Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Mai 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob der beklagte Versorgungsträger die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Januar 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) iS von Anlage 1 Nr 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) und die hieraus erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.
Der am 26. März 1939 geborene Kläger, ein gelernter Maurer, der im Dezember 1966 die Ausbildung zum Meister der sozialistischen Industrie, Fachrichtung Bau und Montage, erfolgreich abgeschlossen hatte, bestand am 29. April 1969 am Institut zur Ausbildung von Ingenieurpädagogen in M. die Lehrmeisterprüfung in der Fachrichtung Bau und Montage. Von September 1970 bis August 1973 nahm er an der Ingenieurschule für Bauwesen und Ingenieurpädagogik M. an einem Ergänzungsstudium teil und schloss dieses in der Fachrichtung Bauwesen mit der Berufsbezeichnung „Ingenieurpädagoge” am 30. August 1973 ab.
Vom 1. Januar 1972 bis zum 31. Dezember 1985 war er als Technologe, Ingenieur und Ingenieur-Technologe und anschließend bis zum 31. Dezember 1986 als Bauleiter, Produktionsleiter, Abteilungsleiter und Bauingenieur beim VEB Bau G. dem späteren VEB Wohnungsbau G. und seit dem 23. Juni 1987 beim VEB Gebäudewirtschaft G. beschäftigt. Eine Versorgungszusage über Ansprüche auf Leistungen aus einer Zusatzversorgung erhielt er nicht. Seit dem 1. April 1999 bezieht er eine Altersrente (wegen Arbeitslosigkeit) von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Rentenversicherungsträger.
Die BfA als Träger der Zusatzversorgungssysteme lehnte den Antrag des Klägers ab, Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und hieraus erzielte Arbeitsentgelte festzustellen (Bescheid vom 15. November 1999; Widerspruchsbescheid vom 2. März 2000).
Das Sozialgericht (SG) Dresden hat die Klagen durch Urteil vom 12. Januar 2001 abgewiesen. Der Kläger habe keine Tätigkeit ausgeübt, für die ihrer Art nach eine Versorgung nach der AVItech vorgesehen gewesen sei; er hätte in der DDR lediglich durch eine Ermessensentscheidung einbezogen werden können.
Mit der Berufung hat der Kläger sein Begehren dahingehend festgelegt, die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. Januar 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie die während dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen. Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung durch Urteil vom 9. Mai 2001 zurückgewiesen und ausgeführt: Mit seiner im streitigen Zeitraum ausgeübten Beschäftigung als Technologe, Ingenieur, Bauleiter, Produktionsleiter, Abteilungsleiter und Bauingenieur gehöre der Kläger nicht zu den obligatorisch Versorgungsberechtigten iS der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl Nr 93 S 844). Mit der nach § 5 dieser Verordnung erlassenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl Nr 62 S 487) sei in deren § 1 Abs 1 Satz 1 der Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten, die unabhängig von weiteren staatlichen Akten in die Versorgung einzubeziehen waren, nach beruflichen Qualifikationen festgelegt worden. Darüber hinaus konnten nach § 1 Abs 1 Satz 2 der 2. DB Inhaber bestimmter Funktionen auf Antrag und nur durch Einzelentscheidung in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden. Der Kläger gehöre nicht zu den obligatorisch Einbezogenen, sondern nur zu dem durch Einzelentscheidung gleichstellbaren Personenkreis. Denn er habe weder eine Fachschul- noch eine Hochschulausbildung zum Ingenieur abgeschlossen. Die Berechtigung, den Titel „Ingenieurpädagoge” zu führen, sei aber einer Ausbildung zum technischen Ingenieur nicht gleichzusetzen. In § 1 der 2. DB werde der Ausdruck „Ingenieur” nicht umgangssprachlich verwendet, sondern iS des formellen Begriffs des Ingenieurs. Die damals mögliche „Einreihung” in den Kreis der Versorgungsberechtigten durch Einzelentscheidung sei nicht erfolgt und könne heute nicht mehr nachgeholt werden.
Mit seiner – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger „eine Verletzung des materiellen Rechts”. Auch wenn es zutreffen könne, dass der Ingenieurpädagoge einem Ingenieur nicht gleichzusetzen sei, obwohl Ingenieurpädagogen als praktische Ausbilder von angehenden Ingenieuren tätig gewesen seien, so sei der Vergleich des Klägers mit dem Berufsbild des Ingenieurs zu eng. Tatsächlich habe er seit mindestens 1972 entsprechend seiner Qualifikation konkrete Tätigkeiten ausgeübt, die wenigstens dem Beruf eines Technikers des Bauwesens gleichzusetzen seien; er müsse also einem Personenkreis gleichgestellt werden, der auch zwingend, ohne Ermessensentscheidung zum Kreis der in die AVItech einzubeziehenden Personen gehört. Inzwischen habe das Regierungspräsidium D. mit Schreiben vom 19. Juni 2001 anerkannt, dass der Abschluss als Ingenieurpädagoge dem Fachschulabschluss eines „Staatlich geprüften Technikers” gleichwertig sei, jedoch eine Gleichstellung dieses Fachschulabschlusses mit einem Hochschulabschluss und eine Nachdiplomierung nicht möglich sei, da der Abschluss des Ingenieurpädagogen nicht identisch sei mit dem eines Ingenieurs, weil die Ausbildungsinhalte nicht vollkommen übereinstimmten; auch auf der Grundlage des beruflichen Tätigkeitsfeldes könne eine Nachdiplomierung als Bauingenieur nicht erfolgen. Damit sei die Gleichwertigkeit des Abschlusses als Ingenieurpädagoge mit dem Staatlich geprüften Techniker verbindlich festgestellt. Daher gehöre er jedenfalls zum Personenkreis der Techniker aller Spezialgebiete wie beispielsweise Techniker des Bauwesens, von denen § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB spreche und die zwingend zu den Versorgungsberechtigten gehörten.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Mai 2001 und des Sozialgerichts Dresden vom 12. Januar 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. Januar 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zum Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG sowie seine während dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Mai 2001 zurückzuweisen.
Ausweislich der Feststellungen des LSG habe der Kläger folgende Qualifikationsstufen vorzuweisen: Meisterausbildung Fachrichtung Bau und Montage, Lehrmeisterprüfung Fachrichtung Bau und Montage und von 1970 bis 1973 Ergänzungsstudium an der Ingenieurschule für Bauwesen und Ingenieurpädagogik mit Abschluss als Ingenieurpädagoge. Die Berufsbezeichnung Ingenieurpädagoge sei zuletzt in der Anordnung über die Ausbildung von Lehrkräften für den berufspraktischen Unterricht vom 23. August 1982 (GBl I Nr 33 S 592 f) geregelt und als Lehrkraft für den berufspraktischen Unterricht mit der Benennung der entsprechenden Fachrichtung definiert worden. Es handele sich nicht um den Titel Ingenieur iS der AVItech und der 2. DB. Nach § 1 Abs 1 Satz 2 der 2. DB könnten Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers haben, durch Einzelentscheidung eingereiht werden. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 107/00 R und B 4 RA 117/00 R) komme es für die AVItech auf die in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsqualifikationen mit den entsprechenden Titeln an. Der Ingenieurpädagoge sei aber in der genannten Anordnung vom 23. August 1982 nicht dem Ingenieur gleichgestellt worden. Eine solche Gleichstellung ergebe sich auch nicht aus der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur” vom 12. April 1962 (GBl II S 278). Auch das Regierungspräsidium D. habe den Abschluss des Ingenieurpädagogen als nicht identisch mit dem eines Ingenieurs bezeichnet. Dem Kläger könne auch darin nicht gefolgt werden, dass sein Abschluss mit dem eines Staatlich geprüften Technikers gleichwertig sei. Einen Abschluss als Staatlich geprüfter Techniker habe der Kläger nicht vorzuweisen. Ein solcher dürfte zum Zeitpunkt des Abschlusses als Ingenieurpädagoge 1973 auch nicht mehr zu erlangen gewesen sein, weil es sich um eine Ausbildung gehandelt habe, die nur in der ersten Zeit in der DDR durchgeführt worden sei (Hinweis auf Ökonomisches Lexikon, Verlag Die Wirtschaft, Berlin 1979). Wieweit eine Ausbildung als Ingenieurpädagoge gleichwohl später noch ausgereicht haben würde, eine Einordnung als Techniker iS der AVItech zu erlangen, sei wohl den Individualumständen zuzurechnen, auf die sich die Ermittlungstätigkeit des Versorgungsträgers von vornherein nicht zu erstrecken habe.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist zulässig. Zwar setzt er sich in seiner Revisionsbegründung nur mit dem Inhalt der 2. DB der DDR vom 24. Mai 1951 auseinander; aus der Verbindung seines Vorbringens mit dem Revisionsantrag wird aber gerade noch hinreichend deutlich, dass er eine Verletzung der §§ 5 und 8 AAÜG rügt, weil die Beklagte es rechtswidrig abgelehnt habe, die begehrten Zugehörigkeitszeiten und Arbeitsverdienste festzustellen.
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat seine Berufung zu Recht zurückgewiesen, das SG seine kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen, die zulässig waren, zutreffend als unbegründet abgewiesen. Denn die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind rechtmäßig; die geltend gemachten Verpflichtungsansprüche bestehen nicht.
Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht schon kein Versorgungsrechtsverhältnis, für welches das AAÜG nach seinem § 1 Abs 1 Geltung beanspruchen könnte. Zum 1. August 1991 hatte der Kläger keinen Versorgungsanspruch und auch keine Versorgungsanwartschaft. Eine iS von Art 19 des Einigungsvertrages (EinigVtr) bundesrechtlich bindende Einzelfallregelung, durch welche ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden sein könnte (Versorgungszusage, Einzelfallentscheidung, Einzelvertrag) lag nicht vor. Der somit nicht einbezogene Kläger könnte also nur dann bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 eine Versorgungsanwartschaft iS von § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG gehabt haben, wenn auf Grund der zu diesem Zeitpunkt als partielles und sekundäres Bundesrecht weiter anzuwendenden Regelungen der Versorgungssysteme nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nur noch der Versorgungsfall (zB Invalidität) hätte eintreten müssen, sodass ihm aus bundesrechtlicher Sicht Versorgung hätte geleistet werden müssen. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt hätte, auf Grund welcher ihm nach Bundesrecht zwingend eine Versorgungszusage zu erteilen gewesen wäre, die dann – aus bundesrechtlicher Sicht rückschauend – keine rechtsbegründende, sondern nur noch rechtsfeststellende Bedeutung gehabt hätte (näher zu § 1 Abs 1 AAÜG Senatsurteile vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R, beide zur Veröffentlichung vorgesehen).
Nach den bindenden Feststellungen des LSG, gegen welche der Kläger keine zulässigen Verfahrensrügen erhoben hat, war er zu diesem Zeitpunkt (30. Juni 1990) bereits seit dem 23. Juni 1987 als Abteilungsleiter Produktion beim VEB Gebäudewirtschaft G. beschäftigt. Erst ab 1. Januar 1991 war er mit der Tätigkeitsbezeichnung Bauingenieur bei der Wohnungsbaugesellschaft G. mbH eingesetzt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Abteilungsleiter Produktion überhaupt eine Beschäftigung ausgeübt hat, die nach ihrem Inhalt diejenige eines Ingenieurs, Konstrukteurs, Architekten oder eines Technikers eines Spezialgebietes war. Ein Nichteinbezogener wird bundesrechtlich auf Grund seiner wirklich ausgeübten Beschäftigung aber nur dann von dem Zusatzversorgungssystem der AVItech (Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG) erfasst, wenn seine Beschäftigung sich nach Inhalt, Qualität und Umfang im Wesentlichen als Betätigung einer der in § 1 Abs 1 Satz 1 genannten herausgehobenen beruflichen Qualifikationen erweist, wenn er ferner die entsprechende Berufsbezeichnung auf Grund einer erfolgreich abgeschlossen Ausbildung führen durfte und wenn die Beschäftigung für einen Arbeitgeber erfolgte, der ein eingetragener volkseigener Produktionsbetrieb (Industrie, Bauwesen) oder ein diesem durch § 1 Abs 2 der 2. DB gleichgestellter Betrieb war. Es reicht also nicht, dass jemand eine in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB genannte Berufsbezeichnung oder eine dieser von der DDR gleichgestellte Berufsbezeichnung führen durfte; vielmehr musste auch die Beschäftigung in der Ausübung des besonders qualifizierten Berufes bestehen. Z.B. hat ein als Pförtner eingesetzter Diplomingenieur durch die Arbeit als Pförtner keine Zugehörigkeitszeit zurückgelegt.
Hierauf ist nicht näher einzugehen, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entschieden hat, dass der Kläger nicht zu dem in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB abschließend umschriebenen Kreis der zwingend Versorgungsberechtigten gehörte. Denn er war nach der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur” vom 12. April 1962 nicht berechtigt, die Berufsbezeichnung „Ingenieur” zu führen. Er gehörte ersichtlich auch nicht zu dem in § 2 dieser Verordnung gleichgesetzten Personenkreis; ihm wurde auch nicht auf Antrag die Berufsbezeichnung Ingenieur zuerkannt (§ 3 aaO). Das von ihm zurückgelegte Fachschulstudium „Ingenieurpädagoge” gibt nicht das Recht, den Titel „Ingenieur” zu führen, auf das § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB ausweislich der „Einreihungsregelung” in § 1 Abs 1 Satz 2 der 2. DB abstellt.
Der Kläger war auch kein Staatlich geprüfter Techniker des Bauwesens. Soweit er sich auf die Gleichwertigkeitsfeststellung des Regierungspräsidiums D. vom 19. Juni 2001 beruft, kann es hierauf schon deswegen nicht ankommen, weil es dabei um die zukunftsgerichtete Gleichwertigkeit von Abschlüssen im Blick auf das Bundesrecht geht. Nach den tatsächlichen Gegebenheiten am 30. Juni 1990 in der DDR, auf die es hier bei der Beurteilung einer Versorgungsanwartschaft auf Grund einer – beim Kläger nur bundesrechtlich begründbaren – Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ankommt, ist allein entscheidend, ob der Kläger tatsächlich Techniker des Bauwesens war. Das war – wie das LSG bindend festgestellt hat – nicht der Fall.
Deswegen ist hier auch nicht darauf einzugehen, ob der Arbeitgeber, bei dem der Kläger am 30. Juni 1990 beschäftigt war, überhaupt ein volkseigener Produktionsbetrieb (Industrie, Bauwesen) oder ein diesem gleichgestellter Betrieb war. Anhaltspunkte dafür, § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG könnte erfüllt sein, liegen nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen