Leitsatz (redaktionell)

1. Nur die Verletzung von Bundesrecht unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Das bedeutet, daß auch im sozialgerichtlichen Verfahren die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt nicht revisiblen Rechts - wozu auch das ausländische Recht gehört - das Revisionsgericht "wie eine tatsächliche Feststellung" bindet.

2. Eine Sterbegeldzahlung als ausländische gesetzliche Leistung (USA) hat dann auf das nach den Bestimmungen des BVG zur Auszahlung kommende Bestattungsgeld keine Anrechnung zu erfahren, wenn diese Leistung nach Auffassung des zuständigen LSG nicht "nur oder überwiegend" zur Deckung der Bestattungskosten bestimmt ist.

 

Normenkette

BVG § 36 Abs. 4 Fassung: 1960-06-27, § 64c Abs. 1 Fassung: 1964-02-21; SGG § 163 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 9. Januar 1969 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Die Klägerin lebte mit ihrem Ehemann in den USA. Dieser bezog aufgrund eines Urteils des Landessozialgerichts (LSG) Bremen vom 10. März 1965 Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. wegen: "Durchschuß durch die linke Brustseite, geringe Schwartenbildung, Schmerzzustände im Bereich des linken Brustmuskels, Nervennarbenschmerz nach Brustdurchschuß". Am 7. Juli 1965 ist er in den USA verstorben. In der amtlichen Sterbeurkunde ist als Todesursache ein akuter Coronarverschluß bei bestehender arteriosklerotischer Herzerkrankung und Parkinson angegeben.

Die Klägerin beantragte mit zwei Schreiben vom 16. August und 8. September 1965 die Gewährung von Hinterbliebenenrente, Sterbegeld und Bestattungsgeld. Das Versorgungsamt (VersorgA) B gewährte der Klägerin ein Sterbegeld, lehnte jedoch durch Bescheid vom 28. Dezember 1965 die Gewährung einer Witwenrente ab. Widerspruch, Klage und Berufung waren erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 1966, Urteil des Sozialgerichts - SG - Bremen vom 16. November 1967, Urteil des LSG Bremen vom 9. Januar 1969).

Durch einen weiteren Bescheid vom 28. Dezember 1965 wurde der Klägerin das halbe Bestattungsgeld in Höhe von 375,- DM bewilligt, hierauf jedoch das von der Social Security Administration (SSA) an die Klägerin gezahlte Sterbegeld in Höhe von 235,- US Dollar zum Umrechnungskurs von 1 : 4 (= 940,- DM) angerechnet, so daß das Bestattungsgeld nicht zur Auszahlung kam. Der Widerspruch der Klägerin, mit dem sie die Gewährung des vollen Bestattungsgeldes und die Nichtanrechnung des von der SSA gezahlten Sterbegeldes erstrebte, war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 1966). Das SG Bremen hat die Klage durch Urteil vom 16. November 1967 abgewiesen und die Berufung zugelassen.

Das LSG Bremen hat durch Urteil vom 9. Januar 1969 das Urteil des SG teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Hälfte des Bestattungsgeldes in Höhe von 375,- DM zu zahlen; im übrigen hat es die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Klägerin könne gemäß § 36 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nur das halbe Bestattungsgeld gewährt werden, da ihr Ehemann nicht an den Folgen einer anerkannten Schädigung verstorben sei. Auf diese Versorgungsleistung sei das Sterbegeld aus der SSA nicht anzurechnen. Nach § 36 Abs. 4 BVG liege eine aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften zu gewährende Leistung dann vor, wenn sie nur oder überwiegend zur Bestreitung der Bestattungskosten bestimmt sei. Das Sterbegeld nach § 122 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) und das Sterbegeld nach § 277 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) werde nicht angerechnet, ebensowenig das aufgrund eines Versicherungsvertrages zu zahlende Sterbegeld. Das gleiche müsse für das Sterbegeld aus der SSA gelten. Aus der Auskunft des Deutschen Generalkonsulats in N gehe nicht hervor, daß das Sterbegeld der SSA nur eine Beihilfe zu den Bestattungskosten darstelle. Vielmehr erhalte der überlebende Ehegatte ein Sterbegeld in Höhe von drei Monatsrenten des Verstorbenen, das die Kosten für Beerdigung, Grabstätte und Grabstein "einschließe". Wenn die Klägerin tatsächlich einen höheren Betrag als das Sterbegeld für die Beerdigung ausgegeben habe, so sei das für die Zweckbestimmung des von der SSA gezahlten Sterbegeldes ohne Bedeutung. Im übrigen könne das von der SSA gewährte Sterbegeld schon deshalb nicht angerechnet werden, weil es sich nicht um eine gesetzliche Leistung nach deutschem Recht handele.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen das ihr am 3. Februar 1969 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 21. Februar 1969, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 24. Februar 1969, Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 3. Mai 1969 durch Schriftsatz vom 21. März 1969, eingegangen beim BSG am 24. März 1969, begründet.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin in vollem Umfang als unbegründet zurückzuweisen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das LSG Bremen zurückzuverweisen.

Sie rügt in ihrer Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, eine Verletzung der §§ 36 Abs. 4, 64 c Abs. 1 BVG und führt zur Begründung aus, nach § 64 c Abs. 1 BVG seien bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge ausländische Einkünfte wie vergleichbare inländische Einkünfte zu berücksichtigen. Die Ansicht des LSG, nur Leistungen nach deutschem Recht seien anzurechnen, sei daher unzutreffend; hierfür fehle auch jede Begründung in dem angefochtenen Urteil. Die Ansicht des LSG würde im Ergebnis zu einer ungerechtfertigten Besserstellung von Versorgungsberechtigten im Ausland führen. Entgegen der Auffassung des LSG diene das Sterbegeld aus der SSA zur Bestreitung der Bestattungskosten. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Deutschen Generalkonsulats in N vom 17. Mai 1962. Wenn das LSG dem Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 15. Mai 1963 entnommen habe, eine nach § 36 Abs. 4 BVG anrechenbare Leistung liege nur vor, wenn die Leistung "nur oder überwiegend" zur Bestreitung der Bestattungskosten bestimmt sei, so habe das LSG damit dem Rundschreiben einen Sinn beigelegt, der vom BMA nicht beabsichtigt gewesen sei und auch nicht dem Gesetz entspreche. Außerdem sei dieses Rundschreiben später durch ein weiteres Rundschreiben des BMA vom 14. Oktober 1966 ergänzt worden. Zu § 277 LAG habe das BSG bereits entschieden, daß eine Anrechnung nicht erfolge, wenn die andere Leistung überwiegend der privaten Vorsorge des Berechtigten zuzuschreiben sei. Hätte das LSG diesen Gedanken auf das von der SSA gezahlte Sterbegeld übertragen, so hätte es die Anrechenbarkeit nicht verneinen dürfen.

Die Klägerin beantragt nach dem Inhalt ihrer Schriftsätze,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, wenn die nach amerikanischem Recht gewährten Leistungen auf das Bestattungsgeld nach dem BVG angerechnet würden, so würde das indirekt zur Folge haben, daß die amerikanische Regierung das Bestattungsgeld für einen deutschen Soldaten bezahlen müsse. Das Sterbegeld aus der SSA werde in erster Linie und ohne jede Zweckbestimmung an die Witwe oder den Witwer des Verstorbenen gezahlt, die zur Zeit des Todes mit ihm in demselben Haushalt gelebt hätten, um ihnen eine Überbrückungshilfe für die erste Zeit nach dem Tode zu gewähren. Damit entspreche es in seiner Zwecksetzung genau dem deutschen Sterbegeld nach § 37 BVG. Nur dann, wenn solche Personen nicht vorhanden seien, solle diese Summe an das Bestattungsinstitut zur Begleichung der Begräbniskosten überwiesen werden. Das amerikanische Sterbegeld könne auch schon rein sprachlich nicht als "Einkünfte" im Sinne des § 64 c Abs. 1 BVG angesehen werden, weil darunter nur wiederkehrende Leistungen verstanden werden könnten. Im übrigen würde die Witwe bei einer Umrechnung des Dollar in DM im Verhältnis 1 : 4 niemals eine Entschädigung nach deutschem Recht erhalten können.

Für das weitere Vorbringen der Klägerin wird auf ihre Revisionserwiderung und ihre Schriftsätze vom 7. Oktober, 11. November 1969 und 22. Januar 1970 verwiesen.

Die durch Zulassung statthafte (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) Revision ist von der Beklagten form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Die Revision ist daher zulässig; sie ist jedoch sachlich nicht begründet.

Der Klägerin steht gemäß § 36 Abs. 1 BVG idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 21. Februar 1964 (BGBl I S. 85 - 2. NOG -), das hier Anwendung findet, nur das halbe Bestattungsgeld in Höhe von 375,- DM zu (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 2 BVG), weil der Tod ihres Ehemannes nicht als Folge einer Schädigung anzusehen ist. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr. Da die Klägerin das Urteil des LSG nicht mit der Revision angegriffen hat, ist es in diesem Umfang rechtskräftig geworden. Die Auffassung des LSG, daß auf dieses "halbe" Bestattungsgeld das von der SSA an die Klägerin gezahlte Sterbegeld (Lump-Sum Death Payments; vgl. Social Security Act - SSAct -, Section (§) 202, Subsection (Buchst.) i) in Höhe von 235 US Dollar nicht anzurechnen ist, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Nach § 36 Abs. 4 BVG ist "eine aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften für den gleichen Zweck zu gewährende Leistung" auf das Bestattungsgeld anzurechnen. Das LSG hat in seinem Urteil zunächst mit eingehender Begründung dargelegt, daß das amerikanische Sterbegeld nicht "für den gleichen Zweck" gewährt worden ist, und alsdann am Schluß seines Urteils - insoweit allerdings ohne jede Begründung - ausgesprochen, daß das von der SSA gewährte Sterbegeld schon deshalb nicht nach § 36 Abs. 4 BVG angerechnet werden kann, "weil es sich nicht um gesetzliche Leistungen nach deutschem Recht handelt". Für die vorliegende Entscheidung kann dahinstehen, ob diese zweite, ohne jede Begründung vertretene Rechtsauffassung des LSG zutrifft und ob die insoweit vom LSG vertretene Rechtsauffassung die angefochtene Entscheidung trägt (vgl. BSG in SozR SGG § 136 Nr. 9); denn jedenfalls auch dann, wenn entgegen der Auffassung des LSG die Anrechenbarkeit amerikanischer Leistungen auf deutsche Versorgungsleistungen grundsätzlich zu bejahen wäre (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 26. Oktober 1961 - 10 RV 383/61 -; s. auch BGH in Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht - RzW - 1961 S. 180, zu § 82 BEG), kommt hier eine Anrechnung deshalb nicht in Betracht, weil das amerikanische Sterbegeld nicht "für den gleichen Zweck" im Sinne des § 36 Abs. 4 BVG gewährt worden ist. Das LSG hat hierzu die Auffassung vertreten, daß nur solche Leistungen auf das deutsche Sterbegeld anzurechnen sind, die "nur oder überwiegend zur Bestreitung der Bestattungskosten bestimmt sind". Diese Auffassung deckt sich mit derjenigen, die der BMA in seinem Rundschreiben vom 15. Mai 1963 (BVBl 1963 S. 62) vertreten hat. Wenn die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung vorträgt, daß dieses Rundschreiben durch das Rundschreiben des BMA vom 14. Oktober 1966 (BVBl 1966 S. 134) "ergänzt" worden sei - womit sie offenbar zum Ausdruck bringen will, daß das Rundschreiben vom 15. Mai 1963 überholt ist -, kann ihr darin nicht gefolgt werden. Das Rundschreiben vom 14. Oktober 1966 bezieht sich nur auf Leistungen an den Personenkreis des § 122 Abs. 2 Nr. 2 BBG, also auf "sonstige Personen", die die Kosten der letzten Krankheit oder der Bestattung getragen haben; es hat jedoch an der hier interessierenden Auslegung des Begriffs "für den gleichen Zweck" aus dem Rundschreiben vom 15. Mai 1963 nichts geändert.

Auch der erkennende Senat ist der Auffassung, daß nur solche Leistungen "für den gleichen Zweck" im Sinne des § 36 Abs. 4 BVG gewährt werden und deshalb auf das Bestattungsgeld anzurechnen sind, die nur oder überwiegend zur Bestreitung der Bestattungskosten bestimmt sind. Das BSG hat bereits in seinem Urteil vom 10. März 1964 (vgl. BSG 20, 233), in dem die Anrechenbarkeit eines gemäß § 277 LAG gewährten Bestattungsgeldes verneint wurde (vgl. jetzt § 277 Abs. 5 LAG idF des 17. Änderungsgesetzes vom 4. August 1964 - BGBl I S. 585 -, der die Nichtanrechenbarkeit "auf vergleichbare Leistungen" ausdrücklich vorschreibt), ausgesprochen, daß § 36 Abs. 4 BVG einschränkend auszulegen ist (vgl. auch Urteil BSG vom 5. Januar 1970 - 9 RV 722/68 -). Nach Auffassung des Senats lassen das Nebeneinander von Bestattungsgeld (§ 36 BVG) und von Sterbegeld (§ 37 BVG) im BVG und das Fehlen einer Anrechnungsbestimmung in § 37 BVG nur den Schluß zu, daß zwischen der Zweckbestimmung des Sterbegeldes - vorwiegend Sicherung des Lebensunterhalts der Hinterbliebenen für ein Vierteljahr - und der Zweckbestimmung des Bestattungsgeldes - "zunächst" Bestreitung der Kosten der Bestattung und Zahlung an denjenigen, der die Bestattung "besorgt" hat (vgl. § 36 Abs. 2 BVG) - unterschieden werden muß. Die Gewährung verschiedener Leistungen - Sterbegeld und Bestattungsgeld - nach dem Tode des Beschädigten mit den eben gekennzeichneten unterschiedlichen Zweckbestimmungen und insbesondere der Umstand, daß beim Bestattungsgeld bei der Anrechnung bestimmter gesetzlicher Leistungen auf den "gleichen Zweck" abgestellt wird, rechtfertigen den Schluß, daß der Gesetzgeber den Begriff "gleichen Zweck" in § 36 Abs. 4 BVG nur in einem eng umschriebenen Sinne gebraucht hat. Mit der Anrechnungsvorschrift des § 36 Abs. 4 BVG sollen Doppelleistungen, die den Hinterbliebenen aufgrund gesetzlicher Vorschriften mit dem Ziele, die Bestattung zu besorgen, gewährt werden, vermieden werden. Eine Doppelleistung kann aber nur dann vorliegen, wenn jede dieser Leistungen - ganz oder überwiegend - ihrem Zwecke nach für die Bestreitung der Bestattungskosten bestimmt sind. Dient die andere Leistung, wie z.B. das Sterbegeld gemäß § 37 BVG oder ein solches nach anderen gesetzlichen Vorschriften, weder ganz noch überwiegend einem anderen Zweck, so kann nicht von einer Doppelleistung in Bezug auf das Bestattungsgeld gesprochen werden, und diese Leistung ist nicht "für den gleichen Zweck" im Sinne des § 36 Abs. 4 BVG bestimmt. Somit sind nur solche Leistungen "für den gleichen Zweck" im Sinne des § 36 Abs. 4 BVG, nämlich zur Bestreitung der Bestattungskosten, gewährt, die ausschließlich oder doch überwiegend für diesen Zweck bestimmt sind (vgl. Wilke, BVG, 3. Aufl., § 36 Anm. IX; van Nuis/Vorberg, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, § 36 BVG, Anm. VI). Andernfalls würde sich über die Anrechnungsbestimmung des § 36 Abs. 4 BVG auch die Anrechnung von solchen Leistungen ergeben, die als Sterbegeld (ähnlich § 37 BVG) oder jedenfalls als "gemischte Leistungen" bestimmt sind. Die Auslegung, die das LSG dem Begriff "für den gleichen Zweck" in § 36 Abs. 4 BVG gegeben hat, entspricht daher dem Sinn und Zweck des Gesetzes und ist nicht zu beanstanden.

Das LSG ist alsdann zu dem Ergebnis gelangt, daß das von der SSA an die Klägerin gezahlte Sterbegeld nicht "für den gleichen Zweck" im Sinne des § 36 Abs. 4 BVG gewährt worden ist. Zu diesem Ergebnis ist das LSG im Wege der Auslegung der entsprechenden Vorschrift des Social Security Act über die Zahlung des Sterbegeldes (§ 202 Buchst. i), also einer Vorschrift des amerikanischen Rechts, gekommen, denn die Zweckbestimmung des von der SSA gezahlten Sterbegeldes ergibt sich im vorliegenden Fall nur aus der dafür maßgebenden amerikanischen Rechtsvorschrift. Die Anwendung ausländischen Rechts ist jedoch nicht revisibel, d.h. sie ist der Nachprüfung in der Revisionsinstanz entzogen (vgl. Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 10. Aufl., § 144 Anm. II 2; Stein/Jonas, ZPO, 18. Aufl., § 549 Anm. IV 5 C; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 30. Aufl., § 549 Anm. 2 B; BGH in NJW 1963 S. 252). Gemäß § 162 Abs. 2 SGG kann die Revision nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung "einer Vorschrift des Bundesrechts ... beruht". Die Vorschrift des § 162 Abs. 2 SGG entspricht in ihrem hier interessierenden Teil nahezu wörtlich der Vorschrift des § 549 der Zivilprozeßordnung (ZPO), wonach die Revision nur darauf gestützt werden kann, daß die Entscheidung "auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts" beruht. Ferner bestimmt § 562 ZPO, daß die Entscheidung des Berufungsgerichts über "das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen", auf deren Verletzung die Revision nach § 549 ZPO nicht gestützt werden kann, für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend ist. Eine dem § 562 ZPO entsprechende Vorschrift ist im SGG nicht ausdrücklich enthalten; sie findet jedoch über § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechende Anwendung, da die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen und beide Verfahrensarten in der Frage der Revisibilität von Rechtsnormen von demselben Grundsatz ausgehen (vgl. BSG 4, 156, 161; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 202 Anm. 7 i), daß nämlich nur die Verletzung von Bundesrecht der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt. Das bedeutet also, daß auch im sozialgerichtlichen Verfahren die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt nichtrevisiblen Rechts - wozu auch das ausländische Recht gehört - für die Entscheidung des Revisionsgerichts maßgebend ist. Das hat zur Folge, daß die Entscheidung des LSG über das Bestehen und den Inhalt des nichtrevisiblen Rechts - hier also des SSAct - das Revisionsgericht bindet "wie eine tatsächliche Feststellung" (vgl. Stein/Jonas, aaO; Peters/Sautter/Wolff, § 162 Anm. 5 c S. III/80-84; Baumbach/Lauterbach, aaO, § 562 Anm. 1; Rosenberg/Schwab, aaO; RGZ 85, 153; BGH in NJW 1963, 252).

Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung des LSG über den Inhalt des ausländischen Rechts auch nicht etwa deshalb vom BSG nachprüfbar, weil das LSG Bundesrecht, nämlich § 36 Abs. 4 BVG, anzuwenden und den Inhalt des ausländischen Rechts nur als Vorfrage zu prüfen hatte. Insoweit besteht hinsichtlich der Nachprüfbarkeit des ausländischen Rechts durch das Revisionsgericht kein Unterschied darin, ob die angefochtene Entscheidung den Inhalt der Grundnorm oder eine Vorfrage betrifft (vgl. BGH 27, 47; Stein/Jonas, aaO, § 562 Anm. 1; Rosenberg, 8. Aufl., § 140 Anm. III 1 c). Wollte man in denjenigen Fällen, in denen der Inhalt und die Auslegung einer ausländischen Rechtsnorm lediglich für die Entscheidung einer materiell-rechtlichen Vorfrage maßgebend ist, die Nachprüfung der insoweit getroffenen Entscheidung des Berufungsgerichts durch das Revisionsgericht zulassen, so wäre auf diesem Wege entgegen den Vorschriften der §§ 549, 562 ZPO, § 162 Abs. 2 SGG das ausländische Recht der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterworfen. Damit wäre aber § 562 ZPO jede praktische Bedeutung genommen. Diese Auslegung des § 562 ZPO steht auch mit dem Zweck und Ziel des deutschen Revisionsverfahrens im Einklang; zu seinen Aufgaben gehört es grundsätzlich nicht, Fragen des ausländischen Rechts zu entscheiden (vgl. BGH 27, 47); vielmehr ergibt sich aus § 549 ZPO und § 162 Abs. 2 SGG die Aufgabe des Revisionsgerichts, daß das Bundesrecht, also deutsches innerstaatliches Recht, richtig angewendet wird.

Das LSG hat hier das ausländische Recht, nämlich § 202 Buchst. i des SSAct dahin ausgelegt, daß das aufgrund dieser Vorschrift an die Klägerin gezahlte Sterbegeld "nicht nur und auch nicht überwiegend" zur Bestreitung der Bestattungskosten bestimmt ist (vgl. Blatt 9 des Urteils). Diese Entscheidung des LSG über den Inhalt des ausländischen Rechts bindet, wie bereits dargelegt, das Revisionsgericht wie eine tatsächliche Feststellung (vgl. § 163 SGG). Soweit die Beklagte vorträgt, daß der genannten Vorschrift ein anderer Inhalt oder eine andere Auslegung zukommt, kann sie nach den obigen Erörterungen damit nicht gehört werden (vgl. § 562 ZPO). Das schließt jedoch nicht aus, daß das Zustandekommen der Entscheidung des Berufungsgerichts mit Verfahrensrügen ebenso wie eine Tatsachenfeststellung (vgl. BGH, aaO) angegriffen werden kann. Selbst wenn man das Vorbringen der Beklagten als Rüge eines wesentlichen Mangels im Verfahren des LSG wertet, so greift diese Rüge nicht durch. Soweit das Vorbringen der Beklagten als die Rüge einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) durch das LSG angesehen werden kann, ist die Beklagte zunächst darauf hinzuweisen, daß der Tatsachenrichter zwar gemäß § 103 SGG verpflichtet ist, das ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln; die Art und Weise, wie der Tatrichter sich die Kenntnis des ausländischen Rechts verschafft, liegt jedoch in seinem pflichtgemäßen Ermessen, das grundsätzlich von der Revision nicht nachgeprüft werden kann (vgl. BGH in NJW 1963, 253 mit weiteren Hinweisen; s. auch BSG in SozR SGG § 103 Nr. 14 und Nr. 27). Sofern die Beklagte aber meinen sollte, das LSG habe dem SSAct einen falschen Inhalt beigelegt und dadurch § 128 SGG verletzt, so greift auch diese Rüge nicht durch. Das LSG hat sich wegen des Inhalts des SSAct im vorliegenden Fall auf die Auskunft des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in New York vom 17. Mai 1962 bezogen, die sich in Abschrift bei den Gerichtsakten befindet und gegen deren Verwendung die Beklagte auch keine Einwendungen erhoben hat. Aufgrund dieser Auskunft ist das LSG im Rahmen seines freien richterlichten Beweiswürdigungsrechts (§ 128 SGG) zu der Feststellung gelangt, daß das von der SSA gezahlte Sterbegeld nicht nur (= ausschließlich) eine Beihilfe zu den Bestattungskosten darstellt und daß das Sterbegeld "nicht nur und auch nicht überwiegend" zur Bestreitung der Bestattungskosten bestimmt ist (vgl. Blatt 8 und 9 des Urteils). Wenn die Beklagte demgegenüber vorträgt, den Ausführungen des Generalkonsulats in N sei entgegen der Ansicht des LSG zu entnehmen, daß das Sterbegeld der SSA zur Bestreitung der Bestattungskosten bestimmt ist, so nimmt die Beklagte insoweit nur eine eigene Beweiswürdigung vor, ohne die Beweiswürdigung des LSG substantiiert (vgl. § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG) anzugreifen.

Ist aber der Inhalt des ausländischen Rechts für den erkennenden Senat bindend dahin festgestellt, daß das von der SSA gezahlte Sterbegeld nicht "für den gleichen Zweck" wie das von der Beklagten gemäß § 36 Abs. 1 BVG zu gewährende Bestattungsgeld gewährt worden ist, dann fehlt es an einer Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des § 36 Abs. 4 BVG. Eine Anrechnung des amerikanischen Sterbegeldes kommt daher nicht in Betracht. Da das LSG die Anrechenbarkeit im Ergebnis somit zutreffend verneint hat, war die Revision der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670087

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