Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Beteiligung eines leitenden Krankenhausarztes als Vertragsarzt

 

Orientierungssatz

1. Die durch die Beteiligung erworbene Rechtsposition des Krankenhausarztes steht unter dem Vorbehalt des Widerrufs und erlaubt daher grundsätzlich keine Berufung auf einen Vertrauensschutz.

2. Die Position als erfahrener leitender Krankenhausarzt allein begründet keine Notwendigkeit der Beteiligung iS des § 5 Nr 6 EKV. Wissen und Fähigkeiten müssen sich in einem Leistungsangebot niederschlagen.

3. Wenn die Beteiligung zur Sicherstellung der ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten nicht notwendig ist, darf sie nicht mehr neu ausgesprochen werden. Ein Ermessen beim Ausspruch des Widerrufs könnte daher allenfalls den Sinn haben, daß der durch die mehr oder minder lange ausgeübte Beteiligung gewachsene Bestand geschützt werden kann.

4. Die fehlende Veröffentlichung des Bedarfsplans verhindert zwar eine Kenntnisnahme der breiten Öffentlichkeit, hat aber nichts mit dem Wert des Plans für die Ermittlung des Bedarfs zu tun.

 

Normenkette

EKV-Ä § 5 Nr 6, § 7 Nr 2; BGB § 242 Fassung: 1896-08-18; RVO § 368 Abs 4

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 23.03.1983; Aktenzeichen L 12 Ka 52/81)

SG München (Entscheidung vom 09.04.1981; Aktenzeichen S 32 Ka 335/80)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den teilweisen Widerruf der Beteiligung des Klägers an der ambulanten urologischen Ersatzkassenpraxis.

Der Kläger ist Leiter der Urologischen Abteilung des Städt. Krankenhauses in W. . Mit Bescheid vom 10. November 1976 wurde er für folgende Leistungen an der Ersatzkassenpraxis beteiligt: a) Untersuchung zum Zweck der Krankheitserkennung, c) Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, insbesondere ärztlicher Sachleistungen, soweit diese bei Untersuchungen nach Abschnitt a) nötig sind, d) ambulante Nachuntersuchung nach einer stationären Krankenhausbehandlung im Einvernehmen mit dem behandelnden Kassenarzt. Zu dieser Zeit nahmen in . zwei weitere Urologen an der Ersatzkassenpraxis teil. Die Beteiligungskommission schränkte mit Bescheid vom 26. September 1979 die Beteiligung auf Überweisung durch alle Vertragsärzte ein auf die Durchführung eines im einzelnen aufgeführten Katalogs von besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und die ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung im Einvernehmen mit dem behandelnden Vertragsarzt. Gegen diesen Beschluß legten der Kläger und die Beigeladene zu 1) Widerspruch ein. Die Beklagte hob den Bescheid der Beteiligungskommission auf und widerrief die Beteiligung des Klägers, ausgenommen hinsichtlich des Erbringens folgender Leistungen auf Überweisung durch Vertragsärzte im Planungsbereich W. : Cystometrie, Urethro- bzw. Sphinkterotomie, Elektromyographie des Beckenbodens, dynamische Endoskopie und Ultraschall-Schnittbilduntersuchungen (Bescheid vom 31. Juli 1980).

Die Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG und den Widerspruchsbescheid mit der Maßgabe abgeändert, daß die Beteiligung des Klägers um die Funktionsurographie mit der 100 mm-Serienbildkamera erweitert werde. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen und ausgeführt, aus quantitativen Gründen sei die Beteiligung nicht mehr erforderlich. In W. habe sich am 12. März 1979 ein weiterer Urologe niedergelassen. Nunmehr nähmen in dem Planungsbereich drei Urologen an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten teil, während nach den Planungsrichtlinien nur zwei Gebietsärzte für Urologie ausgewiesen seien. Darin liege eine Änderung im Vergleich zu den Verhältnissen zur Zeit der Beteiligung des Klägers. Es sei auch nicht ersichtlich, daß der Kläger im ambulanten Bereich Leistungen erbringe, welche die niedergelassenen Ärzte nicht erbringen. Die niedergelassenen Ärzte Dr.Z. und Dr.P. hätten dem Gericht auf Befragen mitgeteilt, daß sie die vom Kläger herausgestellten urologischen Leistungen bis auf die im angefochtenen Widerspruchsbescheid aufgeführten Leistungen gleichfalls erbrächten. Auch aus den von der Beigeladenen zu 1) vorgelegten Frequenzstatistiken lasse sich entnehmen, daß der Kläger im wesentlichen keine anderen Leistungen erbringt als die übrigen im dortigen Planungsbereich niedergelassenen Urologen.

Der Kläger hat Revision eingelegt und macht geltend, das LSG habe die Begriffe des Bedürfnisses und seines Wegfalls verkannt. Nach § 7 Abs 2 des Arzt/Ersatzkassenvertrages (EKV) könne die Beteiligung widerrufen werden, wenn das Bedürfnis zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung entfallen sei. Der Wegfall müsse also positiv festgestellt werden. Anderenfalls sei von einer Einschränkung oder vom Widerruf der Beteiligung abzusehen. Entscheidend sei nicht allein die Zahl der jeweils vorhandenen Ärzte, sondern vielmehr, welche Nachfrage nach einer bestimmten medizinischen Leistung bestehe. Das LSG gehe ferner von der Zahl der heute formal zugelassenen Urologen aus und berücksichtige nicht den Hinweis des Klägers, daß einer der in W. niedergelassenen Urologen aus Altersgründen nur noch eine sehr eingeschränkte Praxis führe. Soweit sich das LSG auf den Bedarfsplan stütze, sei die Bedürfnisprüfung unzulässig, denn dieser Maßstab habe der Beteiligung im Jahr 1976 nicht zugrundegelegen. Der Bedarfsplan sei allein für den Bereich der kassenärztlichen Versorgung erlassen worden und diene nur dem Zweck, die kassenärztliche Versorgung in unterversorgten Gebieten sicherzustellen. Schließlich gebe es überhaupt noch keine wissenschaftlich begründete Aussage darüber, wann der Bedarf an ärztlicher Versorgung gedeckt ist. Unzutreffend gehe das LSG davon aus, der Wegfall des qualitativen Bedürfnisses könne in der Weise festgestellt werden, daß die vom Kläger abgerechneten Leistungsziffern mit den von den niedergelassenen Fachkollegen abgerechneten Leistungsziffern verglichen werden. In der Medizin komme es auf Erfahrung und Begabung des Arztes an. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, daß es bei der qualitativen Bedürfnisprüfung nicht darum gehe, ob eine bestimmte Leistung auch vom niedergelassenen Arzt erbracht werde (vgl BSGE 21, 233). Gerade die vom Kläger bisher in umfangreicher Weise erbrachten onkologischen Behandlungen fänden in den abgerechneten Leistungsziffern keinen Niederschlag. Das LSG beurteile zu Unrecht die Aus- und Weiterbildung, die früheren Tätigkeiten und Stellungen des Klägers und seine Publikationen als ungeeignete Kriterien einer qualitativen Bedürfnisprüfung. Wenn Zeugnisse, Anerkennungen von Teilgebietsbezeichnungen, Zusatzbezeichnungen usw unbeachtlich bleiben müßten, ließe sich ein qualitatives Bedürfnis überhaupt nicht nachweisen. Das LSG habe der Anregung des Klägers nicht entsprochen, Beweis über die Röntgenausstattung der in W. niedergelassenen Urologen zu erheben. Dazu habe er vorgebracht, daß die Röntgeneinrichtungen der Kollegen zum Teil den Patienten zu stark belasten, im übrigen aber auch ungeeignet seien, dynamische Abläufe darzustellen und somit eine exakte Diagnose zu stellen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. März 1983, das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. April 1981 sowie die Bescheide vom 26. September 1979 und vom 4. Juli 1980 aufzuheben, hilfsweise, unter Abänderung der angefochtenen Urteile und Bescheide 1. die Beteiligung des Klägers zu belassen für Untersuchungen zum Zwecke der Krankheitserkennung, beschränkt auf, a) die Abklärung der Operationsindikation und der Operabilität, b) die Abklärung eines Tumors, c) die Andrologie, d) die Kinderurologie, 2. für folgende Untersuchungs- und Behandlungsmethoden: a) Funktionsurographie mit der 100 mm-Serienbildkamera, b) Tomographie, c) cystostatische Therapie, d) retrograde Urethromyelographie, e) urologische Nephrologie, f) Kinderurologie, 3. für die ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung im Einvernehmen mit dem behandelnden Vertragsarzt.

Die Beigeladenen beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Die angefochtenen Widerrufsbescheide sind mit der vom LSG hinzugefügten Maßgabe rechtmäßig. Nach § 7 Ziffer 2 EKV-Ärzte ist die Beteiligung zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen. Nach § 5 Ziffer 6 EKV-Ärzte kann ein leitender Krankenhausarzt zur Sicherstellung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten Vertragsarzt werden, wenn die Voraussetzungen nach Ziffer 5b) und 5c) vorliegen. Der in Ziffer 6 genannte Zweck, nämlich die Sicherstellung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung, stellt gleichzeitig eine Voraussetzung für die Beteiligung dar. Nur zur Sicherstellung der Versorgung darf der leitende Arzt beteiligt werden. Wenn die Versorgung bereits durch die niedergelassenen Vertragsärzte sichergestellt ist, verbietet sich die Beteiligung des Krankenhausarztes. Die Beteiligung ist beim Fehlen dieser Voraussetzung zu widerrufen.

Für den Widerruf der Beteiligung nach § 7 Ziffer 2 EKV-Ärzte bedarf es schon nach dem Wortlaut der Bestimmung keiner Änderung der Verhältnisse. Eine solche Änderung ist auch nach Sinn und Zweck der Beteiligung nicht erforderlich. Insbesondere ist es nicht gerechtfertigt, einen Bestandsschutz des Verwaltungsakts der Beteiligung anzunehmen, der nur bei Wegfall einer tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzung beseitigt werden könnte. Durch die Beteiligung erwirbt der Krankenhausarzt eine erheblich eingeschränkte Rechtsposition. Die Beteiligung als Vertragsarzt kann nämlich nach § 5 Ziffer 6 EKV-Ärzte nur ausgesprochen werden, wenn sie notwendig ist, um eine ausreichende - ambulante - ärztliche Versorgung der Versicherten sicherzustellen. In erster Linie ist diese Versorgung den freipraktizierenden Ärzten vorbehalten (BVerfGE 16, 268, 298). Solange und soweit die freipraktizierenden Ärzte in der Lage sind, eine ausreichende und zweckmäßige Krankenpflege zu erbringen, besteht für eine Beteiligung von Krankenhausärzten kein Anlaß. Diese Beteiligung kommt erst bei einer Minderversorgung in Betracht und dient nur dazu, Versorgungslücken zu schließen (BSG SozR 2200 § 368a Reichsversicherungsordnung -RVO- Nr 7). Aus diesen Gründen steht bei der Beteiligung das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im Vordergrund; es geht lediglich mittelbar auch um die Interessen des Krankenhausarztes. Die durch die Beteiligung erworbene Rechtsposition steht unter dem Vorbehalt des Widerrufs und erlaubt daher grundsätzlich keine Berufung auf einen Vertrauensschutz.

Demgemäß genügt es, daß die Voraussetzungen der Beteiligung im Zeitpunkt des Widerrufs nicht vorliegen. Alle Überlegungen und Einwendungen des Klägers, zur Feststellung des Bedarfs im Zeitpunkt seiner Beteiligung, sind deshalb unerheblich.

Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid die Notwendigkeit der Beteiligung des Klägers zur Sicherstellung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten rechtmäßig verneint. Bei dieser Entscheidung hat ihr, soweit genaue Feststellungen nicht möglich oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden sind, ein vom Gericht nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zugestanden. Der Begriff der Notwendigkeit zur Sicherstellung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Er ist zwar durch gesetzliche und vertragliche Bestimmungen weitgehend inhaltlich ausgefüllt (§ 525c Abs 2 RVO iVm § 368g Abs 1 RVO; §§ 1 Ziffer 4, 2 Nr 1 und 2 EKV-Ärzte). Ob das Leistungsangebot der niedergelassenen Ärzte ausreicht, die Beteiligung eines Krankenhausarztes also nicht notwendig ist, hängt aber auch von Faktoren ab, wie zB Anzahl der Ärzte, Krankenhausversorgung, Bevölkerungsdichte und Bevölkerungsstruktur, Art und Umfang der Nachfrage, räumliche Zuordnung aufgrund der Verkehrsverbindungen, die nicht nur jede für sich, sondern auch in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind. Ob und inwieweit eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten durch die niedergelassenen Kassenärzte gewährleistet ist, werden deshalb, soweit dies von derartigen unbestimmten Faktoren abhängt, auch die fachkundigen und ortsnahen Zulassungsinstanzen nur ungefähr sagen können. Insoweit ist die Annahme eines Beurteilungsspielraums mit eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle (vgl dazu BSGE 38, 138, 143 sowie 282, 289 mwN; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, § 7 RdNr 20 ff mwN) gerechtfertigt, so daß die Entscheidungen der Zulassungsinstanzen, die sich im Rahmen der ungefähren Richtigkeit halten, als rechtmäßig angesehen werden müssen. Die Vertragspartner des EKV-Ärzte haben durch die Regelung über die Besetzung der Beteiligungs- und Berufungskommissionen zu erkennen gegeben, daß sie die letzte Entscheidung denjenigen anvertrauen, die es angeht, also den Vertragsärzten und Krankenkassen. Im Rahmen eines solchen Beurteilungsspielraums beschränkt sich die Kontrolle der Gerichte darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Zulassungsinstanzen die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten haben und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, daß im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl BSGE 38, 138, 143 f sowie 282, 289; BVerwGE 39, 197, 204 und 59, 213, 216; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht 1982 § 17 RdNr 46; Erichsen/Mertens, Allgemeines Verwaltungsrecht 6. Auflage § 12 II, 1; Meurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage § 7 RdNr 20 ff).

Der angefochtene Bescheid der Beklagten läßt keinen fehlerhaften Gebrauch des Beurteilungsspielraums erkennen. Hinsichtlich des zahlenmäßigen Bedarfs an Urologen ist die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen, die in W. zugelassenen freipraktizierenden Urologen seien nicht voll ausgelastet; der Bedarfsplan, der ein Soll von zwei Urologen und ein Ist von drei Urologen ausweise, sei ohne Bedenken zugrunde zu legen. Die Beklagte hat damit in Ausfüllung eines Beurteilungsspielraums einen rein zahlenmäßigen Bedarf an Urologen verneint. Dabei ist sie vom richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen und hat auch die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten, es bedurfte hier auch keiner weiteren Darlegung der Subsumtionserwägungen. Nach den Feststellungen des LSG trifft der von der Beklagten angenommene Sachverhalt zu.

Der Einwand des Klägers, der zugrunde gelegte Bedarfsplan sei allein für den Bereich der kassenärztlichen Versorgung erlassen worden, greift nicht durch. Der Bedarfsplan, den die Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄV) insbesondere im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen gemäß § 368 Abs 4 der RVO, angefügt durch das Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetzes vom 28. Dezember 1976 (BGBl I 3871), aufstellen, dient zwar der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung. Da aber die Teilnahme als Vertragsarzt an der ärztlichen Versorgung der Mitglieder der Ersatzkassen und ihrer Angehörigen nur zulässig ist, wenn und solange der Arzt kassenärztliche Tätigkeit ausübt (§ 525c Abs 1 RVO; vgl auch § 5 Ziffer 5 b) EKV-Ärzte), müssen die KÄV'en diesen Bedarf mitberücksichtigen. Sie können nicht einen Bedarf nur für die Mitglieder der RVO-Kassen feststellen.

Gegen die Feststellungen des LSG, daß nunmehr drei Urologen an der gebietsärztlichen Versorgung teilnehmen, richtet sich die Rüge des Klägers, das LSG habe seinen Hinweis unberücksichtigt gelassen, einer der Fachkollegen führe seine Praxis nur noch sehr eingeschränkt. Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Für den derzeitigen Bedarf kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang dieser eine Arzt noch seine Praxistätigkeit ausübt. Die Beklagte und das LSG nehmen einen Bedarf von zwei Gebietsärzten für Urologie im Planungsbereich an. Da aber tatsächlich außer Dr.Sch. noch zwei niedergelassene Urologen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, ist es für die Feststellung der Notwendigkeit der Beteiligung unerheblich, ob dieser Arzt noch voll oder nur eingeschränkt tätig ist. Deshalb kann dahingestellt bleiben, inwieweit der Vertragsarzt überhaupt in erlaubter Weise seine Praxistätigkeit einschränken kann, so daß die Einschränkung bei der Bedarfsplanung berücksichtigt werden müßte.

Der Kläger wendet ein, es gebe keine wissenschaftlich begründbare Aussage darüber, wann der Bedarf an ärztlicher Versorgung gedeckt ist. Damit rügt er keinen für die Entscheidung des LSG erheblichen Verfahrensmangel. Wenn die Meßzahlen der Bedarfsplanungsrichtlinien aufgrund einer Fiktion ermittelt worden sein sollten, dann behauptet der Kläger damit insbesondere nicht, das LSG und die Beklagte hätten durch die Verwendung des Bedarfsplans als Beweismittel gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Er bringt weiter vor, der Bedarfsplan diene anderen Zwecken als der Ermittlung des Bedarfs für die Beteiligung von Krankenhausärzten. Daraus folgt aber nicht, daß das LSG etwa durch die Heranziehung des Bedarfsplans die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten hätte. Die fehlende Veröffentlichung des Bedarfsplans verhindert zwar eine Kenntnisnahme der breiten Öffentlichkeit, hat aber nichts mit dem Wert des Plans für die Ermittlung des Bedarfs zu tun.

Die Beteiligung des Klägers ist auch in qualitativer Hinsicht wegen besonderer von ihm angebotener Leistungen über die ihm belassenen Leistungen hinaus nicht notwendig, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Das LSG hat dazu, soweit die Beteiligung widerrufen worden ist, festgestellt, der Kläger erbringe - mit Ausnahme der Funktionsurographie mit der 10 mm-Serienbildkamera - bei der Diagnose und Behandlung im ambulanten Bereich keine Leistungen, die die niedergelassenen Ärzte nicht erbringen. Er habe insoweit keine besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten, über die alle übrigen im Planungsbereich niedergelassenen Urologen nicht verfügen. Die von ihm dargelegten Leistungen würden auch von allen übrigen Gebietsärzten erbracht, es bestehe insoweit keine Notwendigkeit, ihm die Beteiligung zu belassen.

Aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist rechtlich zu folgern, daß die Beteiligung des Klägers insoweit nicht notwendig war, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Das LSG ist bei diesen Feststellungen nicht von einem rechtsirrtümlichen Verständnis des Bedürfnisses ausgegangen. Die Position des Klägers als erfahrener leitender Krankenhausarzt allein begründet keine Notwendigkeit der Beteiligung iS des § 5 Ziffer 6 EKV-Ärzte. Andererseits kann die Beteiligung nicht schon allein mit dem Hinweis auf das Fachwissen der niedergelassenen Ärzte versagt werden. Es ist vielmehr festzustellen, über welche besonderen Kenntnisse und Erfahrungen sowie über welche apparativen Ausstattungen der leitende Krankenhausarzt verfügt, die zur ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten notwendig sind und von den niedergelassenen Ärzten nicht oder nicht ausreichend abgedeckt werden (BSG SozR 2200 § 368a RVO Nr 7); Kenntnisse und Erfahrungen müssen sich also in einem Leistungsangebot niederschlagen. Deshalb sind Zeugnisse, bisherige Tätigkeit und Positionen des leitenden Krankenhausarztes allein unerheblich, sie können allenfalls die Zulässigkeit der Erbringung bestimmter Leistungen begründen und insoweit bedeutsam sein. Zusätzliche Ermittlungen zur Frage der besonderen Kenntnisse und Erfahrungen des Klägers und zu seinem Leistungsangebot brauchte das LSG nicht anzustellen. Es geht zutreffend von der Regel aus, daß die niedergelassenen Ärzte aufgrund ihres gleichwertigen aktuellen Ausbildungsstandes dem Versorgungsanspruch der Versicherten auch in qualitativer Hinsicht voll entsprechen können.

Nicht zu folgen vermochte der Senat auch der Meinung des Klägers, für die Feststellung des Bedarfs sei der Vergleich der abgerechneten Leistungsziffern ungeeignet. Das LSG hat zur Erforschung des Sachverhalts zwar ebenfalls die Frequenzstatistiken herangezogen. Es hat aber aus dem Ergebnis der Befragung der niedergelassenen Urologen gefolgert, daß diese die vom Kläger herausgestellten Leistungen - mit Ausnahme des bestehenbleibenden Katalogs - gleichfalls erbringen. Deshalb gehen die Ausführungen des Klägers, die abgerechneten Leistungsziffern machten nicht deutlich, welche konkrete ärztliche Leistung hinter der Gebührenziffer stecke, daß es sich zum Beispiel um eine onkologische Behandlung handele, an den Gründen des LSG-Urteils vorbei.

Allerdings mag es sein, daß die behandelnden Hausärzte dem Kläger Patienten nicht mit dem Auftrag überweisen, ganz bestimmte Leistungen durchzuführen. Der Kläger meint, es widerspreche dem Sinn der Beteiligung, wenn dem erfahrenen Mediziner die Patienten nur mit gezieltem Auftrag überwiesen werden könnten. Vielmehr sei seine Behandlung durch Kombination verschiedener Leistungen oder besonders hervorragender Erbringung bestimmter Leistungen erfolgreicher als diejenige anderer Ärzte. Der Kläger verkennt dabei den Zweck der Beteiligung, eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Bei ihren Entscheidungen über die Beteiligung müssen die Zulassungsinstanzen von der Gleichwertigkeit der für einen Leistungsbereich zugelassenen Ärzte, mindestens von der Gleichwertigkeit der einschlägigen Fachärzte ausgehen und davon, daß jeder dieser Ärzte den Patienten eine ausreichende Versorgung bietet. Dazu genügt es, wenn sie Überweisungen an den Kläger mit gezielten Aufträgen vornehmen können, soweit nur er imstande ist, die bestimmte Leistung zu erbringen.

Der Kläger bringt vor, das LSG habe seiner Anregung nicht entsprochen, Beweis zu erheben über die Röntgenausstattung der in W. niedergelassenen Fachurologen. Dies sei unverständlich, denn er habe vorgetragen, daß die Röntgeneinrichtungen der niedergelassenen Urologen zum Teil den Patienten zu stark belasten, im übrigen aber ungeeignet seien, dynamische Abläufe darzustellen und somit eine exakte Diagnose zu liefern. Wenn sich das LSG auf die Entscheidung des BSG vom 14. Dezember 1982 berufe, hätte es berücksichtigen müssen, daß es neben einem Vergleich der Kenntnisse und Erfahrungen auch auf einen Vergleich der apparativen Ausstattung ankomme.

Diese Behauptung des Klägers bezieht sich auf seinen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG, stimmt aber mit der Niederschrift nicht überein. Danach hat der Kläger lediglich ausgeführt, ein Teil der in W. niedergelassenen Urologen setze veraltete Röntgengeräte ein und hat dazu Beweiserhebung über die Röntgenausstattung der Kollegen beantragt. Das LSG hat, indem es diese Beweiserhebung unterlassen hat, keinen Verfahrensmangel begangen. Wenn nur ein Teil der Urologen veraltete Geräte benutzt, wäre deswegen allein nicht die Beteiligung des Krankenhausarztes mit besseren Geräten zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich, denn es wäre nicht gesagt, daß die Versorgung nicht von dem Teil der Kollegen mit den besseren Geräten sichergestellt werden kann.

Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung abweichend vom Protokoll behauptet, er habe vorgetragen, daß die Röntgeneinrichtungen der niedergelassenen Kollegen ungeeignet wären, dynamische Abläufe darzustellen, brauchte der Senat über die Richtigkeit der Behauptung keinen Beweis zu erheben. Der Kläger will mit seinem Vorbringen eine mangelhafte Sachverhaltsaufklärung des LSG rügen (§ 103 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Dafür reicht aber die Revisionsbegründung nicht aus. Nach § 164 Abs 2 Satz 3 SGG muß die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Der Verfahrensmangel einer ungenügenden Sachaufklärung ergibt sich nicht allein aus der Tatsache, daß das LSG einer Beweisanregung nicht gefolgt ist. Welchen Sachverhalt das Gericht aufzuklären hat, bestimmt sich nach seiner - sei es auch unrichtigen - materiell-rechtlichen Auffassung (BSG SozR Nr 40 zu § 103 SGG). Aus der Revisionsbegründung zu einer Verfahrensmängelrüge muß sich daher die Rechtsauffassung des LSG ergeben, nach der es auf die fehlende Tatsachenermittlung ankam. Der Kläger hat dazu nichts vorgetragen. Wenn seinem Vorbringen vielleicht auch entnommen werden kann, daß die ihm zur Verfügung stehenden Röntgenapparate auch dynamische Abläufe darstellen können und den Patienten nicht so stark belasten, so hat doch nach seinem eigenen Vorbringen das LSG anscheinend die apparative Ausstattung gerade nicht für erheblich angesehen. Insbesondere aber unterstellt der Kläger dem LSG an anderer Stelle, es prüfe den Bedarf durch einen Vergleich der abgerechneten Leistungsziffern. Es ist nicht ersichtlich, warum sich das LSG bei dieser Rechtsansicht zu Ermittlungen über die Röntgeneinrichtungen hätte gedrängt fühlen müssen. Jedenfalls wäre es erforderlich gewesen, dazu in der Revisionsbegründung Näheres darzulegen.

Die angefochtenen Bescheide sind schließlich nicht schon deshalb rechtswidrig, weil weder die Beteiligungs- noch die Berufungskommission ein Ermessen ausgeübt hat. Wenn die Voraussetzungen für die Beteiligung nicht mehr vorliegen, ist sie nach § 7 Ziffer 2 EKV-Ärzte zu widerrufen. Dieser Wortlaut der Vorschrift, der anders als § 29 Abs 5 Satz 2 Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ärzte) keinen Hinweis auf einen Ermessensspielraum einräumt, entspricht sowohl dem Sinn der Regelung als auch höherrangigem Recht. Allerdings ist nach dem Wortlaut des § 5 Ziffer 6 EKV-Ärzte die Beteiligung des leitenden Krankenhausarztes anscheinend in das Ermessen der Beteiligungs- und Berufungskommission gestellt, und es wäre unsinnig, ihnen den Widerruf zwingend vorzuschreiben, soweit sie für den Ausspruch der Beteiligung ein Ermessen haben. Die Vorschrift des § 5 Ziffer 6 EKV-Ärzte besagt aber jedenfalls nicht, daß die Beteiligung auch dann nach Ermessen der Zulassungsinstanzen ausgesprochen werden dürfte, wenn sie nicht zur Sicherstellung der ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten notwendig ist. Wie dargelegt, ist diese Notwendigkeit Voraussetzung für die Beteiligung. Dies entspricht der Vorrangigkeit der niedergelassenen Ärzte (BSG SozR 2200 § 368a RVO Nr 7). Wenn also die Beteiligung zur Sicherstellung der ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten nicht notwendig ist, darf sie nicht mehr neu ausgesprochen werden. Ein Ermessen beim Ausspruch des Widerrufs könnte daher allenfalls den Sinn haben, daß der durch die mehr oder minder lange ausgeübte Beteiligung gewachsene Bestand geschützt werden kann. Indessen ist eine Berücksichtigung der Interessen des beteiligten Arztes in dieser Weise rechtsstaatlich nicht geboten und nach dem Sinn der Beteiligungsvorschrift ausgeschlossen. Zur Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung wegen Änderung der Verhältnisse, wird jedenfalls hinsichtlich der Wirkung für die Zukunft kein Ermessen eingeräumt (§ 48 Abs 1 des Sozialgesetzbuches, Verwaltungsverfahren -SGB X-). Einen Bestandsschutz genießt allerdings der Empfänger eines von vornherein rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes; der Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen an der Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs 2 SGB X). Den zuständigen Behörden ist aber in keinem Fall ein Ermessen eingeräumt. Außerdem hat der leitende Krankenhausarzt keinen Grund, auf den Fortbestand der Beteiligung zu vertrauen, denn die Beteiligung dient nur der Ausfüllung von Versorgungslücken, und die Möglichkeit ihres Widerrufs ist von vornherein ausdrücklich vorgesehen.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob sich der leitende Krankenhausarzt unter besonderen Umständen einer Entziehung der Beteiligung mit sofortiger Wirkung widersetzen kann. Wenn etwa der leitende Krankenhausarzt wegen der Beteiligung zwangsläufig Personal beschäftigen mußte, mag es im Einzelfall nicht zulässig sein, ihm die Beteiligung vom einen auf den anderen Tag zu entziehen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger keinen besonderen Umstand vorgetragen, der zu der Prüfung Anlaß geben könnte, ob ihm eine gewisse Übergangszeit eingeräumt werden mußte.

Die Revision ist aus allen diesen Gründen mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1659863

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