Leitsatz (amtlich)
Die materiellrechtlichen Vorschriften des (Berliner) Gesetzes über die Versorgung von Kriegs- und Militärdienstbeschädigten sowie ihren Hinterbliebenen vom 1950-07-24 (VOBl für Groß- Berlin S 318)-KVG Be- sind nicht revisibles Recht im Sinne des SGG § 162 Abs 2.
Normenkette
SGG § 162 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03; KOVG BE Fassung: 1950-07-24
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts ... vom 7. Mai 1954 insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Gewährung von Hinterbliebenenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz verurteilt ist. Insoweit wird die Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts ... vom 8. Juni 1953 zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der am 28. Februar 1882 geborene und am 6. Oktober 1918 an einer Lungen- und Darmtuberkulose verstorbene Ehemann der Klägerin leistete vom 13. Oktober 1904 bis 21. Oktober 1905 aktiven Militärdienst. Er wurde wegen einer chronischen Milzschwellung und einer chronischen Herzinnenhautentzündung als Ganzinvalide entlassen. Der Anstellungsschein für den Unterbeamtendienst wurde ihm bewilligt. Vom 1. April 1908 bis zu seinem Tode am 6. Oktober 1918 war er etatmäßiger Hausdiener bei der Königlichen Militär-Veterinärakademie in .... Das Versorgungsamt ... bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 21. August 1919 auf deren "Antrag um Gewährung von Hinterbliebenenversorgung anläßlich des infolge einer Dienstbeschädigung am 6. Oktober 1918 erfolgten Todes ihres Ehemannes auf Grund der §§ 2 u. 3 des Militärhinterbliebenengesetzes 1907" mit Wirkung vom 1. Februar 1919 ein Witwengeld von jährlich 300,- Mark und ein Waisengeld für ihren Sohn Edgar von jährlich 60,- Mark. Ein Rechtsmittel wurde gegen diesen Bescheid nicht eingelegt. Mit Bescheid vom 15. September 1920 lehnte das Hauptversorgungsamt der Provinz ... die Bewilligung von Kriegsversorgung nach § 26 des Militärhinterbliebenengesetzes (MHG) vom 17. Mai 1907 (RGBl. S. 214) ab, weil die an ihren Ehemann gestellten dienstlichen Anforderungen das Friedensmaß nicht überschritten und das zum Tode führende Leiden nicht beeinflußt hätten. Die Klägerin bezog keine Versorgung nach dem Reichsversorgungsgesetz (RVG). Vom 1. April 1920 ab erhielt sie nach der Nachweisung der Pensionsabteilung des Reichsministers des Innern vom 13. Mai 1922 auf Grund des Gesetzes, betreffend Ergänzung und Regelung von Bezügen der Ruhegehalts- und Wartegeldempfänger sowie der Hinterbliebenen (Pensionsergänzungsgesetz - PEG -) vom 21. Dezember 1920 (RGBl. S. 2109) neben dem Witwen- und Waisengeld Zuschüsse zu diesen Bezügen nebst Kinder- und Teuerungszuschlägen. Nach der Geldentwertung wurden ihre Gebührnisse durch Bescheid des Reichspensionsamts für die ehemalige Wehrmacht (Abt. Preußen) vom 28. Februar 1924 gemäß § 1 des PEG und der Verordnung über die zwölfte Ergänzung des Besoldungsgesetzes vom 12. Dezember 1923 (RGBl. I S. 1181) in Goldmark festgesetzt. Die Gebührnisse wurden bis zur Kapitulation im Jahre 1945 nach beamtenrechtlichen Vorschriften gezahlt. Die Klägerin erhält auch jetzt ein Witwengeld nach diesen Vorschriften.
Der Antrag der Klägerin vom 5. September 1950 auf Gewährung von Hinterbliebenenrente nach dem Gesetz über die Versorgung von Kriegs- und Militärdienstbeschädigten sowie ihren Hinterbliebenen (KVG) vom 24. Juli 1950 (VOBl. für ... S. 318) wurde mit Bescheid des Magistrats von ... Abt. Sozialwesen - Versorgungsstelle -, vom 30. November 1950 unter Hinweis auf § 37 Abs. 5 KVG abgelehnt, weil der Tod nicht durch einen als Leistungsgrund im Sinne dieses Gesetzes oder der bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften anerkannten Gesundheitsschaden oder durch einen mit einem solchen Gesundheitsschaden ursächlich zusammenhängenden anderen Gesundheitsschaden herbeigeführt worden sei. Sie könne deshalb keinen Anspruch mehr geltend machen. Der Einspruchsausschuß bei dem Landesversorgungsamt ... hat am 20. März 1952 den Einspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid zurückgewiesen. Die Klägerin habe nach dem Tode ihres Ehemannes Versorgung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen erhalten. Der angefochtene Bescheid habe den § 37 Abs. 5 des KVG zutreffend angewendet. Die Klägerin habe keine Beweise dafür erbracht, daß der Tod ihres Ehemannes nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften als Dienstbeschädigung anerkannt worden sei.
Das Versorgungsgericht ... hat die Klage durch Urteil vom 8. Juni 1953 abgewiesen. Es hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Nach den Bescheiden des Versorgungsamts ... vom 21. August 1919 und des Hauptversorgungsamts der Provinz ... vom 15. September 1920 stehe fest, daß die Klägerin nur die allgemeine Versorgung nach dem Beamtenversorgungsrecht - also auf Grund von Dienstzeit - erhalten habe. Versorgung nach dem Reichsversorgungsgesetz auf Grund von Dienstbeschädigung habe sie nicht bezogen. Es könne daher nicht angenommen werden, daß der Tod ihres Ehemannes nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften als Folge einer Dienstbeschädigung anerkannt gewesen sei. Sie habe daher keinen Anspruch auf Versorgung nach dem KVG und BVG, da § 58 Abs. 2 BVG die Anmeldung des Anspruchs ausschließe.
Das Landessozialgericht (LSGer.) ..., auf das die beim Oberversorgungsgericht ... eingelegte Berufung nach § 218 Abs. 6 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) übergegangen war, hat in seinem Urteil vom 7. Mai 1954 den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Versorgungsgerichts ... vom 8. Juni 1953 verurteilt, "Hinterbliebenenversorgung nach dem Kriegsopfergesetz bzw. Bundesversorgungsgesetz zu gewähren." Es hat die Revision zugelassen und seine Entscheidung damit begründet, daß der Klägerin auf Grund des MHG eine Versorgung nicht zugestanden habe. Die §§ 2 und 3 dieses Gesetzes, auf die der Bescheid vom 21. August 1919 die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung gestützt habe, beträfen die Witwen von Offizieren. Der § 12 des MHG, der die Versorgung der Hinterbliebenen von Militärpersonen der Unterklassen regele, sehe eine solche nur vor, wenn der Soldat während der Zugehörigkeit zum aktiven Heer entweder infolge einer Dienstbeschädigung oder nach zehnjähriger Dienstzeit gestorben sei. Sei der Tod erst nach der Entlassung aus dem aktiven Heer eingetreten, so stehe Versorgung nur zu, wenn der Verstorbene nach mindestens achtzehnjähriger Dienstzeit eine Rente zu beziehen gehabt habe oder infolge einer Dienstbeschädigung vor Ablauf von sechs Jahren nach der Entlassung aus dem aktiven Dienst gestorben sei. Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben. Gleichwohl sei der Klägerin im Jahre 1919 Versorgung gewährt worden, weil ihr Ehemann an einer Dienstbeschädigung gestorben sei. Dieser Bescheid sei für die Verwaltungsbehörde bindend. Er sei in der Folgezeit auch nicht wirksam widerrufen worden; insbesondere sei in der Nachweisung vom 28. Februar 1924 ein derartiger Widerruf nicht zu erblicken. Der Bescheid habe seine Wirksamkeit für die Geltungsdauer des Kriegsopferversorgungsgesetzes behalten. Er sei auch als Entscheidung "nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften" im Sinne des § 85 des Bundesversorgungsgesetzes anzusehen.
Gegen dieses Urteil hat der Revisionskläger mit einem bei der Aufbaustelle des Bundessozialgerichts (BSGer.) am 6. Juli 1954 eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt und beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung gegen die Entscheidung des Versorgungsgerichts ... vom 8. Juni 1954 zurückzuweisen.
Er hat die Revision in einem beim BSGer. am 2. August 1954 eingegangenen Schriftsatz wie folgt begründet:
Aus den alten Versorgungsakten gehe hervor, daß der Klägerin Hinterbliebenenversorgung nur deshalb gewährt worden sei, weil ihr Ehemann als Beamter der Unterklasse infolge eines im Beamtendienst zugezogenen Leidens gestorben sei. Der Bescheid des Versorgungsamts ... vom 21. August 1919 sei durch die späteren Bescheide nach dem Beamtenhinterbliebenengesetz von 1907 bezw. dessen Nachfolgegesetzen aufgehoben worden. Wenn dieses auch nicht ausdrücklich geschehen sei, so müsse doch aus der gesamten weiteren Bearbeitung der Versorgungsangelegenheit geschlossen werden, daß eine Überleitung auf die Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften stattgefunden habe. Dafür sprächen die Nachweisungen der Versorgungsbezüge vom 13. Mai 1922, 28. Februar 1924, der Bescheid des Versorgungsamts ... vom 2. März 1929, der Auszug aus den Versorgungsakten vom 8. März 1933, der Bescheid vom 27. Februar 1942 und insbesondere der Aktenvermerk des Versorgungsamts ... vom 7. November 1936, wonach eine Nachprüfung über die Notwendigkeit der Anwendung des Art. 2 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen nicht in Betracht komme, weil die Versorgung nur nach dem Beamtenhinterbliebenengesetz gewährt werde. Auch sei nach Einführung des RVG nicht geprüft worden, ob die Klägerin einen Anspruch nach diesem Gesetz habe. Der Bescheid vom 21. August 1919 sei keine rechtsverbindliche Entscheidung im Sinne des § 85 BVG, weil eine Umanerkennung der Versorgungsbezüge nach dem RVG oder dem Altrentnergesetz nicht erfolgt sei. Im übrigen wird auf die Schriftsätze des Revisionsklägers vom 29. Juli 1954 und 17. Mai 1955 Bezug genommen.
Die Revisionsbeklagte hat beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie trägt vor, daß der Bescheid des Versorgungsamts ... vom 21. August 1919 rechtskräftig geworden und für die Entscheidung nach dem KVG und BVG verbindlich sei. Hätte es sich bei der durch diesen Bescheid gewährten Versorgung um eine solche beamtenrechtlicher Art gehandelt, so hätte es nicht der Feststellung bedurft, daß der Tod des Ehemannes der Klägerin die Folge einer Dienstbeschädigung sei. Für die Bewilligung von Hinterbliebenenbezügen nach dem Beamtenrecht sei nicht die Todesursache, sondern die auf das Ruhegehalt anzurechnende Dienstzeit und die Höhe der bezogenen Besoldung maßgebend gewesen. Der Bescheid des Versorgungsamts ... sei auch nicht aufgehoben worden. Insbesondere könne eine Aufhebung nicht darin erblickt werden, daß die Klägerin keine Versorgung nach dem RVG erhalten habe.
Die Revision ist statthaft, da das LSGer. sie zugelassen hat (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§ 164 SGG). Sie ist daher zulässig.
Die Revision ist insoweit begründet, als der Beklagte die Verurteilung zur Zahlung von Hinterbliebenenrente nach dem BVG angefochten hat. Das BVG ist im Revisionsverfahren nachprüfbares Recht im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG, da das Land ... dieses Gesetz inhaltsgleich durch das Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges vom 12. April 1951 (GVOBl. für Berlin S. 317) übernommen hat (vgl. Urteile des 10. Senats vom 7.7.1955 - BSGer. 1 S. 98 (100, 101) - und des 9. Senats vom 24.8.1955 - 9 RV 184/55 -).
Die Ansicht des Berufungsgerichts, daß der Bescheid des Versorgungsamts ... vom 21. August 1919 nach § 85 Satz 1 BVG für die Entscheidung nach diesem Gesetz rechtsverbindlich sei und daß die Klägerin aus diesem Grund einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach dem BVG habe, beruht auf einem Rechtsirrtum. Dieser Bescheid hat nämlich nach der Ansicht des Senats keine Versorgung wegen einer Dienstbeschädigung gewährt, sondern eine Dienstzeitversorgung, die ihre Grundlage in der Beamtendienstzeit des Ehemannes der Klägerin als Hausdiener bei der Königlichen Militär-Veterinär-Akademie hatte. Dafür spricht zunächst die Sachbehandlung vor der Bescheiderteilung. In dem Antrag der Dienststelle des Ehemannes der Klägerin auf Bewilligung von Witwen- und Waisengeldern vom 18. Oktober 1918 ist eine Berechnung des Witwengeldes enthalten, die das pensionsfähige Diensteinkommen als Hausdiener und eine pensionsberechtigende Dienstzeit von insgesamt elf Jahren und 198 Tagen berücksichtigt. Schon daraus ergibt sich, daß die Klägerin keine Dienstbeschädigtenversorgung erhalten sollte. Zwar wurden durch das Versorgungsamt auch Ermittlungen über das Vorliegen einer Dienstbeschädigung angestellt. Diese waren aber nicht notwendig, da das Witwengeld nach § 12 Abs. 1 MHG der Klägerin auch gewährt werden mußte, wenn ihr Ehemann, der als Zivilbeamter des Heeres zu den Militärpersonen der Unterklassen und damit zum aktiven Heer gehörte (vgl. § 38 C. des Reichsmilitärgesetzes vom 2.5.1874 - RGBl. S. 45 -), nach zehnjähriger Dienstzeit gestorben war. Es kam also für den Versorgungsanspruch der Klägerin nicht darauf an, ob der Tod infolge einer Dienstbeschädigung eingetreten war. Die Tatsache, daß in dem Bescheidvordruck von Dienstbeschädigung die Rede ist, ändert nach der Ansicht des Senats an dem Charakter der bewilligten Versorgung als Dienstzeitversorgung nichts. Denn es ist offensichtlich, daß das Versorgungsamt einen falschen Vordruck verwendet hat. Das ergibt sich daraus, daß das Witwengeld "auf Grund der §§ 2 und 3 des MHG" bewilligt wurde. Ohne Zweifel kam aber für die Klägerin eine Versorgung nach diesen Vorschriften nicht in Betracht, da die §§ 2 und 3 a.a.O. die Anspruchsgrundlage für Offizierswitwen enthielten, ihr Ehemann aber weder Offizier des Friedensstandes noch verabschiedeter Offizier des Friedensstandes (§ 1 a.a.O.) war. Es ist daher davon auszugehen, daß die Klägerin keine Versorgung auf Grund von Dienstbeschädigung erhalten hat. Bei dieser Sachlage haben die Worte in dem irrtümlich verwendeten Formular "anläßlich des infolge einer Dienstbeschädigung erfolgten Todes" keine rechtliche Wirkung. Für die Ansicht des Senats spricht weiter der Umstand, daß die Klägerin keine Hinterbliebenenrente nach dem RVG bezogen hat. Hinterbliebene von Verstorbenen, deren Dienstleistung nach dem 31.Juli 1914 und vor dem 1. April 1920 beendet worden war, hatten nach § 100 RVG in der Fassung vom 12. Mai 1920 (RGBl. S. 989) dann Anspruch auf Versorgung nach dem RVG, wenn diese für sie günstiger war. Im vorliegenden Fall wäre zwar die Witwenrente nach § 37 RVG wesentlich höher gewesen als das nach dem MHG gewährte Witwengeld von 300,- Mark (vgl. § 37 Abs. 1, § 27 Abs. 1 RVG in der Fassung vom 12.5.1920). Die Klägerin konnte aber die für sie günstigere Versorgung nach dem RVG nicht erhalten, weil das ihr gewährte Witwengeld auf der Dienstzeit ihres Ehemannes beruhte, das RVG aber keine Dienstzeitversorgung kannte. An diesem Ergebnis, daß die Klägerin nach dem MHG keine Dienstbeschädigungsversorgung erhalten hat, ändert auch die Tatsache nichts, daß das Versorgungsamt ... weiter geprüft hat, ob ihr die Kriegsversorgung nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 MHG zusteht. Denn eine Witwe konnte diese Versorgung auch dann erhalten, wenn ihr Ehemann als Militärperson der Unterklassen nach zehnjähriger Dienstzeit nicht infolge einer Dienstbeschädigung gestorben war.
Selbst wenn man aber die der Klägerin mit Bescheid vom 21. August 1919 bewilligte Versorgung als eine irrtümlich gewährte Dienstbeschädigungsversorgung ansehen würde, hätte dieser Bescheid für das BVG keine Rechtswirkungen. Denn er ist jedenfalls in dem Zeitpunkt gegenstandslos geworden, als die Klägerin durch Bescheid der Pensionsabteilung des Reichsministers des Innern vom 13. Mai 1922 auf Grund des PEG einen Zuschuß zum Witwengeld erhielt. Spätestens durch diesen Bescheid wurde die Versorgung der Klägerin eine reine Beamtenversorgung. Das PEG kam nämlich nur in Frage, wenn es sich um in den Ruhestand versetzte Beamte und Offiziere (§ 1 Abs. 1 PEG) sowie Witwen und Waisen dieses Personenkreises und der vor dem 1. April 1920 verstorbenen aktiven Beamten und Offiziere handelte. Das PEG gewährte also nur Versorgung für Beamte, während die Versorgung wegen Dienstbeschädigung in anderen Versorgungsgesetzen geregelt war. Mit der Rechtskraft dieses Bescheides der Pensionsabteilung vom 13. Mai 1922 hatte der Bescheid des Versorgungsamts ... vom 21. August 1919 seine Rechtswirkungen verloren. Die Tatsache, daß er nicht ausdrücklich aufgehoben wurde, ändert nichts daran, daß durch jenen Bescheid vom 13. Mai 1922 spätestens die Umwandlung der Versorgung in eine reine Beamtenversorgung vollzogen wurde. Die Klägerin konnte deshalb auch keine Versorgung nach dem RVG erhalten, als später den Witwen, die eine Hinterbliebenenversorgung nach zehnjähriger Dienstzeit des verstorbenen Ehemannes aus § 12 Abs. 1 MHG bezogen, durch das Altrentnergesetz eine Versorgung nach §§ 36 ff. RVG gewährt wurde (vgl. § 9 Abs. 1 des ARG vom 18.7.1921 - RGBl. I S. 953 - in der Fassung der Bekanntmachung vom 30.6.1923 - RGBl. I S. 542 -). Auch in der Folgezeit hat sich an dieser Rechtslage nichts mehr geändert. So hat der Bescheid des Reichspensionsamts für die ehemalige Wehrmacht (Abt. Preußen) vom 28. Februar 1924 das Witwengeld nach Artikel 11 der zwölften Ergänzung des Besoldungsgesetzes vom 12. Dezember 1923 (RGBl. I S. 1181) auf Goldmark umgestellt; weiter haben die Bescheide des Versorgungsamts ... vom 2. März 1929 und 27. Februar 1942 die Höhe des Witwengeldes auf Grund von Änderungen des Beamtenrechts geändert. Auch heute bezieht die Klägerin Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften.
Aus diesen Gründen kann der Bescheid vom 21. August 1919 nicht als rechtsverbindliche Entscheidung im Sinne des § 85 Satz 1 BVG angesehen werden. Einer sachlichen Prüfung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs steht § 58 Abs. 2 BVG entgegen, da sich der Beklagte auf die Ausschlußfrist berufen hat.
Soweit der Beklagte die Verurteilung zur Zahlung von Hinterbliebenenrente nach dem BVG angefochten hat, ist seine Revision somit begründet. Das Urteil des LSGer. ist daher insoweit aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts ... vom 8. Juni 1953 zurückzuweisen, da die Sache entscheidungsreif ist (§ 170 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Die Revision ist jedoch insoweit unbegründet, als das LSGer. der Klägerin Rente nach dem KVG zugesprochen hat. Denn die materiell-rechtlichen Vorschriften dieses Gesetzes sind nicht revisibles Recht im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG. Nach dieser Vorschrift kann die Revision nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung der Vorinstanz auf einer Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Zunächst ist festzustellen, daß das KVG nicht Bundesrecht im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG ist. Das Land ... hat dieses Gesetz als Landesrecht erlassen. Als solches ist es nach Art. 125 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) schon deshalb nicht Bundesrecht geworden, weil Art. 125 nur solches, Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betreffendes Recht (wozu nach Art. 74 Nr. 10 GG die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen gehört) erfaßt, das vor dem Inkrafttreten des GG (24.5.1949) bestand. Das KVG ist jedoch erst mit Wirkung vom 1. Juli 1950 in Kraft getreten (§ 54 Abs. 1 KVG). Es besteht auch keine Veranlassung, den Begriff Bundesrecht im Hinblick darauf, daß das SGG auch in ... gilt (§ 218 Abs. 1 SGG), für ... Recht weiter auszulegen, um eine Revisionsmöglichkeit für dieses Recht zu schaffen. Die Gesetzesmaterialien zum SGG ergeben hierzu über den Willen des Gesetzgebers nichts. Nach der Ansicht des Senats ist es eine Folge der staatsrechtlichen Aufspaltung Deutschlands, wenn der ... Gesetzgeber auf Grund seiner rechtlichen Selbständigkeit in der Lage ist, Recht zu setzen, das von dem in der Bundesrepublik geltenden Recht abweicht.
Wenn er derartiges Recht schafft, dann besteht für die Zulassung der Revisionsmöglichkeit kein Bedürfnis (ebenso Rilling, NJW. 1952 S. 205 (207)). Ein solches besteht für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit nur dann, wenn von verschiedenen Landessozialgerichten inhaltsgleiches Recht angewendet wird. In diesen Fällen kommt man aber über den Begriff des überbezirklichen Rechts im Sinne des § 162 Abs.2 SGG zu einer Revisionsmöglichkeit. Es ist daher nicht erforderlich, den Begriff Bundesrecht über seinen Wortlaut hinaus auszulegen.
Bei der Prüfung der Frage, ob die materiell-rechtlichen Vorschriften des KVG revisibles Recht sind, kommt es deshalb darauf an, ob sie über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus gegolten haben (vgl. Rilling a.a.O.; Paulsen, Juristische Rundschau 1951 S. 364). Zum Vergleich ist das Recht heranzuziehen, das zur gleichen Zeit wie das KVG in Kraft war, auch wenn es durch das BVG aufgehoben ist. Die Revisibilität von aufgehobenem Recht ist nach der Rechtslage im Zeitpunkt seiner Geltung zu beurteilen (ebenso Stein-Jonas-Schönke, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, Anm. IV D zu § 549).
Die Vorschriften eines Landesgesetzes sind nur dann revisibel, wenn sie inhaltlich mit in anderen Ländern geltenden Vorschriften völlig übereinstimmen (vgl. BGHZ. 7, 299 (300); RGZ. 120, 198 (200); 82, 47 (50); Beschluß des BVerfGer. vom 11.5.1955, DÖV. 1955 S. 378; Urteil des BVerwGer. vom 13.5.1955, NJW. 1955 S. 1695 = DÖV. 1955 S. 637). Diese Inhaltsgleichheit muß ferner bewußt und gewollt herbeigeführt sein (vgl. BGHZ. 6, 47 (50) und 373 (378); 4, 219 (220); RGZ. 120, 198 (200); 154, 133 (137); 55, 316 (319)). Die herrschende Meinung hat früher unter Inhaltsgleichheit wörtliche Übereinstimmung verstanden (Schwinge, Grundlagen des Revisionsrechts, 1935 S. 80; Paulsen a.a.O.). Sie hat ihre Ansicht später etwas gelockert und verlangt nun vollständige inhaltliche Übereinstimmung (BGHZ. 6, 47 (50)). Diese Auffassung hat auch das BVerfGer. in dem Beschluß vom 11. Mai 1955 (a.a.O.) im Zusammenhang mit dem ähnlichen Fall des Art. 125 GG vertreten und darauf hingewiesen, daß bei der praktischen Anwendung immer neue Zweifel aufträten, wenn man unerhebliche Abweichungen zuließe. Das BVerfGer. hat lediglich Abweichungen, die durch die von Land zu Land bestehenden Unterschiede in Behördenorganisation und Zuständigkeit bedingt sind, für unerheblich erklärt.
Eine solche bewußte und gewollte Inhaltsgleichheit kann bei den Vorschriften des KVG nicht angenommen werden. Bei einem Vergleich der materiell-rechtlichen Vorschriften dieses Gesetzes mit den Gesetzen der anderen Länder sind vielmehr wesentliche Unterschiede festzustellen, welche die Absicht des Berliner Gesetzgebers erkennen lassen, die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen für ... durch ein eigenes Gesetz zu regeln.
Gegenüber den in den Ländern der amerikanischen Besatzungszone geltenden Gesetzen über Leistungen an Körperbeschädigte (KBLG) sind z.B. folgende wesentliche Unterschiede festzustellen: Die Leistungen waren im KVG selbständig und anders geregelt als im KBLG, das die Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung für maßgeblich erklärte (Art. 1 KBLG). Eine Beschränkung der Versorgung auf deutsche Staatsangehörige (§ 1 Abs. 4 KVG) fehlte im KBLG. Ein Anspruch auf Beschädigtenrente bestand nach dem KBLG bereits bei Vorliegen einer MdE. um 30 v.H. (Art. 5), während § 54 Abs. 1 Nr. 1 KVG vorschrieb, daß Beschädigtenrente bis auf weiteres erst bei einer MdE. um 40 v.H. gewährt werde. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 KVG galt der Tod stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Rentenempfänger an einem Leiden starb, das als Folge eines Schadens anerkannt war und für das er bis zum Tode Rente bezogen hatte. In diesem Fall war also die Gewährung einer Witwenrente möglich, auch wenn der Tod nicht die Folge eines Schadens im Sinne des § 1 KVG war. Das KBLG sah hier nur eine einmalige Witwenbeihilfe vor (Art. 1 Abs. 1 KBLG i.V. mit § 595a RVO). Das KBLG gewährte den Hinterbliebenen entgegen § 11 KVG keine ärztliche Versorgung. Während nach § 25 Abs. 1 KVG eine Rente nicht gewährt wurde, wenn der Beschädigte oder Hinterbliebene mehr als 600,- Deutsche Mark netto monatlich verdiente, blieb dem Beschädigten nach dem KBLG bei Vorhandensein von sonstigem Einkommen jedenfalls eine Mindestrente (Art. 14 Abs. 3 KBLG). Anders als im KBLG konnten nach § 37 Abs. 5 KVG Ansprüche, die auf eine vor dem 1. September 1939 erlittene Schädigung gestützt waren, nicht mehr angemeldet werden.
Ein Vergleich der Vorschriften des KVG mit denen der in den Ländern der britischen Besatzungszone geltenden Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 vom 2. Mai 1947 (Arbeitsblatt für die britische Zone S. 155) ergibt ebenfalls wesentliche Unterschiede. So wurde eine Beschädigtenrente nach § 6 Abs. II der SVD Nr. 27 im Gegensatz zu § 54 Abs. 1 Nr. 1 KVG bereits bei einer MdE. um 30 v.H. gewährt. § 5 Abs. II der SVD Nr. 27 schloß die Gewährung von Leistungen bei vorsätzlich herbeigeführter Gesundheitsschädigung aus, während § 8 der Ersten DVO. vom 13. Dezember 1950 zum KVG (VOBl. für Berlin S. 570) einen Leistungsausschluß erst bei einer absichtlich herbeigeführten Gesundheitsschädigung vorsah. Nach der SVD Nr. 27 gab es für Beschädigte keine Einkommensgrenze (vgl. § 25 Abs. 1 KVG). Während nach § 16 Abs. 4 KVG Kinderzulagen über das 18. Lebensjahr hinaus gewährt werden konnten, sah die SVD Nr. 27 eine solche Regelung nicht vor. § 9 der SVD Nr. 27 ging bei der Feststellung des sonstigen Einkommens vom steuerpflichtigen Einkommen aus; nach § 25 Abs.3 KVG waren dagegen die Nettoeinkünfte maßgebend. Die Sozialversicherungsrenten galten nach § 9 der SVD Nr. 27 nicht als sonstiges Einkommen, während sie bei Feststellung der Rente nach dem KVG unter gewissen Voraussetzungen angerechnet wurden (§ 25 Abs. 3 KVG).
Gegenüber dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges des Landes Rheinland-Pfalz (Landesversorgungsgesetz - LVG -) vom 18. Januar 1949 (GVOBl. S. 11) enthielt das KVG u.a. folgende Abweichungen: Die Beschränkung der Leistungsberechtigung auf deutsche Staatsangehörige (§ 1 Abs. 4 KVG) fehlte im LVG. Nach § 2 Abs. 1 LVG wurde die Beschädigtenrente schon bei Vorliegen einer MdE. um 30 v.H. gewährt. Das LVG kannte bei Vorliegen von Bedürftigkeit im Gegensatz zum KVG eine Zusatzrente (§ 5 LVG). Die Sterbegeldregelung nach § 6 LVG war anders als nach § 18 KVG. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Witwenrente waren nach § 7 LVG nicht so streng wie nach der Regelung der §§ 20, 54 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 KVG. § 10 LVG forderte für die Gewährung der Elternrente nicht das Vorliegen der Ernährereigenschaft, während § 23 Abs. 1 KVG die Bewilligung an diese Voraussetzung knüpfte. Nach § 11 Abs. 1 LVG erhielten Hinterbliebene von Pflegezulageempfängern unter gewissen Voraussetzungen auch dann Versorgung, wenn der Tod nicht die Folge einer Beschädigung war, sofern die Hinterbliebenen bis zum Tode für den Versorgungsberechtigten gesorgt hatten. Das KVG kannte eine derartige Regelung nicht.
Ein Vergleich mit dem RVG, das in dem früheren Land Baden nach der Kapitulation im Jahre 1945 angewandt wurde, scheidet aus, weil das KVG in § 54 Abs. 2 dieses Gesetz aufgehoben hat. Daher kann es mit ihm nicht bewußt und gewollt übereinstimmen.
Diese mannigfachen Unterschiede und der Charakter der Abweichungen zwischen den Vorschriften des KVG und den während seiner Geltungsdauer in den anderen Ländern geltenden versorgungsrechtlichen Vorschriften zwingen zu dem Schluß, daß der ... Gesetzgeber bewußt und gewollt ein inhaltlich verschiedenes Versorgungsgesetz erlassen hat. Soweit einzelne Vorschriften des KVG und der Versorgungsgesetze der anderen Länder gleich lauten, ist dennoch die nach § 162 Abs. 2 SGG für die Revisibilität erforderliche Identität der Rechtsnormen nicht hergestellt. Denn die inhaltliche Übereinstimmung beruht nicht auf dem Bewußtsein und dem Willen des ... Gesetzgebers, das Kriegsopferversorgungsrecht für ... mit dem im Bundesgebiet geltenden zu vereinheitlichen. Vielmehr haben ihm lediglich einschlägige Regelungen anderer Länder bei der Vorbereitung des KVG als Vorbild gedient. Das genügt aber nicht, um das Erfordernis der bewußten und gewollten inhaltlichen Übereinstimmung zu erfüllen (vgl. BGHZ. 7, 299).
Aus diesen Gründen kann die Revision nicht auf die materiell-rechtlichen Vorschriften des KVG gestützt werden. Sie ist daher unbegründet, soweit der Beklagte die Verurteilung zur Gewährung von Hinterbliebenenversorgung nach dem KVG angefochten hat. Die Revision ist daher insoweit zurückzuweisen. Die Klägerin kann jedoch daraus hinsichtlich des BVG keine Rechte herleiten, da der Senat durch sein Urteil entschieden hat, daß ihr eine Hinterbliebenenversorgung nach dem BVG nicht zusteht.
Da der Beklagte im Verhältnis zum gesamten Streit nur im geringen Umfange unterlegen ist, hat ihn der Senat nicht zur Erstattung von außergerichtlichen Kosten verurteilt (§ 193 Abs. 1 SGG). Seine eigenen Aufwendungen sind nicht erstattungsfähig (§ 193 Abs. 4 SGG).
Fundstellen