Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständiger Arbeitnehmer. Ergeben die Feststellungen über die tatsächliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen einem Unternehmer und eines für ihn Tätigen ebensoviel Gründe für die Selbständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung, so ist dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Partner der Vorrang bei der Beurteilung des Gesamtbildes der Tätigkeit einzuräumen. Versicherungsrechtliche Beurteilung von Masseuren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Liegt ein unternehmerisches Risiko vor, so ist dieser Tatsache nur dann ein Hinweis auf das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit zu entnehmen, wenn dem Risiko größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen.

2. Ergeben die Feststellungen über die tatsächliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen einem Unternehmer und eines für ihn Tätigen ebensoviel Gründe für die Selbständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung, so ist dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Partner der Vorrang bei der Beurteilung des Gesamtbildes der Tätigkeit einzuräumen. Versicherungsrechtliche Beurteilung von Masseuren:

Masseure, denen Massageräume mit dem erforderlichen Mobiliar überlassen werden und die dafür sowie für die sonstigen Unkosten einen Mietzins in Höhe von 20 vH der Massagehonorare entrichten, stehen nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis; dies gilt auch dann, wenn die Masseure ihre Arbeitszeit im großen und ganzen nach den Öffnungszeiten der im selben Hause vom Vermieter betriebenen Sauna ausrichten und ihre Tätigkeit auch sonst weitgehend dem Geschäftsbetrieb der Sauna anpassen.

 

Normenkette

RVO § 165 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1956-06-12; AVG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; AFG § 168 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1969-06-25

 

Verfahrensgang

LSG Bremen (Entscheidung vom 01.10.1976; Aktenzeichen L 1 Kr 1/75)

SG Bremen (Entscheidung vom 17.09.1974; Aktenzeichen S Kr 7/74)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 1. Oktober 1976 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 17. September 1974 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin und den Beigeladenen zu 4) und 5) auch die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladenen zu 4) und 5) versicherungspflichtig in der Kranken- und Rentenversicherung sowie beitragspflichtig in der Arbeitslosenversicherung sind.

Die Klägerin betreibt in Bremerhaven eine Sauna. In dem Hause, in dem die Sauna betrieben wird, befinden sich auch mehrere Räume, die von der Klägerin mit dem für die Verabfolgung von Massagen erforderlichen Mobiliar, insbesondere mit Massagebänken, ausgestattet worden sind. Die Beigeladenen zu 4) und 5) sind staatlich geprüfte Masseure. Der Beigeladene zu 4) ist seit 1960, der Beigeladene zu 5) war von November 1967 bis März 1974 im Hause der Klägerin als Masseur tätig. Ihre Kunden waren ganz überwiegend Benutzer der Sauna, vereinzelt wurden auch ärztlich verordnete Massagen ausgeführt. Aufgrund mündlicher Abreden stellte die Klägerin den Beigeladenen zu 4) und 5) je einen Massageraum zur Verfügung. Die Masseure stellten die für die Massagen erforderlichen Hilfsmittel (Massageöl und Handtücher) selbst. Ihre gewöhnliche Arbeitszeit an fünf Tagen in der Woche entsprach den täglichen Öffnungszeiten der Sauna; die Beigeladenen zu 4) und 5) richteten auch ihren Jahresurlaub regelmäßig nach der an der Sommerurlaubszeit orientierten Schließung der Sauna aus. Gelegentlich sind die Masseure auch außerhalb der Urlaubszeit oder der täglichen Öffnungszeiten der Sauna ferngeblieben, wobei sie sich auf die entsprechende Unterrichtung der Klägerin beschränkten. Andererseits sind sie, wenn schon bei Öffnung der Sauna starker Kundenandrang herrschte, von der Klägerin telefonisch aufgefordert worden, ihre Tätigkeit früher aufzunehmen. Bei stärkerem Andrang kurz vor der abendlichen Schließung der Sauna forderte die Klägerin die Beigeladenen zu 4) und 5) hin und wieder auf, die Massagen zu beschleunigen. Die Honorare für die Massagen wurden von der Klägerin und den Masseuren entsprechend den vom Verband der Physiotherapeuten empfohlenen Sätzen einvernehmlich festgelegt und von der Klägerin an der Saunakasse kassiert. Mit einem hier angebrachten Schild wurde darauf hingewiesen, daß Massagen durch freiberufliche Masseure erhältlich seien. Die Klägerin zahlte jedem der beiden Masseure an jedem Abend 80 vH der Honorare aus, die sie aus den von ihnen verabfolgten Massagen eingenommen hatte; 20 vH der Honorare behielt sie als pauschalierten Betrag für Miete und Unkosten (insbesondere Heizung, Beleuchtung, Reinigung) sowie als Entschädigung für ihre Inkassotätigkeit ein. Die Abrechnung der ärztlich verordneten Massagen führte die Klägerin für die Masseure aus; auch von den Kassenhonoraren behielt sie 20 vH als Unkostenpauschale für sich. Soweit Ersatzkassen Kostenträger waren, rechnete der Beigeladene zu 4) - beim Beigeladenen zu 5) waren derartige Abrechnungsfälle nicht eingetreten - mit der Ersatzkasse selbst ab; auch von diesen Honoraren führte er nachträglich eine Unkostenpauschale von 20 vH an die Klägerin ab. Die Beigeladenen zu 4) und 5) erhielten von der Klägerin keine anderen Leistungen, insbesondere keine Garantiebeträge, kein Urlaubsentgelt und keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Sie waren freiwillig versicherte Mitglieder der Beklagten und leisteten freiwillige Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung. Außerdem waren sie Mitglieder der zuständigen Berufsgenossenschaft, sie besaßen eine Gewerbeerlaubnis und wurden zur Einkommensteuer veranlagt.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 16. Oktober 1973 die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) und 5) zur gesetzlichen Krankenversicherung (§ 165 Abs 1 Nr 2 der Reichsversicherungsordnung -RVO- ), zur Angestelltenversicherung (§ 2 Abs 1 Nr 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes -AVG- ) und ihre Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung (§ 168 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG- ) fest. Zugleich forderte sie die Nachzahlung von Beiträgen, die sie unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschriften auf der Basis geschätzter Entgelte auf 22.641,60 DM festsetzte. Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 1974). Das Sozialgericht (SG) hat die vorgenannten Bescheide mit Urteil vom 17. September 1974 aufgehoben; es hat die Beigeladenen zu 4) und 5) als selbständige Unternehmer angesehen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 1. Oktober 1976 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat die Versicherungs- und Beitragspflicht der Beigeladenen zu 4) und 5) aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses angenommen: Für die Begründung eines abhängigen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses der Beigeladenen zu 4) und 5) bei der Klägerin spreche das Fehlen eigener Betriebsräume einschließlich der notwendigen Einrichtung. Die Stellung einzelner Betriebsmittel (Massageöl, Handtücher) durch die Beigeladenen zu 4) und 5) stehe dem nicht entgegen. Die Masseure hätten auch ihre Arbeitszeit nicht völlig nach eigenem Belieben bestimmen können; die ihnen von der Klägerin eingeräumte Befugnis, den Betrieb aus besonderem Anlaß kurzfristig zu verlassen, sei nicht über das auch sonst bei Arbeitnehmern übliche Maß hinausgegangen. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche ferner der Umstand, daß die Massagen regelmäßig nur im Zusammenhang mit dem Besuch der Sauna verabfolgt und die Kunden, soweit sie nicht Sonderwünsche geäußert hätten, den beiden Masseuren in gleicher Zahl zugewiesen worden seien. Das Weisungsrecht der Klägerin ergebe sich auch daraus, daß sie bei besonderem Andrang den Masseuren die Dauer der Massagen zeitlich vorgeschrieben und sie gelegentlich telefonisch gebeten habe, früher zu erscheinen, um die bereits wartenden Kunden nicht zu verärgern. Im Hinblick auf die Verknüpfung des Saunabetriebes mit der Verabfolgung von Massagen seien die Beigeladenen zu 4) und 5) auch in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Die im übrigen festgestellten Umstände ständen dieser Beurteilung nicht entgegen. Weder die Absicht der Klägerin und der beiden Masseure, eine freiberufliche Zusammenarbeit zu vereinbaren, noch die freiwillige Mitgliedschaft zur gesetzlichen Krankenversicherung, die Leistung freiwilliger Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung sowie die Mitgliedschaft bei dem zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die Veranlagung zur Einkommensteuer statt der Einbehaltung von Lohnsteuer seien erheblich. Insoweit handele es sich insgesamt nur um Folgen der rechtlich unzutreffenden Beurteilung der Vertragsverhältnisse durch die Betroffenen. In gleicher Weise stehe der Abrechnungsmodus der Beurteilung der den Beigeladenen zu 4) und 5) zugeflossenen Beträge als Entgelt für abhängige Arbeit nicht entgegen. Schließlich könne dem Umstand, daß die Beigeladenen zu 4) und 5) keinen Festbetrag, kein Urlaubsentgelt und keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten haben, keine Bedeutung beigemessen werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die - vom LSG zugelassene - Revision der Klägerin. Sie rügt eine Verletzung des § 165 Abs 1 Nr 2 RVO, des § 2 Abs 1 Nr 1 AVG, des § 168 Abs 1 AFG und des § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und führt dazu aus: Das LSG habe für den Beigeladenen zu 4) nicht vom Fehlen eines eigenen Betriebsraumes ausgehen dürfen, da dieser erklärt habe, daß er sein Gewerbe auch zu Hause ausübe. Ferner habe das LSG die Regelung des Entgelts nicht als Merkmal einer abhängigen Beschäftigung der Masseure ansehen und die selbständige Abrechnung des Beigeladenen zu 4) mit den Ersatzkassen nicht unbeachtet lassen dürfen. Da das LSG davon ausgegangen sei, daß sowohl für als auch gegen eine abhängige Beschäftigung sprechende Merkmale gegeben seien, habe es dem Parteiwillen entscheidende Bedeutung beimessen müssen. Schließlich habe das LSG seiner Entscheidung auch die Darstellung des Beigeladenen zu 5) über dessen Willen zur abhängigen Tätigkeit für die Klägerin nicht ohne Erhebung der von der Klägerin angetretenen Beweise zugrunde legen dürfen.

Der Beigeladene zu 4) schließt sich dieser Begründung an und trägt ergänzend vor, das LSG habe auch die Erteilung der Gewerbeerlaubnis an die Beigeladenen zu 4) und 5) nicht unberücksichtigt lassen und die Einflußnahme der Klägerin auf die Dauer der Massagen sowie auf den Beginn der Tätigkeit der Massagen bei starkem Andrang nicht als Ausübung eines Weisungsrechts der Klägerin oder als Indiz für die betriebliche Eingliederung der Beigeladenen zu 4) und 5) in das Unternehmen der Klägerin ansehen dürfen.

Die Klägerin und der Beigeladene zu 4) beantragen,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) hat keine Erklärungen abgegeben und keinen Antrag gestellt. Der Beigeladene zu 5) ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

II

Die Revision der Klägerin ist begründet; das Urteil des LSG ist aufzuheben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG ist zurückzuweisen.

Zu Unrecht hat das LSG die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) und 5) in der Kranken- und Rentenversicherung der Angestellten (§ 165 Abs 1 Nr 2 RVO, § 2 Abs 1 Nr 1 AVG) und die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung (§ 168 Abs 1 AFG) angenommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, daß der Beschäftigte vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dies ist der Fall bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist, dh wenn er einem Zeit, Dauer und Ort der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Allerdings kann dies - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozeß" verfeinert sein. Andererseits kennzeichnen eine selbständige Tätigkeit das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen freigestellte Tätigkeit und Arbeitszeit. Ob eine Tätigkeit abhängig oder selbständig verrichtet wird, entscheidet sich nach dem Gesamtbild, dh letztlich danach, welche Tätigkeitsmerkmale überwiegen. Hierbei ist auch die vertragliche Ausgestaltung des Verhältnisses zu beachten. Weicht diese jedoch von den tatsächlichen Verhältnissen ab, haben diese ausschlaggebende Bedeutung (vgl zum ganzen: BSG SozR 2200 § 1227 Nrn 4 und 8 mwN; Urteil vom 13. Juli 1978 - 12 RK 14/78 - zur Veröffentlichung bestimmt; Urteil vom 30. November 1978 - 12 RK 33/76 - zur Veröffentlichung bestimmt).

Die vom LSG festgestellten Tatsachen lassen die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht zu. Aus ihnen kann auf eine persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen zu 4) nicht geschlossen werden. Allerdings kann - wie der Senat bereits in dem Urteil vom 27. September 1972 - 12 RK 11/72 - (SozR Nr 71 zu § 165 RVO) dargelegt hat - das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte ein wesentliches Indiz für die Eingliederung in einen Betrieb sein. Dem LSG kann aber nicht darin beigepflichtet werden, daß der Beigeladene zu 4) keine eigene Betriebsstätte unterhielt. Die Klägerin und der Beigeladene zu 4) haben nämlich unwidersprochen vorgetragen, daß die Klägerin dem Beigeladenen zu 4) den mit dem für die Verabfolgung von Massagen erforderlichen Mobiliar ausgestatteten Massageraum vermietet hat. Dafür, daß es sich auch tatsächlich um ein Mietverhältnis gehandelt hat, spricht die Vereinbarung eines Mietzinses; dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß der Mietzins nicht - wie im Mietrecht allgemein üblich - in einem der Höhe nach festbestimmten Betrag bestand, sondern an die Höhe der Einnahmen aus der Massagetätigkeit des Beigeladenen zu 4) geknüpft war. Der Mietzins unterliegt jedenfalls für gewerblich genutzte Räume grundsätzlich der Vertragsfreiheit, er bleibt auch bei der gewählten Bemessungsart zumindest bestimmbar; die Vereinbarung einer sogenannten Umsatzmiete wird deshalb auch allgemein als zulässig angesehen (Palandt-Putzo BGB, 37. Aufl, § 535 Anm 3a, bb). Tatsachen, die für die Nichtigkeit dieser Vereinbarung wegen Wuchers sprechen könnten (Palandt-Putzo aaO), hat das LSG nicht festgestellt. Für die mietweise Überlassung des Massageraumes an den Beigeladenen zu 4) spricht auch, daß der Raum nur von ihm benutzt worden ist; auch dies ist ein Indiz für ein typisches Miet-Nutzungsrecht. Die Raumüberlassung läßt sich daher nicht dahin deuten, daß die Klägerin dem Beigeladenen zu 4) einen Raun zur Verrichtung einer - von ihr - fremdbestimmten Arbeit zur Verfügung gestellt hat.

Der Senat vermag dem LSG auch nicht zu folgen, soweit es aus der Arbeitszeit des Beigeladenen zu 4) auf eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin geschlossen hat. Allerdings stimmte sowohl die gewöhnliche tägliche Arbeitszeit als auch die Urlaubszeit des Beigeladenen zu 4) mit den allgemeinen Öffnungszeiten und der sommerlichen Schließung der Sauna weitgehend überein. Hierbei handelt es sich aber nicht um die Auswirkung einer unternehmerischen Weisung der Klägerin, sondern nur um eine von ihr und dem Beigeladenen zu 4) abgesprochene organisatorische Maßnahme, die für sich allein nicht auf die persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen zu 4) schließen läßt (vgl dazu auch BSG Urteil vom 16. Dezember 1976 - 12/3 RK 4/75 - USK 76196). Um eine angemessene Zahl an Massagen zu erreichen, war der Beigeladene zu 4) im Hinblick darauf, daß die meisten Benutzer der Sauna an Massagen nur im Zusammenhang mit dem Besuch der Sauna interessiert waren, darauf angewiesen, die Zeiten seiner Tätigkeiten den Öffnungszeiten der Sauna anzupassen. Auch der Umstand, daß der Beigeladene zu 4) nach den bindenden Feststellungen des LSG in Einzelfällen seine Abwesenheit selbst bestimmen konnte und der Klägerin dies nur anzeigte und in einem Falle seinen Jahresurlaub auch während der Öffnungszeiten der Sauna genommen hatte, spricht dafür, daß der Beigeladene zu 4) sich grundsätzlich die Dispositionsfreiheit über seine Arbeitszeit erhalten hatte und zwischen den Beteiligten nur eine weitgehende organisatorische Abstimmung bestand.

Die tatsächlichen Feststellungen des LSG ergeben auch keinen. Anhalt für ein Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich anderer Umstände. Die "Zuweisung" von Massagekunden an die beiden Masseure durch die Klägerin erfolgte nicht auf Grund eines ihr zustehenden Weisungsrechtes, sondern war Auswirkung der Vereinbarung zwischen der Klägerin und den beiden Masseuren, die aus verständlichen Gründen Wert darauf legten, Kunden in annähernd gleicher Zahl zu haben. Diese Vereinbarung diente auch dem allseitigen Interesse, den Saunakunden, die auch eine Massage wünschten, keine unnötigen Wartezeiten zuzumuten. Ein darüber hinausgehendes unmittelbares unternehmerisches Interesse der Klägerin an der gleichmäßigen Auslastung der beiden Masseure bestand jedoch nicht. Im übrigen nahm die Klägerin auch keinen Einfluß darauf, in welchem Umfang jeder der beiden Masseure seine Stammkunden hatte; auch dieses Merkmal spricht für die Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 4). Daß im Friseurgewerbe hinsichtlich der Kundenbetreuung durch bestimmte Friseure ähnliche Gepflogenheiten bestehen, darf - entgegen der Ansicht des LSG - im Hinblick auf die im übrigen völlig abweichende Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses eines als Arbeitnehmer beschäftigten Friseurs hier nicht unterstützend berücksichtigt werden.

Dem LSG kann auch nicht darin beigetreten werden, daß die von der Klägerin gelegentlich ausgegangenen Aufforderungen, wegen des zuweilen größeren Kundenandranges an Samstagen schon vor 10.00 Uhr mit den Massagen zu beginnen öder aus demselben Grunde kurz vor Schließung der Sauna die Massagen, etwas zu beschleunigen, Anzeichen für ein Weisungsrecht der Klägerin sind. Auch diese Aufforderungen lassen sich zwanglos als organisatorische Wünsche der Klägerin an ihre Vertragspartner verstehen; daß es sich dabei um Weisungen der Klägerin gehandelt hat, deren Nichtbeachtung auf der Seite des Beigeladenen zu 4) als Verletzung einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung zu beurteilen wäre, hat auch das LSG nicht angenommen.

Die Art und Weise der Festlegung der Massagehonorare läßt ebenfalls nicht den Schluß zu daß der Beigeladene zu 4) von der Klägerin Entgelt aus abhängiger Arbeit bezogen hat. Nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG legten die Klägerin und der Beigeladene zu 4) die Höhe der Massagehonorare gemeinsam fest, wobei sie sich nach den für die vom Verband der Physiotherapeuten empfohlenen Honorarsätze richteten. Das LSG hat nicht festgestellt, daß der Klägerin bei der Abstimmung über Höhe der Massagehonorare ein Übergewicht im Sinne eines Direktionsrechtes zustand. Mithin unterscheidet sich dieses Verfahren such wesentlich von dem tatsächlichen Ausgangspunkt in dem vom LSG angeführten Urteil des 3. Senats des BSG vom 29. August 1963- 3 RK 86/59 - (BSGE 20, 6, 8). In dieser Entscheidung wird ausdrücklich darauf abgestellt, daß das Stundenhonorar des Golflehrers, über dessen Versicherungspflicht dort zu entscheiden war, von dem Golfclub festgelegt worden war und nur mit dessen Zustimmung erhöht werden durfte.

Zutreffend hat das LSG der Abgrenzung des Unternehmerrisikos eine wesentliche Bedeutung beigemessen. Denn das BSG hat in ständiger Rechtsprechung in dem Bestehen des Unternehmerrisikos ein Indiz für die Selbständigkeit gesehen (BSGE 11, 257; SozR Nrn 20, 27, 54 und 51 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 1227 Nr 8; BSG Urteile vom 10. Februar 1965 - 3 RK 14/61 - BKK 1965, 172; vom 30. April 1968 - 3 RK 5/66 - USK 6846; und vom 16. Dezember 1976 - 12/3 RK 4/75 - USK 76196 - ). Ein Unternehmerrisiko besteht nicht nur bei eigenem Kapitaleinsatz, sondern schon dann, wenn der Erfolg des eigenen wirtschaftlichen Einsatzes ungewiß ist (BSGE 35, 20, 25 mit weiteren Nachweisen; BSG, Urteil vom 16. Dezember 1976 - 12/3 RK 4/75 -, USK 76196). Den auch hier vom LSG bindend festgestellten Umstand, daß kein Mindesteinkommen garantiert worden ist, hat der Senat bereits in dem letztgenannten Urteil vom 16. Dezember 1976 als maßgebliches Indiz für das Vorliegen eines derartigen Unternehmerrisikos beurteilt.

Für den Fall des Beigeladenen zu 4) spricht aber darüber, hinaus auch der gesamte Abrechnungsmodus für dessen Unternehmerrisiko. Der Beigeladene zu 4) hatte gegen die Klägerin keinen Entlohnungsanspruch; vielmehr hatte er der Klägerin Inkassovollmacht erteilt, so daß in Bezug auf die Massagen vertragliche Beziehungen nur zwischen den Massagekunden und dem Beigeladenen zu 4) begründet wurden. Daß es sich hierbei um eine von der Klägerin und den Masseuren auch ernsthaft gewollte unternehmerische Trennung der Bereiche Sauna einerseits und Massagen andererseits handelte, folgt vor allem auch aus der Höhe der von der Klägerin einbehaltenen und der von ihr an die Masseure abgeführten Anteile der Massagehonorare. Wenn die Klägerin auch die Massagen im Rahmen ihres Unternehmens durch abhängig beschäftigte Masseure hätte erbringen lassen wollen, konnte sie sich mit einem Unternehmeranteil von 20 vH an den Massagehonoraren nicht begnügen, weil durch einen Betrag in dieser Höhe nicht einmal die Beiträge zur Sozialversicherung gedeckt gewesen wären, die ein Unternehmer in seine Kalkulation voll einzustellen hat. Das LSG hat auch nicht festgestellt, daß der Anteil von 20 vH der Massagehonorare die pauschalierten Kostenanteile für Raummiete, Betriebsunkosten sowie für die Inkasso- und Abrechnungstätigkeit der Klägerin überstieg und verdeckte Unternehmererträge der Klägerin aus abhängiger Arbeit des Beigeladenen zu 4) enthielt. Auch in diesem Punkt ist das vom LSG angeführte Urteil des BSG vom 29. August 1963 - 3 RK 86/59 - (BSGE 20, 6, 8) wegen der abweichenden Sachlage nicht einschlägig; in diesem Falle hatten die Betriebskosten der Golfschule keine Bedeutung. Insgesamt bietet daher die mit den vertraglichen Abreden übereinstimmende tatsächliche Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 4) keinen Anhalt dafür, daß mit der Abrede und der dementsprechenden tatsächlichen Handhabung der Abrechnung unter diesen Vertragspartnern die Umgehung zwingender sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften zur Versicherungspflicht abhängiger Beschäftigter (§ 139 RVO) beabsichtigt oder praktiziert worden ist.

Nach dem Gesamtbild der Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 4) überwiegen daher die für eine selbständige Betätigung des Beigeladenen zu 4) sprechenden Merkmale. Aber selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß ebensoviele Gründe für eine abhängige Beschäftigung wie für die Selbständigkeit sprechen, ist bei der Beurteilung des Gesamtbildes der Tätigkeit dem Willen der Vertragspartner der Vorrang einzuräumen (Urteil des erkennenden Senats vom 13. Juli 1978 - 12 RK 14/78-, zur Veröffentlichung bestimmt). Der Parteiwille der Klägerin und des Beigeladenen zu 4) war, wie auch das LSG zutreffend angenommen hat, auf die Vereinbarung einer freiberuflichen Zusammenarbeit in einer Praxisgemeinschaft zwischen der Klägerin als Unternehmerin eines Saunabetriebes und des Beigeladenen zu 4) als freiberuflicher Masseur gerichtet. Dafür sprechen neben den bereits dargelegten Umständen auch die Beantragung einer Gewerbeerlaubnis, die Mitgliedschaft des Beigeladenen zu 4) bei dem zuständigen Unfallversicherungsträger, seine freiwillige Mitgliedschaft bei der gesetzlichen Krankenversicherung, die freiwillige Beitragsleistung zur Rentenversicherung und die Zahlung von Einkommensteuer. Dieses Vorgehen des Beigeladenen zu 4) wirkt sich zwar nicht unmittelbar auf das hier zu beurteilende Rechtsverhältnis aus, es ist aber ein hinreichend sicheres Indiz dafür, daß sowohl er als auch die Klägerin nicht beabsichtigten, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen.

Die vom LSG bezüglich des Beigeladenen zu 5) festgestellten tatsächlichen Abweichungen rechtfertigen es nicht, das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und diesem Beigeladenen anders zu beurteilen als die rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 4). Der Umstand, daß der Beigeladene zu 5) nicht mit Ersatzkassen abgerechnet hat, ist bedeutungslos. Es handelt sich dabei nur um eine tatsächliche Besonderheit, die von der Klägerin und den beiden Masseuren bei der tatsächlichen und rechtlichen Gestaltung der Vertragsverhältnisse weder gewollt noch auch nur berücksichtigt worden ist. Nicht rechtserheblich ist auch die vom LSG zugrunde gelegte Tatsache, der Beigeladene zu 5) habe sich nur anfänglich als freiberuflich tätiger Masseur angesehen. Das zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 5) bestehende Vertragsverhältnis konnte nicht einseitig durch den Beigeladenen zu 5) allein geändert werden. Übrigens ist auch die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 5) während der gesamten Vertragsdauer nicht geändert worden. Unter diesen Umständen hat auch zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 5) während der gesamten Zeit seiner Tätigkeit im Hause der Klägerin nur eine Praxisgemeinschaft, aber kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656507

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge