Leitsatz (amtlich)
1. Die Rechtsvermutung des BVG § 38 Abs 1 S 2 gilt für den Anspruch auf Hinterbliebenenrente auch dann, wenn der Beschädigte gestorben ist, bevor seine Rechtsnachfolger den Bescheid erhalten haben, in dem die Schädigungsfolgen und die Rente des Beschädigten festgestellt sind.
2. Ein Beschädigter ist auch dann "an" dem "Schädigungsleiden " gestorben, wenn das "Schädigungsleiden" nur eine wesentliche Bedingung (Mitursache) für den Eintritt des Todes infolge eines anderen Leidens ("Todesleiden") gewesen ist.
Normenkette
BVG § 38 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1950-12-20
Tenor
Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 7. Mai 1958 wird aufgehoben; die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Die Klägerin M... B... (Klägerin zu 1.) ist die Witwe des F... B..., die Kläger R... und U... E... (Kläger zu 2.) sind die Kinder der Klägerin zu 1. und des F... B... (B.). 3. war im zweiten Weltkrieg Soldat, geriet bei Kriegsende in französische Gefangenschaft und wurde am 23. September 1946 wegen chronischer Bronchitis und Asthma aus der Gefangenschaft entlassen. Durch Bescheid vom 14. Februar 1947 wurde nach der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 Asthma mittleren Grades als Schädigungsfolge festgestellt, Rente jedoch nicht gewährt, da nur die Versehrtenstufe I vorliege. Am 5. September 1951 beantragte B. Rente wegen Asthma und Lungen-Tbc; er gab an, er befinde sich in einer Heilstätte. Am 7. April 1952 starb B... im Kreiskrankenhaus M... ; als Todesursache wurden in der Sterbeurkunde offene, aktive, doppelseitige, ausgedehnte exsudative Lungen-Tbc und Herz- und Kreislaufschwäche angegeben, wobei ein Selbstmordversuch durch Schnittverletzung am linken Unterarm als beschleunigender Faktor gewirkt habe. Durch Bescheid vom 10. November 1953 gewährte das Versorgungsamt H... den Klägern als den Rechtsnachfolgern des B. vom 1. September 1951 bis 30. April 1952 wegen "Asthma bronchiale", hervorgerufen durch den Wehrdienst, Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. Der Widerspruch (Einspruch) der Kläger, die eine höhere Rente begehrten, wurde durch Bescheid vom 22. Juni 1955 zurückgewiesen, der Widerspruchsbescheid wurde nicht angefochten.
Am 24. April 1952 hatten die Kläger Hinterbliebenenversorgung beantragt, dieser Antrag wurde durch Bescheid vom 12. August 1953 abgelehnt: Der Tod des B. sei infolge der erst 1951 festgestellten Lungen-Tbc eingetreten, diese sei nicht Schädigungsfolge. Auf die Frage, ob die Lungen-Tbc mit dem als Schädigungsfolge anerkannten Asthma bronchiale und einer aus der Krankengeschichte ersichtlichen Emphysembronchitis zusammenhänge, ist in dem Bescheid nicht eingegangen. Der Widerspruch (Einspruch) der Kläger wurde durch Bescheid vom 28. Mai 1954 zurückgewiesen. Das Sozialgericht (SG) Schleswig wies durch Urteil vom 16. Dezember 1955 die Klage ab. Auf die Berufung der Kläger hob das Landessozialgericht (LSG) Schleswig am 7. Mai 1958 das Urteil des SG sowie die Bescheide vom 12. August 1953 und vom 28. Mai 1954 auf. Es verpflichtete den Beklagten, den Klägern einen neuen Bescheid dahin zu erteilen, daß ihnen mit Wirkung vom 1. Mai 1952 an Hinterbliebenenversorgung gewährt werde; im übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Das LSG führte aus, Gegenstand des Verfahrens sei nur der Bescheid vom 12. August 1953 (Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 1954). In diesem Bescheid sei nur das Asthma bronchiale als Schädigungsfolge festgestellt (anerkannt) gewesen; die Herz- und Kreislaufschwäche und die Lungen-Tbc seien nicht anerkannt und nach dem Gutachten von Prof. Dr. H... eine Schädigungsfolgen. Es liege auch kein Anhalt dafür vor, daß der reduzierte Gesundheitszustand des B. den Ablauf der Tbc beeinflußt habe. Dagegen habe das Asthma bronchiale nach dem Gutachten von Prof. Dr. Hein die Tbc insofern richtunggebend beeinflußt, als der Tod des B. um mindestens ein Jahr früher eingetreten sei, als dies ohne das Asthma der Fall gewesen wäre. Dem Selbstmordversuch unmittelbar vor dem Tod komme eine derartige Bedeutung nicht zu, da B. nach dem Krankheitsverlauf auch ohne die venöse Blutung, die Folge des Selbstmordversuchs gewesen sei und den bereits geschwächten Kreislauf zum Erliegen gebracht habe, nur noch wenige Tage gelebt haben würde. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Witwen- und Waisenrente an die Kläger nach § 38 Abs. 1 Satz 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) seien sonach gegeben. Es komme auch nicht darauf an, daß "im" Zeitpunkt des Todes das Asthma bronchiale vom Beklagten noch nicht anerkannt gewesen sei, es genüge, daß auf den Antrag des B. vom 5. September 1951 durch den Bescheid vom 10. November 1953 nach dem Tode des b. "für" den Zeitpunkt des Todes das Asthma bronchiale vom Beklagten als Schädigungsfolge festgestellt (anerkannt) und Rente bewilligt worden sei. Nach den §§ 61, 37 BVG habe den Klägern die Hinterbliebenenrente jedoch erst vom 1. Mai 1952 an gewährt werden dürfen, die Berufung sei unbegründet, soweit die Kläger die Versorgung schon vom 1. April 1952 an begehren. Die Revision ließ das LSG zu. Das Urteil wurde dem Beklagten am 21. August 1958 zugestellt.
Am 9. September 1958 legte der Beklagte Revision ein. Er beantragte,
unter Abänderung des Urteils des LSG Schleswig vom 7. Mai 1958 die Berufung und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Nachdem die Revisionsbegründungsfrist bis 21. November 1958 verlängert worden war, trug der Beklagte am 20. November 1958 vor, das LSG habe gegen § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG verstoßen; diese Vorschrift sei eine Ausnahmebestimmung, sie dürfe nicht im Wege der Auslegung erweitert werden; nach dem Wortlaut dieser Vorschrift komme es darauf an, ob ein Leiden "im" Zeitpunkt des Todes als Schädigungsfolge festgestellt gewesen sei, dies sei hier auch hinsichtlich des Asthmas nicht der Fall. Abgesehen davon sei B. auch nicht "an" dem Leiden gestorben, das als Schädigungsfolge festgestellt sei; das LSG habe es zu Unrecht für ausreichend gehalten, daß das Asthma bronchiale eine wesentliche Bedingung für den Eintritt des Todes des B. gewesen sei, vielmehr müsse "das Todesleiden mit dem Rentenleiden identisch sein", ein nur mittelbarer Zusammenhang zwischen dem "anerkannten" Leiden und dem Tod genüge nicht. B. sei unstreitig an der stürmisch verlaufenden Lungen-Tbc gestorben, es genüge nicht, wenn - wie das LSG festgestellt habe - das Asthma bronchiale nur die therapeutischen Maßnahmen, die zur erfolgreichen Bekämpfung der Lungen-Tbc erforderlich gewesen seien, verhindert habe, also den Verlauf der Tbc nur mittelbar beeinflußt habe. Das Revisionsgericht werde auch prüfen müssen, ob B. nicht an den Folgen des Selbstmordversuchs gestorben sei. Das LSG habe aber auch gegen die §§ 103, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verstoßen. Es habe nicht dem Gutachten von Prof. Dr... folgen dürfen, weil dieser Gutachter seine Überzeugung, daß das Asthma bronchiale den Ablauf der späteren Tbc richtunggebend beeinflußt und den Eintritt des Todes um mindestens ein Jahr beschleunigt habe, nicht näher begründet habe; das LSG habe zu Unrecht nicht beachtet, daß nach dem Krankenblatt des Kreiskrankenhauses M... während der Behandlung dort stärkere Asthmaanfälle nicht beobachtet worden seien und daß der Chefarzt dieses Krankenhauses am 30. April 1952 die Bitte der Klägerin zu 1., das Asthma auf dem Totenschein zu erwähnen, ausdrücklich abgelehnt habe mit der Begründung, daß in Mölln derartige (Asthma-) Anfälle nicht beobachtet worden seien. Damit sei die Ansicht von Prof. Dr. ... nicht vereinbar, daß die Tbc "wegen der schweren asthmatischen Zustände, des Emphysems und der chronischen Bronchitis" nicht wirksam bekämpft werden können; der Selbstmordversuch hänge ausschließlich mit der Lungen-Tbc und dem subjektiv empfundenen stärkeren Luftmangel zusammen, nicht aber mit dem Asthma. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BVG seien nicht gegeben.
Die Kläger beantragten,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trugen vor, B. sei jedenfalls "an den Folgen einer Schädigung gestorben" (§ 38 Abs. 1 Satz 1 BVG), die Lungen-Tbc hätte keinen tödlichen Verlauf genommen, wenn das Asthma nicht gewesen wäre; dem stehe nicht entgegen, daß im Krankenhaus T... (soll wohl heißen: M...) "ausgesprochene Asthmaanfälle" nicht beobachtet worden seien, es dürfe nicht zu Lasten der Kläger gehen, daß in Mölln eine Sputum-Untersuchung, die wegen des Asthmas erforderlich gewesen wäre, und die von der Klägerin zu 1. erbetene Leichenöffnung unterblieben seien. Nach § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG habe die Hinterbliebenenrente mit dem angefochtenen Bescheid schon deshalb nicht abgelehnt werden dürfen, weil sich der Beklagte damit in Widerspruch zu dem Bescheid vom 10. November 1953 gesetzt habe, mit dem den Hinterbliebenen gegenüber das Asthmaleiden des B. als Schädigungsfolge festgestellt und Rente gewährt worden sei, diese Rente habe der Beklagte nach dem Tode des B. den Klägern nicht "wieder entziehen" dürfen.
II
Die Revision ist zulässig (§ 162 Abs. 1 Nr. 1, § 164 SGG). Sie ist auch begründet.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß Gegenstand des Verfahrens nur die Bescheide vom 12. August 1953/28. Mai 1954 sind, mit denen der Anspruch der Kläger auf Hinterbliebenenversorgung abgelehnt worden ist. Der Bescheid vom 10. November 1953, mit dem über den Anspruch des Ehemannes und Vaters der Kläger entschieden, das Asthma bronchiale als Schädigungsfolge festgestellt und den Klägern als den Rechtsnachfolgern des B. Rente nach einer MdE um 30 v.H. vom Antragsmonat bis zum Ende des Sterbemonats bewilligt worden ist, ist nicht ein Verwaltungsakt, der den Bescheid vom 12. August 1953 "abgeändert oder ersetzt" hat, dieser Bescheid ist nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Bescheide vom 12. August 1953 und vom 10. November 1953 haben nicht dasselbe Rechtsverhältnis geregelt, sie betreffen verschiedene Ansprüche; der Anspruch auf Rente, der dem Beschädigten selbst zusteht, ist etwas anderes als der davon unabhängige Anspruch auf Witwen- und Waisenrente, der den Hinterbliebenen zusteht; hieran ändert sich auch nichts, wenn der Bescheid darüber, ob die Voraussetzungen auf Versorgung bei einer Person vorliegen, nicht mehr dieser Person selbst zugehen kann, weil sie den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids nicht mehr erlebt hat, sondern wenn das Rechtsverhältnis den Rechtsnachfolgern dieser Person gegenüber geregelt worden ist. Es ist auch nicht richtig, wenn die Kläger meinen, der Beklagte habe ihnen die Rente, die er ihnen "zunächst" bewilligt habe, nicht "nachträglich" entziehen dürfen. Dies ist hier nicht geschehen, weil der Beklagte den Antrag der Kläger auf Hinterbliebenenversorgung abgelehnt hat, bevor der Bescheid über die Anerkennung des Asthma bronchiale und die Gewährung von Rente an den Beschädigten den Klägern als dessen Rechtsnachfolgern zugegangen ist; schon deshalb hat der Beklagte den Klägern nichts "entzogen". Das LSG hat mit Recht zunächst geprüft, ob den Klägern für den Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG zugute kommt, obwohl der Bescheid vom 10. November 1953, mit dem das Asthma bronchiale als Schädigungsfolge festgestellt und wegen dieses Leidens den Rechtsnachfolgern des Beschädigten Rente zuerkannt worden ist, "im Zeitpunkt des Todes" des Beschädigten - am 7. April 1952 - noch nicht erteilt gewesen ist. In aller Regel wird die Entscheidung über den Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung später ergehen als die Entscheidung über den Anspruch auf Beschädigtenrente, oder es wird gleichzeitig über beide Ansprüche entschieden werden; auf diesen "normalen" zeitlichen Ablauf ist die Regelung in § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG abgestellt. Der Wortlaut des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG läßt Zweifel darüber zu, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift dann gegeben sind, wenn ein Beschädigter gestorben ist, bevor über seinen Versorgungsantrag entschieden worden ist, wenn also - wie hier - der Bescheid, mit dem Rente wegen eines bestimmten Leidens zuerkannt worden ist, im Zeitpunkt des Todes noch nicht vorgelegen hat. Mit diesem Bescheid ist neben der Anerkennung des Asthmas als Schädigungsfolge festgestellt, daß der Beschädigte im Zeitpunkt des Todes Anspruch auf Rente hat, damit "war" im Zeitpunkt des Todes die Rente zuerkannt; allein hierauf kommt es nach dem Zweck der Rechtsvermutung in § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG an. Diese Auslegung ist auch mit dem Wortsinn der Vorschrift vereinbar (ebenso Schönleiter, BVG, Anm. 3 zu § 38; Wilke, BVG, Anm. III 2 zu § 38; BSG in SozR Nr. 8 zu § 38 BVG; zu vgl. auch die Verwaltungsvorschrift Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 zu der gleichlautenden Vorschrift in § 36 Abs. 2 Satz 2; aA van Nuis-Vorberg, Teil V S. 8 d). Es ist nicht entscheidend, daß die psychologischen Erwägungen, die für die Vorschrift des § 38 Abs. 1 Satz 1 BVG nach der amtlichen Begründung (BArbBl 1951, 52) mit erheblich gewesen sind, nur in dem Regelfall durchgreifen, in dem der Bescheid über die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung zeitlich nach dem Bescheid über den Anspruch des Beschädigten ergeht; jedenfalls ist für die gesetzliche Regelung ebenso maßgebend der Gesichtspunkt, daß die Frage des ursächlichen Zusammenhangs, wenn sie im Verfahren über die Beschädigtenrente bejaht worden ist, im Verfahren über die Hinterbliebenenrente nicht verneint werden soll (vgl. hierzu amtl. Begründung zu § 38 BWG aaO); dieser Gesichtspunkt ist aber unabhängig von der Frage, in welcher zeitlichen Reihenfolge die Bescheide über diese Ansprüche ergehen; die Beurteilung des ursprünglichen Zusammenhangs im Verfahren über die Beschädigtenrente soll kraft der Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG als zutreffend für die Beurteilung auch bezüglich des Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gelten. Man kann auch nicht sagen - wie der Beklagte meint -, daß diese Rechtsauffassung dem Charakter des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG als einer "Ausnahmevorschrift" entgegenstehe und daß es nicht zulässig sei, den Anwendungsbereich einer Ausnahmevorschrift im Wege der Auslegung zu "erweitern". Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit die Rechtsnatur einer Vorschrift als "Ausnahmevorschrift" die analoge Anwendung dieser Vorschrift auf einen anderen Sachverhalt verbietet. Im vorliegenden Falle handelt es sich nicht darum, die Vorschrift des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG im Wege der Analogie auf einen anderen Sachverhalt anzuwenden, sondern darum, den Sinn zu ermitteln, den diese Vorschrift enthält, auch wenn ihn der Wortlaut des Gesetzes nicht vollkommen zum Ausdruck bringt. Für eine selche Sinnermittlung gelten bei einer Ausnahmevorschrift keine anderen Auslegungsgrundsätze als bei einer Vorschrift, die keinen Ausnahmecharakter trägt. Die Worte "im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war" umfassen die Auslegung, daß es darauf ankommt, ob der Beschädigte im Zeitpunkt des Todes Anspruch auf Rente gehabt hat. Damit steht für den vorliegenden Fall fest, daß die Kläger nach § 38 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 BVG Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung haben, wenn das Asthma bronchiale des b., das in dem Bescheid vom 10. November 1953 als Schädigungsfolge festgestellt worden ist, zu seinem Tod geführt hat; ist dies der Fall, so ist der Bescheid vom 12. August 1953 rechtswidrig. Dieser Bescheid ist ein Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung. Für die Frage, ob dieser Bescheid rechtmäßig ist, kommt es deshalb auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit der letzten Verwaltungsentscheidung an (BSG, SozR Nr. 18 zu § 54 SGG mit weiteren Hinweisen), dies ist hier der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 1954 gewesen. Der Beklagte hat, wenn er nicht schon früher von der Ermächtigung in § 40 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) hat Gebrauch machen wollen, jedenfalls bei Erlaß des Widerspruchsbescheids prüfen müssen, ob der Bescheid vom 12. August 1953 im Hinblick auf die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG, die nach dem Bescheid vom 10. November 1953 zu. Gunsten der Kläger zu beachten gewesen ist, aufgehoben werden muß. Die Kläger haben zwar gegen den Bescheid vom 10. November 1953 Widerspruch erhoben, über diesen Widerspruch ist bei Erlaß des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 1954 noch nicht entschieden gewesen; der Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 10. November 1953 hat aber nur die Höhe der Beschädigtenrente betroffen, nicht die Feststellung, daß das Asthma bronchiale Schädigungsfolge sei; diese Feststellung, die in einem selbständigen Verfügungssatz des Bescheids vom 10. November 1953 enthalten ist, ist für den Beklagten mit dem Zugang des Bescheids vom 10. November 1953 an die Kläger als die Rechtsnachfolger des Beschädigten bindend gewesen. Bei Erlaß des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 1954 hat hiernach der Beklagte den Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nach § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG nicht deshalb ablehnen dürfen, weil das Asthma bronchiale nicht Schädigungsfolge sei. Der Beklagte hat dies indessen auch nicht getan, er hat den Anspruch abgelehnt, weil er davon ausgegangen ist, daß B. an seinem Lungenleiden gestorben sei und daß dieses Lungenleiden mit dem Asthma bronchiale nicht ursächlich zusammenhänge; dies ergibt sich aus dem Hinweis in den Gründen des Widerspruchsbescheids auf das versorgungsärztliche Gutachten vom 4. August 1953, in dem dieser Zusammenhang verneint ist. Es ist deshalb für die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 12. August 1953/28. Mai 1954 - wie das LSG zu Recht angenommen hat - allein darauf angekommen, ob B. "an" dem Asthma bronchiale gestorben ist. Dies ist nicht, wie der Beklagte meint, schon deshalb zu verneinen, weil "Todesleiden und Rentenleiden nicht identisch seien". Die Worte, daß der Beschädigte "an" einem Leiden stirbt, besagen nicht, daß das "Rentenleiden" die einzige Bedingung für den Tod gewesen sein muß, diese Voraussetzungen sind auch dann erfüllt, wenn nach der Kausalitätsnorm der Kriegsopferversorgung (KOV) (BSG 1, 72 ff, 76), von der auch hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Tod und Leiden im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG auszugehen ist (BSG 12, 214), das "anerkannte" Leiden eine wesentliche Bedingung und damit Mitursache im Sinne des Rechts der KOV gewesen ist, mögen auch andere gleichwesentliche Bedingungen (Mitursachen) zu dem Erfolg (Tod) beigetragen haben. Das LSG hat daher zu Recht darauf abgehoben, ob das Asthma bronchiale eine wesentliche Bedingung für den Tod gewesen ist. Diese Frage hat grundsätzlich auch dann bejaht werden dürfen, wenn als gleichwesentliche Bedingung - neben dem Asthma bronchiale - die Lungen-Tbc mit Herz- und Kreislaufschwäche zum Tode beigetragen hat, die nicht als Schädigungsfolge anerkannt ist. Die Frage, welche medizinische Bedeutung das Asthma bronchiale für den Tod des B. gehabt hat, ist zunächst eine medizinische Frage, gehört also zu den tatsächlichen Feststellungen des LSG; die Abwägung des Einflusses dieses Leidens auf den Tod des B. gegenüber den anderen Bedingungen, die zum Tode mitgewirkt haben, ist die Anwendung der Kausalitätsnorm. Das LSG hat auch die Kausalitätsnorm nicht verkannt. Es hat aber bei der Feststellung der Tatsachen, auf die es für die Anwendung der Kausalitätsnorm angekommen ist, die Grenzen seines Rechts, das Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere die medizinischen Tatsachen, frei zu würdigen (§ 128 SGG; BSG 2, 236 ff), deshalb überschritten, weil es insoweit nicht alle Tatsachen, die erheblich gewesen sind, gewürdigt hat. Es hat zunächst festgestellt, daß der Selbstmordversuch des B. kurz vor seinem Tode keine wesentliche Bedingung dafür gewesen ist, daß der Tod um wenigstens ein Jahr früher als ohne diesen Selbstmordversuch eingetreten ist; diese Feststellung ist für das Bundessozialgericht (BSG) bindend (§ 163 SGG), begründete Revisionsrügen sind insoweit nicht geltend gemacht; der Beklagte hat insoweit mit der Revision nur Bedenken geäußert, er hat indessen keine Tatsachen und Beweismittel bezeichnet, aus denen sich ergibt, das LSG habe insoweit die Grenzen seines Rechts, den medizinischen Ablauf der Leiden des B. frei zu würdigen, überschritten. Dies ist auch nicht der Fall; das LSG hat eingehend und unter Berücksichtigung des gesamten Krankheitsgeschehens dargelegt, warum es den Selbstmordversuch nicht als eine für den Eintritt des Todes wesentliche Bedingung angesehen hat. Der Beklagte rügt aber zu Recht, daß das LSG sich für die weitere Frage, ob das Asthma eine wesentliche Bedingung für den früheren Eintritt des Todes infolge der Lungen-Tbc gewesen ist, nicht allein auf das Gutachten von Prof. Dr. H... hat stützen dürfen. Prof. Dr. H... hat angenommen, daß das Asthma bronchiale den Ablauf der späteren Tuberkulose "richtunggebend beeinflußt hat, speziell dadurch, daß eine Behandlungsmöglichkeit der Tbc nicht bestand wegen der schweren asthmatischen Zustände, des Emphysems und der chronischen Bronchitis". Prof. Dr. H... hat damit zwar zum Ausdruck gebracht, daß er in der fehlenden Behandlungsmöglichkeit und in den "schweren asthmatischen Zuständen", die nach seiner Meinung die Möglichkeit der Behandlung ausgeschlossen haben, in medizinischer Hinsicht eine wesentliche Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne sieht. Das LSG hat indes bei der Würdigung dieser Ansicht des Gutachters zu Unrecht nicht geprüft, ob solche "schweren asthmatischen Zustände" bei B. vorgelegen haben und ob es deshalb wahrscheinlich ist, daß diese Zustände den Tod des B. in Verbindung mit der Lungen-Tbc um mindestens ein Jahr früher haben eintreten lassen, als dies ohne das Asthma geschehen wäre. Sowohl Prof Dr. H... als auch das LSG haben, wie der Beklagte zu Recht rügt, Krankenpapiere des Kreiskrankenhauses M... teils überhaupt nicht, teils jedenfalls nicht ausreichend gewürdigt. Nach dem Schlußbericht ("Entlassungsbericht") vom 7. April 1952 hat schon am 1. November 1951 bei der Einlieferung in Mölln eine "offene, aktive, doppelseitige, ausgedehnte exsudative Lungen-Tbc von rasch fortschreitender Tendenz" bestanden, "daher" mußten die Ärzte in Mölln von einer aktiven Therapie "völlig absehen", während der konservativen Behandlung verschlechterte sich der Befund ständig. Einen Hinweis auf eine Erschwerung der Behandlung durch das Asthma enthalten diese Unterlagen nicht, dagegen wurde nach den Unterlagen eine Felsol-Behandlung im November 1951 abgesetzt, "da keine ausgesprochenen Asthmaanfälle beobachtet wurden". Deshalb hat nach diesen Unterlagen der Chefarzt des Kreiskrankenhauses M..., Dr. N..., auch die Bitte der Klägerin zu 1., die Asthmaerkrankung in der Sterbeurkunde zu erwähnen, mit einem Schreiben vom 30. April 1952, das sich bei den Krankenpapieren befindet, abgelehnt. Unter diesen Umständen hat das LSG sich gedrängt fühlen müssen, Prof. Dr. H... auf die Befunde und die Äußerungen, die von den Ärzten des Kreiskrankenhauses M... stammen, hinzuweisen; es hat Prof. Dr. H... veranlassen müssen, sich mit diesen Befunden auseinanderzusetzen, um darzulegen, warum er trotz dieser Befunde davon ausgegangen ist, daß B. an "schweren" asthmatischen Zuständen gelitten habe. Nicht gewürdigt ist auch von dem Gutachter der Bericht bei den Krankenunterlagen des Kreiskrankenhauses M. über die Sektion, die entgegen der Ansicht der Kläger und des Beklagten am 9. April 1952 stattgefunden hat; dieser Sektionsbericht hat möglicherweise für den ärztlichen Sachverständigen bedeutsam sein können. Das LSG hat dem Gutachten von Prof. Dr. H... nur dann folgen dürfen, wenn es ausreichende Unterlagen gehabt hat, um festzustellen, daß B. tatsächlich an schweren asthmatischen Zuständen gelitten hat, wenn es also den Ausgangspunkt für das Gutachten von Prof. Dr. H... geteilt hat; hierüber hat das LSG aber keine Ermittlungen angestellt. Die Feststellung, daß das Asthma bronchiale den Tod des B. an der Lungen-Tbc mit Herz- und Kreislaufschwäche um wenigstens ein Jahr früher habe eintreten lassen, ist, da gegen diese Feststellung begründete Revisionsrügen geltend gemacht sind, für das BSG nicht bindend (§ 163 SGG). Damit ist es aber möglich, daß das LSG § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG unrichtig angewandt hat und daß es bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs die Kausalitätsnorm verletzt und deshalb den Bescheid vom 12. August 1953 zu Unrecht als rechtswidrig angesehen hat. Das Urteil des LSG ist daher aufzuheben. Der Senat kann, da noch weitere Ermittlungen erforderlich sind, nicht selbst entscheiden, die Sache ist deshalb zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen