Leitsatz (amtlich)
Ist während der letzten 5 Jahre vor der Abgabe des Unternehmens die landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit mindestens 20 Monate lang ausschließlich ausgeübt und in der restlichen Zeit des Fünfjahreszeitraumes fortgesetzt worden, so sind die Voraussetzungen des GAL § 41 Abs 1 Buchst d (Fassung: 1969-07-29 und 1972-07-26) auch dann erfüllt, wenn in der restlichen Zeit noch ein anderer Beruf gleichwertig daneben ausgeübt worden ist.
Normenkette
GAL § 41 Abs. 1 Buchst. d Fassung: 1969-07-29, Abs. 1 Buchst. d Fassung: 1972-07-26, Abs. 5 Fassung: 1969-07-29
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. Dezember 1973 aufgehoben und der Rechtsstreit zur neuen Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der im Jahre 1909 geborene Kläger bewirtschaftete - zeitweise von Familienangehörigen unterstützt - ein landwirtschaftliches Unternehmen, dessen Größe in den letzten Jahren zurückging; es umfaßte von April 1964 bis Oktober 1966 rd. 12,6 bzw. 11,6 ha, von November 1966 bis März 1969 rd. 6,6 bzw. 6,7 ha, im Oktober 1969 rd. 4,8 ha und im Zeitpunkt der Abgabe (Dezember 1969) rd. 7,3 ha. Daneben arbeitete der Kläger vom 6. November 1966 bis 12. Juni 1969 als Packer in einer Werkzeugfabrik wöchentlich 40 Stunden und vom 16. Juni 1969 an als Arbeiter in einer Tapetenfabrik wöchentlich 45 Stunden (auf seinen Wunsch in Spätschicht von 16,30 bis 2,00 Uhr).
Seinem im September und nochmals im Dezember 1969 gestellten Antrag auf Landabgaberente fügte der Kläger eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde vom 25. Oktober 1969 bei, in der es hieß, der Kläger habe seit 1. Januar 1941 sein landwirtschaftliches Unternehmen überwiegend im Hauptberuf bis 15. September 1969 bewirtschaftet; er sei seit 7. November 1966 in einem festen Arbeitsverhältnis als Packer bzw. Hilfsarbeiter tätig.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag durch Bescheid vom 26. Februar 1970 ab mit der Begründung, der landwirtschaftliche Betrieb habe bis Oktober 1966 die doppelte Mindesthöhe einer Existenzgrundlage von 7,84 ha überschritten; im übrigen sei nicht nachgewiesen, daß der Kläger in den fünf Jahren vor der Abgabe überwiegend im Hauptberuf landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen sei (§ 41 Abs. 1 Buchst. d des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte - GAL -).
Das Sozialgericht (SG) verurteilte die Beklagte zur Gewährung von Landabgaberente ab 1. Januar 1970. Das Landessozialgericht (LSG) dagegen wies die Klage ab. Nach seiner Ansicht ist der Kläger in dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum (1. Dezember 1964 bis 30. November 1969) nur 23 Monate lang (Dezember 1964 bis Oktober 1966) im Hauptberuf landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen, 37 Monate lang (November 1966 bis November 1969) sei er daneben noch vollbeschäftigter Arbeitnehmer gewesen; er habe also, was Arbeitsaufwand und Einkünfte angehe, in dieser Zeit zwei Berufe zumindest gleichwertig nebeneinander ausgeübt. Damit sei die Voraussetzung des § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL nicht erfüllt. Daran ändere auch die Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde nichts; weder die Alterskasse noch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit seien an deren Inhalt gebunden; ihr liege zudem nicht der maßgebliche Fünfjahreszeitraum vor der Abgabe zugrunde.
Mit der frist- und formgerecht eingelegten - zugelassenen Revision hat der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Im Laufe des Revisionsverfahrens hat er seine Klage beschränkt auf die Zeit vom 1. Januar 1971 an.
Nach Bewilligung des Armenrechts hat er durch seinen Prozeßbevollmächtigten am 5. August 1974 ferner Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Begründungsfrist begehrt und die Revision begründet; er rügt die Verletzung des § 41 GAL. Das LSG habe die in § 41 Abs. 5 enthaltene gesetzliche Beweisregel verkannt. Werde eine Bescheinigung der Gemeinde vorgelegt, seien weitere Beweise nicht nötig und ein Gegenbeweis unzulässig. Aber auch inhaltlich sei die Bescheinigung nicht zu beanstanden; sie schließe den maßgeblichen Fünfjahreszeitraum ein. Die andere berufliche Tätigkeit ab November 1966 sei von der Gemeinde berücksichtigt worden. Auf einen Vergleich der jeweiligen Arbeitszeit oder des jeweiligen Einkommens sei nicht abzustellen; entscheidend sei, welche Tätigkeit nach der örtlichen Anschauung der sozialen Stellung das Gepräge gebe. Selbst wenn man für 37 Monate von zwei gleichwertigen Berufen ausgehe, sei er (der Kläger) doch insgesamt 60 Monate lang im Hauptberuf landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Sie teilt die Rechtsauffassung des LSG. Die vom Kläger abhängig ausgeübte Ganztagsarbeit habe schon zeitlich eine überwiegende Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb ausgeschlossen. Auf die Volksmeinung könne hier nicht abgestellt werden. Zudem könne bei gleichwertigen Berufen nicht der eine im Verhältnis zum anderen als Hauptberuf bezeichnet werden.
Entscheidungsgründe
Dem Kläger ist wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist gemäß § 67 Abs. 1 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Bewilligung des Armenrechts und die Beiordnung eines Rechtsanwalts wurden dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 5. Juli 1974 bekanntgegeben (§ 5 Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes); Wiedereinsetzungsantrag und Revisionsbegründung sind am 5. August 1974 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 67 Abs. 2 SGG beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen. Die Revision ist somit zulässig.
Ob dem Kläger Landabgaberente für die Zeit vom 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1970 zusteht, brauchte der Senat nicht zu prüfen, weil die Klage insoweit zurückgenommen wurde. Im übrigen ist die Revision des Klägers insofern begründet, als der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen ist.
Das LSG hat den Anspruch des Klägers auf Landabgaberente verneint, weil die Voraussetzung des § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL 1969 nicht erfüllt sei. Der Senat vermag dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen; er teilt aber die Ansicht des LSG, daß weder die Beklagte noch die Gerichte an den Inhalt der Bescheinigung der Gemeindebehörde vom 25. Oktober 1969 gebunden sind.
Nach § 41 Abs. 5 GAL wird "der Nachweis zu Abs. 1 Buchst. d durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde geführt". Unabhängig davon, daß die vorliegende Bescheinigung nicht den maßgeblichen Zeitraum der fünf Jahre vor der Abgabe, sondern einen wesentlich längeren Zeitraum umfaßt, enthebt eine derartige Bescheinigung die über die Rentengewährung entscheidende Stelle bei Zweifeln tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht der Verpflichtung, die Anspruchsvoraussetzung des § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL selbständig zu prüfen.
Das GAL kennt seit der Fassung von 1969 in zunehmendem Maße den Nachweis gesetzlicher Tatbestandsmerkmale durch Bescheinigungen anderer Behörden und Stellen als der Alterskasse (vgl. §§ 41 Abs. 3 Satz 2 GAL 1969; 42 Abs. 3 Satz 2 GAL 1971 = § 2 a GAL 1972; 41 Abs. 1 Buchst. e, 42 Abs. 6 Sätze 1 und 2 GAL 1974 und im einzelnen dazu das Urteil des Senats vom heutigen Tage in der Sache 11 RLw 16/73). Damit wird eine schon in anderen Sachgebieten geübte Praxis aufgegriffen. So hatte z.B. § 7 c des Einkommenssteuergesetzes (EStG) idF vom 29. April 1950 (BGBl I 95) bestimmt, der für Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben bedeutsame "Nachweis", daß Wohnungen den Bestimmungen einer Rechtsverordnung entsprechen, werde "durch eine Bescheinigung der für das Wohnungswesen zuständigen Verwaltungsbehörde erbracht". Ähnlich hieß es in § 10 Abs. 4 Satz 1 des Häftlingshilfegesetzes (HHG) idF vom 25. Juli 1960 (BGBl I 579), der für die Gewährung von Leistungen bedeutsame "Nachweis" über das Vorliegen bestimmter gesetzlicher Voraussetzungen und das Nichteingreifen von Ausschließungsgründen sei "durch eine Bescheinigung (der für die Ausstellung zuständigen Behörde) zu erbringen". Sowohl Bundesfinanzhof (BStBl 1954 III, S. 189 und 303) als auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 15, 332; 21, 33) haben dabei eine Bindung der über das Begehren entscheidende Behörde an die von der anderen Behörde erteilte Bescheinigung verneint und das damit begründet, eine solche Bindung bestehe weder allgemein noch sei sie in der konkreten Vorschrift gesetzlich angeordnet worden. Die Bescheinigungen seien damit freilich nicht wertlos; die Sachkunde der erteilenden Behörde böte in der Regel eine ausreichende Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit; in der Regel könne sich daher die entscheidende Behörde mit der Bescheinigung begnügen; nur bei (tatsächlichen oder rechtlichen) Zweifeln sei sie zu eigener Prüfung veranlaßt.
Dem tritt der Senat jedenfalls für die nach § 41 Abs. 5 GAL von den Gemeinden erteilten Bescheinigungen bei. Eine Bindung an sie ist weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck dieser Regelung zu entnehmen. Der Wortlaut ähnelt dem in den angeführten Vorschriften des EStG und HHG ("Nachweis" - "wird geführt" - "wird erbracht" - "ist zu erbringen"). Sinn und Zweck war offenbar, die örtliche Anschauung entscheiden zu lassen, in der Annahme, die Mitbürger hätten hier ein klar erkennbares Urteil (vgl. Noell-Rüller, GAL 1969 S. 64 und Noell GAL 1971 S. 79). Ob dieses Vertrauen gerechtfertigt war, mag dahinstehen; jedenfalls betrifft der "Nachweis" auch in diesem Zusammenhang nicht nur die Feststellung von Tatsachen (vgl. BSG 20,255), sondern außerdem ihre rechtliche Würdigung. Daß der Gesetzgeber aber eine so weitreichende Entscheidung ausschließlich den Gemeinden überlassen wollte, läßt sich nicht annehmen (vgl. die im Ausschuß für Sozialpolitik des Deutschen Bundestages geäußerten Zweifel ob die Gemeinden nicht überfordert seien, Kurzprotokoll der 105. Sitzung vom 4. Juni 1969 S. 26 und 27). Für Alterskasse und Gericht können deshalb die von den Gemeinden erteilten Bescheinigungen nicht bindend sein.
Nach § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL 1969 setzt die Gewährung von Landabgaberente voraus, daß der landwirtschaftliche Unternehmer sein Unternehmen während der letzten fünf Jahre vor der Abgabe "überwiegend im Hauptberuf bewirtschaftet hat". Die Vorschrift wurde im GAL 1972 neu gefaßt; erforderlich ist seitdem, daß der landwirtschaftliche Unternehmer in den genannten fünf Jahren "überwiegend hauptberuflicher landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen ist". Der Gesetzgeber wollte mit der Neuformulierung die Vorschrift inhaltlich nicht verändern; er beabsichtigte nur, die in der Praxis gefundene Auslegung zu bestätigen, daß die landwirtschaftliche Unternehmereigenschaft in den fünf Jahren vor der Unternehmensabgabe nicht durchgehend vorgelegen haben müsse. Dabei ist jedoch nicht zu übersehen, daß der Gesetzgeber sich nunmehr einer Formulierung bedient, die er schon im GAL vom 27. Juli 1957 (GAL 1957) benutzt hat. "Hauptberufliche landwirtschaftliche Unternehmer" waren gemäß der Legaldefinition des § 1 Abs. 4 GAL 1957 alle "diejenigen, deren landwirtschaftliches Unternehmen eine dauerhafte Existenzgrundlage bildet"; nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung (vgl. BSG 16, 279 ff) war nicht zu prüfen, ob die Landwirtschaft als Haupt- oder Nebenberuf betrieben wurde und ob sie die Haupteinnahmequelle gewesen ist. Es bedarf keiner ausführlichen Darlegung, daß § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL in seiner Fassung im GAL 1972, aber auch im GAL 1969 so nicht verstanden werden kann. Das bestätigen die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift. Im Regierungsentwurf des GAL 1969 war gefordert, daß ein landwirtschaftlicher Unternehmer "seinen Lebensunterhalt während der fünf Jahre, die der Abgabe vorausgegangen sind, überwiegend aus den abgegebenen Unternehmen bestritten hat" (BT-Drucks. V (3970); dies wurde auf Empfehlung des Ernährungsausschusses im Sinne des Gesetz gewordenen Wortlauts des GAL 1969 geändert; dabei ging es immer darum, "diejenigen Landwirte, die ihre Unternehmen nicht hauptberuflich bewirtschafteten, d.h. in der Mehrzahl Nebenerwerbslandwirte, von dem Bezug einer Landabgaberente auszuschließen" (Kurzprotokoll des BT-Ausschusses für Sozialpolitik aaO). Die Begriffe "Hauptberuf" in § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL 1969 und "hauptberuflich" im GAL 1972 sind deshalb nicht auf das Vorhandensein einer landwirtschaftlichen Existenzgrundlage im Sinne des § 1 Abs. 4 GAL nF zu beziehen; für ihre Auslegung ist vielmehr maßgebend, ob und in welchem Umfang der landwirtliche Unternehmer noch andere Berufe ausgeübt hat. Solche anderen Berufe können eine unselbständige Beschäftigung oder eine (weitere) selbständige Tätigkeit gewesen sein.
Die Feststellung, ob die landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit Hauptberuf gewesen ist, wird indessen schon fraglich, wenn der andere Beruf nicht deutlich erkennbar als Nebenberuf ausgeübt worden ist. Wie die Hinweise auf die örtliche Anschauung und die Einschaltung der Gemeinden in die Prüfung des Tatbestandsmerkmales des § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL zeigen, liegt dem Gesetzgeber eine Betrachtung fern, die die einzelnen Tätigkeiten genau nach Gewinn (Lohn, Einkommen) und Zeitaufwand abwägt. Die landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit, die immer eine Existenzgrundlage voraussetzt, steht daher grundsätzlich einer vollschichtig ausgeübten Arbeitnehmertätigkeit gleich. Gleichwohl hat der Senat in dem schon erwähnten Fall 11 RLw 16/73 beim Zusammentreffen der landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit mit einer anderen gleichwertigen Tätigkeit - es handelte sich dort um eine andere selbständige Tätigkeit - die landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit nicht als Hauptberuf i.S. des § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL anerkannt. Bestimmend für den Senat war dabei, daß neben den strukturpolitisch orientierten Voraussetzungen der Landabgaberente gerade diese Vorschrift sozialpolitisch bedingt ist; sie soll sicherstellen, daß die Landabgaberente nur landwirtschaftlichen Unternehmern zugutekommt, die in den fünf Jahren vor der Abgabe ihres Unternehmens ihren Lebensunterhalt überwiegend aus der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens bestritten haben. Das trifft nicht zu, wenn ein anderer Beruf, aus dessen Erträgnissen gleichartig Tätige üblicherweise ihren Lebensunterhalt allein bestreiten, in annähernd gleichem Maße zur Bestreitung des Lebensunterhalts beitragen konnte und beigetragen hat.
Im Falle 11 RLw 16/73 sind freilich in den gesamten fünf Jahren von der Unternehmensabgabe beide Berufe gleichwertig nebeneinander ausgeübt worden. Im vorliegenden Falle hat der Kläger jedoch zunächst 23 Monate lang (Dezember 1964 bis Oktober 1966) ausschließlich seine Landwirtschaft betrieben; erst in der anschließenden Zeit ist es zu einer doppelten Berufstätigkeit mit grundsätzlich gleichwertiger Ausübung der landwirtschaftlichen Tätigkeit und der Beschäftigung als Arbeitnehmer gekommen. Für eine derartige Sachlage erscheint es nicht richtig, zunächst für jeden Monat der fünf Jahre vor der Unternehmensabgabe die Frage der hauptberuflichen Tätigkeit isoliert zu klären und dann rein zeitlich die Monate hauptberuflicher landwirtschaftlicher Tätigkeit den Monaten ohne hauptberufliche landwirtschaftliche Tätigkeit gegenüberzustellen. Der Gesetzeswortlaut würde ein solches Vorgehen zwar nicht ausschließen; dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung wird das jedoch nicht gerecht. Der Gesetzgeber stellt ersichtlich auf das Gesamtbild der letzten fünf Jahre vor der Unternehmensabgabe ab. Wie schon dargelegt, kann bei gleichwertig nebeneinander ausgeübten Berufen an sich keiner dem anderen gegenüber als Hauptberuf bezeichnet werden. Ist aber in den maßgebenden fünf Jahren die landwirtschaftliche Tätigkeit jedenfalls eine erhebliche Zeit noch allein ausgeübt worden, so überwiegt sie in der Gesamtschau. Das trifft etwa bei einer Mindestzeit von 20 Monaten (1/3 des Fünfjahreszeitraumes) zu. Wenn alsdann in der restlichen Zeit gleichwertig noch ein anderer Beruf ausgeübt worden ist, so kann insgesamt noch die landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit überwiegend als Hauptberuf angesehen werden. Dafür sprechen im vorliegenden Falle außerdem folgende Erwägungen: Die Möglichkeit der Gewährung von Landabgaberenten wurde vom Gesetzgeber vor allem deshalb geschaffen, um älteren Inhabern kleiner landwirtschaftliche Betriebe das Ausscheiden aus der Landwirtschaft zu erleichtern und die freiwerdenden Flächen der Verbesserung der Agrar- und Infrastruktur nutzbar zu machen. Nicht selten haben aber diese älteren Landwirte den Weg zur Abkehr von der Landwirtschaft in der Weise vollzogen und vollziehen müssen, wie es der Kläger getan hat. Der völligen Abgabe des Unternehmens gingen Phasen voraus, in der der Landwirt zwar schon eine industrielle Beschäftigung - halb- oder vollschichtig - ausgeübt, außerdem aber sein Unternehmen in gleichem oder geringerem Umfang weiter bewirtschaftet hat, obwohl er sich damit außergewöhnlichen Belastungen unterwarf. Das konnte anerkennenswerte Gründe haben, so etwa den, daß er sich als Arbeitnehmer - ohne längere Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung - sozial nicht für ausreichend gesichert hielt. Wenn solche Landwirte nach nicht allzu langer Doppeltätigkeit schließlich doch ihr Unternehmen aufgegeben und es der Strukturverbesserung zugeführt haben, so wäre es nicht gerechtfertigt, ihnen die Landabgaberente zu versagen.
Der Kläger hat in den fünf Jahren vor der Abgabe seinen Lebensunterhalt noch überwiegend aus der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens bestritten. Er hat nicht nur im Hinblick auf die bevorstehende Abgabe seines landwirtschaftlichen Unternehmens lange Zeit eine doppelte berufliche Belastung auf sich genommen, wobei er landwirtschaftlicher Unternehmer geblieben ist; er hat auch 23 Monate lang noch ausschließlich seine Landwirtschaft betrieben; er ist also bei Gesamtbetrachtung des maßgeblichen Fünfjahreszeitraumes überwiegend im Hauptberuf landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen.
Wenn auch somit im vorliegenden Falle entgegen der Auffassung des LSG jedenfalls die Voraussetzung des § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL erfüllt ist, so kann der Senat gleichwohl nicht abschließend entscheiden, weil das LSG - von seiner Rechtsauffassung her berechtigterweise - nicht geprüft hat, ob auch alle anderen gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Landabgaberente ab 1. Januar 1971 gegeben sind. Unter diesen Umständen muß das angefochtene Urteil (soweit es die Zeit ab 1.1.1971 betrifft) aufgehoben und der Rechtsstreit zu neuer Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden; das LSG wird dabei auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen