ist nicht gegeben, weil dieser in der Sache unterlegen, die Aufhebung seines Bescheides durch die Vorinstanzen nämlich zu Recht erfolgt ist.
Fundstellen
NZS 2004, 443 |
SozR 4-2500 § 117, Nr.2 |
ZfSSV 2007 |