Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen von 9. April 1974 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Höhe des Beitragssatzes, nach welcher die Nachversicherung für den Beigeladenen durchzuführen ist.
Der im Jahre 1933 geborene Beigeladene war vom 10. Februar 1955 bis 30. Juni 1956 beim Bundesgrenzschutz Polizeivollzugsbeamter auf Widerruf und anschließend bis 9. Februar 1965 bei der Bundeswehr Soldat auf Zeit; während des gesamten Zeitraumes wurden für ihn keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet.
Bei der Nachversicherung des Beigeladenen legte die Klägerin für die Zeit vom 10. Februar 1955 bis 30. Juni 1956 einen Beitragssatz von 11 % und für den anschließenden Zeitraum bis Februar 1965 einen Beitragssatz von 14 % zu Grunde. Die Beklagte war dagegen der Auffassung, daß der Übertritt von Bundesgrenzschutz zur Bundeswehr lediglich einen Wechsel des Ressorts, nicht aber einen Wechsel des Dienstherrn darstelle. Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung im Sinne des § 124 Abs. 1 Satz 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) sei daher der 9. Februar 1965, so daß für die Nachversicherung der Dienstzeit sowohl beim Bundesgrenzschutz als auch bei der Bundeswehr ein Beitragssatz von 14 % maßgeblich sei. Die Beklagte forderte deshalb von der Klägerin eine Nachzahlung von 122,21 DM (Bescheid vom 18. Dezember 1970, Widerspruchsbescheid vom 22. April 1971).
Klage und Berufung der Klägerin blieben ohne Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) bestätigte die übereinstimmenden Rechtsauffassungen der Beklagten und des Sozialgerichts (BG) in wesentlichen mit folgender Begründung: Entgegen der Ansicht der Klägerin könne in dem Übertritt des Beigeladenen vom Bundesgrenzschutz zur Bundeswehr am 1. Juli 1956 kein Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung gemäß § 124 Abs. 1 AVG gesehen werden, weil Dienstherr des Beigeladenen damals weiterhin der Bund geblieben sei. Ein Ausscheiden im Sinne dieser Vorschrift liege grundsätzlich nicht vor, wenn der Dienstherr nicht gewechselt werde, sondern lediglich der Übertritt zu einem anderen Ressort desselben Dienstherrn erfolge. Dies ergebe sich auch unmittelbar aus der in § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG i.V.m. § 9 Abs. 1 AVG getroffenen gesetzlichen Regelung, wonach eine Nachversicherung dann vorzunehmen sei, wenn Personen aus dem Dienst des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände, der Gemeinden usw. ausscheiden. Der Gesetzgeber hätte diese Formulierung dann nicht gewählt, wenn der Nachversicherungsfall schon dadurch ausgelöst würde, daß durch einen Ressortwechsel die Zuständigkeit einer anderen fiskalischen Kasse begründet werde. Schon aus diesem Grunde könne für den Eintritt des Nachversicherungsfalles nicht von Bedeutung sein, ob die Versicherungsfreiheit bei aufeinander folgenden Beschäftigungsverhältnissen auf jeweils unterschiedlichen Bezugsvorschriften – hier: § 6 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 6 AVG – beruhe (Urteil vom 9. April 1974).
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt Verletzungen des materiellen Rechts durch das Berufungsgericht.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Düsseldorf vom 11. Dezember 1972 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 1970 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. April 1971 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Beigeladene ist in Revisionsverfahren nicht durch einen beim Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Prozeßbevollmächtigten (§ 166 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG–) vertreten.
Entscheidungsgründe
II
Die durch Zulassung statthafte Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Das LSG hat zu Recht angenommen, daß der Beigeladene erstmals in Februar 1965 aus der versicherungsfreien Beschäftigung ausgeschieden ist, so daß die versicherungsfreie Zeit bereits vor; 10. Februar 1955 an nach einen einheitlichen Beitragssatz von 14 % in Sinne des § 112 Abs. 1 AVG in der bis zum 31. Dezember 1967 gültigen Fassung nachzuversichern ist (§§ 9, 124. Abs. 1 AVG i.V.m. Art. 2 § 4 Abs. 1 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz –AnVNG–). Ein Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung nach § 124 Abs. 1 AVG kann in der Regel nicht angenommen werden, wenn in öffentlichen Dienst lediglich ein bloßer Laufbahnwechsel mit geänderter Ressortzuständigkeit bei denselben Dienstherrn eintritt. Dies ist nicht nur die allgemeine Meinung in Schrifttum, sondern entspricht auch der Auffassung der Klägerin (vgl. Koch/Hartmann/v. Altrock/Fürst, AVG, Band IV, Teil V, Anm. B II zu § 9 AVG; Hanow/Lehmann/Bogs, Reichsversicherungsordnung –RVO–, 5. Aufl., Anm. – 6 zu § 1232 RVO; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung 5 Band III, S. 626 h III; Verbandskommetar zur RVO, 6. Aufl., Anm. 4. zu § 1232 RVO; Elsholz-Theile, Die gesetzliche Rentenversicherung, Synoptischer Kommentar, Anm. 2 zu § 9 AVG und Anm. 2 b zu § 125 AVG,; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, 5. Aufl., Anm. 4. zu § 1403 RVO/§ 125 AVG; Zimmer, Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, 2. Aufl., Anm. 4 zu § 125 AVG; ebenso Bundesminister des Innern –BMI– von 7.11.1957 – VI B 2 – 64407 B – 1042/57, abgedruckt bei Püllmann-Binz, Wehrdienst und Sozialversicherung, Band 1, S. 373 sowie Erlaß des Bundesministers der Verteidigung –BMVg– von 5.2.1968 in VMBl S. 194, 197 und Neufassung vom 14.2.1973 in VMBl S. 111, 114 unter Nr. 14). Der für ein Ausscheiden im Sinne der genannten Vorschrift in der Hegel erforderliche Wechsel des Dienstherrn kommt indes bei der gesetzlichen Umwandlung des Dienstverhältnisses des Beigeladenen bei der Klägerin am 1. Juli 1956 vom Polizeivollzugsbeamten auf Widerruf zum Soldaten auf Zeit entsprechend den §§ 2 und 5 des Zweiten Gesetzes über den Bundesgrenzschutz vom 30. Mai 1956 (BGBl I 436) nicht in Betracht.
Nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 18. Januar 1962 (BSG 16, 112) könnte allerdings auch ohne tatsächliches Ausscheiden aus einer Beschäftigung beim gleichen Dienstherrn ein für die Berechnung der nachzuentrichtenden Beiträge maßgebender nachversicherungsfall gegeben sein, wenn durch eine Änderung der Rechtslage die bisherige Versicherungsfreiheit wegfällt. Insoweit ist der Revision zwar zuzugeben, daß es für die Zeit vom 1. April 1956 (Inkrafttreten des Soldatengesetzes vom 19. März 1956, BGBl I 114) bis zum Inkrafttreten des § 6 Abs. 1 Nr. 6 AVG am 1. März 1957 (Art. 3 § 7 AnVNG) an ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften fehlte, welche die sozialversicherungsrechtliche Stellung der Berufssoldaten und der Soldaten auf Zeit regelten (vgl. hierzu Jantz-Zweng, Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, 1. Aufl., Anm. IV, S. 281 und Elsholz-Theile aaO, Anm. 7 zu Art. 2 § 4 AnVNG). Gleichwohl ist von der Versicherungsfreiheit des Beigeladenen auch in diesem Zeitraum auszugeben, weil sich nach Art. 2 § 4 Abs. 4, AnVNG bei Soldaten auf Zeit und Berufssoldaten eine Nachversicherung nach § 9 AVG auch auf die Zeit einer Wehrdienstleistung nach dem 31. März 1956 erstreckt. Unter Beachtung dieser besonderen Übergangsregelung kann es nicht darauf ankommen, daß der Beigeladene von seiner versicherungsfreien Beschäftigung als Beamter auf Widerruf (§ 169 Abs. 1 und 2 RVO in der bis zum 28. Februar 1957 geltenden Fassung) am. 1. Juli 1956 in eine „Beschäftigung” als Soldat auf Zeit übergetreten war, die bis zum Inkrafttreten des § 6 Abs. 1 Nr. 6 AVG am 1. März 1957 nicht versicherungspflichtig gewesen ist. Zwei nachzuversichernde Zeiträume schließen sich vielmehr nahtlos aneinander an, so daß bei rückschauender Betrachtung ein durchgehendes Dienstverhältnis beim Bund vorgelegen hat.
Der weitere im Urteil des BSG vom 28. Februar 1967 (BSG 26, 136) entschiedene Ausnahmefall, daß die Nachversicherungspflicht – unter Aufschub der Beitragsentrichtung (§ 125 AVG) – auch dann zu bejahen ist, wenn der Beschäftigte bei ein und denselben Arbeitgeber aus einer an sich arbeiterrentenversicherungspflichtigen in eine an sich angestelltenversicherungspflichtige Beschäftigung übertritt (oder umgekehrt), liegt hier ebenfalls nicht vor. Der Beigeladene gehörte als Polizeivollzugsbeamter auf Widerruf zu einer Berufsgruppe, die an sich der Angestelltenversicherungspflicht unterliegt (vgl. Abschnitt A XVIII Nr. 1 der Bestimmung von Berufsgruppen in der Angestelltenversicherung vom 8.3.1924, RGBl I 274, 410). Deshalb hat der BMI angeordnet, daß im Falle des versorgungslosen Ausscheidens von Polizeivollzugsangehörigen des Bundesgrenzschutzes die Nachversicherung in der Angestelltenversicherung durchzuführen ist (vgl. Erlaß vom 20.12.1954 bei Püllmann-Binz aaO, S. 374/375). Es besteht kein Anhalt dafür, daß der vom Beigeladenen im Anschluß an seine Bundesgrenzschutzzeit ausgeübte Dienst bei der Bundeswehr seiner Art nach nicht ebenfalls eine an sich angestelltenversicherungspflichtige Beschäftigung gewesen ist (vgl. hierzu Koch/Hartmann/v.Altrock/Fürst aaO, Anm. C II 2 zu § 9 AVG). Gegenteiliges wird auch von der Revision nicht vorgetragen. Die Klägerin geht vielmehr selbst davon aus, daß – unter Berücksichtigung des § 9 Abs. 3 AVG- die Dienstzeit des Beigeladenen in der Bundeswehr ebenfalls in der Rentenversicherung der Angestellten nachzuversichern ist.
Nach alledem muß der Revision der Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Unterschriften
Dr. Wannagat, Dr. Schubert, Burger
Fundstellen