Leitsatz (amtlich)

Wird ein forstwirtschaftliches Unternehmen von mehreren Miteigentümern in einer Gemeinschaft nach Bruchteilen betrieben, so kommt es für die Beitragspflicht des einzelnen Mitunternehmers nur darauf an, daß das Gesamtunternehmen eine Existenzgrundlage iS von GAL § 1 Abs 3 und 4 bildet und nicht darauf, ob auch der Anteil des einzelnen Miteigentümers die für eine Existenzgrundlage maßgebliche Mindesthöhe erreicht.

 

Normenkette

GAL § 1 Abs. 4 Fassung: 1965-09-14, Abs. 3 Fassung: 1965-09-14

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. März 1969 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten um die Beitragspflicht des Klägers zur Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK).

Der Kläger ist Miteigentümer - zu 2/6 - eines forstwirtschaftlichen Unternehmens in B (Kreis F), dessen Grundfläche 102,95 ha umfaßt und damit eine Existenzgrundlage im Sinne des § 1 Abs. 4 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte vom 3. Juli 1961 - BGBl I S. 845 - (GAL 1961) bildet. Das Unternehmen wird von den Miteigentümern gemeinsam genutzt und bewirtschaftet; die Geschäftsführung obliegt dem Kläger.

Am 24. Januar 1966 erteilte die Beklagte dem Kläger einen Bescheid über seine Aufnahme in ihr Mitgliederverzeichnis sowie über die Veranlagung und Erhebung von Beiträgen nach dem GAL vom 1. Januar 1962 an. Der Kläger erhob Widerspruch mit der Begründung, er sei nicht beitragspflichtig, weil sein Miteigentumsanteil nur 34 ha umfasse und damit unter der nach § 1 Abs. 4 GAL maßgeblichen Mindesthöhe liege, die hier für rein forstwirtschaftliche Unternehmen auf 36 ha festgesetzt sei. Der Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen (Bescheid vom 21. November 1966); seine Klage und Berufung blieben erfolglos. Nach der Ansicht des Landessozialgerichts (LSG) ist der Kläger entsprechend seinem ideellen Bruchteil-Eigentum von 1/3 auch am Gewinn und Verlust des real ungeteilten forstwirtschaftlichen Unternehmens beteiligt, daher auch landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne von § 1 Abs. 2 und 3 GAL und als solcher auch beitragspflichtig. Es sei ohne rechtliche Bedeutung, daß er auf ein späteres Altersgeld nicht angewiesen sei.

Das LSG ließ in seinem Urteil vom 11. März 1969 die Revision zu.

Der Kläger legte frist- und formgerecht dieses Rechtsmittel ein mit dem Antrag (sinngemäß),

den Bescheid der Beklagten idF des Widerspruchsbescheides vom 21. November 1966 und die vorinstanzlichen Urteile aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger in ihrem Mitgliederverzeichnis zu streichen und von der Beitragsleistung freizustellen.

Der Kläger rügt die Verletzung von § 1 GAL; er meint, jeder Miteigentümer sei nach dem rechtlichen Charakter der Bruchteilgemeinschaft Mitunternehmer nur hinsichtlich seines Anteils.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision; sie hält das angefochtene Urteil für richtig.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II

Die Revision ist unbegründet.

Streitig ist die Beitragspflicht des Klägers ab 1. Januar 1962; sie ist nach § 9 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 GAL in den Fassungen vom 3. Juli 1961 und 23. Mai 1963 (GAL 1961/63) zu beurteilen; diese Vorschriften entsprechen § 14 Abs. 1 und § 1 Abs. 2 GAL 1965 idF vom 14. September 1965. Hiernach ist - vorbehaltlich der im Gesetz vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten - grundsätzlich jeder landwirtschaftliche Unternehmer, d. h. derjenige, für dessen Rechnung das Unternehmen geht (vgl. § 1 Abs. 2 GAL), beitragspflichtig. Der Begriff "Unternehmer" im Sinne des GAL muß, wie § 1 Abs. 2 GAL zeigt, wirtschaftlich verstanden werden. Wird ein Unternehmen - sei es landwirtschaftlicher oder forstwirtschaftlicher Art - von mehreren Personen gemeinschaftlich betrieben, so beurteilt sich die Unternehmereigenschaft des einzelnen Beteiligten nach dem für diese Personenverbindung sonst maßgeblichen Recht unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnes und Zweckes des GAL (vgl. BSG 22, 87 sowie Urteil vom 8. Juli 1970 - 11/7 RLw 1/67). Es kommt dann entscheidend darauf an, ob der einzelne unmittelbar oder nur mittelbar am Unternehmer-Risiko (Gewinn und Verlust) beteiligt ist. Dementsprechend ist zwar dann, wenn eine OHG oder Kommanditgesellschaft ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibt, der einzelne Gesellschafter nicht als Unternehmer im Sinne des GAL anzusehen, weil allein die Gesellschaft das Wagnis des Unternehmens trägt und der einzelne Gesellschafter seinem Anteil entsprechend nur mittelbar am Unternehmer-Risiko beteiligt ist (vgl. BSG aaO). Im vorliegenden Falle dagegen liegen die Verhältnisse sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich insofern anders, als hier - nach den mit der Revision nicht angegriffenen und deshalb für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) - lediglich eine Gemeinschaft nach Bruchteilen im Sinne der §§ 741 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) besteht; ihr fehlt die rechtliche Eigenart, die OHG und Kommanditgesellschaft nach den §§ 105, 124 und 161 des Handelsgesetzbuches (HGB) kennzeichnen (vgl. Schlegelberger, HGB, 4. Aufl. Anm. 28 zu § 105). Das hat zur Folge, daß hier nicht die Gemeinschaft Träger von Rechten und Pflichten ist, sondern unmittelbar die einzelnen Miteigentümer. Das LSG hat deshalb zutreffend angenommen, daß die Miteigentümer des forstwirtschaftlichen Unternehmens, ebenso wie ihnen die Erträgnisse des Unternehmens anteilmäßig zufließen, auch die Kosten und Lasten des Unternehmens entsprechend ihrem Anteil zu tragen haben. Auch der Kläger ist daher nach Maßgabe seines ideellen Anteils am Gewinn und Verlust unmittelbar beteiligt und insoweit Mitunternehmer. Dem Umstand, daß ihm auch die Geschäftsführung obliegt, kommt in diesem Zusammenhang keine besondere rechtliche Bedeutung zu.

Das forstwirtschaftliche Unternehmen, das die Miteigentümer betreiben, bildet eine Existenzgrundlage im Sinne von § 1 Abs. 3 GAL. Hierbei ist - wie das BSG schon wiederholt entschieden hat (vgl. SozR Nr. 3 und 7 zu § 1 GAL) - von einer abstrakten Betrachtungsweise auszugehen und nur darauf abzustellen, ob ein typisches Normalunternehmen dieser Größe mit seinem Ertrag ausreicht, eine (bäuerliche) Familie zu ernähren. In § 1 Abs. 3 GAL heißt es unmißverständlich "... unabhängig vom jeweiligen Unternehmer ...". Das bedeutet, daß es nicht darauf ankommen kann, ob das Unternehmen von mehreren Unternehmern betrieben wird. Das LSG ist somit zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß sämtliche Voraussetzungen für die Beitragspflicht des Klägers ab 1. Januar 1962 gegeben sind.

Die Bedenken der Revision gegen die Rechtsauffassung des LSG sind nicht begründet. Außer für den Fall, daß eine Erbengemeinschaft oder Eheleute ein landwirtschaftliches Unternehmen betreiben, enthält das Gesetz hinsichtlich der Beitragspflicht von Mitunternehmern keine Regelung (vgl. § 14 Abs. 4 und 6 GAL 1965). Es ist daher davon auszugehen, daß grundsätzlich jeder Mitunternehmer ebenso wie jeder Unternehmer beitragspflichtig ist, sofern das Unternehmen als solches, d. h. das gemeinsam betriebene landwirtschaftliche Unternehmen, eine Existenzgrundlage im Sinne von § 1 Abs. 1 GAL bildet. Das Gesetz läßt jedenfalls nicht erkennen, daß bei einem Mitunternehmer die Beitragspflicht davon abhängen soll, daß sein Unternehmens-"Anteil" die für eine Existenzgrundlage jeweils maßgebliche Mindesthöhe erreicht. Eine solche Regelung würde auch dem Sinn und Zweck des GAL widersprechen (sonst wären nämlich unter Umständen für ein entsprechend aufgeteiltes landwirtschaftliches Unternehmen überhaupt keine Beiträge zu zahlen) und außer acht lassen, daß der ideelle Anteil eines Miteigentümers nicht als "Unternehmen" im Sinne des GAL angesehen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 1970 - 7/11 RLw 15/66). Somit kommt es auf die Größe des Miteigentums-Anteils des Klägers und insbesondere darauf, ob dieser Anteil die hier für eine Existenzgrundlage maßgebliche Mindesthöhe von 36 ha erreicht, nicht an. Wenn es in der Amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs zu § 9 Abs. 4 GAL 1961 (BT-Drucks. 1110, 3. Wahlper. S. 10 Nr. 8 d) heißt, daß Unternehmer, die ein landwirtschaftliches Unternehmen als Bestandteil einer Erbengemeinschaft betreiben, beitragspflichtig sein "können", so erklärt sich das daraus, daß auch Mitglieder einer solchen Erbengemeinschaft dann nicht landwirtschaftliche Unternehmer und somit nicht beitragspflichtig sind, wenn nur einer oder nur einige der Miterben (möglicherweise auch ein Dritter) das landwirtschaftliche Unternehmen betreiben (vgl. BSG, Urteil vom 26. Februar 1969 - 7 RLw 26/66).

Der Umstand, daß der Kläger auf ein späteres Altersgeld nicht angewiesen ist, ändert nichts an seiner Beitragspflicht, ist andererseits aber auch ohne Einfluß auf seine spätere Anspruchsberechtigung.

Die Revision des Klägers ist sonach unbegründet und muß deshalb zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1669594

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