Verfahrensgang
LSG Berlin (Urteil vom 05.02.1988) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 5. Februar 1988 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg).
Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 1. Oktober 1982 Alg für 312 Tage, nachdem er bis zum 30. September 1982 als Einkäufer beschäftigt gewesen war. Der Alg-Bewilligung lag ein gerundetes wöchentliches Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) von 885,– DM zugrunde. Dieses Bemessungsentgelt ist aufgrund der 3.784,– DM brutto zuzüglich 52,– DM brutto ermittelt worden, die der Kläger nach der Arbeitsbescheinigung seines Arbeitgebers im August 1982, dem letzten vor dem Ausscheiden des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum, erzielt hatte. Der Lohnabrechnungszeitraum September 1982 ist erst am 11. Oktober 1982 abgerechnet worden.
Der Kläger bezog das Alg bis zur Erschöpfung des Anspruchs. Im Anschluß daran bewilligte die Beklagte ab 30. September 1983 Anschluß-Arbeitslosenhilfe (Alhi), die der Kläger bis zum 31. August 1984 erhielt, und zwar zuletzt in Höhe von 292,20 DM. Das – auf den 885,– DM fußende – Bemessungsentgelt betrug zuletzt 935,– DM.
Vom 1. September 1984 bis zum 31. August 1985 war der Kläger beim Senator für Wirtschaft und Arbeit in Berlin beschäftigt, und zwar aufgrund einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Sein Monatsentgelt betrug 2.327,74 DM brutto, die Arbeitszeit 40 Stunden wöchentlich.
Am 2. September 1985 meldete sich der kinderlose, nicht verheiratete Kläger arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte die Leistung ab 2. September 1985 in Höhe von 223,20 DM wöchentlich (Bescheid vom 10. September 1985). Der Bewilligung legte die Beklagte ein Bemessungsentgelt von 535,– DM zugrunde, das aus den 2.327,74 DM errechnet worden ist (2.327,74 DM: 173,33 × 40 = abgerundet 535,– DM). Der Widerspruch des Klägers, mit dem er die Zugrundelegung des früheren Bemessungsentgelts erstrebte, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 1985).
Die Klage hat das Sozialgericht (SG) unter Zulassung der Berufung abgewiesen (Urteil vom 25. Februar 1986). Die Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 5. Februar 1988).
Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, das frühere Bemessungsentgelt könne dem neuen Anspruch auf Alg nicht zugrunde gelegt werden, weil der letzte Tag des für den bisherigen Anspruch maßgebenden Bemessungszeitraums (August 1982) bei Entstehung des neuen Anspruchs (2. September 1985) länger als drei Jahre zurückliege (§ 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz -AFG-). Es sei unerheblich, daß der Eintritt der ersten Arbeitslosigkeit nicht volle drei Jahre her sei. Die Regelung verletze weder Art 3 noch Art 14 des Grundgesetzes (GG). Schließlich könne der Kläger keine Folgenbeseitigung geltend machen, selbst wenn Mitarbeiter der Beklagten ihm geraten haben sollten, den Alg-Antrag schon im September 1982 zum 1. Oktober 1982 zu stellen; denn daß das Ende der Beschäftigung aufgrund der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme genau mit dem Ende des Dreijahreszeitraums zusammenfalle, sei 1982 nicht vorhersehbar gewesen.
Der Kläger macht mit der Revision eine Verletzung des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG und der Art 3 und 14 GG geltend. Er trägt vor, bei verfassungskonformer Auslegung des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG könne entscheidendes Kriterium für die Berechnung der Dreijahresfrist nur die Gesamtarbeitslosigkeit unter Berücksichtigung der nachfolgenden Beschäftigung aufgrund einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sein. Denn werde vom letzten Tag des für den bisherigen Anspruch maßgeblichen Bemessungszeitraums ausgegangen, führe dies in Einzelfällen wie hier zu unbilligen Fristverkürzungen. Im Normalfall, von dem das Gesetz ausgehe, sei nämlich der letzte Tag des Bemessungszeitraums auch der letzte Tag des Beschäftigungsverhältnisses. Zwar sei es durchaus sinnvoll, wenn nach § 112 Abs 3 AFG zur raschen Feststellung der Alg-Höhe ein vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneter Lohnabrechnungszeitraum zugrunde gelegt werde. Diese Praktikabilitätserwägungen rechtfertigten aber nicht, den Schutzzeitraum des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG zu verkürzen. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergebe sich auch aus der 1984 erfolgten Änderung des § 112 Abs 7 AFG, nach der nunmehr dann, wenn der letzte Tag des Bemessungszeitraums länger als drei Jahre zurückliege, das künftig erzielbare Einkommen zugrunde gelegt werde. Erst wenn der letzte Tag, für den Arbeitsentgelt erzielt worden sei, länger als drei Jahre zurückliege, sei die Vermutung nicht mehr gerechtfertigt, daß der Arbeitslose dieses Arbeitsentgelt auch künftig erzielen werde. Entgegen der Auffassung des LSG seien Ansprüche auf Alg nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach vom Eigentumsschutz des Art 14 GG erfaßt. Er verbiete ungerechtfertigte Eingriffe und unverhältnismäßige Anspruchsbeschränkungen. Entgegen der Auffassung des LSG sei auch der auf Folgenbeseitigung abzielende Vortrag des Klägers nicht unerheblich. Selbst wenn die Beklagte zu Recht die Abrechnung für August 1982 berücksichtigt habe, sei dies auf ihre Veranlassung hin geschehen. Die damit verbundene Fristverkürzung sei für die Beklagte erkennbar gewesen, sie habe sie selbst herbeigeführt. Angesichts der damit verbundenen Konsequenzen habe der Beklagten oblegen, auf die Fristverkürzung hinzuweisen. Die Fristverkürzung begründe daher keine typische, jedem Fristablauf innewohnende Härte. Es handele sich vielmehr um einen Eingriff in bestehende Rechte, der sich im Hinblick auf die verletzte Aufklärungspflicht als rechtswidrig erweise.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 10. September 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 1985 zu verurteilen, das Alg ab 2. September 1985 nach einem Bruttoentgelt von 3.836,– DM monatlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und weist ergänzend darauf hin, daß bei Eintritt der Arbeitslosigkeit jedenfalls bei nicht feststehendem Arbeitsentgelt regelmäßig keine Abrechnung bis zum letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses vorliege. Zu § 112 Abs 5 Nr 4 AFG führten die Gesetzesmaterialien aus, daß die Vorschrift nur für die Arbeitslosen gelten solle, deren bisheriger Anspruch nach einem Arbeitsentgelt aus einer Zeit bemessen worden sei, die nicht länger als drei Jahre zurückliege (BT-Drucks 8/1053 S 13). Bei noch länger zurückliegenden Bemessungsentgelten sei hiernach die Vermutung nicht mehr gerechtfertigt, daß der Arbeitslose dieses Bemessungsentgelt auch in Zukunft noch verdienen könne.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg.
Die Höhe des dem Kläger ab 2. September 1985 zustehenden Alg richtet sich nach § 111 Abs 1 Nr 2 AFG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532). Hiernach beträgt das Alg für Arbeitslose, die wie der Kläger kinderlos und nicht verheiratet sind, 63 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 112 AFG). Die AFG-Leistungsverordnung 1985 vom 10. Januar 1985 (BGBl I 43), in deren Anlage 2 für die verschiedenen Arbeitsentgelte iS des § 112 AFG (Bemessungsentgelte) nach Minderung um die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge unter Berücksichtigung der jeweils maßgebenden Nettolohnersatzquote die jeweiligen Leistungssätze für 1985 ausgewiesen sind, sieht in der Leistungsgruppe A, der der Kläger gemäß § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst a AFG angehört (nicht verheiratet, ohne Kinder), für ein (wöchentliches) Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) von 535,– DM bei der Nettolohnersatzquote von 63 vH die bewilligten 223,20 DM vor. Das erstrebte höhere Alg hätte der Kläger daher nur zu beanspruchen, wenn seine Leistung nach einem höheren Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) als 535,– DM zu zahlen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben.
Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) in diesem Sinne ist nach § 112 Abs 2 AFG in der bis zum 31. Dezember 1987 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) grundsätzlich das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt ohne Mehrarbeitszuschläge, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Bemessungszeitraum sind nach § 112 Abs 3 Satz 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Fassung des AFKG die letzten vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten, insgesamt 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs. Das ist hier ein Lohnabrechnungszeitraum der Beschäftigung aufgrund der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, der der Entstehung eines neuen Anspruchs auf Alg durch Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen (§ 100 Abs 1 AFG) im September 1985 vorausgeht. Aufgrund der in dieser Beschäftigung monatlich erzielten 2.327,74 DM errechnet sich, wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid zutreffend dargestellt hat, ein (wöchentliches) Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) von 535,– DM.
Abweichend von dieser Regelbemessung ist nach § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 1 AFG in der Fassung des AFKG bei der Feststellung des Arbeitsentgelts für die Zeit einer Beschäftigung, die im Rahmen einer Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung nach den §§ 91 bis 96 AFG gefördert worden ist, mindestens das Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) zugrunde zu legen, nach dem das Alg oder die Alhi zuletzt bemessen worden ist. Liegen die Voraussetzungen des § 112a Abs 1 AFG vor, so ist das erhöhte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 112 Abs 5 Nr 4 Satz 1 2. Halbsatz AFG). Anstelle der 535,– DM wäre für das Alg des Klägers ein Bemessungsentgelt von 935,– DM maßgebend, erhöht um den Vomhundertsatz, um den die Renten der gesetzlichen Rentenversicherungen zuletzt vor dem Anpassungstag nach dem jeweiligen Rentenanpassungsgesetz angepaßt worden sind (§ 112a AFG), fände diese Vorschrift Anwendung. Das ist jedoch nicht der Fall.
Keine Anwendung findet die Vorschrift, wenn die Beschäftigung aufgrund der Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung für ältere Arbeitnehmer (§§ 97 ff AFG) und nicht nach den §§ 91 bis 96 AFG erfolgt ist; denn Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach den §§ 97 ff AFG sind in § 112 Abs 5 Nr 4 AFG nicht miterfaßt worden (vgl BSGE 54, 110 = SozR 4100 § 112 Nr 21). Aber auch dann, wenn die Beschäftigung des Klägers nach den §§ 91 bis 96 AFG gefördert worden sein sollte, was wegen der Beschäftigung beim Senator für Wirtschaft und Arbeit in Berlin der Fall gewesen sein dürfte (vgl § 97 Abs 1 Satz 2 AFG idF des AFKG), kann die Vorschrift im Falle des Klägers nicht angewendet werden. Der Rückgriff auf das frühere höhere, gemäß § 112a AFG den Rentenerhöhungen angepaßte Bemessungsentgelt ist nicht möglich, wenn es auf einer längere Zeit zurückliegenden Bemessung beruht. Das folgt aus Satz 2 des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG. Hiernach gilt die Vergünstigung des Satzes 1 nicht, wenn der letzte Tag des für den bisherigen Anspruch maßgebenden Bemessungszeitraumes bei Entstehung des neuen Anspruchs länger als drei Jahre zurückliegt. Das war hier der Fall.
Bisheriger Anspruch war der Anspruch auf Alhi, aufgrund dessen der Kläger bis zum 31. August 1984 Leistungen bezogen hat. Dieser 1983 nach Erschöpfung des Anspruchs auf Alg erworbene Anspruch stützte sich auf den Vorbezug von Alg (§ 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG). Der Bemessung der Alhi war daher das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat (§ 136 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AFG idF des Fünften Gesetzes zur Änderung des AFG vom 23. Juli 1979, BGBl I 1189). Der für den bisherigen Anspruch auf Alhi maßgebende Bemessungszeitraum ist daher mit dem für den Anspruch auf Alg maßgebenden Bemessungszeitraum identisch. Die Beklagte hat insoweit den August 1982 als maßgebenden Bemessungszeitraum angesehen, und zwar anläßlich beider Alg-Bewilligungen. Das ist gemäß § 112 Abs 3 AFG richtig. Denn da vor dem am 30. September 1982 erfolgten Ausscheiden des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis als Einkäufer nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zuletzt das Arbeitsentgelt für August 1982 abgerechnet worden war und dieser Monat 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfaßt, war dieser Lohnabrechnungszeitraum zur Ermittlung des Bemessungsentgelts maßgebend. Es kann daher offen bleiben, von welchem Bemessungszeitraum bei der Anwendung des § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 AFG auszugehen ist, wenn der zurückliegenden Alg-Bewilligung ein unrichtiger Bemessungszeitraum zugrunde gelegt worden war. Letzter Tag des für den bisherigen Anspruch maßgebenden Bemessungszeitraums ist somit der 31. August 1982.
Dieser Tag lag bei Entstehung des neuen Anspruchs länger als drei Jahre zurück. Mit Entstehung des Anspruchs ist, wie auch an anderen Stellen des Gesetzes (§ 106 Abs 3, § 106a, § 112 Abs 3 Satz 1, § 112 Abs 6, § 112 Abs 7, § 113 Abs 1 Satz 1, § 125 AFG), die Entstehung des Stammrechts gemeint, also der mit der erstmaligen Erfüllung aller in § 100 Abs 1 AFG aufgeführten Anspruchsvoraussetzungen begründeten Berechtigung des Arbeitnehmers, aufgrund der er bei Arbeitslosigkeit künftig für eine bestimmte Anzahl von Tagen Alg beziehen kann. Alle Anspruchsvoraussetzungen des § 100 Abs 1 AFG erfüllte der Kläger am 1. September 1985, nicht erst am 2. September 1985, wie die Vorinstanzen angenommen haben. Zwar hat der Kläger sich erst am 2. September 1985 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Der 1. September fiel 1985 jedoch auf einen Sonntag. An Sonn- und Feiertagen sind die Arbeitsämter geschlossen. Kann der Arbeitslose sich aber nicht am ersten Tag der Arbeitslosigkeit arbeitslos melden und Alg beantragen, weil das Arbeitsamt an diesem Tage nicht dienstbereit ist, so gelten diese Voraussetzungen als am ersten Tage der Arbeitslosigkeit erfüllt, wenn der Arbeitslose sich am nächsten Tage arbeitslos meldet und Alg beantragt (§ 105 Satz 2 AFG). Aber auch am 1. September 1985 lag der 31. August 1982 länger als drei Jahre zurück (§ 187 Abs 1, § 188 Abs 2 BGB).
Was die Revision gegen die Anwendung des § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 2 AFG ins Feld führt, geht fehl. Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Er verbietet es, den Dreijahreszeitraum anstelle von dem letzten Tage des für den bisherigen Anspruch maßgebenden Bemessungszeitraums von dem letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses aus zu berechnen, der der Entstehung des Anspruchs auf Alg vorausgegangen ist, wie dies die Revision erstrebt. Entgegen der Ansicht der Revision führt die vom Senat geteilte Ansicht der Vorinstanzen und der Beklagten auch nicht zu einer Verkürzung der Dreijahresfrist. Dieser Vorwurf träfe nur zu, wenn das Gesetz darauf abhöbe, daß zwischen dem Eintritt der ersten und dem Eintritt der zweiten Arbeitslosigkeit oder, anders gewendet, zwischen dem letzten Tag des früheren Beschäftigungsverhältnisses und dem Erwerb des neuen Anspruchs auf Alg der Dreijahreszeitraum nicht abgelaufen sein darf. Das ist jedoch nicht geschehen. Der Wortlaut des Gesetzes ist vielmehr so unmißverständlich, daß er insoweit für eine korrigierende Auslegung keinen Raum bietet (vgl BSGE 33, 52, 54 f). In solchen Fällen müßten besonders schwerwiegende Gründe vorliegen, die gleichwohl eine andere Auslegung rechtfertigten (vgl BSGE 14, 238, 241 f; 17, 105, 107 f; 39, 91, 93 f = SozR 2200 § 1255a Nr 1). Dafür reicht es weder, daß die Gesetzeslage für bestimmte Sachverhalte zu einem nicht befriedigenden Ergebnis führt (vgl BSGE 39, 98, 100 = SozR 2200 § 1268 Nr 4), noch, daß eine an sich wünschenswerte Ausnahmeregelung fehlt (vgl BSGE 43, 128, 129 = SozR 4100 § 100 Nr 1). Vielmehr müßten für die anzuwendende Regelung aus ihrem Verhältnis zu der übrigen Rechtsordnung, in der sie steht, klar erkennbar sein, daß der Wortlaut dem Plan des Gesetzes widerspricht und die aus ihm folgenden Ergebnisse nicht in der Absicht des Gesetzgebers liegen können. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß der Wortlaut der Norm den Willen des Gesetzgebers zutreffend zum Ausdruck bringt, sofern sich nicht aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck oder dem Inhalt der Vorschrift konkrete Anhaltspunkte ergeben, die mit hinreichender Sicherheit den Schluß auf einen anderen Gesetzesinhalt zulassen. Anhaltspunkte dafür gibt es hier jedoch nicht.
Die Vorschrift des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG geht auf das Vierte Gesetz zur Änderung des AFG vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557) zurück. Um die Bereitschaft zu fördern, im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Arbeit aufzunehmen, sollten Nachteile vermieden werden, die Beziehern von Alg durch die Aufnahme einer zeitlich beschränkten Beschäftigung im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für den Fall entstehen konnten, daß das Arbeitsentgelt dieser Beschäftigung niedriger ist als das frühere, nach dem sich das bisher bezogene Alg gerichtet hat. Die Bundesregierung schlug daher vor, daß sich auch das Alg im Anschluß an die Zwischenbeschäftigung nach dem früheren höheren Arbeitsentgelt richten sollte, wenn der Arbeitslose vor Aufnahme der Zwischenbeschäftigung noch mindestens einen vierwöchigen Alg-Anspruch hatte (vgl Begründung zu § 112 Abs 5 Nr 2a AFG-Entwurf, BT-Drucks 8/857 S 8 f). Die Gesetz gewordene Fassung übernahm die letztgenannte, von vornherein Alhi-Empfänger ausschließende Einschränkung nicht, bezog ausdrücklich auch Bezieher von Alhi in die Regelung ein und beschränkte dafür den Umfang der Vergünstigung durch Satz 2. Dieser Ausschluß der Arbeitslosen, deren bisheriger Anspruch nach einem Arbeitsentgelt aus einer Zeit bemessen worden ist, die länger als drei Jahre zurückliegt, ist damit begründet worden, daß bei noch länger zurückliegenden Bemessungsentgelten die Vermutung nicht mehr gerechtfertigt sei, daß der Arbeitslose dieses Bemessungsentgelt auch in Zukunft noch verdienen könne (BT-Drucks 8/1053 S 13). Nach dieser Motivation des Gesetzes ist es aber nur folgerichtig, wenn das Gesetz nicht auf den letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses, der dem früheren Anspruch auf Alg vorausgegangen ist, sondern auf den letzten Tag des Bemessungszeitraums abhebt, der für die Bestimmung des Bemessungsentgelts des früheren Anspruchs maßgebend gewesen ist. Wegen der Regelung des § 112 Abs 3 AFG, nach der der Bemessungszeitraum nur vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechnete Lohnabrechnungszeiträume erfaßt, muß dies aber zwingend zur Folge haben, daß die Vergünstigung des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG dem durch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderten Arbeitslosen nicht schon dann zugute kommt, wenn er – wie der Kläger – innerhalb von drei Jahren wieder arbeitslos wird. Solche Fälle sind auch nicht nur Ausnahmefälle, weil, wie die Revision meint, im Normalfall der letzte Tag des Bemessungszeitraums auch der letzte Tag des Beschäftigungsverhältnisses sei; denn letzteres trifft nicht zu. Wie die Praxis erweist, sind nicht nur in Ausnahmefällen die letzten Arbeitstage beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis noch nicht abgerechnet. Davon sind nicht nur Arbeiter, sondern auch Angestellte betroffen, insbesondere dann, wenn bei der Abrechnung Mehrarbeit oder Leistungszulagen zu berücksichtigen sind.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen Satz 2 des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG nicht. Der allgemeine Gleichheitssatz, nach dem alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln sind (Art 3 Abs 1 GG), wäre verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 55, 72, 88; 65, 104, 112 f; 70, 230, 239 f; 71, 146, 154 f). Dabei ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, die Tatbestände zu bestimmen, die er gleichbehandeln will. Sein Spielraum endet erst dort, wo die ungleiche Behandlung der geregelten Tatbestände evidentermaßen mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten sachgerechten Betrachtungsweise unvereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die gewählte Differenzierung fehlt (BVerfGE 9, 334, 337; 71, 39, 58 f; 71, 255, 271). Das ist anhand der Aufgabe zu beurteilen, die dem Gesetzgeber gestellt war, und der rechtlichen Mittel, der er sich bei der Lösung bedient hat (BVerfGE 9, 291, 294; 19, 119, 125). Hiernach aber kann nicht beanstandet werden, wenn der Gesetzgeber die von der Grundregel des § 112 Abs 2 und 3 AFG abweichende Vergünstigung des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG nur einräumt, solange der Gesetzgeber die Annahme noch als gerechtfertigt ansieht, daß der Arbeitnehmer das frühere Arbeitsentgelt noch erzielen kann, und dies verneint, sobald der letzte Tag des für dieses Arbeitsentgelt maßgebend gewesenen Bemessungszeitraums drei Jahre zurückliegt. Beiden Fallgestaltungen liegt die Erwägung zugrunde, daß das Alg prozentual den Ausfall am Arbeitsentgelt ausgleichen soll, das der Arbeitslose voraussichtlich erzielen würde, wenn er nicht arbeitslos wäre (vgl dazu BSGE 62, 43, 47 = SozR 4100 § 112 Nr 31). Es muß deshalb hingenommen werden, daß bei gleichem Eintritt der Arbeitslosigkeit der Dreijahreszeitraum des Satzes 2 von § 112 Abs 5 Nr 4 AFG bei dem einen Arbeitslosen früher als bei dem anderen Arbeitslosen abläuft. Ebenso müssen die unvermeidlich mit Stichtags- und Rahmenfristregelungen verbundenen Härten hingenommen werden, die mit Art 3 Abs 1 GG grundsätzlich vereinbar sind, wenn die Regelung – wie hier – sachgerecht ist.
Art 14 GG und der in ihm geregelte Schutz des Eigentums scheidet als Prüfungsmaßstab aus. Das gilt auch dann, wenn der Anspruch auf Alg und Rechtspositionen von Versicherten, die innerhalb der gesetzlichen Rahmenfrist die Anwartschaftszeit erfüllt haben, nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach durch die Eigentumsgarantie geschützt sein sollten, was hier nicht zu entscheiden ist. Denn im vorliegenden Falle ist nicht ersichtlich, daß ein unter dem Eigentumsschutz stehender Anspruch des Klägers ungerechtfertigten Eingriffen und unverhältnismäßigen Anspruchsbeschränkungen ausgesetzt gewesen ist, wie die Revision meint. Den 1982 erworbenen Anspruch auf Alg hat der Kläger ausgeschöpft. Für die Alhi, die der Kläger im Anschluß daran nach dem günstigen Arbeitsentgelt des Alg-Anspruchs bezogen hat, kann er Eigentumsschutz nicht geltend machen; denn der Anspruch auf Alhi unterliegt, wie der Senat wiederholt entschieden hat, nicht dem Eigentumsschutz des Art 14 GG (BSG SozR 4100 § 136 Nr 2; BSGE 59, 157, 161 = SozR 1300 § 45 Nr 19; BSGE 59, 227, 233 = SozR 4100 § 134 Nr 29). Was aber die Höhe des am 1. September 1985 entstandenen Anspruchs auf Alg angeht, so richtet sich diese nach Vorschriften, die schon zur Zeit der Zurücklegung der Anwartschaftszeit gegolten haben; denn diese hat der Kläger seit dem 1. September 1984 zurückgelegt.
Ein höheres Bemessungsentgelt ist dem neuen Anspruch auf Alg schließlich auch nicht nach § 112 Abs 7 AFG zugrunde zu legen. Es fehlen die Voraussetzungen, die eine Bemessung nach dieser Vorschrift ermöglichen. Weder liegt der letzte Tag des Bemessungszeitraums dieses Anspruchs (31. August 1985) länger als drei Jahre zurück, noch ist es mit Rücksicht auf die von dem Kläger in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend ausgeübte berufliche Tätigkeit unbillig hart, von dem aus der letzten Beschäftigung entwickelten Bemessungsentgelt auszugehen. Denn in den letzten drei Jahren vor dem 1. September 1985 ist der Kläger überwiegend dieser Beschäftigung nachgegangen; der zwölfmonatigen Beschäftigung im öffentlichen Dienst steht im Dreijahresraum nur eine einmonatige Beschäftigung als Einkäufer gegenüber.
Auch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist dem Kläger das frühere Bemessungsentgelt nicht für den neuen Anspruch auf Alg einzuräumen. Der Kläger meint zwar, der letzte Tag des Bemessungszeitraums iS des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG wäre der 30. September 1982 gewesen, wenn er sich erst nach dem 30. September 1982 arbeitslos gemeldet hätte, und wirft Bediensteten der Beklagten vor, ihn veranlaßt zu haben, sich noch während der Beschäftigung arbeitslos zu melden und Alg zu beantragen. Indessen trifft schon der Ausgangspunkt der Argumentation des Klägers nicht zu. Auch wenn der Kläger erst im Oktober 1982 nach Erhalt der letzten Lohnabrechnung beim Arbeitsamt erschienen wäre, wäre der Bemessungszeitraum der August 1982 gewesen; denn für die Bestimmung des Bemessungszeitraums ist nach § 112 Abs 3 Satz 1 AFG allein maßgebend, welcher Lohnabrechnungszeitraum vor dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechnet war. Der Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung oder des Antrags ist in diesem Zusammenhang belanglos. Vor dem Ausscheiden des Klägers aus dem damaligen Beschäftigungsverhältnis ist aber nur der August, nicht auch der September 1982 abgerechnet gewesen. Im übrigen ist nicht ersichtlich, wodurch Bedienstete der Beklagten Beratungspflichten gegenüber dem Kläger verletzt haben sollen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen