Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. hohes Lebensalter. Bindung an tatsächliche Feststellungen nach § 163 SGG. Tätigkeit als freier Mitarbeiter
Leitsatz (amtlich)
Zur Feststellungslast für das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (hier: eines bisher nicht als Arbeitnehmer beschäftigt gewesenen über 80jährigen im Unternehmen des Sohnes).
Orientierungssatz
1. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung kann auch in hohem Lebensalter nicht nur ausgeübt, sondern sogar erstmals aufgenommen werden. Dies ist auch unter nahen Angehörigen möglich, solange der Gesetzgeber dem nicht Grenzen setzt oder es völlig ausschließt. Grundsätzlich unerheblich ist der Beweggrund für die Aufnahme der Beschäftigung, mag dieser auch im Hinblick auf den Zweck der sozialen Krankenversicherung anstößig erscheinen.
2. Um dem Revisionsgericht, das an die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils grundsätzlich gebunden ist (§ 163 SGG), eine Nachprüfung des Urteils zu erlauben, müssen die vom Vordergericht getroffenen Feststellungen ausreichend klar und bestimmt sein.
3. Eine Tätigkeit als nicht versicherungspflichtiger "freier Mitarbeiter" erfordert häufig keinen eigenen Kapitaleinsatz; sie wird darüber hinaus einen solchen Mitarbeiter, der an einer freien Gestaltung seiner Arbeitszeit interessiert und demgemäß bereit ist, entsprechend einem wechselnden Tätigkeitsumfang Verdienstschwankungen hinzunehmen, auch sonst nicht mit einem Unternehmerrisiko belasten (vgl BSG vom 14.9.1989 12 RK 64/87 = SozR 2200 § 165 Nr 96).
Normenkette
RVO § 165 Abs 1 Nr 2 Fassung: 1970-12-21; RVO § 165 Abs 2 S 1 Fassung: 1956-06-12; SGB 5 § 5 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1988-12-20; SGG § 163
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der - jetzt 87jährige - Kläger seit 1984 bei seinem zum Rechtsstreit beigeladenen Sohn in einem krankenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.
Bis 1983 war der Kläger als Unternehmer im Textilbereich tätig und nicht gesetzlich krankenversichert. Danach wurde er von dem Beigeladenen, dessen seit 1981 bestehender Betrieb die Herstellung und den Vertrieb von biomedizinischen Geräten bei einem Umsatz von inzwischen über 1,4 Millionen DM (1986) zum Gegenstand hat, beauftragt, die Möglichkeit einer Vermarktung dieser Geräte insbesondere im skandinavischen Raum zu erkunden. Hierfür erhielt er zunächst bis Ende 1983 monatlich 450 DM, seit Anfang 1984 1.800 DM und ab September 1985 1.980 DM. Für diese Beträge wurde von dem Beigeladenen Lohnsteuer abgeführt. Neben der Erkundung des skandinavischen Marktes, die 1985 beendet wurde, sollte der Kläger mögliche Interessenten, insbesondere Ärzte, orthopädisch-technische Fachhändler und später auch Altersheime, vorwiegend im norddeutschen Raum ausfindig machen, diese besuchen und die Produkte des Beigeladenen präsentieren. Vor ihm hatte diese Aufgabe ein Bruder des Beigeladenen als Handelsvertreter auf Provisionsbasis wahrgenommen. Zur Entgegennahme von Aufträgen war der Kläger nicht berechtigt. Die Kunden wurden vielmehr über ortsansässige Fachhändler beliefert. Die Vorbereitungen seiner Kundenbesuche sowie die anfallende Geschäftskorrespondenz erledigte der Kläger überwiegend in seiner Privatwohnung, in unregelmäßigen Abständen suchte er den Beigeladenen zu geschäftlichen Gesprächen auf.
Mit Beginn der Tätigkeit meldete der Beigeladene den Kläger bei der Beklagten zur gesetzlichen Krankenversicherung an. Auf eine Anfrage teilte ihr der Kläger, bestätigt durch die Unterschrift des Beigeladenen, ua mit, seine wöchentliche Arbeitszeit betrage 20 bis 30 Stunden. Seinen Lebensunterhalt bestreite er, abgesehen von 300 DM jährlichen Pachteinnahmen, aus dem Vermögen seiner Ehefrau. Nach dem Vertrag mit dem Beigeladenen stehe ihm ein Urlaubsanspruch für 25 Tage pro Urlaubsjahr zu.
Mit Bescheid vom 21. Februar 1984 stellte die Beklagte fest, der Kläger sei nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Sie begründete dies ua damit, daß er keinerlei Weisungen des Beigeladenen hinsichtlich der Ausführung seiner Tätigkeit erhalte und nicht an eine bestimmte Arbeitszeit gebunden sei. Auch befinde sich sein Arbeitsplatz nicht im Betrieb des Arbeitgebers, schließlich sei er nicht von dem Beigeladenen wirtschaftlich abhängig, da er nach eigenen Angaben seinen Lebensunterhalt aus dem Vermögen seiner Ehefrau bestreite. Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger nur eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung geltend machte, leitete die Beklagte an das Sozialgericht (SG) Kiel als Klage weiter.
Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Februar 1984 verurteilt, den Kläger als pflichtversichertes Mitglied vom 1. Januar 1984 an aufzunehmen, da seitdem alle Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erfüllt seien. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und ergänzend darauf hingewiesen, daß gegen eine versicherungspflichtige Beschäftigung auch das Alter des Klägers spreche. So stelle keine Firma, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ihr Unternehmen führe, einen über 80jährigen Arbeitnehmer ein, der in seinem bisherigen Berufsleben noch niemals als Angestellter unselbständig tätig gewesen sei. Außerdem sei die von ihm verfaßte Geschäftskorrespondenz und die Zahl der Kundenbesuche so gering, daß damit keine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden ausgefüllt werde.
Mit Urteil vom 2. Juni 1987 hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen bestehe seit dem 1. Januar 1984 ein die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung begründendes entgeltliches Beschäftigungsverhältnis. Die dafür erforderlichen wesentlichen Elemente lägen vor. So erhalte der Kläger mit 1.800 DM bzw 1.980 DM monatlich ein Gehalt, für das er Arbeitsleistungen erbringe, deren Umfang die Annahme eines "Scheingeschäfts" ausschließe. Seine Tätigkeit fülle nach Auffassung des Senates unter Berücksichtigung der Vorbereitung der Kundenbesuche und der Ermittlungen entsprechender Anschriften 20 bis 30 Wochenstunden aus. Dabei sei ein regelmäßiger Einsatz erkennbar; im Vordergrund ständen in wechselnder zeitlicher Frequenz Besprechungen zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen in den Firmenräumen. Der Annahme eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses stehe auch nicht das Alter des Klägers entgegen. So habe der Senat in Übereinstimmung mit der Vorinstanz aus der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, daß sich der Kläger noch in einem rüstigen körperlichen und geistigen Zustand befinde. Auch gebe es weder eine gesetzlich bestimmte Altersgrenze noch einen Erfahrungssatz, wonach ein über 80 Jahre alter Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage sei, als Repräsentant einer Firma aufzutreten. Die Tätigkeit des Klägers gehe auch über die einer familienhaften Mithilfe hinaus. So lebe er nicht in einer Haushaltsgemeinschaft mit dem Beigeladenen, seine Tätigkeit unterscheide sich nicht wesentlich von der eines typischen Außendienstmitarbeiters und das Gehalt, das ihm seit dem 1. Januar 1984 gezahlt werde, liege wesentlich über einem geringfügigen Taschengeld. Auf dem Hintergrund dieser zulässigen Vertragsgestaltung sei auch die Tatsache unschädlich, daß nach der Darstellung des Beigeladenen bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung "eines der Ziele der Beschäftigung des Klägers gewesen sei, diesem zu einer preiswerten Krankenversicherung zu verhelfen". Der Kläger verrichte seine Aufgaben schließlich nicht als selbständiger Handelsvertreter oder als selbständiger freier Mitarbeiter. Denn trotz bestimmter Freiheiten sei er doch insoweit in den Betrieb eingegliedert, als er dort häufig Besprechungen durchzuführen habe, bei denen der Beigeladene nicht nur generell die Richtlinien der Geschäftspolitik bestimme, sondern auch maßgeblichen Einfluß auf das vom Kläger gegenüber potentiellen Kunden vorzustellende Sachprogramm, Art und Weise der Werbung und die Auswahl der Werbungsbereiche nehme. Ein schwerwiegendes Argument für eine abhängige Beschäftigung des Klägers sei ferner seine Freistellung von einem Unternehmerrisiko durch die Zahlung eines festen Gehalts und die Ersetzung von Reisekosten und Spesen seit geraumer Zeit. Hinzu komme, daß zumindest nach den Vertragsvereinbarungen ein fester Urlaubsanspruch gegeben sei und der Kläger kein eigenes Gewerbe angemeldet habe.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 165 Abs 1 Nrn 1 und 2 der Reichsversicherungsordnung in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung (RVO aF) sowie des Absatzes 2 Satz 1 dieser Vorschrift. Bei den Reisetätigkeiten und Werbemaßnahmen, wie sie der Kläger geschildert habe, sei er, wie der Bruder des Beigeladenen vor ihm, als freier Mitarbeiter im Außendienst tätig. Denn wenn wie hier die Arbeitseinteilung und -ausführung weitestgehend frei sei und damit keine der für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis charakteristischen Merkmale enthalte, könne der Entgeltzahlung in Form eines der Lohnsteuer unterworfenen Betrages nicht die entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Auch liege angesichts der entsprechenden Bekundung des Beigeladenen die Überlegung nicht ganz fern, die Abgeltung der Tätigkeit sei in dieser Weise ausgestaltet, um den Kläger unter Belassung seiner Selbständigkeit Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung zu verschaffen. Es laufe auf eine nicht gerechtfertigte Ausnutzung der Versichertengemeinschaft hinaus, wenn erst im hohen Alter die Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung gesucht werde.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Feststellung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sei auch für die Frage einer gesetzlichen Rentenversicherung des Klägers maßgebend. Da die Entscheidung daher auch gegenüber der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte nur einheitlich ergehen könne, hätte diese nach § 75 Abs 2, 1. Fall Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen werden müssen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 2. Juni 1987 sowie das Urteil des SG Kiel vom 11. Dezember 1984 aufzuheben und die Klage abzuweisen; hilfsweise, den Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für zutreffend und trägt noch vor: Die Integration in den Betrieb des Beigeladenen als wesentliches Element unselbständiger Beschäftigung ergebe sich auch aus dem Umstand, daß er durch eingehende Einweisung in die Herstellung und Funktionsweise der Produkte und durch zahlreiche Besuche von Ausstellungen und bei Fachhändlern intensiv für die nunmehr ausgeübte Beschäftigung ausgebildet worden sei. Daraus, daß er vor der Aufnahme der Tätigkeit von seiner Ehefrau unterhalten worden sei, könne nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden, da entscheidendes Merkmal nicht die wirtschaftliche, sondern die persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber sei. Diese finde ihren wesentlichen Ausdruck in seiner Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen.
Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren zur Sache nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist iS einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und einer Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Unbegründet ist allerdings die Rüge der Beklagten, der zuständige Rentenversicherungsträger hätte zum Rechtsstreit beigeladen werden müssen. Eine solche Beiladung war nach § 75 Abs 2 SGG nicht erforderlich. Zwar hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 21. Februar 1984 für die gesamte Sozialversicherung und damit auch für die gesetzliche Rentenversicherung festgestellt, der Kläger sei nicht versicherungspflichtig beschäftigt. In seinem Widerspruch hat der Kläger diesen Bescheid aber nur insoweit angefochten, als er seine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung betraf. Auch im anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren hat er seinen Klageantrag hierauf beschränkt, ohne daß die Vorinstanzen auf eine Änderung hingewirkt hätten. Damit ist die gesetzliche Rentenversicherung - die Arbeitslosenversicherung scheidet schon mangels einer Beitragspflicht nach Vollendung des 63. Lebensjahres aus (§ 169 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz) - nicht Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits geworden. Insoweit ist vielmehr der Bescheid vom 21. Februar 1984 bindend geworden.
Der Senat hat der Revision stattgegeben, weil er die Frage, ob der Kläger seit 1984 bei seinem beigeladenen Sohn in einem krankenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht, nach den bisher dazu getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen kann.
Zuzugeben ist dem LSG allerdings, daß eine versicherungspflichtige Beschäftigung auch in hohem Lebensalter nicht nur ausgeübt, sondern sogar erstmals aufgenommen werden kann und daß dies auch unter nahen Angehörigen möglich ist, solange der Gesetzgeber dem nicht Grenzen setzt oder es völlig ausschließt (so zB früher bei Beschäftigung eines Ehegatten durch den anderen, § 175 RVO idF der Ersten Vereinfachungsverordnung vom 17. März 1945; vgl jetzt § 5 Abs 1 Nr 9 SGB 5 und die dort für eine Krankenversicherung von Studenten bestimmte Altersgrenze). Grundsätzlich unerheblich ist auch der Beweggrund für die Aufnahme der Beschäftigung, mag dieser auch im Hinblick auf den Zweck der sozialen Krankenversicherung anstößig erscheinen, was in der Tat der Fall ist, wenn jemand, der bisher nicht versichert war, sich über eine - noch dazu zeitlich stark eingeschränkte - Beschäftigung eingestandenermaßen einen "preiswerten" Krankenversicherungsschutz verschaffen will und dies auf Kosten der Versichertengemeinschaft, die in der Mehrheit aus durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmern besteht. Auch er kann indessen über die Beschäftigung Versicherungsschutz nur erlangen, wenn objektiv eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, dh eine Beschäftigung, die in persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt verrichtet wird und auch die Grenzen der Geringfügigkeit überschreitet. Ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, ist wegen der Zweifel, die sich in Fällen der vorliegenden Art schon nach allgemeiner Lebenserfahrung aufdrängen, besonders sorgfältig zu prüfen. Dabei gehen Zweifel, die auch nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten letztlich nicht ausgeräumt werden können, zu Lasten desjenigen, der sich auf Versicherungspflicht beruft; er trägt dafür die Feststellungslast.
Um dem Revisionsgericht, das an die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils grundsätzlich gebunden ist (§ 163 SGG), eine Nachprüfung des Urteils zu erlauben, müssen die vom Vordergericht getroffenen Feststellungen ausreichend klar und bestimmt sein. Das gilt wegen der genannten Zweifel in besonderem Maße in Fällen der vorliegenden Art. Hieran mangelt es dem Urteil des LSG.
Kein klares Bild hat der Senat zunächst von den Arbeiten gewinnen können, die der Kläger seit 1984 für seinen beigeladenen Sohn verrichtet haben will und welchen zeitlichen Umfang sie gehabt haben. Das LSG erwähnt insoweit vom Kläger durchgeführte Fahrten, Kundenbesuche, Ermittlung entsprechender Anschriften, einen "regelmäßigen" Einsatz des Klägers für das Unternehmen des Sohnes, Besprechungen mit ihm "in wechselnder zeitlicher Frequentierung", "gelegentliche" Diktate von Geschäftsschreiben in den Firmenräumen und eine "regelmäßige" Beschaffung von Werbematerial. Noch unbestimmter sind die Angaben des LSG zum zeitlichen Umfang, den die Tätigkeit des Klägers gehabt haben soll ("20 bis 30 Wochenstunden").
Was die persönliche Abhängigkeit des Klägers als Voraussetzung seiner Versicherungspflicht betrifft, so verweist das LSG insoweit lediglich auf häufige Besprechungen, bei denen der Beigeladene "maßgeblichen Einfluß auf das vom Kläger gegenüber potentiellen Kunden vorzustellende Sachprogramm, Art und Weise der Werbung und die Auswahl der Werbungsbereiche nimmt". Manchmal fänden derartige Besprechungen in kurzen Abständen statt, zeitweilig lägen auch mehrere Tage dazwischen. Andererseits müsse der Kläger nicht zu bestimmten Zeiten an einem bestimmten Arbeitsplatz im Betrieb des Beigeladenen tätig sein, habe also weitgehende Freiheit in der Gestaltung des persönlichen Arbeitsablaufs. Diese Feststellungen sind zu allgemein, jedenfalls nicht genau genug, um danach die Frage einer persönlich abhängigen Beschäftigung des Klägers oder eines freien Mitarbeiterverhältnisses entscheiden zu können.
Nicht sicher zu beurteilen ist schließlich nach den bisher getroffenen Feststellungen, ob die Beträge, die der Kläger seit 1984 von Beigeladenen erhalten haben soll (monatlich zunächst 1800 DM, ab September 1985 1980 DM), wirklich Entgelt für geleistete Arbeit waren oder nicht vielmehr - ganz oder teilweise - auf einem anderen Rechtsgrund beruhten, insbesondere Unterhaltszahlungen waren. Das LSG hat letzteres verneint, weil der Kläger nach seinen Angaben vor Aufnahme der Beschäftigung im wesentlichen aus Vermögenseinkünften seiner Ehefrau unterhalten worden sei und deshalb auf Unterhalt durch seinen - erst nach der Ehefrau unterhaltspflichtigen - Sohn nicht angewiesen gewesen sei. Dabei wird, abgesehen von den nicht aufgeklärten Vermögensverhältnissen der Ehefrau des Klägers, nicht hinreichend berücksichtigt, daß schon steuerliche Gründe, etwa eine Verbuchung der Zahlungen des Beigeladenen als Betriebsausgaben in seinem Unternehmen, ihn hätten veranlassen können, den Unterhalt für seinen Vater zu übernehmen. Im übrigen scheint der Kläger jedenfalls bis 1985 die Spesen für seine Reisen zunächst selbst getragen zu haben, so daß die ihm vom Beigeladenen gezahlten Beträge auch dem Ersatz seiner Aufwendungen gedient haben könnten.
Um die hiernach noch erforderlichen Feststellungen zu treffen und damit eine einigermaßen sichere Grundlage für die Entscheidung des Rechtsstreits zu gewinnen, andererseits den Kreis der Ermittlungen nicht zu weit zu ziehen, könnte es sich empfehlen, sie vorerst auf einen bestimmten, vom LSG auszuwählenden Zeitraum zu beschränken, für diesen dann allerdings möglichst genaue Feststellungen zu treffen. Was im übrigen die - vom LSG bei der Bewertung der Tätigkeit des Klägers als abhängige Beschäftigung für schwerwiegend gehaltene - Freistellung von einem Unternehmerrisiko angeht, so ist zu bedenken, daß auch eine Tätigkeit als nicht versicherungspflichtiger "freier Mitarbeiter" häufig keinen eigenen Kapitaleinsatz erfordert; sie wird darüber hinaus einen solchen Mitarbeiter, der an einer freien Gestaltung seiner Arbeitszeit interessiert und demgemäß bereit ist, entsprechend einem wechselnden Tätigkeitsumfang Verdienstschwankungen hinzunehmen, auch sonst nicht mit einem Unternehmerrisiko belasten (vgl dazu neuerdings das Urteil des Senats vom 14. September 1989, 12 RK 64/87, zur freien Mitarbeit in einer krankengymnastischen Praxis).
Fundstellen