Entscheidungsstichwort (Thema)
Anästhesieleistungen in Belegkrankenhäusern
Leitsatz (amtlich)
Zu anästhesiologischen Leistungen in einem Belegkrankenhaus ohne angestellte Ärzte kann ein freipraktizierender Arzt ermächtigt werden.
Leitsatz (redaktionell)
Reine Belegkrankenhäuser (ohne angestellten Arzt) sind nicht verpflichtet, anästhesiologische Leistungen als Krankenhausleistungen zur Verfügung zu stellen.
Normenkette
RVO § 368n; BPflV § 3 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1973-04-25; KHG § 17 Fassung: 1972-06-29
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte den inzwischen verstorbenen Dr. med. H S (S.), Rechtsvorgänger der Klägerin, zur Durchführung von Anästhesieleistungen in der B (Beigeladene zu 2.) ermächtigen durfte.
Dr. S. war als Facharzt für Anästhesie in Hannover niedergelassen. Am 1. Juni 1975 ermächtigte ihn die Beklagte gem § 10 Abs 2 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) im Rahmen seines Fachgebietes in der B, die ein reines Belegkrankenhaus ist, tätig zu werden. Die Ermächtigung zur stationären Tätigkeit erstreckte sich auf die Ausführung von Leistungen, die in der Klinik im Rahmen der gewährten stationären kassenärztlichen (belegärztlichen) Versorgung erbracht werden, jedoch nur in den Behandlungsfällen, in denen die Krankenkasse den kleinen Pflegesatz zu zahlen hat. Hinsichtlich seiner ärztlichen Tätigkeit und der Abrechnung seiner Leistungen unterwarf sich der ermächtigte Arzt den für Kassenärzte geltenden Bestimmungen. Dr. S. und die Beklagte waren sich bei Abschluß des Vertrages einig, daß der Vertrag nur gelten sollte, wenn die Krankenkassen die danach erbrachten Leistungen des Dr. S. honorieren mußten. Dabei strebten sie einen Musterprozeß an, um die Frage der Ermächtigung von Anästhesisten für Leistungen auf Belegabteilungen zu klären. Die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatten in einer Empfehlungsvereinbarung, die am 28. Juli 1972 neu gefaßt worden war, geregelt, daß die Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄVen) im Benehmen mit den Krankenkassen oder ihren Landesverbänden mit Fachärzten für Anästhesie Ermächtigungsverträge abschließen sollten. Darin sollte die Teilnahme dieser Ärzte im Rahmen der stationären kassenärztlichen Behandlung durch Belegärzte geregelt werden. Die Verbände der Krankenkassen waren aber der Ansicht, daß nach Inkrafttreten der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung -BPflV-) vom 25. April 1973 (BGBl I S 333) solche Ermächtigungen nicht mehr erteilt werden konnten.
Im Quartal II/75 zahlte die Beklagte für Anästhesieleistungen des Dr. S. in der B in drei Fällen insgesamt 215,79 DM. Sie forderte diesen Betrag mit Bescheid vom 27. Oktober 1975 (Widerspruchsbescheid vom 14. November 1975) wieder zurück mit der Begründung, die Beigeladene zu 1) habe die Honorierung dieser Leistungen abgelehnt, da die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der gesetzlichen Krankenkassen ihre Zustimmung zu dem Ermächtigungsvertrag versagt habe. Dagegen machte Dr. S. mit der Klage geltend, die Leistungen der Anästhesie im Rahmen der belegärztlichen Tätigkeit würden vom kleinen Pflegesatz nicht erfaßt. Die Beklagte beantragte beim Sozialgericht (SG), der Klage stattzugeben und brachte vor, Dr. S. stehe in keinem Arbeitsverhältnis zum Krankenhaus und bekomme von diesem keine Vergütung. Die BPflV könne und dürfe sich nur auf Leistungen des Krankenhauses beziehen. Das gelte auch für die außerhalb der Krankenhausleistung erbrachten Leistungen auf Belegabteilungen, für die der Gesetzgeber vom Fortbestand des kleinen Pflegesatzes ausgehe. Würden nach einer Vereinbarung zwischen Krankenkasse und KÄV Arztkosten von einem liquidationsberechtigten Arzt gesondert berechnet, so könne nur der gekürzte Pflegesatz gefordert werden. Die Beigeladene zu 2) trug vor, der Pflegesatz, den sie als reines Belegkrankenhaus bekomme, decke Sach-, Medikamenten- und Pflegekosten ab. Die Beigeladene zu 1) beantragte, die Klage abzuweisen.
Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Berufung der Beigeladenen zu 1) hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen. Es hat ausgeführt: Das SG habe trotz übereinstimmender Anträge der Hauptbeteiligten in der Sache entscheiden dürfen, denn die Beklagte habe Dr. S. jedenfalls nicht klaglos gestellt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme eine gesonderte Berechnung der stationären Leistungen des Anästhesisten im belegärztlichen Bereich in Betracht, wenn bei dem Krankenhaus ein dringendes auf andere Weise nicht zu befriedigendes Bedürfnis nach einer Beteiligung des Arztes an der stationären Versorgung von Kassenpatienten bestehe. Bei der Beigeladenen zu 2) lägen diese Voraussetzungen vor.
Die Beigeladene zu 1) hat Revision eingelegt und macht geltend, nur die Kosten des bettenführenden Belegarztes, nicht aber die Kosten anderer ärztlicher Leistungen seien nach § 3 Abs 2 Satz 1 BPflV aus dem allgemeinen Pflegesatz herauszunehmen. Die Krankenhäuser müßten alle medizinisch notwendigen Leistungen selbst bereitstellen oder sich auf ihre Kosten beschaffen. Ausnahmen vom Grundsatz der vollen Pauschalierung aller medizinisch zweckmäßigen und ausreichenden Krankenhausleistungen seien auf das unabweisbare Maß zu beschränken. Die Leistungen der Anästhesisten, die ein eigener Berufsstand seien, könnten nicht dem Belegarzt zugeordnet und von diesem abgerechnet werden.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom
21. Juni 1978 sowie das Urteil des Sozialgerichts Hannover
vom 13. Oktober 1976 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist in der Revisionsinstanz nicht vertreten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Anästhesist, der für ein reines Belegkrankenhaus tätig werde, sei als Belegarzt iS des § 3 Abs 2 BPflV zu verstehen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig. Die Beigeladene zu 1) kann das Rechtsmittel der Revision selbständig einlegen unabhängig davon, ob es sich um eine einfache oder eine notwendige Beiladung handelt. Grundsätzlich kann auch der einfach Beigeladene zur selbständigen Einlegung von Rechtsmitteln befugt sein (BSGE 18, 131, 132; BSG SozR SGG § 75 Nr 34). Die Voraussetzungen dafür im einzelnen liegen bei der Revision der Beigeladenen zu 1) vor. Sie war schon in der Vorinstanz beteiligt und ihre Revision enthält keine abweichenden Sachanträge iS des § 75 Abs 4 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Allerdings wird in der Rechtsprechung verlangt, das Rechtsmittel des einfach Beigeladenen müsse sich im Rahmen der in den Vorinstanzen von den Hauptbeteiligten gestellten Anträge halten (BSGE 18, 131, 132; BFH NjW 1981, 888). Das kann aber nicht für den Antrag der Beigeladenen zu 1) auf Klagabweisung gelten. Durch das Urteil des SG ist der angefochtene Bescheid aufgehoben worden. Die Rechtskraft dieser Entscheidung in der Sache würde gem § 141 Abs 1 SGG die Beigeladene zu 1) binden. Deshalb kann ihr nicht versagt sein, das Urteil anzufechten. Die Beigeladene zu 1) ist durch das Urteil beschwert. Dafür genügt es, daß das Urteil ihr ungünstig ist (Meyer-Ladewig aaO § 75 Anm 19; Hennig/Danckwerts/König aaO § 75 Anm 9). Diese Ungünstigkeit liegt vor. Die Beklagte hat den angefochtenen Bescheid darauf gestützt, daß die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der gesetzlichen Krankenkassen dem Ermächtigungsvertrag nicht zugestimmt habe und deshalb die Beigeladene zu 1) die Honorierung der Leistungen des Dr. S. ablehne. Demzufolge gehen beide Beteiligte davon aus, daß die Beigeladene zu 1) die Honorierung nicht mehr ablehnen kann, wenn die Klägerin einen Anspruch auf Honorierung gegen die Beklagte hat. Das Urteil des SG stützt den Anspruch der Beklagten gegen die Beigeladene zu 1) auf eine höhere Gesamtvergütung unter Berücksichtigung der Leistung des Dr. S. Jedenfalls kann die Beigeladene zu 1) dem Anspruch der Beklagten danach nicht entgegenhalten, der Ermächtigungsvertrag sei nicht wirksam geworden und Dr. S. habe keinen Anspruch auf die Zahlung der 215,89 DM gehabt.
Die Revision ist nicht begründet.
Mit Recht hat das SG für den Klaganspruch den Sozialrechtsweg für zulässig gehalten. Die Forderung des Dr. S. auf Zahlung des Honorars und dementsprechend auch die Rückforderung beruhen auf einem öffentlichen Rechtsverhältnis, das durch den streitigen Ermächtigungsvertrag begründet worden ist. Nach § 3 dieses Vertrages hat sich Dr. S. hinsichtlich der ärztlichen Tätigkeit und der Abrechnung seiner Leistungen den für Kassenärzte geltenden Bestimmungen unterworfen. Dieser Verweis auf das Kassenarztrecht spricht dafür, daß der Vertrag, der der Sicherung der kassenärztlichen Versorgung dient, öffentlich-rechtlicher Art ist (vgl GmS OGB in BSGE 37, 212 = SozR 1500 § 51 Nr 2). Außerdem wird der eigentliche Streit um die Rechtswirksamkeit der Ermächtigung geführt. Die Entscheidung, ob der Vertrag zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung abgeschlossen werden soll, kann nur öffentlich-rechtlicher Art sein. Er gehört in das den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 SGG zugewiesene Gebiet.
Zutreffend hat das LSG dargelegt, daß das SG in der Sache entscheiden durfte, obwohl die Beklagte beantragt hatte, der Klage stattzugeben. Der Klagabweisungsantrag ist nicht Voraussetzung für ein Sachurteil. Insbesondere hängt von ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ab. Solange der angefochtene Bescheid fortbesteht, mit dem die Beklagte 215,79 DM zurückfordert, hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an einer Entscheidung über ihre Anfechtungsklage.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Der Beklagte steht gegenüber der Klägerin kein Anspruch auf Rückzahlung der 215,79 DM zu. Diesen Betrag hat sie nicht zu Unrecht gezahlt, was Voraussetzung für jede Rückforderung ist. Der Ermächtigungsvertrag, der die Rechtsgrundlage für die Zahlung der 215,79 DM durch die Beklagte bildet, ist wirksam. Allerdings haben die Partner die Wirksamkeit des Vertrages vom Bestehen einer Verpflichtung der Beigeladenen zu 1) abhängig gemacht, nämlich vom Bestehen ihrer Pflicht, die Honorierung des Dr. S. in der Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Diese von der Beklagten und Dr. S. vereinbarte Wirksamkeitsvoraussetzung ist aber erfüllt, weil die Ermächtigung dem geltenden Recht entsprochen hat und von der Beigeladenen zu 1) beachtet werden muß.
Zum Abschluß des Ermächtigungsvertrages war die Beklagte auch im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) berechtigt. Grundlage für die Ermächtigung des Dr. S. ist die Empfehlungsvereinbarung über die Teilnahme von Fachärzten für Anästhesie an der kassenärztlichen Versorgung vom 28. Juli 1972 (DOK 1972, 645). Im II. Quartal 1975, als der fragliche Ermächtigungsvertrag geschlossen wurde und Dr. S. die Leistungen erbrachte, war die Vereinbarung noch nicht gekündigt. Die Kündigung erfolgte erst im Jahr 1976. Zum Abschluß der Empfehlungsvereinbarung waren die Partner (die Verbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung) nach § 368n Abs 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF durch § 83 Nr 43 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte vom 10. August 1972 (BGBl I S 1433) berechtigt (Heinemann/Liebold Kassenarztrecht, 4. Aufl IV S 33c). Nach dieser Vorschrift haben die KÄVen die Aufgabe, die nach § 182 RVO den Krankenkassen obliegende ärztliche Versorgung sicherzustellen.
Die Voraussetzungen für die Ermächtigung des Dr. S. nach der Empfehlungsvereinbarung sind erfüllt. Im Einleitungssatz der Vereinbarung wird klargestellt, daß den Fachärzten für Anästhesie die Möglichkeit eröffnet werden solle, "in dem für die Versicherten erforderlichen Maße" an der kassenärztlichen Versorgung teilzunehmen. Die Ermächtigung kann daher nur im Rahmen des gesetzlichen Auftrages der KÄVen zur Sicherstellung der den Krankenkassen obliegenden ärztlichen Versorgung erteilt werden. Deshalb muß die Ermächtigung für eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten erforderlich sein. Das damit geforderte Bedürfnis (so BSGE 44, 244, 248 = SozR 7323 § 3 BPflV Nr 1) ist nach den Feststellungen des LSG im Fall des Dr. S. gegeben. Insbesondere kann die Beklagte nicht darauf verwiesen werden, der Versicherte könne und müsse sich die anästhesiologischen Leistungen von der Klinik beschaffen. Auch Dr. S. hätte der Beklagten nicht entgegenhalten können, es sei ungerechtfertigt, die Ermächtigung zu beantragen und gleichzeitig nicht bereit zu sein, sich dem Krankenhaus für die entsprechende Anästhesieleistung auf den Belegabteilungen zur Verfügung zu stellen. Aus dem Vorbringen der Beigeladenen zu 2) ist zu schließen, daß sie nicht bereit gewesen ist, die Anästhesieleistungen in den Belegabteilungen als Krankenhausleistung zu übernehmen. Die Möglichkeit der Verweisung auf die Beigeladene zu 2) würde daher dem Bedürfnis für die Ermächtigung nur entgegenstehen, wenn die Beigeladene zu 2) verpflichtet wäre, im Rahmen der belegärztlichen Tätigkeit die Anästhesieleistungen zur Verfügung zu stellen. Als reines Belegkrankenhaus, in dem kein Anästhesist angestellt ist, trifft sie aber keine derartige Pflicht.
Eine Pflicht der Beigeladenen zu 2), die Anästhesieleistungen auf ihren Belegabteilungen als Krankenhausleistung zu erbringen, ergibt sich insbesondere nicht aus der BPflV. Allerdings hat der Senat entschieden, die Krankenhäuser könnten innerhalb der - je nach ihrer Leistungsfähigkeit abgestuften - medizinischen Standardversorgung den Umfang ihrer (durch den Pflegesatz abgegoltenen) Leistungen nicht frei bestimmen, sondern müßten alle medizinisch notwendigen Leistungen entweder selbst bereitstellen oder sich auf ihre Kosten beschaffen. Deshalb könne der Ausnahmevorschrift für die Belegärzte (§ 3 Abs 2 Satz 1 BPflV) nicht über ihren Wortlaut hinaus entnommen werden, daß auch andere Ärzte - selbst wenn sie auf Belegabteilungen tätig werden - zu einer gesonderten Abrechnung ihrer Leistungen befugt sein sollen (BSGE 44, 244, 249). Hervorzuheben ist hier aber die in diesem Urteil enthaltene Einschränkung, daß die Leistungspflicht der Krankenhäuser durch ihre Leistungsfähigkeit eingeschränkt wird. Der Senat hat insbesondere auch ausgeführt, es könne offenbleiben, ob ausnahmsweise auch einem Nichtbelegarzt für stationäre Leistungen im belegärztlichen Bereich ein eigenes Abrechnungsrecht dann einzuräumen wäre, wenn das Krankenhaus keine angestellten Ärzte habe, wie dies bei reinen Belegkrankenhäusern der Fall sein könne (BSGE aaO S 250).
Zumindest für das reine Belegkrankenhaus ohne angestellte Ärzte hat die BPflV keine Verpflichtung begründet, selbst anästhesiologische Leistungen bereitzustellen. Die BPflV, die das früher geltende Preisrecht ablöste (Harsdorf, Krankenversicherung 1973, 49), regelt die Preise von Krankenhausleistungen. Sie stützt sich auf die Ermächtigung des § 16 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - KHG - vom 29. Juni 1972 (BGBl I S 1009). Danach geht die Ermächtigung dahin, durch Rechtsverordnung Vorschriften über die Pflegesätze der Krankenhäuser, über Rechnungs- und Buchführungspflichten und das anzuwendende Verfahren nach § 18 zu erlassen. Nach § 17 Abs 1 KHG sind die Pflegesätze für alle Benutzer nach einheitlichen Grundsätzen zu bemessen; sie müssen auf der Grundlage der Selbstkosten eines sparsam wirtschaftenden, leistungsfähigen Krankenhauses und einer Kosten- und Leistungsrechnung eine wirtschaftliche Betriebsführung ermöglichen und die medizinisch und wirtschaftlich rationelle Versorgung durch die Krankenhäuser sichern. Werden Arztkosten oder Nebenkosten gesondert berechnet, so ist dies bei der Bemessung der Pflegesätze zu berücksichtigen; durch Rechtsverordnung nach § 16 ist zu bestimmen, welche Kosten als Arztkosten anzusehen sind (§ 17 Abs 2 KHG). Pflegesätze sind die Entgelte der Benutzer oder ihrer Kostenträger für stationäre und halbstationäre Leistungen des Krankenhauses (§ 2 Nr 4 KHG). Nach § 3 Abs 1 BPflV ist für jedes im Krankenhausbedarfsplan eines Landes aufgeführte Krankenhaus sowie für jedes sonstige Krankenhaus ein allgemeiner Pflegesatz festzusetzen, durch den alle unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses medizinisch zweckmäßigen und ausreichenden Krankenhausleistungen (allgemeine Krankenhausleistungen) abgegolten werden, einschließlich der Leistungen von nicht am Krankenhaus angestellten Konsiliarärzten sowie für Leistungen fremder, auch bronchologischer Untersuchungsstellen. Unter Krankenhausleistungen in diesem Sinn sind ärztliche und andere Leistungen des Krankenhauses zu verstehen - § 2 Nr 5 BPflV. Die Leistungen des Krankenhauses sind grundsätzlich als Gesamtleistung anzubieten (Begründung der Bundesregierung zu § 3 BPflV in BR-Drucks 596/72 S 4). Allerdings geht die BPflV davon aus, daß alle medizinisch notwendigen Kosten einer stationären oder halbstationären Behandlung als Kosten der allgemeinen Krankenhausleistung in einem vollpauschalierten Pflegesatz zusammengefaßt werden (Begründung der Bundesregierung aaO S 5). Aber soweit danach die Krankenhäuser zu einem bestimmten Leistungsangebot verpflichtet sind, ist diese Pflicht jedenfalls nach ihrer Leistungsfähigkeit begrenzt (§ 3 Abs 1 BPflV).
Leistungsfähig ist das Krankenhaus allerdings nicht nur, soweit es selbst von vornherein über die Leistungen verfügen kann. § 3 Abs 1 BPflV stellt vielmehr ausdrücklich klar, daß mit dem allgemeinen Pflegesatz auch die Leistungen der nicht am Krankenhaus angestellten Konsiliarärzte sowie die Leistungen fremder Untersuchungsstellen abgegolten werden. Daraus kann sich aber keine Pflicht des Krankenhauses ergeben, sich außerhalb ihres Programms, ihrer selbstgesetzten Aufgabe im Einzelfall Leistungen zu beschaffen. Der letzte Satzteil des § 3 Abs 1 BPflV bedeutet lediglich, daß die Heranziehung eines Konsiliararztes wo sie sachlich geboten ist, zur ausreichenden Krankenhausbehandlung gehört und über den Pflegesatz abzurechnen ist. Wenn der angestellte Krankenhausarzt einen Konsiliararzt oder eine fremde Untersuchungsstelle einschaltet, dann werden diese als Erfüllungsgehilfen des Krankenhauses gegenüber dem Patienten tätig, sie sind vom Krankenhaus zu honorieren und in seine Selbstkostenrechnung aufzunehmen (Krauskopf/Feuerstein Kommentar zum Krankenhausfinanzierungsgesetz, Stand Januar 1979, § 3 BPflV Anm zu Abs 1).
Die Beschränkung auf die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses wirkt sich für das reine Belegkrankenhaus ohne angestellte Ärzte dahin aus, daß es nicht verpflichtet sein kann, selbst anästhesiologische Leistungen bereitzustellen. Da die Beigeladene zu 2) überhaupt keine eigenen angestellten Ärzte hat, müßte sie ihre Aufgabe wesentlich ändern, wenn sie ärztliche Leistungen bereitstellen wollte. Der BPflV und dem KHG kann ein derartiger Eingriff in die Aufgabenstellung von Krankenhäusern nicht entnommen werden. Ein anderes Ergebnis folgt insbesondere nicht aus § 3 Abs 2 Satz 1 BPflV. Danach ist, soweit ärztliche Leistungen von einem Belegarzt erbracht und berechnet werden, dies bei der Bemessung des Anteils der ärztlichen Leistungen im allgemeinen Pflegesatz zu berücksichtigen. Aus der Vorschrift kann indessen nicht gefolgert werden, daß ärztliche Leistungen, die auf Belegabteilungen oder in Belegkrankenhäusern nicht vom bettenführenden Belegarzt erbracht werden, zwingend nur über den allgemeinen Pflegesatz abzugelten wären. Bei einer derartigen Auslegung der BPflV würde niedergelassenen Fachanästhesisten die Grundlage ihrer Berufstätigkeit entzogen (Weißauer Anästhesiologische Informationen 1975 S 138). Der Senat hat in seinem Urteil vom heutigen Tag in der Sache 6 RKa 5/78 ausgeführt, nach § 3 Abs 2 Satz 1 BPflV gingen die Kosten der ärztlichen Leistungen in den Fachabteilungen des Krankenhauses in den auf den Belegabteilungen zu zahlenden "kleinen" Pflegesatz ein. Dagegen ist eine Einbeziehung von Kosten der Leistungen eines freipraktizierenden nicht am Krankenhaus angestellten Anästhesisten weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn der Vorschrift geboten - jedenfalls wenn das Krankenhaus als solches überhaupt keine Anästhesieleistungen anbietet. § 3 Abs 2 Satz 1 BPflV geht davon aus, daß Belegkrankenhäuser und Belegabteilungen mit Ärzten, die selbst ihre Leistungen abrechnen, fortbestehen. Wo die Leistung freipraktizierender Fachanästhesisten notwendig ist, hängt der Fortbestand des Belegkrankenhauses davon ab. Ohne die Ermächtigung könnte der freipraktizierende Anästhesist zur Behandlung im Belegkrankenhaus nur in der Weise herangezogen werden, daß er seine Leistung dem Krankenhaus und nur mittelbar dem Patienten und seinem Kostenträger erbringt. Dies würde nicht den Erwartungen der Beteiligten entsprechen, denn danach tritt der freipraktizierende Anästhesist bei seiner Tätigkeit auf der Belegabteilung, wie der Belegarzt selbst, dem Patienten als eigenverantwortlicher Arzt entgegen. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem freipraktizierenden Anästhesisten und dem Patienten wird unmittelbar oder vermittelt durch den Belegarzt begründet; jedenfalls ist aber das Krankenhaus daran nicht ohne besondere Vereinbarung beteiligt und für die Leistung nicht verantwortlich.
Ärztliche Leistungen im Rahmen einer belegärztlichen Behandlung, zumindest, wenn sie ein nicht am Krankenhaus angestellter Arzt erbringt, werden daher nicht als zur allgemeinen Krankenhausleistung gehörend und mit dem allgemeinen oder besonderen Pflegesatz abgegolten angesehen (Bölke bei Wieglow/Roth Die Kassenarztgebühren 5. Aufl Stand Oktober 1974 S V a 65; Schlauss bei Wieglow/Roth aaO, der deshalb allgemein die Leistungen von ermächtigten Anästhesisten auf Belegabteilungen als Leistungen dieser Ärzte betrachtet, die über die KÄV abzurechnen und von der Kasse zu übernehmen seien - S V a 57; wohl auch Hess DÄBl 1973, 1168; Weissauer Anästhesiologische Informationen 1975 S 132, 134).
Allerdings mag eine vertragliche Regelung zwischen dem Krankenhaus und dem Belegarzt möglich sein, die eine Abgeltung belegärztlicher Leistungen aus dem allgemeinen oder besonderen Pflegesatz zum Inhalt hat (vgl Bölke aaO S V a 67). Derartige Absprachen gibt es aber im vorliegenden Fall nicht. Wenn den Krankenkassen die Gewähr für eine ausreichende zweckmäßige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung und die Angemessenheit der Bedingungen bei der Beigeladenen zu 1) nicht gegeben zu sein schien, konnten sie nach dem im Jahr 1975 geltenden Recht die Gewährung von Krankenhausbehandlung für ihre Versicherten in dieser Klinik - von dringenden Fällen abgesehen - nach § 371 RVO aF ausschließen (vgl auch § 184 Abs 2, §§ 371 sowie 368g Abs 6 RVO nF).
Dem Ermächtigungsvertrag der Beklagten mit Dr. S und der darauf gestützten Liquidation steht schließlich nicht ein Recht des jeweiligen Belegarztes entgegen, die Leistungen des Dr. S mit abzurechnen. Es wird allerdings als möglich angesehen, daß Leistungen anderer Ärzte auf einer Belegabteilung oder in einem Belegkrankenhaus dem Belegarzt zugerechnet werden, der sie mit der KÄV oder mit dem Patienten abzurechnen habe (Bölke aaO S V a 67). Der andere Arzt muß dabei aber als Vertreter oder Erfüllungsgehilfe gehandelt haben, denn sonst kann die Leistung nicht von dem Belegarzt erbracht worden sein und berechnet werden (BPflV § 3 Abs 2 Satz 1). Für den Facharzt für Anästhesie trifft diese Voraussetzung typischerweise nicht zu. Dem Antrag des Dr. S. auf Abschluß eines Ermächtigungsvertrages konnte die Beklagte jedenfalls nicht entgegenhalten, er solle als Gehilfe des jeweiligen Belegarztes tätig werden. Eine derartige Zuordnung von ärztlichen Leistungen entspricht nicht dem Verhältnis des Fachanästhesisten zum Belegarzt. Vielmehr ist der wesentliche Sinn der Zuziehung eines Fachanästhesisten gerade die Freistellung des Operateurs von der Doppelverantwortung für den speziellen Eingriff und das Betäubungsverfahren (Weissauer aaO S 136 f).
Aus allen diesen Gründen kann die Revision keinen Erfolg haben und ist mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Fundstellen