Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Ermittlung des Einkommens der Eltern, das auf den Bedarf des Auszubildenden nach AFG § 40 idF vom 1972-10-16 anzurechnen ist, sind von der Summe der Einnahmen die Aufwendungen zu deren Erwerbung, Sicherung und Erhaltung abzuziehen. Dazu gehören auch Absetzungen für Abnutzung mit Ausnahme der erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen.
2. Nach AFG § 40 wird den Eltern die Aufbringung der Mittel für die Ausbildung üblicherweise nur zugemutet, soweit ihre Einnahmen nach Ausgleich mit Verlusten auch aus anderen Einnahmequellen und Einkunftsarten die Freibeträge übersteigen.
Normenkette
AFG § 40 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1972-10-16; AusbFöAnO § 16 Fassung: 1969-10-31, § 18 Fassung: 1972-10-04
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Entscheidung vom 16.02.1976; Aktenzeichen L 1 Ar 612/74) |
SG Kassel (Entscheidung vom 07.05.1974; Aktenzeichen S 5 Ar 10/74) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 16. Februar 1976 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die am 6. August 1956 geborene ledige Klägerin wurde in der Zeit vom 1. September 1972 bis zum 31. August 1974 im Garten- und Landschaftsbaubetrieb Karl S KG in Kassel als Gartenbauerin ausgebildet. Während dieser Zeit wohnte sie in K. Als Ausbildungsvergütung erhielt sie bis 31.August 1973 abzüglich der Lohnsteuer und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit (BA) monatlich 245,65 DM. Die Schwester der Klägerin, Siegrid wurde in der Zeit vom 1. Juni 1972 bis 31. August 1973 in demselben Betrieb wie die Klägerin als Garten- und Landschaftsbauerin ausgebildet. Sie wohnte zusammen mit der Klägerin in Kaufungen. Die Klägerin hat außer der Schwester Siegrid noch zwei ledige Brüder, den am 28. September 1954 geborenen Hubertus und den am 19. Juni 1967 geborenen Eckhard. Beide leben bei den Eltern. Hubertus war bis Juli 1973 Schüler.
Der Vater der Klägerin bezog aus seiner Tätigkeit als Forstbeamter im Mai 1972 abzüglich Lohn- und Kirchensteuer ein Gehalt von 2.261,91 DM. Hinsichtlich der Aufwendungen zur sozialen Sicherung gab er einen Beitrag von monatlich 114,15 DM zur Deutschen Beamtenkrankenkasse an. Die Mutter der Klägerin betreibt eine Pension und Zimmervermietung in S. Außerdem waren die Eltern Eigentümer eines Hauses. Die Eltern wurden für das Jahr 1972 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Einkommensteuerbescheid anerkannte das Finanzamt hinsichtlich des Gewerbebetriebes einen Verlust in Höhe von 24.402,- DM und aus Vermietung und Verpachtung einen Verlust von 11.056,- DM. Der Vater der Klägerin bewohnt mit seiner Familie eine Dienstwohnung, für die eine monatliche Miete von 238,- DM zu zahlen war.
Am 26. Juli 1972 beantragte die Klägerin, ihr Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) zu bewilligen. Mit Bescheid vom 4. Juli 1973 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, weil die Voraussetzungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht erfüllt seien. Den Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 1974), und führte aus, als Einkommen der Klägerin gelte nach § 18 Abs 1 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung - A Ausbildung - vom 31. Oktober 1969 (ANBA 1970, 213) jedenfalls das Einkommen des Vaters der Klägerin aus seiner Tätigkeit als Forstbeamter. Schon deswegen würden die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf BAB nicht erfüllt. Das Einkommen des Vaters übersteige den Bedarf der Klägerin für den Lebensunterhalt und für die Ausbildung. Bei der Berechnung des Einkommens der Eltern nach § 18 A Ausbildung finde ein Verlustausgleich zwischen den verschiedenen Einkunftsarten nicht statt. Den Antrag der Schwester Siegrid auf Gewährung von BAB für die Zeit vom 1. Juni 1972 bis zum 31. August 1973 lehnte die Beklagte mit noch nicht bindend gewordenem Bescheid ebenfalls ab.
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 7. Mai 1974 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin BAB ohne Anrechnung von Einkommen ihrer Eltern zu zahlen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. Februar 1976). Es hat ausgeführt, die Beklagte habe den Bedarf der Klägerin für den Lebensunterhalt und die Ausbildung mit 507,- DM monatlich richtig bemessen. Dieser Betrag ergebe sich aus dem Bedarf für den Lebensunterhalt (270,- DM gemäß § 11 Abs 1 A Ausbildung, erhöht nach Abs 5 um 40,- DM zuzüglich der Kosten der Unterkunft von 100,- DM, - ferner Taschengeld nach Abs 6 Nr 2 von 30,- DM) und dem Bedarf für die Ausbildung (Lernmittel 10,- DM, Arbeitskleidung 30,- DM, Fahrkosten zur Arbeitsstätte 13,- DM, Fahrkosten zur Berufsschule 5,- DM, Kosten für Heimfahrt 9,- DM). Aus dem anzurechnenden Einkommen der Klägerin von 245,65 DM monatlich verbleibe demnach ein ungedeckter Bedarf von 261,35 DM. Das anzurechnende Einkommen der Eltern übersteige diesen Bedarf. Dabei sei ein Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkunftsarten nicht vorzunehmen. Der Einkommensbegriff des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und der A Ausbildung decke sich wegen der andersartigen Zielsetzung nicht mit dem des Einkommensteuerrechts. Nicht alle Aufwendungen, die im Rahmen des Steuerrechts zur Minderung des zu versteuernden Einkommens geltend gemacht werden könnten (z.B. Abschreibungen, Verluste, Sonderausgaben), seien auch vom Einkommen iS § 18 A Ausbildung abzusetzen. Es kämen vielmehr nur die in § 18 Abs 1, 3 A Ausbildung erschöpfend aufgezählten Aufwendungen in Betracht, die zudem in unmittelbarem Zusammenhang mit dem jeweils erzielten Einkommen entstanden sein müßten. Daher sei es ohne Bedeutung, daß den Einkünften des Vaters der Klägerin aus seiner unselbständigen Tätigkeit als Forstbeamter Verluste aus dem Gewerbebetrieb der Mutter und aus Grundbesitz gegenüberstünden und daß bei der gemeinsamen Veranlagung der Eltern zur Einkommensteuer ein Verlustausgleich insoweit vorgenommen werde. Dieser steuermäßige Verlustausgleich beruhe auf den besonderen einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen der §§ 2 Abs 2, 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG), für deren entsprechende Anwendung in Anbetracht der Regelungen des § 18 Abs 1, 3 A Ausbildung kein Raum sei.
Vom Netto-Einkommen der Eltern in Höhe von 2.147,76 DM seien die Freibeträge gemäß § 16 A Ausbildung mit insgesamt 1.538,- DM abzuziehen. Das den Gesamtfreibetrag übersteigende Einkommen der Eltern in Höhe von 609,76 DM sei auf den ungedeckten Bedarf der Klägerin von 261,35 DM anzurechnen. Daher seien die wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Anspruch der Klägerin auf BAB nicht gegeben.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 39, 40 AFG, 18 A Ausbildung und bringt hierzu insbesondere vor: Es sei mit einer gerechten Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse der Antragsteller und ihrer unterhaltspflichtigen Eltern nicht zu vereinbaren, wenn nur die Vorteile des Berufs- und Erwerbslebens (die positiven Einkünfte) gesehen würden, die Verluste aber außer Betracht blieben. Wenn jemand nur in einer Einkunftsart Gewinn und Verlust erziele, so werde das Endergebnis dieser wirtschaftlichen Betätigung zugrunde gelegt. Erziele er aber aus mehreren, verschiedenen Einkunftsarten Einnahmen, so würden nur die gewinnbringenden berücksichtigt. Eine derartige Ungleichbehandlung könne nicht rechtens sein. Unter "Werbungskosten" im Sinne des § 18 A Ausbildung seien die Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit zu verstehen, d.h. die mit den Einnahmen anfallenden Kosten. Würde man einzelne mit den Einkünften in Zusammenhang stehende echte Kosten - zu denen auch Abschreibungen gehörten - bei der Ermittlung der Einkünfte außer Betracht lassen, so käme man bei konsequenter Durchführung dieses Prinzips zum Ergebnis, daß Umsatz gleich Gewinn sei. Es könne als vertretbar angesehen werden, die steuerlichen Sondervergünstigungen, wie etwa die erhöhte Abschreibung nach § 7b EStG, für die Ermittlung des Einkommens im Sinne der A Ausbildung den nach steuerlichen Regeln ermittelten Einkünfte wieder hinzuzurechnen. Dann müßten allerdings die abzugsfähigen Steuern rechnerisch wieder erhöht werden. Es gehe im vorliegenden Fall schließlich nicht um einen Verlustausgleich bei der Klägerin, sondern bei ihren Eltern, auf deren wirtschaftliches Verhalten die Klägerin keinen Einfluß habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 16. Februar 1976 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Die Beklagte verweist ergänzend auf die Bestimmung des § 1 Abs 4 der Verordnung (VO) zur Durchführung des § 33 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), die für einen vergleichbaren Sachverhalt den Ausschluß eines Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Einkunftsarten vorschreibe.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist aufgrund ihrer Zulassung im angefochtenen Urteil statthaft (§ 160 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Sie ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann nicht abschließend entschieden werden, ob die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind oder ob und inwieweit die Klägerin einen Anspruch auf BAB hat.
Auszugehen ist von § 40 AFG idF des Rentenreformgesetzes vom 16. Oktober 1972 (BGBl I 1965). Danach gewährt die Beklagte Jugendlichen und Erwachsenen Zuschüsse und Darlehen für eine geeignete berufliche Ausbildung in Betrieben oder überbetrieblichen Einrichtungen sowie für die Teilnahme an Grundausbildungs- und Förderungslehrgängen und anderen berufsvorbereitenden Maßnahmen, soweit sie die hierfür erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können und ihren Unterhaltsverpflichteten die Aufbringung üblicherweise nicht zugemutet wird. Gemäß §§ 39, 191 Abs 3 AFG bestimmt der Verwaltungsrat der BA durch Anordnung das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung der beruflichen Bildung. Dabei sind zu berücksichtigen bei der individuellen Förderung die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller und das von ihnen mit der beruflichen Bildung angestrebte Ziel sowie der Zweck der Förderung und die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes. Ihrer Rechtsnatur nach sind derartige Anordnungen autonomes Satzungsrecht, also Gesetze im materiellen Sinne (BSGE 35, 164, 165, 166; vgl auch BSG SozR 4100 § 39 Nr 7). Sie binden die Gerichte, soweit der Inhalt der Anordnungen nicht gegen höherrangiges Recht verstößt (BSGE 35, 166 mwN). Maßgebend für den vorliegenden Fall ist die A Ausbildung vom 31. Oktober 1969, und zwar für die Zeit bis zum 31.Dezember 1972 idF der 3. Änderungsanordnung vom 16. Dezember 1971 (ANBA 1972 S 255).
Die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen für die Gewährung von BAB (§§ 2, 5, 6, 7 A Ausbildung) sind bei der Klägerin nach den Feststellungen des LSG erfüllt. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG läßt sich aber nicht entscheiden, ob auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind. Nach § 9 A Ausbildung bemißt sich die BAB nach dem Bedarf für den Lebensunterhalt (§§ 11 und 12) und nach dem Bedarf für die Ausbildung oder für die Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Maßnahme (§ 13). Das LSG hat den Bedarf der Klägerin für den Lebensunterhalt und die Ausbildung unangegriffen mit insgesamt 507,- DM festgestellt. Allerdings gilt diese Feststellung des LSG nur für die Zeit vom 1. September 1972 bis zur ersten Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die für den Bedarf der Klägerin maßgebend waren. Neue Feststellungen sind daher insbesondere noch zu treffen für die Zeit ab 1. Januar 1973 (Inkrafttreten der 4. Änderungsanordnung zur A Ausbildung).
Auf diesen Bedarf (§ 9 A Ausbildung) sind in dem nach den §§ 15 und 16 A Ausbildung bestimmten Umfang das Einkommen (§ 18 A Ausbildung) der Klägerin (§ 10 Nr 1 A Ausbildung) und gegebenenfalls dasjenige ihrer Eltern (§ 10 Nr 2 A Ausbildung) anzurechnen. Gemäß § 15 Satz 1 A Ausbildung ist das Einkommen der Klägerin auf den Bedarf in voller Höhe anzurechnen. Nach § 18 Abs 1 A Ausbildung gelten als Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Abzug der Steuern, der Beiträge zur Sozialversicherung und zur BA oder entsprechende Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfang. Unter Berücksichtigung dieser Abzüge betrug das anzurechnende Einkommen der Klägerin aus der Ausbildungsvergütung bis zum 31. August 1973 245,65 DM monatlich. Demnach verbleibt ein ungedeckter monatlicher Bedarf der Klägerin von 261,35 DM.
Ob und in welcher Höhe ein auf diesen Bedarf anzurechnendes Einkommen der Eltern vorhanden war, läßt sich nicht abschließend entscheiden. Nach § 16 Abs 1 A Ausbildung ist Einkommen der Eltern anzurechnen, soweit folgende monatliche Freibeträge überschritten werden
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1. |
für den Haushaltsvorstand |
500,- DM |
2. |
für den Ehegatten |
200,- DM |
3. |
für jedes unverheiratete Kind mit Ausnahme des Auszubildenden |
150,- DM. |
Den Freibeträgen nach Abs 1 sind die Mieten und damit verbundene Nebenkosten oder die vergleichbare Belastung durch eigenes Haus oder Eigentumswohnung und ähnliches hinzuzurechnen (Abs 4). Bei Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts der Eltern erhöht sich der Gesamtfreibetrag nach Abs 1 um 150,- DM (Abs 5).
Es bestehen keine Bedenken gegen die Annahme des LSG, daß die Vorschrift des § 16 A Ausbildung mit der Ermächtigung des § 39 AFG übereinstimmt. Diese Vorschrift dient der näheren Bestimmung, ob und inwieweit den Unterhaltsverpflichteten die Aufbringung der erforderlichen Mittel für die Ausbildung üblicherweise zugemutet wird (BSGE 35, 167). Der Verwaltungsrat der BA mußte einen dieser Bestimmung entsprechenden angemessenen Lebensunterhalt der Familie festsetzen. Dabei hat er einen Beurteilungsspielraum. Die Gerichte können die Bestimmung der Freibeträge nur daraufhin prüfen, ob die Grenzen dieses Beurteilungsspielraumes eingehalten worden sind. Das Gericht ist nicht befugt, selbst derartige Freibeträge anstelle des nach den §§ 39, 191 Abs 3 AFG zuständigen Verwaltungsrates festzusetzen. Allerdings könnten die in der Anordnung vorgenommenen Festsetzungen dann als unwirksam angesehen werden, wenn die Freibeträge derart gering sind, daß von den Unterhaltsverpflichteten die Aufbringung größerer Mittel zur Bestreitung der Berufsausbildung verlangt werden würde, als ihnen "üblicherweise" zuzumuten ist. Insoweit würde die Anordnung den Rahmen des § 40 Abs 1 AFG überschreiten und unwirksam sein. Zu beanstanden wären die Freibeträge demgemäß dann, wenn sie der Familie nicht den notwendigen Unterhalt gewährleisten würden, denn unterhalb dieser Grenze ist es den Unterhaltsverpflichteten keinesfalls zuzumuten, Mittel zur Berufsausbildung eines Kindes aufzubringen. Die in der hier maßgeblichen A Ausbildung festgesetzten Freibeträge übersteigen aber den notwendigen Unterhalt für den Regelfall. Schon die nach der Kopfzahl bemessenen Freibeträge gemäß § 16 Abs 1 A Ausbildung lagen bis zum 30. September 1972 deutlich über dem notwendigen Unterhalt, wenn zu der Familie nicht (neben dem Auszubildenden) mehrere erwachsene Kinder (19 bis 25 Jahre) gehörten. Der notwendige Unterhalt belief sich nämlich für diese Kinder auf 235,- DM, für den Ehemann auf 290,- DM und für die Ehefrau auf 275,- DM, für Kinder von 13 bis 18 Jahren auf 156,- DM, für kleinere Kinder auf 132,- DM bzw. 108,- DM (Köhler, Handbuch des Unterhaltsrechts, 2. Auflage, Anhang). Die entsprechenden Beträge betrugen ab 1. Oktober 1972 270,- DM, 335,- DM, 315,- DM, 180,- DM, 153,- DM und 126,- DM (Köhler, aaO, 3. Aufl., Anhang). Ab 1. Oktober 1972 lag demgemäß der notwendige Unterhalt allerdings schon dann über den Freibeträgen nach § 16 Abs 1 A Ausbildung, wenn neben dem Auszubildenden ein Kind im Alter von 19 bis 25 Jahren zu berücksichtigen war oder zwei Kinder von 13 bis 18 Jahren. Wenn danach bei mehreren Kindern im erwachsenen oder jugendlichen Alter auch die Freibeträge nach § 16 Abs 1 A Ausbildung niedriger liegen konnten als der notwendige Unterhalt, so wurde der Unterschied doch regelmäßig zumindest durch die Freibeträge nach § 16 Abs 4 und 5 A Ausbildung ausgeglichen. Es kommt hinzu, daß nach § 16 Abs 6 A Ausbildung von der Anrechnung des die Freibeträge übersteigenden Einkommens zur Vermeidung unbilliger Härten abgewichen werden kann.
Das LSG hat den Gesamtfreibetrag für die Eltern der Klägerin gemäß § 16 A Ausbildung zutreffend mit 1.538,- DM festgestellt. Dabei hat es mit Recht für die Schwester Siegrid keinen Freibetrag für Kinder gemäß § 16 Abs 1 A Ausbildung angesetzt. Dies folgt aus § 16 Abs 2 A Ausbildung, der sinngemäß auch auf Kinder, die BAB nur beantragt haben, anzuwenden ist. Zutreffend hat das LSG für die Schwester Siegrid statt dessen aber einen Freibetrag nach § 16 Abs 5 A Ausbildung angenommen.
Das über die Freibeträge hinausgehende Einkommen der Eltern ist nach § 10 A Ausbildung auf den Bedarf des Auszubildenden anzurechnen. Im vorliegenden Fall hat sich außer der Klägerin auch ihre Schwester in Ausbildung befunden und ebenfalls BAB begehrt. Das bedeutet, daß das über den Freibetrag hinausgehende Einkommen der Eltern der Klägerin anteilig, je zur Hälfte auf den festgestellten Bedarf der beiden Schwestern anzurechnen ist. Zwar hat die A Ausbildung insoweit keine Regelung getroffen, jedoch ergibt sich diese Folge aus § 40 Abs 1 AFG, denn den Eltern mehrerer Auszubildender kann üblicherweise nur zugemutet werden, ein verbleibendes Einkommen gleichmäßig, in der Regel also anteilig, für die Ausbildung zu verwenden. Insoweit sind die Auszubildenden gleich zu behandeln.
Den bisherigen Feststellungen des LSG kann nicht entnommen werden, ob das Einkommen der Eltern den Gesamtfreibetrag übersteigt. Unangefochten hat das LSG das Nettoeinkommen des Vaters der Klägerin aus unselbständiger Tätigkeit nach Abzug von Lohn- und Kirchensteuer sowie Aufwendungen zur sozialen Sicherung mit 2.147,76 DM festgestellt. Entgegen der Meinung des LSG sind von diesem Einkommen aber grundsätzlich die Verluste aus dem Gewerbebetrieb der Mutter und die Werbungskosten abzurechnen, auch soweit sie zur Erzielung und Erhaltung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erbracht worden sind.
Die A Ausbildung behandelt das Einkommen der Eltern als Einheit und geht nicht vom Einkommen des einzelnen Elternteils, sondern vom Gesamteinkommen der Eltern aus. Deshalb ist wie bei der steuerrechtlichen Zusammenveranlagung eine Summe der Einkünfte der Eltern zu bilden. Ob dies gleichermaßen gilt, wenn die Eltern getrennt leben, kann dahingestellt bleiben. Bei der Bildung der Summe der Einkünfte sind Gewinne und Verluste, positive und negative Einkünfte der verschiedenen Einkunftsarten auszugleichen.
Der Wortlaut der A Ausbildung spricht weder für noch gegen einen Verlustausgleich. Ebenso gibt der Wortlaut keinen Hinweis auf die Unterscheidung zwischen verschiedenen Einkunftsarten. Die Auffassung des LSG geht fehl, daß nur die in § 18 Abs 1 und 3 A Ausbildung genannten Aufwendungen einkommensmindernd zu berücksichtigen seien und außerdem in unmittelbarem Zusammenhang mit jeweils erzielten Einkommen stehen müßten. Daraus, daß Werbungskosten im Zusammenhang mit einer bestimmten Einnahme stehen müssen, folgt nicht, daß der durch die Anrechnung der Aufwendungen ermittelte Verlust nicht ausgeglichen werden kann.
Die grundsätzliche Zulässigkeit des Verlustausgleichs ergibt sich daraus, daß nach § 40 AFG nur üblicherweise zumutbare Unterhaltsleistungen zu berücksichtigen sind. Üblicherweise zugemutet werden Unterhaltsleistungen nur, soweit dem Verpflichteten selbst ein angemessener Betrag für den eigenen Lebensunterhalt und den seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen verbleibt. Aufwendungen, die ihrer Art nach von den Einnahmen abzuziehen sind und nicht zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehen, mindern die für den Auszubildenden zumutbar zu erbringenden Unterhaltsleistungen. Dafür ist es unerheblich, bei welcher Einkunftsart die Aufwendungen entstanden sind. Das Verbot des Verlustausgleichs würde anderenfalls zur Folge haben, daß die Eltern gezwungen würden, sich sofort von den verlustbringenden Einkunftsquellen zu trennen. Unterhaltsrechtlich können die Eltern dazu verpflichtet sein, wenn es sich bei den Verlusten nicht etwa um Gründungs- oder Übergangsschwierigkeiten handelt (Köhler aaO S 24). Die A Ausbildung bestimmt aber die Anrechnung des Einkommens der Eltern nur danach, was tatsächlich vorhanden ist, nicht danach, was die Eltern in Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht bei bestimmtem Verhalten leisten könnten. Damit geht die Anordnung von der tatsächlich getroffenen Entscheidung der Eltern aus, welche Einkunftsarten und in welcher Weise sie diese nutzen wollen. Sie verlangt von den Eltern nicht, daß sie etwa wegen des Bedarfs des Auszubildenden eine entlohnte Beschäftigung aufnehmen und ferner nicht, daß sie dazu Vermögen verwerten. Wenn die A Ausbildung die Anforderungen an die Eltern des Auszubildenden insoweit begrenzt, so ist dies mit § 40 AFG vereinbar. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Auszubildende nur vorübergehend - nämlich während der Dauer seiner Ausbildung - "bedürftig" ist. Für seinen vorübergehenden Bedarf wird den Eltern der Verzicht auf eine Einkommensquelle grundsätzlich nicht zugemutet; ob dies dann der Fall ist, wenn das eigene Verhalten der Eltern nach Treu und Glauben dies erfordert, kann dahinstehen. Ein solcher Sachverhalt ist hier nicht ersichtlich.
Die Zulässigkeit des Verlustausgleichs folgt auch aus einem Vergleich mit anderen gesetzlichen Bestimmungen. Ausdrücklich ausgeschlossen ist der Ausgleich zwischen Einnahmen und Werbungskosten aus verschiedenen Einkunftsarten in § 10 der VO zu § 76 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) vom 28.November 1962 (BGBl I 692) sowie in § 1 Abs 4 Satz 3 der VO zur Durchführung des § 33 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) vom 11. Januar 1961 (BGBl I 19). Anders als die Sozialhilfe und die Ausgleichsrente hat aber die BAB, die die Klägerin begehrt, neben der Unterhaltsersatzfunktion insbesondere den im öffentlichen Interesse liegenden Zweck, die Eingehung von beruflichen Ausbildungsverhältnissen zu erleichtern, um die Beschäftigungsstruktur zu verbessern und damit das Wachstum der Wirtschaft zu fördern (§ 1 AFG). Durch diese Leistung wird weiter die berufliche Beweglichkeit der Erwerbstätigen gesichert und verbessert (§ 2 Nr 2 AFG), womit die Risiken der Versichertengemeinschaft gemindert werden.
Die Vorschriften über die berufliche Bildung nach dem AFG sind viel eher im Zusammenhang zu würdigen mit dem kurz danach beschlossenen Ersten Gesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Ausbildungsförderungsgesetz - AFöG -) vom 19. September 1969 (BGBl I 1719), das inzwischen durch das BAFöG abgelöst worden ist. Diese Gesetze sowie das ebenfalls kurz nach dem AFG beschlossene Berufsbildungsgesetz vom 14. August 1969 (BGBl I 1112) sind zusammen mit den §§ 33 bis 52 AFG (Förderung der beruflichen Bildung) als bildungspolitische Einheit zu betrachten (Schönfelder/Kranz/Wanka, Arbeitsförderungsgesetz, § 2 Anm 21). Im BAFöG (§§ 11, 12, die den Umfang der Ausbildungsförderung bzw. den Bedarf für Schüler behandeln) wird "fast die gleiche Lebenssituation" wie bei der BAB geregelt, nur daß hier Ausgangspunkt die allgemeine Bildung ist (BSGE 37, 69). Deshalb wurde durch das Haushaltsstrukturgesetz - AFG § 40 Abs 1 mit Wirkung vom 1. Januar 1976 "im Interesse einer weiteren Harmonisierung des Förderungsrechts" in Anlehnung an das BAFöG dahin geändert, daß auch bei der Gewährung von BAB nach § 40 AFG für Auszubildende, die über 21 Jahre alt oder verheiratet sind, das Einkommen der Eltern berücksichtigt wird (BT-Drucks 7/4127, S 49 Nr 3; Hennig/Kühl/Heuer, Arbeitsförderungsgesetz, § 40 Anm 3).
Unter Berücksichtigung der mit diesen Gesetzen und mit dem AFG beabsichtigten gemeinsamen berufspolitischen Zielsetzung ist es geboten, im Rahmen der Einkommensermittlung nach § 40 Abs 1 AFG in Verbindung mit der A Ausbildung einen Verlustausgleich unter verschiedenen Einkunftsarten bei den Eltern der Auszubildenden zuzulassen.
Nach § 21 Abs 1 BAFöG gilt als Einkommen vorbehaltlich der Abs 3 und 4 (die in diesem Zusammenhang nicht interessierende Einkünfte erwähnen) der Gesamtbetrag der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Abzug der darauf entfallenden Steuern, Beiträge zur Sozialversicherung und weiterer Aufwendungen (ähnlich § 18 Abs 1 A Ausbildung). Mit dem Begriff "Gesamtbetrag der Einkünfte im Sinne des EStG" verweist § 21 Abs 1 BAFöG auf § 2 Absätze 1 bis 4 EStG. Im vorliegenden Fall ist das EStG idF der Bekanntmachung vom 1. Dezember 1971 (EStG 1971, BGBl I 1881) idF vom 8. Mai 1972 (BGBl I 761) maßgebend. Nach § 2 Abs 2 EStG 1971 war Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den in Absatz 3 genannten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben und nach Abzug der Sonderausgaben.
Auf die BAB ist mithin ebenfalls das Einkommen der Eltern nur nach Ausgleich der Einkünfte mit Verlusten aus anderen Einnahmequellen anzurechnen. Anders kann es allerdings sein, wenn die Eltern die Verluste bewußt herbeigeführt haben, um dem Auszubildenden die BAB zu verschaffen; dafür besteht im vorliegenden Fall jedoch kein Anhaltspunkt.
Ob die von den Eltern der Klägerin geltend gemachten Verluste aus Vermietung und Verpachtung und aus dem Gewerbebetrieb bei der Anrechnung des Einkommens gemäß § 18 A Ausbildung zu berücksichtigen sind, hängt von der Art dieser Verluste ab. Die bisherigen Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um zu entscheiden, ob es sich im einzelnen um abzugsfähige Aufwendungen gehandelt hat oder nicht. Nach § 18 Abs 3 A Ausbildung können von dem Einkommen als Werbungskosten notwendige Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Beiträge für Berufsverbände, Gewerkschaften u.ä., sowie unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmter Höhe Mehraufwendungen infolge notwendiger Führung eines doppelten Haushaltes abgezogen werden. Diese einengende Begriffsbestimmung der Werbungskosten ist unwirksam, weil keine Auslegung dieser Vorschrift iVm § 18 Abs 1 der A Ausbildung denkbar ist, die mit der Ermächtigung des § 39 AFG in Übereinstimmung gebracht werden kann.
§ 18 Abs 1 und Abs 3 A Ausbildung könnten anhand der steuerrechtlichen Begriffsbestimmungen ausgelegt werden. Diese Auslegung würde hier zum uneingeschränkten Abzug der Verluste aus dem Gewerbebetrieb führen. Einkünfte (§ 18 Abs 1 A Ausbildung) aus Gewerbebetrieb sind nämlich gemäß § 2 Abs 4 EStG die Gewinne, hier also der Verlust als negativer Gewinn. "Werbungskosten", deren Abzugsfähigkeit in § 18 Abs 3 A Ausbildung geregelt ist, fallen bei Einkünften aus Gewerbebetrieb steuerrechtlich nicht an. Sie werden nur bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und bei sonstigen Einkünften abgezogen (§ 2 Abs 4 Nr 2 EStG). Bei der Einkunftsart des Gewerbebetriebs entstehende Aufwendungen bezeichnet das EStG als Betriebsausgaben. Der Abzug der Betriebsausgaben von den Einnahmen aus Gewerbebetrieb ist nach § 18 A Ausbildung uneingeschränkt zulässig. Deshalb wären bei Einkünften aus Gewebebetrieb sämtliche Absetzungen für Abnutzung gemäß § 7 bis 7e EStG abzuziehen. Ebenfalls abzuziehen wären auch sämtliche anderen Betriebsausgaben, einschließlich der Schuldzinsen. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung könnten hingegen nach § 18 Abs 3 A Ausbildung mindestens nur ausnahmsweise (Beiträge für Berufsverbände) Werbungskosten abgesetzt werden. Hier wären die Bruttoeinnahmen voll als Einkommen anzusetzen - Schuldzinsen, Feuerversicherungsbeiträge, Kosten für Müllabfuhr, Kanalbenutzung und Erhaltungsaufwand sowie möglicherweise Gehalt des Hausmeisters könnten nicht abgesetzt werden (anders teilweise die Durchführungsanweisungen zur A Ausbildung, abgedruckt bei Hoppe-Berlinger, Förderung der beruflichen Bildung, C III DA, 18.07). Ein sachlicher Grund für diese erhebliche Ungleichbehandlung der verschiedenen Einkunftsarten ist nicht ersichtlich. Genauso wäre es sinnwidrig § 18 Abs 3 A Ausbildung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und nichtselbständiger Arbeit entsprechend anzuwenden, denn dann wäre der Abzug aller Betriebsausgaben ausgeschlossen und das Einkommen mit Ausnahme von Steuern und Sozialabgaben dem Umsatz gleichzustellen.
Für die Einschränkung des § 18 Abs 3 A Ausbildung auf Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit ergeben sich weder aus dem AFG noch aus der A Ausbildung Anhaltspunkte. Es wäre im übrigen auch unverständlich, warum bei ihnen neben den Aufwendungen für Berufskleidung auch solche für Werkzeug von der Abzugsfähigkeit ausgeschlossen sein sollten, die bei Selbständigen und Gewerbetreibenden selbstverständlich zu berücksichtigen sind. Gegen den Gleichbehandlungssatz würde auch eine Auslegung verstoßen, nach der § 18 Abs 3 A Ausbildung lediglich die Funktion hat, den Katalog des § 9 Abs 1 Satz 2 EStG einzuengen. Damit würde der § 18 Abs 3 A Ausbildung stillschweigend im einzelnen auf eine steuerrechtliche Bestimmung Bezug nehmen. Die Bestimmung des § 9 Abs 1 Satz 2 EStG gilt indessen nicht für Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Tätigkeit, so daß sich bei der hier erörterten Auslegung wiederum die oben geschilderte Ungleichbehandlung ergeben würde. Ferner wäre es nicht vertretbar, § 18 Abs 3 A Ausbildung dahin zu verstehen, daß er den Katalog des § 9 Abs 1 Satz 2 EStG einschränkt und dies sinngemäß auch für Gewerbetreibende und Selbständige gelten soll. Damit wären die Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung (§ 7 Abs 1, 4, 5 und 6; §§ 7b, 54 EStG) auch für diese Einkunftsarten ausgeschlossen. Den Gewerbetreibenden und Selbständigen bliebe aber unverständlicherweise die in § 9 Abs 1 Satz 2 Nr 7 EStG nicht genannte degressive Absetzung für Abnutzung gemäß § 7 Abs 2 EStG. Andererseits wäre ihnen der Abzug von Schuldzinsen versagt, denn diese sind in § 9 Abs 1 Satz 2 Nr 1 EStG genannt; sie wären deshalb bei einer Einengung des Katalogs der Bestimmung des § 9 Abs 1 Satz 2 EStG nicht zu berücksichtigen, denn in § 18 Abs 3 A Ausbildung werden sie nicht erwähnt. Wenn aber die sonstigen Betriebsausgaben von den Einnahmen abzuziehen sind, wäre andererseits für einen Ausschluß des Abzugs von Schuldzinsen kein sachlicher Grund ersichtlich. Die Unwirksamkeit des § 18 Abs 3 A Ausbildung führt dazu, daß allein nach § 40 AFG zu entscheiden ist, welche Aufwendungen zum Erwerb von Einnahmen vom Einkommen der Eltern abgezogen werden können. Hierbei können andere vergleichbare gesetzliche Regelungen herangezogen werden, die eine entsprechende Regelung enthalten, sowie sich dem Sinn und Zweck des § 40 AFG annähern. Insoweit sind die Bestimmungen des BSHG, des AFöG und des BAFöG vergleichbar.
Nach § 4 der VO zu § 76 BSHG sind sämtliche Verluste von Einnahmen derselben Einkunftsart abzuziehen mit Ausnahme der Absetzungen für Abnutzung und bestimmter weiterer, hier nicht beachtlicher Aufwendungen. Nach § 7 der VO zu § 76 BSHG werden auch bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die mit ihrer Erzielung verbundenen notwendigen Ausgaben, nicht jedoch die Absetzungen für Abnutzung, berücksichtigt. Soweit nach der VO zu § 76 BSHG bestimmte Aufwendungen von der Abzugsfähigkeit ausgeschlossen sind, können diese Ausnahmen für die Berechnung des Einkommens bei der BAB nicht maßgebend sein; insoweit kann auf die dargestellten Unterschiede zwischen dem Zweck der Leistungen nach dem BSHG und der BAB verwiesen werden.
Nach § 12 Abs 2 AföG gelten als Einkommen im Sinne dieses Gesetzes alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert nach Abzug u.a. der Werbungskosten iS des § 9 EStG oder der Betriebsausgaben iS des § 4 EStG, jedoch mit Ausnahme der erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie die nach § 7 EStG zulässigen Absetzungen für Abnutzung übersteigen.
Die gleiche Regelung enthält § 12 des zweiten Wohngeldgesetzes idF vom 24. November 1971 (BGBl I 1837). Demgegenüber werden nach § 21 BAFöG bei der Ermittlung des anzurechnenden Einkommens die Absetzungen für Abnutzungen uneingeschränkt berücksichtigt, also einschließlich der erhöhten Abnutzung und der Sonderabschreibungen. § 21 BAFöG bestimmt, daß als Einkommen grundsätzlich der Gesamtbetrag der Einkünfte im Sinne des EStG nach bestimmten Abzügen gilt. Diese gegenüber der Regelung des AföG (aaO) günstigere Vorschrift wurde deshalb geschaffen, weil die Bundesregierung nach den Erfahrungen mit dem AföG der Ansicht war, daß eher die Auswirkungen einiger, der Zielsetzung dieses Sozialleistungsgesetzes nicht entsprechender Bestimmungen des Steuerrechts als die aus einem speziellen Einkommensbegriff notwendig folgenden Belastungen der Betroffenen und der Behörden hingenommen werden könnten (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des BAFöG, BT-Drucks VI/1975, S 30). Diese Auffassung ist während des Gesetzgebungsverfahrens auf keinerlei Kritik gestoßen. Damit konnten die Einkommensermittlungen und -feststellungen der Finanzverwaltungsbehörden als Grundlage der förderungsrechtlichen Entscheidung im Rahmen des BAFöG übernommen werden (Bundesregierung aaO). Die schlichte Übernahme der in § 21 BAFöG vorgesehenen Einkommensermittlung für die Bestimmung des anzurechnenden Einkommens bei der BAB im Rahmen des § 40 Abs 1 AFG erscheint schon deshalb nicht angebracht, weil - wie oben ausgeführt - wegen der Beurteilung der Frage, ob und inwieweit den Unterhaltsverpflichteten die Aufbringung eigener Mittel üblicherweise nicht zugemutet wird, eine - wie in § 21 BAFöG vorgesehene - rein steuerliche (gewissermaßen "pauschale") Betrachtungsweise ausgeschlossen ist, in dieser Beziehung also jenes Einkommen ermittelt werden muß, welches den Unterhaltsverpflichteten effektiv zur Verfügung steht. Zwar mag es auch im Rahmen der Leistungen nach § 40 Abs 1 AFG praktikabler sein, nach den Grundsätzen des BAFöG vorzugehen, jedoch bedarf eine derartige, der Vereinfachung dienende Regelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung. Kann aber aus den dargelegten Gründen die Regelung des BAFöG nicht übernommen werden, so erscheint es im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Gewährung von BAB unter Berücksichtigung des dabei erkennbaren Willens, den Unterhaltsverpflichteten nur in zumutbaren Grenzen nach seinem effektiven Einkommen heranzuziehen, gerechtfertigt, die für den Begriff der Werbungskosten getroffene Regelung des § 12 Abs 2 AföG anstelle des unwirksamen § 18 Abs 3 A Ausbildung anzuwenden. Demnach sind abzugsfähig alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen einschließlich der Absetzungen für Abnutzung, jedoch ohne die erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie die normalen Absetzungen für Abnutzung nach § 7 EStG übersteigen. Für die Einbeziehung der Absetzungen für die normale Abnutzung von Wirtschaftsgütern in die Werbungskosten spricht der Umstand, daß die A Ausbildung von den Eltern nicht den Einsatz des Vermögens verlangt. Wenn aber die Eltern Vermögen zum Erwerb von Einkommen einsetzen, ist es gerechtfertigt, die Abnutzung der Wirtschaftsgüter als Minderung des Einkommens zu berücksichtigen. Die erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen dienen hingegen wirtschaftspolitischen Zwecken. Sie haben nichts mit der Ermittlung des für den allgemeinen Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Einkommens zu tun.
Bei der Ermittlung des anzurechnenden Einkommens ist das LSG zutreffend von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Jahres 1972 ausgegangen. Es wird aber zu ermitteln haben, inwieweit die für dieses Jahr geltend gemachten Werbungskosten im Rahmen des § 40 AFG das anzurechnende Einkommen der Eltern mindern oder ob und inwieweit es sich um erhöhte Absetzungen für Abnutzung gehandelt hat.
Das LSG wird schließlich Ermittlungen darüber anzustellen haben, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von BAB sich im Laufe der Ausbildungszeit der Klägerin bis zum 31. August 1974 verändert haben. Nach allem ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen