Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Berufsschadensausgleich ruht in Höhe des vollen Grundrentenbetrages, falls erst wegen besonderen beruflichen Betroffenseins eine MdE um 25 vH erreicht wird.
Orientierungssatz
Begriff "Mehrbetrag" iS des § 30 Abs 7 S 1 BVG:
1. Der "Mehrbetrag" iS des § 30 Abs 7 S 1 BVG ist als derjenige Rentenbetrag zu verstehen, der mittelbar durch die "Erhöhung" der MdE bestimmt ist (vgl BSG vom 1968-07-09 10 RV 582/67 = SozR Nr 32 zu § 30 BVG.
2. Der Begriff "Mehrbetrag" ist nicht im engen Sinn des Wortes auf Fälle zu beschränken, in denen der Beschädigte wegen des beruflichen Schadens "mehr" an Grundrente als bei einer ausschließlichen MdE-Bewertung nach § 30 Abs 1 BVG erhält. Ihm braucht mithin nicht nach dieser Vorschrift ein Sockelbetrag zuzustehen, wie es der Fall ist, wenn diese Art von MdE mit mindestens 25 vH bemessen ist und eine Erhöhung gemäß § 30 Abs 2 BVG wenigstens bis entsprechend einer MdE von 40 vH in Betracht kommt. Vielmehr führt jeder Betrag zum Ruhen, durch den der Beschädigte nach § 30 Abs 2 iVm § 31 Abs 1 S 1 und Abs 2 BVG "mehr" erhält, als wenn sein Anspruch allein nach § 30 Abs 1 BVG bewertet würde.
Normenkette
BVG § 30 Abs. 2, 7 S. 1 Fassung: 1977-06-27, Abs. 1, § 31 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
Verfahrensgang
SG München (Entscheidung vom 07.07.1980; Aktenzeichen S 26/V 1134/79) |
Tatbestand
Das Sozialgericht (SG) hatte dem Kläger Rente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 vH zugesprochen. In der anschließenden Berufungsverhandlung vor dem Landessozialgericht (LSG) am 11. März 1976 hatte der Vorsitzende die Beteiligten auf die Ergebnisse der vorliegenden Gutachten hingewiesen. Darauf hatte sich der Beklagte durch Vergleich verpflichtet, dem Kläger wegen der bereits anerkannten Schädigungsfolgen unter Berücksichtigung eines besonderen beruflichen Betroffenseins ab 1. Oktober 1972 Beschädigtenrente nach einer MdE um 25 vH zu gewähren (Ausführungsbescheid vom 7. April 1976). Ab Januar 1979 erhält der Kläger Berufsschadensausgleich; von diesem wird die volle Grundrente, die anfangs 129,-- DM betrug, wegen der Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) abgezogen (Bescheide vom 4. und 27. April 1979). Dagegen wandte sich der Kläger, weil nach § 30 Abs 7 BVG nur der "Mehrbetrag" der Grundrente, der durch die "Erhöhung" wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erzielt werde, den Berufsschadensausgleich ruhen lasse. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Bescheid vom 4. Juli 1979, Urteil vom 7. Juli 1980). Das SG hielt es für wahrscheinlich, wenn auch nicht für eindeutig bestimmt, daß das nach dem Vergleich und dem Ausführungsbescheid zu berücksichtigende berufliche Betroffensein mit einer Teil-MdE von 10 vH bewertet worden sei. Aber auch dann, wenn das LSG und die Verwaltung von einem MdE-Anteil von 5 vH ausgegangen wären, müsse der Berufsschadensausgleich in Höhe der gesamten Grundrente ruhen. Der Gesetzgeber habe mit dem Begriff "Grundrente" in § 30 Abs 7 Satz 1 BVG nicht einen feststehenden Geldbetrag gemeint, sondern die MdE, die nach Abs 2 erhöht worden sei. Er wolle mit dieser Regelung einen doppelten Ausgleich wegen beruflichen Schadens verhindern. Deshalb sei nach seinem Willen auch die erste Stufe der Grundrente, falls sie nach § 30 Abs 2 BVG gebildet worden sei, anzurechnen. Wenn dieser Betrag größer sei als die Unterschiede zwischen den weiteren Stufen, jeweils um 10 vH erhöht, so habe der Gesetzgeber durch die dem Kläger ungünstige Regelung nicht sein Ermessen mißbraucht.
Der Kläger hat die - vom SG zugelassene - Revision eingelegt. Er hält die angefochtenen Entscheidungen deshalb nicht für Rechtens, weil nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur der Mehrbetrag anrechenbar sei, der sich aus einem Bescheid als wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht ergebe. Beim Kläger fehle es aber an einem solchen "Mehrbetrag".
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen
den Beklagten zu verurteilen, bei der Berechnung
des Berufsschadensausgleichs nicht die volle
Mindestgrundrente zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält seine Entscheidung zwar nicht nach dem Wortlaut des § 30 Abs 7 Satz 1 BVG für gerechtfertigt, wohl aber nach dem Sinn dieser Vorschrift.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
Falls die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins (§ 30 Abs 2 BVG) erhöht worden ist, ruht nach § 30 Abs 7 Satz 1 BVG (idF des 9. Anpassungsgesetzes -AnpG-KOV- vom 27. Juni 1977 - BGBl I 1037 -) der Anspruch auf Berufsschadensausgleich (§ 30 Abs 3 und 4) "in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente erzielten Mehrbetrags". Dies gilt im Fall des Klägers mit der Folge, daß seine volle Grundrente zum entsprechenden Ruhen des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich führt. Der Kläger erhält die Grundrente in Höhe des Mindestbetrages, dh entsprechend einer MdE um 25 bis 30 vH (§ 31 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 BVG), deshalb, weil bei ihm ein beruflicher Schaden iS des § 30 Abs 2 BVG berücksichtigt worden ist. Die ausschließlich nach § 30 Abs 1 BVG bewertete MdE liegt unter 25 vH und hatte überhaupt keinen Rentenanspruch begründet.
Streitig ist, ob dem Kläger deswegen ein "Mehrbetrag" iS des § 30 Abs 7 Satz 1 BVG zukommt. Für diesen Fall kommen drei verschiedene Lösungen in Betracht: 1. Der Berufsschadensausgleich ruht in voller Höhe der Grundrente. 2. Er ist ungekürzt auszuzahlen; die Vorschrift ist also überhaupt nicht anzuwenden. 3. Ein Teil der Grundrente, der der MdE-Erhöhung nach § 30 Abs 2 BVG entspricht, führt zum Ruhen. - Allein die erste Regelung ist rechtmäßig.
Nur scheinbar gilt § 30 Abs 7 Satz 1 BVG allein für Fälle, in denen die Grundrente um einen "Mehrbetrag" gem Abs 2 "erhöht" worden ist, dh in denen die MdE nach Abs 1 mindestens 25 vH beträgt und allein deshalb ein Anspruch auf Rente besteht. Dafür spricht allerdings der Wortlaut bei bloß oberflächlichem Verständnis. Maßgebend ist jedoch für die Gesetzesauslegung der mögliche Wortsinn, wie er sich aus dem Zusammenhang des § 30 Abs 7 Satz 1 BVG mit den Vorschriften über die Rentenbemessung erschließt (BSG SozR Nr 32 zu § 30 BVG; 3100 § 30 Nr 24 Seite 100). Das führt zu einem für den Kläger ungünstigen Ergebnis. Die Ruhensbestimmung ist verkürzt und infolgedessen mißverständlich formuliert. Bei zutreffender Betrachtung ihres Zusammenhanges mit § 30 Abs 1 und 2 sowie § 31 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 BVG ergibt sich zwanglos als sinnvolle Auslegung, daß nach Abs 7 Satz 1 im Fall des Klägers der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in voller Höhe der Grundrente ruht. Nach § 30 Abs 2 BVG wird wegen besonderen beruflichen Betroffenseins unmittelbar allein die MdE im Verhältnis zu Abs 1 höher bewertet. Dies wirkt sich erst mittelbar nach § 31 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 BVG auf die Höhe der Grundrente aus, für die die MdE der entscheidende Bemessungsfaktor ist. Der "Mehrbetrag" iS des § 30 Abs 7 Satz 1 BVG ist deshalb als derjenige Rentenbetrag zu verstehen, der mittelbar durch die "Erhöhung" der MdE bestimmt ist (vgl BSG SozR Nr 32 zu § 30 BVG). Ein solcher "Mehrbetrag" ist dem Kläger zugewachsen. Der Begriff "Mehrbetrag" ist nicht im engen Sinn des Wortes auf Fälle zu beschränken, in denen der Beschädigte wegen des beruflichen Schadens "mehr" an Grundrente als bei einer ausschließlichen MdE-Bewertung nach § 30 Abs 1 BVG erhält. Ihm braucht mithin nicht nach dieser Vorschrift ein Sockelbetrag zuzustehen, wie es der Fall ist, wenn diese Art von MdE mit mindestens 25 vH bemessen ist und eine Erhöhung gemäß § 30 Abs 2 BVG wenigstens bis entsprechend einer MdE von 40 vH in Betracht kommt. Vielmehr führt jeder Betrag zum Ruhen, durch den der Beschädigte nach § 30 Abs 2 iVm § 31 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 BVG "mehr" erhält, als wenn sein Anspruch allein nach § 30 Abs 1 BVG bewertet würde. Das kann "mehr" als gar nichts sein. Dieser Wortsinn wird hinreichend verdeutlicht und zugleich begrenzt durch die richtig verstandene Bestimmung, daß der das Ruhen bewirkende Betrag ("Mehrbetrag") mittelbar durch die Erhöhung der MdE nach § 30 Abs 2 "erzielt" worden sein muß.
Dieser Gesetzesauslegung steht nicht etwa der Grundsatz entgegen, daß Ausnahmevorschriften stets eng auszulegen seien. Einen solchen Grundsatz gibt es nicht als uneingeschränkte Regel. Vielmehr sind auch Ausnahmebestimmungen - wie die hier anzuwendende, die den auszuzahlenden Berufsschadensausgleichs-Betrag mindert - jeweils aus dem Zusammenhang heraus zu deuten, in dem sie stehen (vgl zB BSGE 10, 244, 247; 13, 43, 45 f; 15, 85, 86 f; 37, 46, 48 = SozR Nr 11 zu § 214 RVO; SozR Nr 3 zu § 1244a RVO; 3660 § 12 Nr 3 Seite 14). Allerdings hat das BSG den Vorläufer der hier anzuwendenden Vorschrift, eine entsprechende Anrechnungsbestimmung (§ 30 Abs 4 Satz 5 BVG idF des 1. Neuordnungsgesetzes -NOG- vom 27. Juni 1960 - BGBl I 453 -, § 30 Abs 5 BVG idF des 2. NOG vom 21. Februar 1964 - BGBl I 85 -; § 30 Abs 6 idF des 3. AnpG-KOV vom 16. Dezember 1971 - BGBl I 1985 -), in anderer Hinsicht eng ausgelegt. Nach ständiger Rechtsprechung ist als den Berufsschadensausgleich mindernd allein derjenige Mehrbetrag zu berücksichtigen, der auf eine MdE-Erhöhung gem § 30 Abs 2 BVG zurückgeht (BSG SozR Nr 46 zu § 30 BVG; 3100 § 30 Nrn 9 und 24; BSG, BVBl 1974, 41; vgl auch BSG SozR Nr 32 zu § 30 BVG). Als Voraussetzung dafür muß aus dem Bescheid über den Rentenanspruch oder aus der sonstigen Feststellung überhaupt eine Höherbewertung nach der genannten Vorschrift klar erkennbar sein; sie muß bei Erhöhungen der MdE über 25 oder 30 vH hinaus von der Bemessung nach § 30 Abs 1 BVG deutlich abgrenzbar sein. Jene erste Voraussetzung ist hier nach dem Wortlaut des Prozeßvergleichs eindeutig gegeben. Die zweite Voraussetzung ist hier ohne Bedeutung, weil der Kläger nach § 30 Abs 1 BVG keine Rente beanspruchen könnte. § 30 Abs 7 Satz 1 BVG spricht aber allein einem Rentenbetrag die Wirkung zu, daß der Anspruch auf Berufsschadensausgleich ruht, während der Bemessungsfaktor MdE sich nicht derart unmittelbar auswirken könnte. Diese Rechtsprechung steht mithin der hier gebotenen Auslegung nicht entgegen. In § 30 Abs 7 Satz 1 BVG darf die Definition des zum Ruhen führenden Rentenbetrages nach dem möglichen Wortsinn so verstanden werden, daß der "durch die Entstehung des Grundrentenanspruches erzielte Betrag" gemeint ist. Das gilt um so mehr, als uU eine Vorschrift aus dem Zusammenhang mit anderen sogar abweichend von ihrem klaren Wortlaut ausgelegt werden darf, um auf außer acht gelassene Fälle erstreckt zu werden (vgl zB BVerfGE 49, 304, 318 ff; BVerwG Buchholz 238.90 Reise- und Umzugskosten mN).
Die geschichtliche Entwicklung und der Zweck der Ruhensvorschrift bestätigen diese Interpretation. Von dem zuerkannten Berufsschadensausgleichs-Betrag soll zur Vermeidung einer Doppelleistung derjenige Anteil nicht ausgezahlt werden, der die gleiche Ursache hat (BSG SozR Nr 32 zu § 30 BVG; 3100 § 30 Nr 9 Seite 45; 3100 § 30 Nr 24 Seite 100 f; Begründung zum 9. AnpG-KOV, BT-Drucks 8/167, Seite 7). Sowohl der Berufsschadensausgleich als der nach § 30 Abs 2 BVG bemessene Rentenanteil werden zum Ausgleich eines besonderen beruflichen Schadens gewährt, allerdings nach unterschiedlichen Maßstäben (BSG SozR 3100 Nrn 4 und 47). Da die Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs 2 BVG nF und nach § 30 Abs 1 Satz 2 BVG idF vor dem 1. NOG nicht in allen Fällen einem als bedeutsam gewichteten Berufsschaden gerecht wurde, hat der Gesetzgeber zusätzlich den Berufsschadensausgleich eingeführt, ursprünglich beschränkt auf Erwerbsunfähige, dann seit dem 2. NOG ausgedehnt auf Schwerbeschädigte und schließlich seit dem 10. AnpG-KOV vom 10. August 1978 (BGBl I 1217) auf alle rentenberechtigten Beschädigten erstreckt. Diese zusätzliche Leistung darf aber nicht dazu führen, daß die Einbuße im Beruf als wirtschaftliche Folge einer schädigenden Einwirkung (§ 1 BVG) doppelt abgegolten wird. Deshalb ist es zur Anrechnung auf den Berufsschadensausgleich gekommen, die neuerdings seit dem 9. AnpG-KOV durch ein Ruhen sachgemäßer ersetzt worden ist. Im Hinblick auf diesen Zweck des § 30 Abs 7 Satz 2 BVG ist die nach dem systematischen Zusammenhang allein sinnvoll erscheinende Auslegung geboten, dh das Ruhen auch dann eintreten zu lassen, wenn infolge der Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs 2 BVG überhaupt erst ein Rentenanspruch entstanden ist. Wenn schon ein bloßer Rentenanteil als "Mehrbetrag" im engeren Sinn, der eine nach § 30 Abs 1 iVm § 31 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 BVG entsprechend einer MdE von mindestens 25 vH bemessene Grundrente über § 30 Abs 2 BVG erhöht, den Berufsschadensausgleich teilweise zum Ruhen bringt, muß dies um so eher gelten für eine Rente, die überhaupt erst wegen einer Sonderbewertung nach § 30 Abs 2 BVG in der Mindesthöhe zu beanspruchen ist. Beschädigte wie der Kläger werden erst infolge einer Höherbewertung der MdE wegen beruflichen Schadens "Rentenberechtigte", die nur einen Berufsschadensausgleich erhalten können. Dann müssen sie diesen Vorteil um jenen, der auf ein besonderes berufliches Betroffensein zurückgeht, vollauf kürzen lassen. Sonst wären sie ohne hinreichenden Grund besser gestellt als Beschädigte, die einen Berufsschadensausgleich beanspruchen können, deren Grundrente aber allein nach § 30 Abs 1 BVG bemessen ist.
Das System der Rentenerhöhungen im engeren Sinn des reinen Wortlauts, dh über den Betrag hinaus, der gem § 30 Abs 1 BVG nach einer MdE von 25 vH und mehr bemessen wird, verbietet die hier vertretene Auslegung des § 30 Abs 7 Satz 1 BVG nicht. Die jeweiligen Unterschiede der Renten, die nach § 30 Abs 2 iVm § 31 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 BVG höher ausfallen, sind - anders als in der Unfallversicherung nach § 581 Abs 1 Reichsversicherungsordnung - nicht in irgendeiner gleichmäßigen Stufenfolge gestaffelt; sie lassen außerdem keinen äußersten Höchstbetrag als oberste Grenze für die Ruhenswirkung erkennen, mit der das Ruhen der untersten Stufe unvereinbar wäre. Die Differenzen bei 10 vH begannen 1979 mit 44,-- DM (zwischen 30 vH und 40 vH) und endeten mit 114,-- DM (zwischen 60 und 70 vH). Der größte Unterschied betrug sogar 177,-- DM bei einer Höherbewertung um 20 vH, die auch nach § 30 Abs 2 BVG in Betracht kommt (BSG SozR 3100 § 30 Nr 34). Der im Fall des Klägers zum Ruhen führende Rentenbetrag, der einer Gesamt-MdE von 25 oder 30 vH entspricht und 1979 129,-- DM betrug, ist geringer als der letztgenannte Unterschied und nicht viel höher als jener Höchstbetrag, der bei einer Höherbewertung der MdE um 10 vH erreicht wird. Schließlich ist die Gesetzesauslegung, die für diesen Fall nach den bisher erörterten Maßstäben geboten ist, im Vergleich mit Rentenerhöhungen nach § 30 Abs 2 BVG über eine Mindest-MdE von 25 vH hinaus nicht etwa derart kraß ungerecht, daß sie mit dem Gleichheitssatz des Art 3 Grundgesetz unvereinbar wäre. Der Teilbetrag, der auf eine MdE nach § 30 Abs 1 BVG zurückgeht, kann in jenen Fällen der Rentenerhöhung über eine MdE von 30 vH hinaus ebenfalls geringer sein als der Anteil, der der Höherbewertung nach § 30 Abs 2 BVG entspricht, wenn diese nämlich mehr als 20 vH beträgt.
Nach alledem führt die Auslegung des § 30 Abs 7 Satz 1 BVG nach Wortsinn, Systemzusammenhang und Zweck nicht etwa dazu, daß die Vorschrift auf Fälle wie den gegenwärtigen überhaupt nicht anzuwenden wäre. Selbst wenn der Gesetzgeber bei der Ausdehnung des Berufsschadensausgleichs auf alle rentenberechtigten Beschädigten die Problematik dieses Falles nicht bedacht hätte, wäre doch die Regelung des § 30 Abs 7 Satz 1 BVG, die im Prinzip bereits seit der Einführung des Berufsschadensausgleichs bestand, auf Fälle dieser Art zu erstrecken. Der Gesetzgeber hat dies gelegentlich jener Rechtsänderung jedenfalls nicht ausgeschlossen.
Indes ist den Gerichten für Fallgestaltungen wie die gegenwärtige eine eigenmächtige Rechtssetzung verwehrt, die lediglich einen Teil der Grundrente den Anspruch auf Berufsschadensausgleich ruhen ließe. Eine solche richterliche Rechtsfortbildung scheitert als allgemeine, stets geltende Regelung schon daran, daß die Verwaltung die Gesamt-MdE von nicht mehr als 25 vH in der Regel nicht deutlich nach den gem § 30 Abs 1 und 2 BVG gesondert bemessenen Anteilen aufgliedert, nach denen der Grundrentenbetrag verhältnismäßig aufgespaltet werden könnte. Eine derartige Abgrenzung wird auch vielfach schwerlich den ärztlichen Gutachten zu entnehmen sein, die grundsätzlich für die Minderung des Berufsschadensausgleichs wegen einer MdE-Bemessung nach § 30 Abs 2 BVG herangezogen werden dürfen (BSG SozR 3100 § 30 Nr 10). Diese Erkenntnisquelle wird insbesondere versperrt sein, wenn - wie hier - mehrere Schädigungsfolgen zusammentreffen und kein Sachverständiger eine klare Gesamtbewertung nach § 30 Abs 1 (BSGE 48, 82, 84 ff = SozR 3870 § 3 Nr 4; SozR 3870 § 3 Nr 5) vorgenommen hat. Im allgemeinen wird der nach § 30 Abs 1 BVG zu bemessende Anteil bei einer Gesamt-MdE von weniger als 25 vH nicht genau gradmäßig festgelegt sein, weil der Beschädigte keinen Anspruch darauf hat (BSGE 7, 126, 127 f). Im Fall des Klägers ist eine solche Aufteilung insbesondere wegen des Verfahrensablaufs nicht erkennbar. Die Gesamtbewertung mit 25 vH, die von der vorausgegangenen Verurteilung wesentlich abweicht, ist, angeregt durch erwägende Hinweise des Senatsvorsitzenden, im Vergleichsweg zustande gekommen; dabei kann typischerweise auf genaue Klärungen verzichtet werden. Das SG hat auch nicht mit bindender Wirkung (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) festgestellt, daß der MdE-Anteil nach § 30 Abs 2 BVG 10 vH beträgt, sondern dies nur für "wahrscheinlich" gehalten; es hat dies wegen seiner Rechtsauffassung letzten Endes offengelassen. Die Gerichte können in solchen Fällen nicht im Wege der Rechtsfortbildung die Ruhenswirkung einheitlich auf einen Rentenbetrag beschränken, der einem MdE-Anteil von 10 vH bei einer Gesamt-MdE von 25 oder 30 vH entspräche. Ein besonderes berufliches Betroffensein ist nicht bei jedem Rentenanspruch nach einer solchen MdE mit 10 vH zu bewerten. Die entsprechende Teil-MdE kann bis zu 20 vH oder etwas mehr oder bis zu 5 vH oder etwas weniger betragen. Außerdem ließe sich selbst bei einem angenommenen Standardwert von 10 vH ein entsprechender Rentenbetrag nicht aus dem bereits geschriebenen System der Rentenerhöhungen um je 10 vH der MdE ableiten. Er ließe sich auch nicht mit diesem in Übereinstimmung bringen. Da der Gesetzgeber diese Unterschiedsbeträge verschieden hoch bemessen und dabei keine bestimmte Regelhaftigkeit zu erkennen gegeben hat, läßt sich aus der vorgegebenen Ordnung kein brauchbarer und gültiger Maßstab gewinnen, mit dessen Hilfe für den gegenwärtigen Fall eine Mittellösung begründet werden könnte. Vielmehr hat der Gesetzgeber selbst darüber zu befinden, ob er die uneingeschränkte Anwendung des § 30 Abs 7 Satz 1 BVG auf Fälle dieser Art für ungerecht hält und welche andere Regelung ihm geboten erscheint.
Bei der gegenwärtigen Gesetzeslage ist die Revision unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 6 |
Breith. 1982, 139 |