Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriegsopferversorgung. MdE-Feststellung. saarländisches Recht. BVG-Anwendung. Leistungsvergleich. Gesetzesauslegung
Orientierungssatz
Bei der Umstellung der Versorgung vom saarländischen Recht auf das BVG sind die Feststellungen, die nach den bisherigen saarländischen Vorschriften getroffen worden sind, abgesehen von der Zusammenhangsfrage, nicht mehr rechtsverbindlich. Die Höhe des MdE-Grades eines Versorgungsberechtigten bemißt sich also allein nach dem BVG. Sinkt der MdE-Grad nach diesem Recht auf unter 25 % ab und entfallen somit Ansprüche nach dem BVG auf Versorgungsrente, entfällt auch der Anspruch auf den Unterschiedsbetrag nach BVGSaarEG Art 1 § 4, weil dieser Ansprüche auf Versorgung nach dem BVG voraussetzt.
Normenkette
BVGSaarEG Art. 1 § 4 Fassung: 1961-08-16
Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Entscheidung vom 24.06.1969) |
SG für das Saarland (Entscheidung vom 07.10.1968) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 24. Juni 1969 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der 1921 geborene Kläger bezog vom Versorgungsamt (VersorgA) S laut Bescheid vom 20. April 1951 wegen verschiedener Schädigungsfolgen Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. Mit Umanerkennungsbescheid vom 5. April 1966 übernahm das VersorgA die anerkannten Schädigungsfolgen, lehnte aber eine Versorgungsrente vom 1. Juni 1966 an ab, weil die MdE nunmehr unter 25 v. H. liege. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 1966). Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) für das Saarland mit Urteil vom 7. Oktober 1968 den Beklagten verurteilt, vom 1. Juni 1960 an Ausgleich gem. Art. I § 4 des Gesetzes zur Einführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) im Saarland (EGBVG-Saar) vom 16. August 1961 (BGBl I 1292) unter Zugrundelegung einer MdE von 30 v. H. zu gewähren. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) für das Saarland mit Urteil vom 24. Juni 1969 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die vom Kläger wegen der Höhe der MdE zugleich eingelegte Berufung hat es als unbegründet zurückgewiesen. Die Umstellung der Versorgungsbezüge auf das BVG im Saarland bedeute eine erstmalige Feststellung der Versorgung (Art. I § 3 Satz 1 EinfG); es komme daher auf eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht an. Ein Ausgleich (Art. I. § 4 EGBVG-Saar) komme nicht in Betracht, wenn dem Beschädigten nach den Vorschriften des BVG Bezüge nicht zustehen. Hier sei die MdE unter 25 v. H. gesunken, so daß eine Beschädigtenrente nicht zustehe.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger, das LSG habe Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 EinfG-Saar verletzt, weil es aus dieser Vorschrift den Schluß gezogen habe, daß der Anspruch auf Ausgleich von der tatsächlichen Zahlung von Versorgungsleistungen nach BVG abhängig sei. Dem Versorgungsberechtigten seien als Minimum die Bezüge garantiert, die ihm zuständen, wenn das Reichsversorgungsgesetz weiter gelten würde. Da eine Änderung im Versorgungsleiden nicht eingetreten ist, müßten dem Kläger seine bisherigen Bezüge über den 1. Juni 1966 hinaus belassen werden.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG für das Saarland vom 7. Oktober 1968 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Das LSG habe zutreffend entschieden; falls eine Leistung nach dem BVG ganz wegfalle, sei auch ein Ausgleich nach dem EinfG nicht zu gewähren.
Die beiden Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) schriftlich zugestimmt.
Die Revision des Klägers ist durch Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG); sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG); sie konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.
Streitig ist die Auslegung des Art. I § 4 EGBVG-Saar vom 16. August 1961. Nach dieser am 1. Juni 1960 wirksam gewordenen Vorschrift ist dann, wenn der Gesamtbetrag der nach dem BVG zustehenden Versorgungsbezüge niedriger ist als der Gesamtbetrag der Bezüge, der nach bisherigem Recht zu zahlen wäre, ein Ausgleich in Höhe des jeweiligen Unterschiedsbetrages zu gewähren. Diese Regelung setzt aber voraus, daß nach dem Bezug von Versorgung auf Grund des saarländischen Rechts weiter nach dem BVG Versorgung gewährt würde. In einem solchen Falle können die Leistungen nach dem BVG mit denen verglichen werden, welche wegen des gleichen Sachverhalts auf Grund des Reichsversorgungsgesetzes (RVG) zu zahlen wären. Im vorliegenden Fall stehen Leistungen nach dem BVG nicht mehr zu, weil die MdE unter 25 v. H. liegt; nach dem RVG stünden bei einer derartigen MdE ebenfalls keine Leistungen zu, so daß dem Kläger auf Grund des Art. I § 4 EGBVG auch kein Ausgleich zu gewähren ist. Es ist nicht angängig, der Versagung von Rente nach dem BVG die frühere Rente nach dem RVG gegenüberzustellen. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 18. August 1966 (BSG 25, 153) ausgesprochen hat, sind bei der Umstellung der Versorgung auf das BVG die Feststellungen, die nach den bisherigen saarländischen Vorschriften getroffen worden sind, abgesehen von der Zusammenhangsfrage, nicht mehr rechtsverbindlich. Würde man jetzt in diesem vorliegenden Falle die frühere Rente nach dem RVG berücksichtigen, so würde man neben der - zu beachtenden - Entscheidung über den Ursachenzusammenhang auch der früheren Feststellung der MdE eine weitere Wirkung einräumen. Dies geht nicht an. Da der ermittelte Grad der MdE nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG unter 25 v. H. gesunken ist, war weder nach bisherigem Recht noch nach dem BVG dem Kläger eine Versorgungsrente zu leisten.
Das LSG hat somit zutreffend die Klage abgewiesen und die Berufung des Klägers als unbegründet zurückgewiesen (BSG 25, 153; SozR EGBVG-Saar Art. I § 2 Nr. 2; Urteil des erkennenden. Senats vom 23. Juli 1970 - 8 RV 1/69 - in SozR BVG § 62 Nr. 41).
Da mithin der Kläger mit seinem Revisionsbegehren keinen Erfolg haben konnte, war die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen