Entscheidungsstichwort (Thema)
Heiratserstattung. Abfindung. Beamtin. Nachzahlungsrecht. Beitrag. Berechnung
Leitsatz (amtlich)
Es verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, daß frühere Beamtinnen, die für abgefundene Dienstzeiten in der Rentenversicherung nachzahlungsberechtigt sind, keinen Anspruch auf eine ebenso günstige Berechnung der Nachzahlungsbeiträge haben wie Frauen, die eine Heiratserstattung aus der Rentenversicherung erhalten haben.
Normenkette
SGB VI §§ 283, 282, 209; GG Art. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. November 1994 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Berechnung von Rentenversicherungsbeiträgen.
Die im Jahre 1932 geborene Klägerin wurde nach ihrer Eheschließung und der Geburt ihres ersten Kindes auf Antrag mit Ablauf des 31. Mai 1962 aus ihrem am 1. April 1953 aufgenommenen Dienst als Beamtin in der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen entlassen. Sie erhielt eine Abfindung in Höhe der siebenfachen Dienstbezüge des letzten Monats (insgesamt 5.523,84 DM). Die Klägerin ist inzwischen als selbständige Steuerberaterin tätig.
Im April 1993 beantragte die Klägerin bei der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Nachzahlung von Beiträgen für den Abfindungszeitraum unter der Voraussetzung, daß § 282 Abs 2 Satz 2 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) zur Anwendung komme. Mit Bescheid vom 18. Mai 1993 und Widerspruchsbescheid vom 19. August 1993 ließ die Beklagte die Klägerin zur Nachzahlung zu, lehnte jedoch die Berechnung der gemäß § 283 SGB VI nachzuzahlenden Beiträge nach § 282 Abs 2 Satz 2 SGB VI ab.
Die Klägerin hat Klage erhoben mit dem Begehren, die Berechnung gemäß § 282 Abs 2 Satz 2 SGB VI vorzunehmen. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. August 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24. November 1994). § 283 SGB VI enthalte im Gegensatz zu § 282 Abs 2 Satz 2 SGB VI keine spezielle Anordnung über die Berechnung der Beiträge, weshalb die allgemeine Regelung des § 209 Abs 2 SGB VI zur Anwendung komme. Danach seien für die Berechnung der Nachzahlungsbeiträge die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage, die Beitragsbemessungsgrenze und der Beitragssatz im Zeitpunkt der Nachzahlung maßgeblich. Dies bedeute, daß die nachgezahlten Beiträge nach dem “In-Prinzip” Verwendung fänden. Lediglich für Frauen, denen anläßlich der Eheschließung Beiträge aus der Rentenversicherung erstattet worden seien, gelte nach § 282 Abs 2 Satz 2 SGB VI das “Für-Prinzip”, wonach die Beitragsbemessungsgrenze des Jahres maßgebend sei, für das die Beiträge gezahlt würden, äußerstenfalls diejenige des Jahres 1957. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liege nicht vor.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des Art 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Ausgeschiedene Beamtinnen würden wesentlich schlechter gestellt als ausgeschiedene Angestellte, ohne daß ein sachlicher Grund hierfür bestehe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG vom 24. November 1994 und das Urteil des SG vom 18. August 1994 aufzuheben sowie die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18. Mai 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 1993 zu verpflichten, die Berechnung der für die Zeit vom 1. April 1953 bis 31. Mai 1962 nachzuzahlenden Beiträge nach § 282 Abs 2 Satz 2 SGB VI vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage gegen den angefochtenen Bescheid abgewiesen und das LSG die Berufung gegen dieses Urteil zurückgewiesen.
Die Klage ist unbegründet. In dem Bescheid vom 18. Mai 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 1993 ist die Klägerin zu Recht zur Nachzahlung von Beiträgen nur nach Maßgabe der §§ 209, 283 SGB VI zugelassen worden. Der im Zulassungsbescheid enthaltene Hinweis auf die leistungsrechtliche Bewertung der nachzuzahlenden Beiträge hat lediglich erläuternde Bedeutung. Eine Entscheidung über die Anrechnung und Bewertung von Daten, die im Versicherungsverlauf enthalten sind, erfolgt nach § 149 Abs 5 Satz 2 SGB VI erst nach Feststellung einer Leistung (BSG SozR 3-2200 § 1325 Nr 3).
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, daß die Beiträge nach § 282 Abs 2 Satz 2 SGB VI nach der Beitragsbemessungsgrenze des Jahres, für das die Beiträge gezahlt werden, für Zeiten vor dem 1. Januar 1957 nach der Beitragsbemessungsgrenze dieses Jahres berechnet werden (“Für-Prinzip”). Diese Vorschrift gilt nur für die nach § 282 Abs 1 SGB VI Nachzahlungsberechtigten, dh nur für diejenigen Frauen, denen anläßlich der Eheschließung Rentenversicherungsbeiträge erstattet worden sind und die für die betreffenden Zeiten Beiträge nachzahlen. Die Klägerin, die aus einem Dienstverhältnis als Beamtin ausgeschieden ist und nicht erneut ein solches begründet hat, kann Beiträge für die Zeit vor dem Ausscheiden nur gemäß § 283 SGB VI nachzahlen. Für die Berechnung der nachzuzahlenden Beiträge sind damit nach § 209 Abs 2 SGB VI die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage, die Beitragsbemessungsgrenze und der Beitragssatz maßgebend, die zum Zeitpunkt der Nachzahlung gelten (“In-Prinzip”). Auf die Nachzahlungsberechtigten des § 283 SGB VI ist § 282 Abs 2 Satz 2 SGB VI auch nicht entsprechend anzuwenden. Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, daß die unterschiedliche Beitragsberechnung verfassungswidrig ist.
Die unterschiedliche Berechnung der nachzuzahlenden Beiträge führt allerdings zu einem erheblichen Unterschied im Erfolgswert des jeweils gezahlten Geldbetrages. Der Erfolgswert (“Rendite”) ist je nach Zahlungszeitpunkt bei Nachzahlungen für die Jahre 1957 und früher bei § 282 Abs 2 Satz 2 SGB VI acht- bis zehnmal höher als bei der Beitragsnachzahlung nach § 283 SGB VI iVm § 209 SGB VI; bei Nachzahlungen für das Jahr 1967 ist der Erfolgswert noch vier- bis fünfmal höher (vgl die Beispiele bei Hauck/Haines/Finke, Komm zum SGB, Stand 5/1992 § 282 SGB VI, RdNr 22 ff und bei Gundel, NZS 1995 S 346, 349). Die erhebliche Begünstigung der nach § 282 SGB VI Nachzahlungsberechtigten gilt dabei nicht nur gegenüber den früheren Beamtinnen, die nunmehr nach § 283 SGB VI Beiträge nachzahlen können, sondern auch gegenüber allen anderen Gruppen von Nachzahlungsberechtigten. Sowohl die von Berechtigten nach den §§ 204 ff SGB VI als auch die von Berechtigten nach den §§ 283 bis 285 SGB VI nachgezahlten Beiträge sind nach § 209 SGB VI zu bemessen. Auch für die Nachversicherung nach § 181 SGB VI gilt nunmehr die Berechnungsweise des § 209 SGB VI, dh das In-Prinzip. Die Geltung des In-Prinzips ist also die Regel, die des Für-Prinzips in § 282 Abs 2 Satz 2 SGB VI die Ausnahme.
Die Begünstigung der nach § 282 SGB VI Berechtigten gegenüber allen anderen Nachzahlungsberechtigten ist noch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Er verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 55, 72, 88). Ungleichbehandlung und rechtfertigender Grund müssen dabei in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (BVerfGE 82, 126, 146). Die Begünstigung der nach § 282 SGB VI Nachzahlungsberechtigten läßt sich zunächst damit rechtfertigen, daß in dieser Vorschrift ein bis zum Inkrafttreten des SGB VI (1. Januar 1992) bestehendes Nachentrichtungsrecht (vgl Art 2 § 27 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪AnVNG≫; Art 2 § 28 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪ArVNG≫; übernommen worden ist. Der Kreis der Nachzahlungsberechtigten ist durch § 282 SGB VI allerdings erweitert worden. War früher nicht nur die Heiratserstattung, sondern auch die (Wieder)Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit notwendig (vgl Art 2 § 27 Abs 1 AnVNG; Art 2 § 28 Abs 1 ArVNG), so genügt nunmehr die Erstattung von Beiträgen aus Anlaß der Heirat. Der Gesetzgeber konnte jedoch grundsätzlich die Berechnung der nachzuzahlenden Beiträge nach dem vor Inkrafttreten des SGB VI geltenden Recht für den erweiterten Kreis der Nachzahlungsberechtigten beibehalten. Er war nicht verpflichtet, die erheblich ungünstigere und eine Gleichstellung mit den laufenden Beitragszahlungen herbeiführende Beitragsberechnung nach dem In-Prinzip, die über § 209 SGB VI ab 1992 generell gilt, auch für die nach § 282 SGB VI Nachzahlungsberechtigten einzuführen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß allen nach § 282 SGB VI nachzahlungsberechtigten Frauen seinerzeit nur die Hälfte der tatsächlich entrichteten Beiträge erstattet worden war. Die vom Arbeitgeber getragenen Beitragsanteile verblieben auch im Falle einer Erstattung beim Rentenversicherungsträger. Diese Beitragsanteile, die den Versicherten zuzurechnen waren, verfielen zwar, und die Versicherten konnten aus diesen Beitragsanteilen keine Rechte mehr herleiten. Dennoch haben sich diese Versicherten früher mit einem Betrag, der die gleiche Höhe wie der Erstattungsbetrag hatte, an der Finanzierung der Rentenversicherung beteiligt (vgl dazu, daß der Arbeitgeberanteil als Lohnbestandteil zu berücksichtigen ist, in anderem Zusammenhang BVerfGE 51, 1, 29 = SozR 2200 § 1315 Nr 5 und BVerfGE 69, 272, 302 = SozR 2200 § 165 Nr 81).
Der Gesetzgeber war unter Berücksichtigung des Art 3 Abs 1 GG nicht verpflichtet, die günstigere Berechnung für die nach § 282 SGB VI nachzahlungsberechtigten früheren Versicherten auf die früheren Beamtinnen zu erstrecken, die erstmals nach § 283 SGB VI zur Nachzahlung berechtigt sind. Die Lage beider Gruppen ist insoweit gleich, als mit der Heirat die Zugehörigkeit zu einem Vorsorgesystem aufgegeben wurde und nunmehr diese Entscheidung rückgängig gemacht werden soll. Zwischen beiden Gruppen von Nachzahlungsberechtigten bestehen jedoch andererseits hinreichende Unterschiede, die die Beschränkung der Begünstigung auf diejenigen rechtfertigen, die früher Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet hatten.
Die früheren Beamtinnen hatten keine Beziehung zur Rentenversicherung. Sie haben, wie alle übrigen Nachzahlungsberechtigten, für den Nachzahlungszeitraum früher keine eigenen Beiträge erbracht. Für sie sind auch keine Beiträge von einem Arbeitgeber geleistet worden, die zur Finanzierung der Rentenversicherung beigetragen haben. Bei den früher versicherungspflichtig gewesenen Arbeitnehmerinnen war dieses hingegen der Fall. Schon hierin liegt ein wesentlicher Unterschied, der eine ungleiche Behandlung rechtfertigt.
Im Gesetzgebungsverfahren ist die unterschiedliche Berechnung der Nachzahlungsbeträge damit begründet worden, daß die Heiratserstattung für Beamtinnen in der Regel höher gewesen sei als die Heiratserstattung für Versicherte und daß außerdem Beamtinnen, die wieder in das Beamtenverhältnis zurückgekehrt sind, für die abgefundenen Dienstzeiten die Abfindung nach den jetzigen Dienstbezügen zurückzahlen müssen (vgl BT-Drucks 11/4124 § 204 zu § 275). Beide Annahmen treffen zu und sind eine zusätzliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung.
Als Heiratserstattung nach § 83 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) bzw § 1304 der Reichsversicherungsordnung (RVO) wurde, beschränkt auf die Zeit ab 1948, die Hälfte der tatsächlich gezahlten Beiträge erstattet. Das waren wegen der früher niedrigen Beitragssätze (10 vH bis März 1955, 11 vH bis Dezember 1956, dann 14 vH) 5 vH, 5,5 vH oder 7 vH des jeweiligen Bruttoverdienstes. Die Beitragserstattung entsprach damit dem beitragspflichtigen Entgelt, das während der gesamten Beschäftigungszeit jeweils verdient worden war. Mit dieser Erstattungsregelung ist die beamtenrechtliche Abfindungsregelung nicht ohne weiteres vergleichbar. Eine verheiratete Bundesbeamtin, die auf Antrag entlassen wurde, erhielt nach § 152 Abs 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) vom 14. Juli 1953 (BGBl I S 551) eine Abfindung, die nach vollendetem zweiten oder dritten Dienstjahr das Zweifache, nach vollendetem vierten oder fünften Dienstjahr das Dreifache der Dienstbezüge des letzten Monats betrug. Sie stieg vom vollendeten sechsten Dienstjahr mit jedem Dienstjahr um einen Monatsbetrag (§ 152 Abs 2 BBG). Für die Klägerin des vorliegenden Verfahrens galt die entsprechende Regelung in § 162 Abs 1 und 2 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG-NRW) idF vom 10. April 1962 (GVBl S 187). Die Höhe der Abfindung richtete sich damit nach der Höhe des letzten Gehalts und nicht nach dem Einkommen in der gesamten Dienstzeit. Die Berechnung begünstigte außerdem Beamtinnen mit längerer Dienstzeit gegenüber den Beamtinnen mit kürzerer Dienstzeit. Dies ergab sich einmal daraus, daß die Abfindungshöhe absolut gesehen und im Verhältnis zur Länge der Dienstzeit mit zunehmenden Dienstjahren günstiger wurde. So betrug die Abfindung bei einer Dienstzeit von vier bis fünf Jahren (48 bis 71 Monate) zwischen 6,25 vH und 4,22 vH eines Monatsgehalts pro Monat Dienstzeit (3 Monatsgehälter Abfindung bei 48 Monaten Dienstzeit = 6,25 vH eines Monatsgehalts pro Monat Dienstzeit; 3 Monatsgehälter Abfindung bei 71 Monaten Dienstzeit = 4,22 vH). Bei einer Dienstzeit von neun Jahren (108 bis 119 Monate) und einer Abfindung von sieben Monatsgehältern – wie bei der Klägerin – lag der Vomhundertsatz dagegen zwischen 6,48 und 5,88 (7 : 108 = 6,48; 7 : 119 = 5,88). Verstärkt wurde die Begünstigung von Beamtinnen mit längerer Dienstzeit dadurch, daß der zweite Faktor für die Berechnung der Abfindung die Dienstbezüge des letzten Monats waren. Damit wirkten sich die niedrigen Dienstbezüge zu Beginn der Dienstzeit nicht aus. Beamtinnen wurden außerdem um so mehr begünstigt, je häufiger die Dienstbezüge im Laufe der Dienstzeit erhöht worden waren, weil sich damit der Abstand zwischen den für die Abfindung maßgebenden letzten und höchsten Dienstbezügen und den tatsächlichen Dienstbezügen während der gesamten Dienstzeit vergrößerte. Selbst bei den Beamtinnen mit kurzer Dienstzeit und dementsprechend ungünstigem Verhältnis der Abfindung zur Dauer der Dienstzeit (zB das erwähnte Verhältnis von 4,22 vH), das unter dem niedrigsten Prozentsatz des Betrages der Beitragserstattung lag, dürfte die Abfindung in der Regel höher gewesen sein als die Beitragserstattung bei einem vergleichbaren Einkommen in der gesamten Dienstzeit, weil die Abfindung stets nach den letzten und damit höchsten Bezügen berechnet wurde. Bei Beamtinnen mit längerer Dienstzeit war selbst das prozentuale Verhältnis höher oder annähernd so hoch wie der auf das jeweilige Entgelt bezogene Prozentsatz der Beitragserstattung. Hier führte dann die Berechnung der Abfindung nach den letzten Dienstbezügen dazu, daß die Beamtinnen eine Abfindung erhielten, die erheblich höher lag als eine Beitragserstattung bei vergleichbaren Angestellten. Hinzu kommt, daß für die der Abfindung zugrunde zu legenden Dienstbezüge die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung nicht galt. Die letzten Dienstbezüge wurden der Höhe nach unbegrenzt berücksichtigt. Auch die maßgeblichen Dienstbezüge der Klägerin lagen zB über der Beitragsbemessungsgrenze von monatlich 750 DM, wie sie für das Jahr 1957 gegolten und die Beitragsentrichtung bei Beschäftigten begrenzt hatte (vgl Art 2 § 44 Abs 2 Buchst b AnVNG; Art 2 § 45 Abs 2 Buchst b ArVNG). Für die Zeit vor 1958 konnte daher keine Arbeitnehmerin eine so hohe Beitragserstattung erhalten, wie sie die Klägerin für diese Zeit an Abfindung bezogen hat.
Bei einer Gleichstellung der nach § 282 SGB VI und der nach § 283 SGB VI Nachzahlungsberechtigten hätte der Gesetzgeber demnach die überwiegende Zahl der früheren Beamtinnen gegenüber den nach § 282 SGB VI Nachzahlungsberechtigten begünstigt. Die früheren Beamtinnen könnten die günstige Nachzahlungsregelung in Anspruch nehmen, obwohl sie im allgemeinen eine höhere Abfindung erhalten hatten als vergleichbare Arbeitnehmerinnen an Beitragserstattung.
Der Gesetzgeber hätte außerdem die Beamtinnen, denen er nunmehr das Recht zur Nachzahlung für die Zeiten der Heiratsabfindung einräumt, gegenüber den Beamtinnen begünstigt, die nach dem Ausscheiden aus dem Dienst wieder ein Dienstverhältnis begründet und für die abgefundenen Dienstzeiten die Abfindung zurückgezahlt haben. Nach § 88 Abs 2 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) vom 24. August 1976 (BGBl I S 2485) können erneut in das Beamtenverhältnis berufene Frauen die Abfindung an den Dienstherrn zurückzahlen. Hierbei sind jedoch anstelle der Dienstbezüge, die der Abfindung zugrunde lagen, die Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe des vor der Abfindung innegehabten Amtes zugrunde zu legen, die sich ergeben würden, wenn die im Zeitpunkt der erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis maßgebenden Grundgehalts- und Ortszuschlagssätze im Monat vor der Entlassung gegolten hätten (§ 88 Abs 2 Satz 2 BeamtVG). Eine Beamtin im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen, die im Jahre 1960 ausgeschieden war und erst 1992 die Abfindung hätte zurückzahlen wollen, hätte etwa viermal soviel zahlen müssen wie sie 1960 als Abfindung erhalten hatte (Grundgehalt A 9, Dienstaltersstufe 1 im Jahr 1960 = 463,00 DM – vgl LBG-NRW 1960 – ≪GVBl 359≫, Grundgehalt A 9, Dienstaltersstufe 1 im Jahr 1992 = 1.978,43 DM – BBG 1992, BGBl I S 409); eine Beamtin im Bundesdienst, die 1961 ausgeschieden war, hätte 1992 ebenfalls annähernd viermal soviel zahlen müssen (Grundgehalt A 9, Dienstaltersstufe 1 im Jahr 1961 = 517,71 DM – Zweites Besoldungserhöhungsgesetz vom 23. Dezember 1960 – BGBl I 1079). Eine teilweise Rückzahlung der Abfindung ist nicht zulässig (§ 88 Abs 2 Satz 4 BeamtVG), während bei der Nachzahlung nach § 283 SGB VI auch eine Teilbelegung des Erstattungszeitraums und eine weitgehende Wahl der Beitragshöhe (zwischen Mindest- und Höchstbeitrag) zulässig sind. Der Gesetzgeber hätte demnach früher ausgeschiedene, später aber erneut ins Beamtenverhältnis berufene Beamtinnen erheblich benachteiligt, wenn er ausgeschiedene und später nicht in ein Beamtenverhältnis zurückgekehrte Frauen wie die Klägerin nunmehr in der Rentenversicherung so extrem begünstigt hätte, wie die Klägerin das anstrebt.
Die von der Klägerin geforderte Gleichstellung der nach § 283 SGB VI nachzahlungsberechtigten früheren Beamtinnen mit den nach § 282 SGB VI Nachzahlungsberechtigten würde die Beamtinnen insgesamt zu der am meisten begünstigten Gruppe von allen Nachzahlungsberechtigten machen. Dazu oder zu weiter differenzierenden Regelungen war der Gesetzgeber von Verfassung wegen nicht verpflichtet.
Die für die Klägerin geltende Regelung ist auch nicht etwa deshalb verfassungswidrig, weil abgefundene Beamtinnen, die später eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen hatten, vor 1992 kein Nachentrichtungsrecht hatten und dieses nach Ansicht des erkennenden Senats mit dem Grundgesetz nicht vereinbar war (vgl Vorlagebeschluß an das Bundesverfassungsgericht vom 17. Juli 1990 – 12 RK 18/88, aufrechterhalten durch Beschluß vom 7. November 1995 –12 RK 31/95). Der Vorlagebeschluß betrifft eine Klägerin, die überhaupt keine Beiträge nachentrichten durfte. Sie hatte außerdem nach der Erstattung eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen und erfüllte damit eine wesentliche, in Art 2 § 27 AnVNG (Art 2 § 28 ArVNG) enthaltene Voraussetzung für die Nachentrichtung, während die Klägerin des vorliegenden Verfahrens nach der Abfindung weder ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen noch in ein Beamtenverhältnis zurückgekehrt ist. Die Frage, wie in dem anderen Verfahren die nachzuentrichtenden Beiträge zu berechnen wären, wenn jener Klägerin aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Nachentrichtungsrecht eingeräumt werden müßte, ist nicht Gegenstand der Vorlage.
Hiernach erwies sich die Revision der Klägerin als unbegründet; sie war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 946304 |
Breith. 1996, 553 |