Beteiligte
Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen |
Westfälische landwirtschaftliche Alterskasse |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. August 1997 und das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 5. Dezember 1996 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in allen drei Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Klägerin als Ehefrau eines sog Nebenerwerbslandwirts gemäß § 85 Abs 3a des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) auf Antrag von der Versicherungspflicht zu befreien ist. Ihr Ehemann war als landwirtschaftlicher Unternehmer Mitglied der Landwirtschaftlichen Alterskasse, die ihn jedoch mit Wirkung vom 1. Januar 1988 von der Versicherungspflicht in der Altershilfe der Landwirte befreite.
Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 29. Dezember 1994 mit Wirkung ab dem 1. Januar 1995 die Versicherungs- und Beitragspflicht der Klägerin in der Alterssicherung der Landwirte festgestellt. Hiervon wurde die Klägerin zunächst durch Bescheid vom 22. Februar 1995 wegen der Erzielung von Arbeitsentgelt über der Geringfügigkeitsgrenze rückwirkend ab dem 1. Januar 1995 wieder befreit. Durch weiteren Bescheid vom 24. April 1996 befreite sie die Beklagte gemäß § 85 Abs 3 Satz 1 Nr 3 ALG endgültig von der Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse im Hinblick auf eine abgeschlossene Lebensversicherung.
Den darüber hinaus aufrechterhaltenen Antrag auf endgültige Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 85 Abs 3a ALG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. April 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 1996 mit der Begründung ab, der Ehemann der Klägerin habe im Jahre 1994 – ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft – kein Erwerbs- bzw Erwerbsersatzeinkommen von mehr als 40.000,00 DM erzielt. Auch wenn er in der Zeit vom 14. Juni 1994 bis 13. Juni 1995 für das am 14. Juni 1993 geborene Kind Matthias Erziehungsurlaub in Anspruch genommen habe und seine Bruttobezüge als Arbeiter bei den Stadtwerken B. GmbH ohne Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs im Jahre 1994 ca 52.300,00 DM betragen hätten, komme es nach dem Gesetzeswortlaut allein auf das tatsächliche Einkommen im Jahre 1994 an.
Das Sozialgericht Münster (SG) hat mit Urteil vom 5. Dezember 1996 die Beklagte verurteilt, die Klägerin ab dem 1. Januar 1995 gemäß § 85 Abs 3a ALG von der Versicherungspflicht zu befreien. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 13. August 1997 zurückgewiesen: Mit § 85 Abs 3a ALG habe der Gesetzgeber zusätzliche Befreiungsrechte von der Versicherungspflicht eingeräumt, wonach ein Bedürfnis zur eigenständigen Sicherung der Ehefrauen von Nebenerwerbslandwirten dann nicht bestehe, wenn der Nebenerwerbslandwirt außerlandwirtschaftliches Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen von mehr als 40.000,00 DM jährlich erziele. Abzustellen sei dabei auf typische Einkommensverhältnisse. Bei atypischen Einkommensverhältnissen dagegen, zB wegen eines Wehrdienstes, dürfe entgegen dem Gesetzeswortlaut nicht auf das Jahr 1994 abgestellt werden, wie der Senat bereits entschieden habe; dies bejahe er auch im Falle der Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs. Es liege eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die verfassungskonform dahingehend zu schließen sei, daß für den Befreiungstatbestand des § 85 Abs 3a Satz 1 Nr 3 ALG der ohne die Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs an sich im Jahre 1994 zugestandene Verdienst zugrunde zu legen sei. Anders als beim Wehrdienst sei beim Erziehungsurlaub zwar gesetzlich kein Ruhen des Arbeitsverhältnisses angeordnet; das Arbeitsverhältnis unterliege aber auch hier einem besonderen Kündigungsschutz (§ 18 Abs 1 Bundeserziehungsgeldgesetz ≪BErzGG≫). Auch die vom Gesetzgeber für die Befreiung vorausgesetzte anderweitige Absicherung der Altersversorgung sei gewährleistet, da in der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehungszeiten Versicherungspflicht bestehe und Pflichtbeiträge als gezahlt gälten (§ 3 Nr 1 und § 56 Abs 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – ≪SGB VI≫).
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 85 Abs 3a ALG: Die Entscheidung des LSG widerspreche Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Norm.
Die Beklagte beantragt,
die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Ergänzend zu den Urteilen der Vorinstanzen weist sie darauf hin, ein Abstellen auf das Stichjahr 1994 würde Eltern davon abhalten, von ihrem Wahlrecht gemäß § 3 Abs 2 BErzGG auf Erteilung des Erziehungsurlaubs Gebrauch zu machen, wenn das Einkommen des Ehegatten der Antragstellerin in dem maßgeblichen Jahr wegen des sehr viel geringeren Erziehungsgeldes unter die Grenze von 40.000,00 DM gelangen würde. Eine solche Benachteiligung wegen der Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubes verstoße mangels berechtigenden Grundes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG).
II
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht ungeachtet der Tatsache, daß die Klägerin rückwirkend ab 1. Januar 1995 von der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte befreit wurde, und zwar sowohl auf Dauer im Hinblick auf die abgeschlossene Privatversicherung mit Bescheid vom 24. April 1996 als auch vorübergehend aufgrund erzielten Arbeitsentgelts über der Geringfügigkeitsgrenze mit Bescheid vom 22. Februar 1995. Wenn damit (auf anderen Wegen) das Klageziel auch erreicht ist, so bleibt die Klägerin durch die angefochtenen Bescheide trotzdem belastet. Die Befreiung wegen des erzielten Arbeitsentgelts erfolgt gemäß § 3 Abs 1 Nr 1 ALG nur vorübergehend, „solange” sie diese Voraussetzungen erfüllt; damit ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine dauernde Befreiung nicht entfallen. Für die Befreiungsmöglichkeiten mit Dauerwirkung nach § 85 Abs 3 Satz 1 Nr 3 ALG einerseits und § 85 Abs 3a Satz 1 Nr 3 ALG andererseits gilt: Die Befreiung nach § 85 Abs 3a ALG kann auch parallel zu der anderen verfolgt werden, da die erstere mit keinen weiteren Verpflichtungen verbunden ist, wogegen die Befreiung nach § 85 Abs 3 Satz 1 Nr 3 ALG voraussetzt, daß ein Versicherungsvertrag abgeschlossen wird, der erst mit der Zahlung des ersten Beitrags volle Wirksamkeit erlangen kann (vgl Senatsurteil vom 12. Februar 1998 - B 10 LW 2/97 R –, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, S 4 des Abdrucks). Zudem hält im vorliegenden Fall die Beklagte nach der Auflage im Befreiungsbescheid vom 24. April 1996 auch den Fortbestand des Versicherungsvertrags für erforderlich.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht festgestellt, daß die Klägerin nicht auf Dauer für die Zeit ab 1. Januar 1995 nach § 85 Abs 3a ALG idF durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15. Dezember 1995 (≪ASRG-ÄndG≫ BGBl I 1814, ber BGBl I 1996, 683) von der ab 1. Januar 1995 bestehenden Versicherungspflicht als Ehegattin eines Landwirts (vgl § 1 Abs 2 iVm § 1 Abs 3 Satz 1 ALG) in der Alterssicherung der Landwirte befreit ist.
Nach § 85 Abs 3a Satz 1 ALG sind Versicherte nach § 1 Abs 3 ALG, die die Voraussetzungen nach § 85 Abs 3 Satz 2 Nr 1 erfüllen (dh am 31. Dezember 1994 nicht beitragspflichtig waren), „ab 1. Januar 1995 von der Versicherungspflicht befreit, wenn
- sie am 31. Dezember 1994 mit einem zu diesem Zeitpunkt von der Beitragspflicht in der Altershilfe für Landwirte befreiten Landwirt verheiratet sind und
- der Wirtschaftswert des Unternehmens der Landwirtschaft nach den betrieblichen Verhältnissen am 1. Januar 1995 20.000 Deutsche Mark nicht überschritten hat,
- der befreite Unternehmer im Jahre 1994 Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 40.000 Deutsche Mark erzielt hat und
- die Befreiung bis zum 30. Juni 1996 bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse beantragt wird.”
Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG, die für den Senat bindend sind, erfüllt die Klägerin zwar – bis auf die Nr 3 – sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen der Befreiungsregelung.
Ihr Ehemann hatte jedoch im Jahre 1994 ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft kein Erwerbs- bzw Erwerbsersatzeinkommen von mehr als 40.000,00 DM erzielt, nachdem er ab dem 14. Juni 1994 wegen des Erziehungsurlaubs von der Arbeitspflicht aus dem Arbeitsverhältnis zu den Stadtwerken B. GmbH ohne Fortzahlung der Vergütung befreit worden war. Ob ein Erziehungsgeld als Erwerbsersatzeinkommen iS des § 3 Abs 4 ALG zu berücksichtigen wäre (verneinend: GLA-Komm § 3 Abs 4 ALG 7.2), kann der Senat dahingestellt sein lassen. Darauf kommt es nicht an, weil selbst unter Berücksichtigung eines Gesamtanspruchs auf ungekürztes Erziehungsgeld (§ 5 BErzGG) im Jahre 1994 in Höhe von 7.200,00 DM kein Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen über der Einkommensgrenze von 40.000,00 DM erreicht werden konnte. Daran scheitert die Befreiungsmöglichkeit der Klägerin nach § 85 Abs 3a Satz 1 ALG, da sämtliche Voraussetzungen der Nrn 1 - 4 kumulativ erfüllt sein müssen.
Wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 12. Februar 1998 aaO grundsätzlich entschieden hat, ist es – entgegen der Meinung des LSG – nicht zulässig, durch Rechtsfortbildung § 85 Abs 3a Satz 1 Nr 3 ALG abweichend vom Wortlaut dahingehend zu ergänzen, daß (im dortigen Ausgangsfall: bei Wehrdienstleistenden) fiktiv das Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen zugrunde gelegt wird, welches im Jahr 1994 ohne das Hindernis erzielt worden wäre. Eine Regelungslücke iS einer „planwidrigen Unvollständigkeit” des Gesetzes, die von der Rechtsprechung in diesem Sinne zu schließen wäre, hat der Senat nach eingehender Untersuchung der Gesetzgebungsgeschichte verneint. Er hat dabei über den Wehrdienst hinaus auch andere nicht zu vertretende Umstände in den Blick genommen, insbesondere ausdrücklich Zeiten ohne Erwerbseinkommen im Jahre 1994 wegen Kindererziehung (vgl aaO S 7 f). Der vorliegende Fall der Klägerin bietet keinerlei Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Beurteilung.
Der Gesetzgeber hat es nicht der Rechtsprechung überlassen wollen, die Einkommensgrenze des § 85 Abs 3a Satz 1 Nr 3 ALG bei vom Unternehmer nicht zu vertretenden Unterschreitungen fiktiv festzulegen. Dies geht bereits für die Tatbestände, aufgrund derer Erwerbsersatzeinkommen gezahlt werden, aus der Gleichstellung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen nach dem Gesetzeswortlaut hervor. Die in § 3 Abs 4 Satz 2 ALG beispielhaft („insbesondere”) aufgeführten Erwerbsersatzeinkommen sind typischerweise gegenüber den bisherigen Bruttoeinkünften aus Erwerbstätigkeit erheblich abgesenkt. Das gilt für das in der Regel gesetzlich festgelegte Niveau der Renten- und Versorgungsbezüge ebenso wie für das des Kranken-, Versorgungskranken- und Verletztengeldes und das des Arbeitslosengeldes. Alle Tatbestände für den Bezug niedrigerer Erwerbsersatzeinkommen sind in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht zu vertreten oder schicksalhaft. Vorwiegend handelt es sich auch um vorübergehende Einkommenseinbußen, wie sie typischerweise während des Bezugs einer Rente auf Zeit, von Übergangsgeld, Krankengeld, Verletztengeld und Arbeitslosengeld hingenommen werden müssen, so daß sie sich gerade im hier maßgeblichen Jahr 1994 einkommensmindernd ausgewirkt haben können. Auch die Rentenanwartschaften bleiben bei den Lohnersatzleistungen zum Großteil ungeschmälert. Diese Zusammenhänge sind allgemeinkundig. Bereits deshalb ist die Annahme nicht gerechtfertigt, der Gesetzgeber habe es der Rechtsprechung überlassen wollen, im Jahre 1994 erzielte Erwerbsersatzeinkommen auf die zugrunde liegenden Bruttoeinkünfte im Einzelfall „hochzurechnen” oder weiteres Einkommen zu fingieren. Damit stimmt überein, daß das Gesetz mit der Formulierung des Befreiungstatbestandes des § 85 Abs 3a Satz 1 Nr 3 ALG an die allgemeinen Regelungen zur Befreiung von der Versicherungspflicht anknüpft. § 3 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ALG unterscheidet ebenfalls nicht danach, ob der Einkommensgrenzwert von einem Siebtel der Bezugsgröße für die Befreiung von der Versicherungspflicht durch Erwerbseinkommen oder (ein in der Regel niedrigeres) Erwerbsersatzeinkommen erreicht wird. Auch im Rahmen der Anwendung dieser Vorschrift kann sich der pflichtversicherte Landwirt nicht darauf berufen, er hätte ohne die abgesenkten Lohnersatzleistungen den Grenzwert überschritten (vgl dazu das Senatsurteil vom heutigen Tage zum Az B 10 LW 2/98 R, zur Veröffentlichung bestimmt).
Ebensowenig kann unter Abweichung vom Wortlaut der Vorschrift angenommen werden, daß wenigstens hinsichtlich der sozial erwünschten und hoch angesehenen Zeiten ohne Erwerbseinkommen im Jahre 1994, die teils wegen einer sittlich-moralischen Pflicht (Kindererziehung, Pflege eines Pflegebedürftigen) teils unter strafbewehrtem öffentlich-rechtlichen Zwang (Wehrdienst, Zivildienst), teils vorwiegend im öffentlichen Interesse (soziales/ökologisches Jahr, Entwicklungshilfe, ehrenamtliche Tätigkeit) zurückgelegt wurden, eine „planwidrige Gesetzeslücke” vorliegt. Der Gesetzgeber hat die Interessen der nach dem ALG versicherungspflichtigen Ehegatten dieses Personenkreises nicht „übersehen”. Dies ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang, den Gesetzgebungsmaterialien sowie dem Sinn und Zweck einer einmalig und befristet eingeräumten Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 85 Abs 3a ALG. Die Regelung ist zu sehen vor dem Hintergrund der nach dem Gesetz ohnehin bestehenden Hürden für den Eintritt der Versicherungspflicht (§ 1 Abs 3 ALG), der verschiedenen regulären Befreiungsmöglichkeiten (§ 3 Abs 1, § 85 Abs 3, 3a und 3b ALG) sowie der massiven aus Bundesmitteln erfolgenden Subvention der Beiträge jener Pflichtmitglieder in der Alterssicherung der Landwirte, die bedürftig sind (§ 32 Abs 1 und 2, § 33 Abs 1 ALG).
Angesichts dieses Bündels von vorübergehenden und dauernden Befreiungsmöglichkeiten sowie der massiven Beitragssubvention, die erst bei einem relativ hohen Gesamteinkommen der Eheleute endet, besteht bei objektiver Betrachtung kein Grund, die Ehefrauen der angesprochenen Personenkreise in Erweiterung der bestehenden Übergangsregelung mit dem ASRG-ÄndG – nunmehr auf Dauer – von der Versicherungspflicht zu befreien. Eine Doppelbelastung wird vermieden, denn der Ehemann ist von der Versicherungspflicht nach dem ALG befreit oder kann sich befreien lassen. Das gesunkene Familieneinkommen während der angeführten Zeiten führt zwangsläufig zu einer Erhöhung des Beitragszuschusses bzw zu dessen erstmaliger Gewährung an die versicherte Ehefrau. Der Gesetzgeber hat mit § 85 Abs 3a ALG die Befreiungsmöglichkeit innerhalb einer bereits bestehenden Übergangsregelung erweitert. Da sich im Rahmen dieser Regelung kein triftiger Grund zeigt, der ihn dazu hätte drängen können, eine weitere Ausnahmeregelung zu schaffen, fehlt es von vornherein an einer Regelungslücke. Vielmehr entspricht die klare Grenzziehung der Absicht des Gesetzgebers. Im übrigen verbietet es sich – entgegen der Meinung von SG und LSG – angesichts der durch das ASRG-ÄndG verfolgten besonderen Ziele und der dazu gefundenen Einzelregelungen (dazu eingehend das Senatsurteil vom 12. Februar 1998 aaO S 7 f), die konkreten Tatbestandsvoraussetzungen für das einmalige Befreiungsrecht des § 85 Abs 3a ALG durch „verfassungskonforme” Auslegung zu ergänzen. Denn die Gerichte dürfen den normativen Gehalt eines Gesetzes nicht selbst grundlegend neu bestimmen (BVerfGE 8, 71, 78 f) oder gar ins Gegenteil verkehren (BVerfGE 8, 28, 34).
Neue, bislang vom erkennenden Senat nicht berücksichtigte Gesichtspunkte im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der vorliegenden Norm (vgl Senatsurteil vom 12. Februar 1998 aaO S 8 f) bietet der Ausgangsfall ebenfalls nicht. Die von der Klägerin behauptete Beeinflussung der Eheleute beim Wechsel des Erziehungsurlaubs-Berechtigten gem § 16 Abs 1 S 2 ErzGG konnte durch das hier zur Prüfung gestellte Gesetz schon deshalb nicht eintreten, weil der Berechtigtenwechsel bereits im Jahre 1994 (oder ggf davor) eingetreten sein und damit vor dem Erlaß der Befreiungsregelung in § 85 Abs 3a ALG idF des ASRG-ÄndG vom 15. Dezember 1995 liegen mußte; die Entscheidung der Eheleute war damit bereits abgeschlossen, als das ASRG-ÄndG die sich aus dem ASRG 1995 ergebenden Härten zum Anlaß einer Neuregelung haben (vgl BT-Drucks 13/2747 vom 24. Oktober 1995, S 1, 12).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 542697 |
SozSi 1999, 264 |